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MARINE BIOLOGIGAL LABORATORY.
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Received Accession No. Given by _ Place,
*,*No book or pamphlet is to be removed from the Lab- oratory without the permission of the Trustees,
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D" H. & BRONN’S
Klassen und Ordnungen
des
THIER-REICHS,
wissenschaftlich dargestellt in-Wort'und Bild.
Fortgesetzt von
C. K. Hoffmann,
Doctor der Mediein und Philosophie, Professor in Leiden.
Mit auf Stein gezeichneten Abbildungen.
Sechster Band. III. Abtheilung.
BE BLIIEEBEN.
III. Schlangen und Entwicklungsgeschichte der Reptilien.
Mit Tafel CVIII— CLXX und 11 Holzschnitten. I u
Leipzig.
C. F. Winter’sche Verlagshandlung.
1890, 37
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IV. Schlangen (Ophidii s. Serpentes).
A, Anatomischer Theil,
I. Integument und Skelet.
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Bronn, Klassen des Thier- Reichs. VI. 3.
88°
vw.
„2 = 4 1402 Anatomie. \ (25) De Filippi. Sulla struttura delle cute delle Steilio caueasiens; in: Memorie della Reale
.r Accademia delle Scienze di Torino. Ser. sec. T. XXIII. 1865. 1“ (26) R. Owen. On the Anatomy of Vertebrates. Vol. I. Fishes and Reptiles. 1866. #006 137) F. H. Huxley. Lectures on the Elements of Comparative Anatomy. 1864. - (28) P. Harting. Leerboek der vergelykende ontleedkunde. 2. Deel. Morphologie der Gewervelde Dieren. 1867. (29) Fr. Leydig. Ueber Organe eines sechsten Sinnes. Zugleich als Beitrag zur Kenntniss des feineren Baues der Haut bei Amphibien und Reptilien; in: Novorum Actorum Academ. Caesareae Leop. Carol. Germ. nat. cur. T. XXIV. 1868.
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Integument.
Dieselbe Meinungsverschiedenheit, welche wir bei den Schildkröten, Sauriern und Hydrosauriern kennen gelernt haben, ob nämlich die aller- äusserste Schicht der Epidermis als eine wahre Cuticula aufgefasst werden kann oder nicht, kehrt auch wieder bei den Schlangen zurück. Nach
Reptilien. 1405
Leydig (34) muss diese Frage in positivem Sinne beantwortet werden. Ein homogenes Oberhäutchen, Abscheidungsproduct oder verdickte Zellen- membran der äussersten Epidermislage, — so sagt er — ist bei allen einheimischen Schlangenarten leicht und sicher nachzuweisen. Dieselbe lässt eine Sculptur erkennen, welche ein so eigenartiges Gepräge dar- bietet, dass die Kenntniss ihrer Reliefformen zur Abgrenzung der Species - wesentlich mitbenützt werden kann. Im Allgemeinen besteht die Seulptur nach ihm aus einem feinen Leistenwerk mit Haupt- und Nebenzügen; im Einzelnen aber treten typische Verschiedenheiten auf, die so gross sind, dass man, einmal mit dem Gegenstande vertraut, sich im Stande fühlt, ein einzelnes unter dem Mikroskop aufgestelltes Stück Cutieula von den Rückenschuppen von Tropidonotus natrix und tessellatus, von Coluber flavescens, viridiflavus und laevis, von Vipera berus und ammodytes mit Sicherheit und vergleichungsweise zu unterscheiden.
Bei Tropidonotus natrix z. B. sind die Rückenschuppen verhältniss- mässig schmal und mit einem Kiel versehen (Taf. CVIIL, Fig. 1 und 2); die Längsleisten sind scharf, sie verlaufen nicht ununterbrochen von einem Ende der Schuppe zum andern, auch nicht streng parallel: sie sind viel- mehr unterbrochen, verjüngen sich, theilen sich. Während der Kiel von gleicher Farbe wie die übrige Schuppe ist, hebt sie sich bei Tropi- donotus tessellatus durch bräunlich gelbe Farbe von dem Grau der Schuppen ab. Die Rückenschuppen sind schmäler und noch länglicher, der Kiel ist noch schärfer als bei Zvop. natrix, während der ganze Seulptur ein entschieden gitteriges Aussehen von scharfer Begrenzung erhält’ (Taf. CVIIL, Fig. 3, 4).
Bei Coluber flavescens sind die Rückenschuppen breitlich (Taf. CVIIL, Fig. 5, 6), allgemein gewölbt, aber ohne Kiel; die Hauptleisten stehen äusserst dicht, so dass die Schuppe fein längsstreifig sich ausnimmt. Zwischen ihnen sind feine und dichte Querlinien zugegen, so dass das Bild die Zeichnung eines quergestreiften Muskels darbietet. Coluber ‚ viridiflavus hat längliche glatte Schuppen, ohne Mulde und ohne Kiel (Taf. CVIII, Fig. 7, 8); die Längsstreifen stehen weit auseinander, ihre Ränder sind feinfransig. Die schwarze Form des Coluber viridiflavus, — Coluber carbonarius — hat Rückenschuppen mit mittlerer, flacher Ein- tiefung, in Gegensatz zu einem Kiel (Taf. CVIII, Fig. 9, 10); die Längs- leisten stehen etwas dichter und sind noch blasser als bei der vorher- gehenden Art, und da auch die von den Längsleisten abgehenden kurzen Seitenfransen sehr blass sind, so verschwinden jene in den Zwischenräumen befindlichen bei flüchtigerem Ansehen fast völlig.
Bei Coronella laevis sind die Rückenschuppen breit, kurz, glatt. Die Hauptleisten sind sehr blass und zart, stehen weit auseinander, gabeln sich übrigens da und dort, und zwischen ihnen erscheint eine feine Längs- strichelung (Taf. CVILL, Fig. 11, 12). Recht eigenartig gestaltet sich nach Leydig die Seulptur bei Vipera berus (Taf. CVII, Fig. 13, 14). Die Leistehen verbinden sich hier so dicht netzförmig, dass man auch sagen
1404 Anatomie
könnte, die Oberfläche der Schuppe sei in dichtester Weise mit länglichen Ausschürfungen überzogen, zwischen denen Raine oder Leisten bleiben. Sonst sind die Rückenschuppen länglich und gekielt.
Die beiden anderen von Leydig (34) untersuchten europäischen Vipern, Vipera aspis (Taf. CVII, Fig. 15, 16) und Vipera ammodytes (Taf. CVII, Fig. 17, Taf. CIX, Fig. 1) zeigen eine unter sich verwandte, aber bedeutend von jener der Vipera berus abweichende Sculptur. Auf den Rückenschuppen der Vipera aspis treten wieder die Hauptleisten scharf hervor, von ihnen weg gehen Zacken ab, zum Theil zu Neben- leisten sich ausziehend, welche sich dann so verbinden, dass in den Räumen zwischen den Leisten eine zellige Zeichnung zu Stande kommt. Noch schärfer und ausgeprägter sind die Verhältnisse bei Vipera ammodytes, wo insbesonders eine streckenweise Verdickung der Längsleisten sehr deutlich hervortritt. Ganz besonders harte Linien nimmt die Sculptur am Schwanzstachel an.
Zu der Seulptur der Schuppen im Allgemeinen ist auch der Kiel zu rechnen, der den eigentlichen Rückenschuppen zukommt. Er fehlt bei Coronella laevis und Coluber viridiflavus, erscheint an den Schuppen des Coluber flavescens bloss auf der hinteren Körperhälfte und auch dort nur schwach. Er findet sich hingegen bei Tropidonotus natrix und schärfer noch bei Tr. tessellatus; sehr markirt ist er bei den Vipern und hier bei Vipera aspis mehr als bei Vipera berus, ebenso ist er bei Vipera ammo- dytes hoch und schmal.
Selbst die Kopfschilder zeigen nach Leydig (34) unter dem Mikroskop eine Sculptur, welche man im Allgemeinen eine gitterige oder kleinschup- pige nennen könnte, wobei die Einzelschuppen wieder so geordnet sind, dass Systeme von Längsstreifen unterschieden werden können. Endlich haben die Bauchschienen auch ihre Seulpturlinien und zwar sehr feine Längsleisten, welche so nahe stehen, dass die Oberfläche dicht langstreifig aussieht. Von Wichtigkeit ist noch die Mittheilung von Leydig, dass alle Sculpturlinien, auch die allerfeinsten und deshalb schwerer wahr- nehmbaren, sehr scharf und bestimmt auftreten an jenen Präparaten, über welche sich eine Luftschicht oder plattgedrückte Luftblase ausbreitet.
Ich habe die oben erwähnten, von Leydig beschriebenen Verhältnisse der äussersten Epidermislage darum so ausführlich mitgetheilt, indem daraus mit voller Klarheit hervorgeht, wie ausserordentlich wichtig die Bedeutung der Seulptur für die Systematik ist. Leider ist die Zahl der Schlangen, welche Leydig untersuchen konnte, im Verhältniss zu der überaus grossen Zahl der bis jetzt bekannten Schlangenarten ‘nur eine sehr geringe, und es wäre sehr wünschenswerth, um nach Leydig’s Vor- gang diese Untersuchungen über mehrere Schlangenarten auszudehnen.
Wie Leydig weiter noch mittheilt, spielt über die Haut der eben erwähnten Schlangen ein eigenthümlicher Schiller hin, bei Coronella laevis z. B. ist es eine schöne, bläulich irisirende Färbung; er betrachtet dies Farbenspiel als eine Interferenzerscheinung durch das System der feineren
Reptilien. 1405
Cutieularleisten hervorgerufen. Ausserdem theilt er mit, dass die Cuticula, welche die Hautflächen zwischen den sich erhebenden Schildern, Schuppen und Schienen überzieht, also jene Stellen, welche für gewöhnlich die be- deckten sind, bei keiner Art die im Vorhergehenden besprochene, kurz ausgedrückt streifige Seulptur besitzt, sondern eine davon verschiedene, eine rundlich höckerige. Diese Cutieularhöcker erweisen sich als Ab- scheidungsproducte einer darunter liegenden Warze der Epidermis, welche aus einer bis vier Zellen bestehen kann. Was die Entwicklung der streifigen Sceulptur betrifft, so ist es nach Leydig auch hier die einzelne Epidermiszelle, an welcher die Zacken und Leisten vorgebildet erscheinen.
Während also Leydig die äusserste Schicht der Epidermis als eine wahre Cuticula auffasst, eine Ansicht, welcher Cartier (31) sich eben- falls mehr oder weniger angeschlossen hat, ist dagegen Kerbert (36) auch für die Schlangen zum Resultate gekommen, dass eine wahre Cuticula im Sinne von Leydig und Cartier hier ebenfalls nicht vor- kommt. Kerbert hat dies oberste Häutchen als ‚,Epitriehialschicht“ bezeichnet.
Nach ihm stellen die Bildungen auf der freien Fläche der Schuppe, die sog. Querleisten von Leydig wirkliche Zellencontouren vor. Diese Zellenränder sind fein gezackt oder wellig und nach oben hin um- gekrümmt, sodass die schmale Zelle dadurch eine mehr oder weniger concave Oberfläche zeigt. Die „Hauptleisten“ sind nach Kerbert weiter nichts als locale Erhebungen des Zellenkörpers, die regelmässig in Linien angeordnet sind und am Vorder- und Hinterende sowobl, als an den Seiten der Schuppe, vollständig verschwinden. Hier werden die schmalen Zellen deutlicher, sie nehmen eine mehr oder weniger polygonale Gestalt an und zeigen dann und wann einen deutlichen Kern. Endlich treten an diesen sog. polygonalen Zellen Erhebungen auf, die auf Kosten der ganzen Zelle in die Höhe wachsen, sodass schliesslich jede Erhebung, jeder Höcker, die ursprüngliche Zelle vorstellt. In einigen von diesen Erhebungen sieht man ebevfalls einen Kern, welcher nach Kerbert gleichfalls auf die Zellennatur des Gebildes hindeutet. Auch die von Leydig sog. höckerige Sculptur, die Cuticularhöcker, wie er sie nennt, beruhen nach Kerbert nicht auf Abscheidungsproducten einer darunter liegenden Warze der Epidermis, sondern sind nach ihm nichts als locale Erhebungen der Zellen selbst. Dieselben sind an den verschiedenen Zellen auch von verschiedener Höhe, ja ungefähr in die Mitte der Ver- bindungshaut haben die Erhebungen so grosse Dimensionen angenommen, dass jede einzelne eine ganze Zelle repräsentirt. Die Erhebungen stehen bier dicht nebeneinander und zeigen meistens auch noch einen deutlichen Kern. Was die Epitrichialschicht betrifft, welche die sich über das Auge ausbreitende Epidermis nach aussen begrenzt, so findet Kerbert auch hier keine Veranlassung, dieses Häutchen als eine Cutieula aufzufassen. Im Gegentheil, es ist nach ihm aus schönen polygonalen Zellen von
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1406 Anatomie.
0,018—0,02 mm Durchmesser zusammengesetzt, deren Uebergänge zu den eigenthümlichen, schmalen, zackigen Zellen der interstitiellen Partien man Schritt für Schritt verfolgen kann.
Auch Batelli (40) und Todaro (41) geben an, dass das oberste Häutchen der Epidermis keine Cutieularbildung ist, sondern aus Zellen sich aufbaut. Batelli fand die Zellen, welche er mittelst Kalilauge (starker Moleschott’scher Lösung) isolirte, von stark abgeplatteter Form. An der unteren Fläche dieser Schicht, welche auch er „Epitrichial- schicht‘ nennt, findet er besonders deutlich bei den dorsalen Schuppen von Python eine einzige Lage unregelmässig begrenzter Zellen, welche nach ihm vielleicht Uebergangsformen zwischen dieser und der nächst folgenden, dem gleich näher zu beschreibenden Stratum granulosum superius bildet. Todaro fasst beide zusammen als eine gemeinschaft- liche Lage auf, welche er „Pellicola epidermico“ nennt, und er unter- scheidet an ihr eine innere Schicht, welche aus platten, polygonalen kernhaltigen Zellen besteht (Strato interno della pellicola, strato delle cellule poligonali) und eine äussere von Hornlamellen gebildete und mannigfache Modellirungen und Fortsatzbildungen zeigende (strato esterno della pellicola, strato delle sculpture), in welcher letzteren keine Kerne mehr unterscheidbar sind.
Unter der Epitrichialschieht von Kerbert, Batelli und Todaro, resp. der Cuticula von Leydig folgt dann die Epidermis im engeren Sinne, die auch hier wieder in zwei Hauptschichten, das zu oberst ge- legene Stratum corneum und das darunter gelegene Stratum mucosum zerfällt. Erstgenanntes wird aus stark abgeplatteten, verhornten Zellen zusammengesetzt, in welchen man oft noch deutliche Kerne wahrnehmen kann. Bei Zropidonotus natriz z. B. sind die Kerne gewöhnlich daran zu erkennen, dass hier in den Hornzellen Pigmentkörnchen vorkommen, welche sich um den Kern herum gruppirt haben. Die oberste Zellen- schicht des Stratum corneum, welehe unmittelbar unter der Epitrichial- schicht gelegen ist und von unregelmässiger, oft mehr oder weniger polygonaler Gestalt sind, unterscheiden sich durch ihren körnigen Inhalt. Zuerst von Blanchard (21) gesehen, hat Leydig dieselben genauer untersucht. Letztgenannter Beobachter hält die Körnehen in den Zellen für eine eigenthümliche Fettsubstanz; bei Coronella austriaca sollen die- selben nach ihm weiche Klümpchen von unregelmässiger Gestalt bilden. Nach Kerbert fehlen diese Körnehen in den oberen Epidermisschichten nirgends, er hält aber dieselben nicht für Fett. Ihrer Beschaffenheit wegen nennt er diese Schicht „die Körnerschicht‘“ oder wie schon oben gesagt, das Stratum granulosum superius, welches Todaro als die unterste Schicht seiner Pellicola epidermica betrachtet. Nach Batelli lässt sich diese Schicht mittelst der gewöhnlichen Tinetionsmittel leicht zur Anschauung bringen. Leydig ist nicht ungeneigt anzunehmen, dass die eben er- wähnte fettige Zellenschicht sich an dem Abstossen der Haut in einer gewissen Weise betheiligt.
Reptilien. 1407
Weiter begegnete Leydig unter der Cutieula bei den Schlangen besonderen Körpern, welche er ebenfalls mit dem Vorgang der Häutung in Beziehung zu bringen geneigt ist. Bei Vipera ammodytes nämlich sind an bezeichnetem Orte Gebilde zugegen, welche zwar als verschieden von gewöhnlichen Epidermisplättchen, sich erwiesen, aber doch die Tracht einer Zelle besassen; sie sind rundlich, sehr verschieden gross, von weichem Wesen und haben annähernd die scharfrandige Beschattung einer fettigen Substanz. Sie machen den Eindruck von geschichtetem amyloiden Stoffe und erinnern in Berücksichtigung des Ortes ihres Vor- kommens, sowie durch das Wechselnde in der Grösse, endlich durch die concentrischen Linien ihrer Substanz an die geschichteten Kalkkugeln, welche an der Unterseite der Schuppen vieler Knochenfische sich finden. Trotzdem dass ihr Aussehen im frischen Zustande nicht für Zellen spricht, erwähnt Leydig doch, dass sie nach Einwirkung von Essigsäure doch wieder recht das Bild wirklicher Zellen geben, insofern man ein kern- artiges Gebilde mit Kernkörperchen innerhalb eines Ballens feinkörniger Substanz unterscheidet. An solchen Thieren, welche der Häutung nahe waren, traf Leydig diese Amyloidkörperchen wohl zahlreicher an, doch begegnete er denselben auch unter anderen Umständen (Taf. CIX. Fig. 2).
Die übrigen Zellen der Hornschicht bieten keine besonderen Eigen- thümlichkeiten dar; sie sind lamellenartig angeordnet, so dass man auf Quer- und Längsschnitten die ganze Hornschicht mit der Nadel in einzelne Lamellen zerfasern kann. Nach Batelli und Todaro kann man diesen Theil der Hornschicht noch wieder in ein Stratum corneum compaetum und in ein Stratum eorneum relaxatum unterscheiden.
Unter der Hornschicht folgt nun entweder direct das Rete Malpighii oder es tritt zwischen beiden noch die neue Hornschicht auf; alles was darüber bei den Sauriern gesagt ist, gilt auch für die Schlangen und dasselbe gilt auch für das sog. Stratum lueidum von Kerbert (Saurier, S. 447). Das Rete Malpighii der Schlangen stimmt in seinem Bau durchaus mit dem bei den Eidechsen überein, so dass ich einfach auf diese verweisen kann (Saurier, S. 448). Schliesslich sei auch hier wieder erwähnt, dass man die stark verhornte Epidermis als „Hornschuppe“ den eigentlichen Schuppen oder „Papillenkörpern“ gegenüberstellen kann.
Während nun die Epidermis durch das äussere oder obere Keimblatt (das Ektoderm, s. Epiblast) geliefert wird, nimmt der andere Theil der äusseren Haut, die Cutis aus dem mittleren Keimblatt (dem Mesoblast, s. Mesoderm) seinen Ursprung und zwar aus dessen Hautfaserplatte (der Somatopleura).: Für den Bau der Cutis kann ich wieder einfach auf die Saurier verweisen (Saurier, S. 449). Ueberall in der Cutis der Schlangen kommen verzweigte Pigmentzellen vor und zwar immer in den beiden lockeren Grenzschichten des Bindegewebes. Nach Leydig ist das Pigment im Allgemeinen von doppelter Art: ein schwarzes in den tiefen Lagen des Papillenkörpers und darüber weg ein weissgraues, nicht
1405 Anatomie:
irisirendes, das z. B. bei Zropidonotus natrix dicht netzartig sich ver- breitet und stellenweis nicht eigentlich körnig ist. Es sind nun die als ‚ Bindegewebekörperchen “ bezeichneten Lücken des Corium, in welchen die Chromatophoren liegen, wie Leydig ausdrücklich hervorhebt. In diesem Lückensystem der Bindesubstanz bewegen sich nach ihm, ähnlich den Körpern der Amoeben und Rhizopoden die Chromatophoren, sie fliessen in Fäden aus und kugeln sich wieder zu einem Klümpchen zu- sammen, bleiben dabei auch nicht an einer und derselben Stelle, sondern steigen auf und nieder.
Wichtig ist noch die Mittheilung Leydig’s, dass auch bei den ein- heimischen Nattern, Abänderungen der Farbe durch bewegliche Farbzellen oder Chromatophoren sich beobachten lassen, indem ein und dasselbe Thier, besonders unter dem Einfluss verschiedener Temperaturgrade, den Ton der Grundfarbe merklich abstuft. Die südlichen Thiere zeigten Leydig den Wechsel lebhafter als die gleichen deutschen Arten. An Thieren, welche in Weingeist gelegen, kann der ausgedehnte oder der zusammengezogene Zustand der Chromatophoren festgehalten sich zeigen; an dem einen Exemplar tritt daher ein dunkles Netz an Stellen auf, wo ein zweites Exemplar nur dunkle Flecken von Kugelform besitzt.
Nach Batelli bilden die Pigmentzellen in dem Stratum limitans superius gewöhnlich zwei Schichten, eine dicht unter dem Epithel, die andere näher dem Limitans inferius. Er unterscheidet zwei Formen von Pigmentzellen: grosse, reich verzweigte und kleine, mehr rundlich ge- staltete; letztere liegen stets unmittelbar unter dem Epithel und führen ein mehr gelbliches Pigment. Von den tiefer gelegenen grösseren Zellen gehen Fortsätze aus, welehe durch das Lager der kleinen Zellen hindurch bis in das Rete Malpighii vordringen. Hautdrüsen scheinen bei allen Schlangen zu fehlen.
Von der Haut von Python javanicus theilt Batelli noch mit, dass das Stratum limitans inferius bei diesem Thiere eine so grosse Menge elastischer Fasern enthält, dass man recht wohl ein besonderes Stratum elasticum unterscheiden könnte; von hier aus, als von einer Centrumstätte, ziehen die elastischen Fasern, unter fortwährender Verästelung, nach allen Seiten hin, nach oben zum Stratum limitans superius, nach unten zur Tela subeutanea. Besonders bemerkenswerth ist nach Batelli die bedeutende Entwicklung des Stratum subeutaneum bei J’ython. Die Blutgefässe erleiden bei demselben erst eine raschere Verzweigung im Stratum limitans superius, während sie das inferius ohne besondere Ver- ästelung durchsetzen. In Folge dieser Vertheilung bleibt auch bei der starken Ausdehnung der Haut nach der Nahrungsaufnahme der Zutritt von Blut zu den oberflächlichen Gefässplexus gesichert.
Die -Schlangenhaut ist reich an Nerven und Leydig hat uns die ersten wichtigen Aufschlüsse über ihre peripherischen Endigungen gegeben. Auf Längs- und Querschnitten der Haut zeigen sich nach Leydig im lockeren Bindegewebe unter den derben Lagen, zugleich mit den
Reptilien. 1409
grösseren Gefässen, Nervenstämme, welche mit letzteren in den säulen- artigen Erhebungen des lockeren Bindegewebes in die Höhe der Leder- haut dringen. Hierbei biegen stärkere Bündel in die Schuppen ein, nach ähnlicher Art, wie es sonst bei Anwesenheit von Hautpapillen geschieht; ein Theil der Fasern nimmt entschieden die Richtung gegen die gleich zu erwähnenden Sinnesorgane, während ein anderer Theil sich mit den Chromatophoren verbindet.
Aus den Untersuchungen von Leydig ergiebt sich nämlich, dass in der Haut der Schlangen, wenigstens bei den einheimischen Nattern, eigen- thümliche Gebilde vorkommen, welche er als Hautpapillen mit Tast- körperchen bezeichnet. Er begegnete denselben bei der Ringelnatter nur an den Lippenrändern, allwo sie rings um die Schnauze sich erheben. Sie stehen sehr vereinzelt und nur an der Spitze der Schnauze, besonders in der Umgebung der Scharte, aus welcher die Zunge herausspielt, sind sie etwas zahlreicher. Man kann an denselben einen Stiel, einen Körper und eine Endspitze unterscheiden, letztere ist feinzackig. Im Innern der Papille liegt ein „Tastkörperchen‘“. Bei starker Vergrösserung untersucht, ergiebt sich, dass in diesen Körperchen elastische Faserzüge verlaufen, welche in schrägen Gängen, da und dort unterbrochen, dabei mit kern- ähnlichen Verdiekungen, sich bis in den Stiel der Papille herab erstrecken (Taf. CIX. Fig. 3a), von dort an deutlich in das feine elastische Netz der Mundschleimhaut übergehen (Fig. 35), welches in seiner morpho- logischen Bedeutung mit den Bindegewebskörpern zusammenfällt. Inner- halb der Windungen dieser elastischen Züge unterscheidet man als Haupttheil des Tastkörperchens eine blasse und feinkörnige Substanz, die aber trotzdem zu einem besonderen Gebilde abgegrenzt ist, zu dessen Umspinnung die elastischen Fasern dienen (Fig. 3c). Bei gewisser Ein- stellung wird man die blosse körnige Materie für Zellsubstanz oder Protoplasma halten können und die elastische Umhüllung für eine Zellen- abscheidung, etwa gleich der Kapsel um eine Knorpelzelle. Doch ist dies eben nur das Aussehen im optischen Durchschnitt; legt man aber die Bilder der verschiedenen Schnittebenen als ein Ganzes zusammen, so wird der Gedanke lebendig, dass man es mit kleinen Endkolben der Nerven zu thun haben möge (Leydig N. 32). |
Eine zweite Art von Hautsinnesorganen sind die von Leydig (29) ebenfalls entdeckten ‚‚becherförmigen Sinnesorgane“, welche am zahl- reichsten an den Lippenrändern vorhanden sind; dieselben stellen rund- liche Körper von der Grösse der kleinsten Hautdrüsen der Batrachier dar. Unten in der Tiefe der Epidermis, unmittelbar unter der Lederhaut, zwischen den cylindrisch verlängerten Zellen, liegt ein rundlich ovaler Knopf oder Ballen kleiner Zellen. Obgleich scharf begrenzt, besitzt der Ballen doch keine besondere Hülle. Ueber und um den Ballen ziehen concentrische Ringe: ein oberster oder kleinster, der den Eindruck macht, als ob er einer Art Warze entspräche, ein zweiter und dritter umgreift die Seiten des Ballen. Alle diese eoncentrischen Linien bestehen trotz
Bronn, Klassen des Thier- Reichs. VI. 3. s9
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ihrer Schärfe nur aus kreisförmig geordneten Epidermiszellen, ohne Hin- zutritt anderer histologischer Elemente. Der Giptel- des Organs scheint eine Oeffnung zu haben. An den Stellen wo die Organe zahlreich in der Oberhaut vorhanden sind, zeigt sich auch ein dichtes Nervengeflecht in der Lederhaut, und dies macht es sehr wahrscheinlich, dass die in Rede stehenden Gebilde an ihrer Basis, welche unmittelbar der. Leder- haut aufliegt, mit Nervenfasern in Beziehung steht; das viele bier abge- lagerte Pigment macht aber eine Entscheidung äusserst schwierig (vergl. hierzu Taf. CIX, Fig. 5).
Bei Coluber viridiflavus, var. carbonarius hat Leydig den Verbrei- tungsbezirk dieser becherförmigen Organe genauer untersucht und gefunden, dass dieselben bei dieser Art zunächst auf allen Kopfschildern zugegen sind. Jenseits des Kopfes, in der Halsgegend, fangen sie an zu ver- schwinden; so besitzen die grösseren und kleineren Schuppen, welche von der Wangengegend aus die Hinterhauptschilder umsäumen, alle noch die Sinnesbecher, erst auf denen der zweiten und dritten Reihe des Nackens verlieren sie sich. An ihre Stelle rücken andere Sinnesorgane, welche Leydig unter dem Namen „helle Flecken‘ bezeichnet und als eine dritte Art von Sinnesorganen betrachtet. Ueber ihre Structur hat er folgendes feststellen können: 1) das oberste Häutchen (Cutieula: Leydig) der Epidermis verliert da, wo sie auf die Grenze der hellen Fiecke trifft, die oben erwähnten Seulpturen, es wird glatt und geht in dieser Weise über die Stelle weg. 2) Die Substanz des Fleckes besteht aus einem rundlich umschriebenen Haufen von Zellen, die lichter und zarter aussehen als die umgebenden gewöhnlichen Epidermiszellen. 3) Quer- und Längs- schnitte durch den ganzen Schuppenkörper zeigen an, dass ein stärkerer Nerv die Richtung gegen die freie Spitze der Schuppe, somit gegen den oder die hellen Flecke nimmt (vergl. hierzu Taf. CX, Fig. 2). Leydig ist nicht ungeneigt, die obigen Sinnesorgane für Abänderungen jener Sinnesbecher zu erklären, welche am Kopfe vorkommen. Was die Ver- theilung und das Vorkommen dieser Flecke betrifft, so stehen sie immer nahe dem freien Rande der Rückenschuppen. —
Die Kopfgruben, Kopflöcher oder Backengruben der Giftschlangen hat Leydig (29) ebenfalls genauer untersucht. Die am meisten gefürch- teten Giftschlangen, die Crotaliden oder „Grubenottern‘“ tragen diese Be- zeichnung nach einer zwischen der Nase und dem Auge befindlichen Grube, welche nach Leydig’s Untersuchungen ein Sinnesapparat bildet; er hat ihre Structur bei Crotalus horridus, bei Trigonocephalus puniceus und Tr. atrox genauer untersucht. Die in diese Grube sich fortsetzende Epidermis wird sehr dünn und verändert ihre Oberfläche. Noch am Rande der Grube und eine Strecke herein macht sich auf ihr eine kleinhöckerige Bildung bemerklich, die nach der Tiefe hin, wo die gleich zu beschreibende Nervenplatte sich” ausbreitet, nach und nach völlig verschwindet; hier sieht man bloss zarte, blasse, aber grosskernhaltige Epidermis- (Epithel-) platten. Die Höcker gehören nach ihm und zwar im Ganzen der Schicht
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an, welche er als die ‚„Cutieularscehicht“ bezeichnet. Weiterhin ist die Haut der Grube weniger pigmentirt als die übrige Kopfhaut, hat aber ‚immerhin noch zahlreiche braune Pigmentflecken. Zweitens unterscheidet Leydig eine bindegewebige Lage, in welcher - die zur Grube gelangten dieken Nerven mit einer flach ausgebreiteten Endplatte aufhören. An der Stelle, wo die nervöse Endplatte sich aus- breitet, ist die Haut besonders dünn; auch fehlen hier die Falten, welche so deutlich in der übrigen Partie der Grube sich hinziehen. In der Nähe der Endplatte lässt der zu ihr tretende Nerv ein plötzliches büschelförmiges Auseinanderweichen seiner Elemente bemerken, die in einer besonderen, auf den ersten Blick einfach körnig sich ausnehmenden Lage sich ver- breiten und dortselbst aufhören. Bei genauerer Prüfung ergiebt sich, dass diese Schicht nicht einfach körnig ist, sondern echte, rundliche aber blasse Nuclei in reichlicher Menge sich dazwischen finden; ferner, dass die granuläre Substanz um einzelne oder mehrere Kerne dermassen gruppirt, dass inselartige Abtheilungen von verschiedener Grösse und Form entstehen, zwischen denen sich lichte, schmale Gänge hinziehen. Die an- fangs breiten Nervenprimitivfasern werden unter vielfacher Theilung und Austausch der Elemente immer feiner; und es stellt zuletzt der zur Grube getretene Stamm durch fortgehende Auflösung seiner Aeste einen Strauch dar, zu dessen feinsten Zweigen sich die erwähnte granuläre Substanz wie ein dicht zusammengeschobenes Laubwerk verhält. Das Laubwerk mit den feinen Zweigen bildet das, was oben die Endplatte oder der flache, nervöse Endknopf genannt wurde. Leydig konnte weiter nachweisen, dass ein unbezweifelbarer Zusammenhang der Nervenfäden mit fadigen Zuspitzungen der obigen Inseln besteht; demnach sind diese Inseln als Terminalganglien aufzufassen (vergl. hierzu Taf. CIX, Fig. 6 und 7). In besonders reichlicher Menge durchziehen Blutcapillaren die nervöse Endplatte. — Die Pigmentflecken, welche in der faltigen Partie der Haut zahlreich vorhanden, gross und sehr verästelt sind, stellen sich auf der Ganglienplatte spärlich vertheilt, klein und von rundlicher Form dar. Nach diesem Befunde ergiebt sich wohl unzweifelhaft, dass man ein Sinnesorgan vor sich hat. Erwähnt sei noch, dass die Haut der Grube sich in der Tiefe dem Knochen nicht anheftet, sondern wie hohl gespannt erscheint, wie wenn ein freier Raum zwischen ihr und der knöchernen Begrenzung wäre. Leydig hält es aber für wahrscheinlieh, dass bei frischen Thieren dieser eben erwähnte Raum nicht vorhanden sein wird. —
Unter der Haut der Schlangen verbreiten sich nach Leydig, bei allen einheimischen Arten, Lymphräume zwischen der äusseren Bedeckung und der Museulatur des Stammes, die sich gern zu einer Iymphdrüsen- _ artigen Substanz umgestalten. Dabei zeigen sie schon fül’s freie Auge gewisse Unterschiede, welche so wichtig sind, dass man sie nach Leydig füglich in die „Kennzeichen“ der ungiftigen und giftigen Schlangen auf-
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nehmen könnte. Bei Vipera aspis und ammodytes geht die Haut in ähn- licher lockerer und verschiebbarer Weise über den Kopf weg, wie bei den Batrachiern. Mit der Anwesenheit solcher Lymphräume unter der Haut steht offenbar nach Leydig die bei diesen Arten vorkommende Zerfällung der Schilder des Kopfes zu Schuppen im Zusammenhang. Schon bei Vipera berus ist die Verbreitung der Lymphräume auf die Rückenseite»des Kopfes eingeschränkt und bei den deutschen Ophidia innocua decken grosse Schilder die Rückenseite des Kopfes durchweg; die Verschiebbarkeit der Haut hat aufgehört und die grossen Lymphräume sind an dieser Stelle verschwunden. In der ganzen Kehlgegend scheinen dagegen bei allen Arten die Lymphräume sehr weit zu sein. Umwandlung der Lymphräume in Iymphdrüsenartige Materie lässt sich oft beobachten, so z. B. an der Rückenseite des Halses von T7ropidonotus natrix, am Rücken der Vipera ammodytes, an der Conjunctiva von Tropidonotus u. 8. w. (Leydig).
Die Entwickelungsgeschichte der Schuppen und der Häutungs- process. Ueber die Entwickelungsgeschichte der Schuppen liegen mit Ausnahme einiger Angaben von Rathke (13) nur die Mittheilungen von Kerbert(36) vor. Bei der Altersbestimmung der Embryonen ist er derselben Eintheilung in Entwickelungsperioden gefolgt, welche Rathke in seiner „Entwickelungsgeschichte der Natter‘“ aufgestellt hat; und so unterscheidet er vier Perioden, nämlich: die erste, welche mit der Befruchtung des Eies anfängt und mit dem Erscheinen sämmtlicher Kiemenspalten und mit dem Schliessen des Darmnabels endet; die zweite, welche bis zu der Zeit dauert, in welcher sich die Kiemenspalten völlig schliessen; die dritte umfasst die Entwickelungsgeschichte von dem gänzlichen Verschwinden der Schlundöffnungen an, bis zu der Färbung der Hautbedeckung; die vierte endlich fängt mit dieser Färbung der Hautbedeckung an und schliesst mit der Abstreifung der Eihüllen. Die Mittheilungen beziehen sich auf Tropidonotus natrix. Wenn auch die erste Anlage der Schuppen erst in der dritten Entwiekelungsperiode erfolgt, so ist es doch deutlichkeitshalber nöthig Einiges über die Structur der Haut in der früheren Periode mit- zutheilen. Während der ersten Periode, welche Kerbert keine Gelegen- heit hatte zu untersuchen, besteht die Epidermis wie bei den Selachiern, Vögeln und Säugethieren nur aus einer einzigen Schicht Zellen; in der zweiten Periode ist dieselbe dagegen schon zweischichtig (Taf. CIX, Fig. 8). Zu oberst liegt eine sehr dünne Schicht von noch nicht 0,002 Mm. Dicke und zu unterst eine diekere Schicht von 0,006 mm. Die obere Zellen- schicht (e) besteht nach Kerbert aus unregelmässigen, an einzelnen Stellen schon polygonalen Zellen mit feinkörnigem Inhalt und grossen Kernen. Die Zellen haben von 0,018 — 0,020 mm Längsdurchmesser und die Kerne sind 0,010-—-0,012 mm gross. Die Zellen der unteren Schicht (s) sind kleiner, sie stehen mit ihrer Längsachse senkrecht auf der oberen Zellenschicht und zeigen ovale Kerne von 0,006 mm. Unter der unteren Zellenschicht befindet sich eine aus grossen, runden Zellen be-
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stehende Lage, zwischen welchen sich einzelne Fasern befinden und welche die Anlage der Cutis repräsentirt. Die zuerst erwähnte, oberste Zellen- schicht kann man nach Kerbert jetzt schon als ‚Epitrichialschieht“ be- zeichnen; unter dieselbe versteht er also diejenige oberflächliche embryo- nale Schicht der Epidermis, welche entweder wie bei den Reptilien und Amphibien mit der eigentlichen Hornschicht verwächst und in Zusammen- hang mit dieser nach der Geburt bei der ersten Häutung abgeworfen wird oder welche allmählich und theilweise vor oder nach der Geburt des Thieres verloren geht (Vögel, Säugethiere). Aus der embryonalen unteren Schicht entsteht nun die ganze spätere Epidermis; man kann dieselbe mit dem Namen „Schleimschicht‘“ bezeichnen, sie ist so zu sagen Rete Malpighii und Hornschicht zu gleicher Zeit. Bei Embryonen aus der dritten Periode, welche eine Länge von 60—70 mm haben, sieht man hinter dem Kopf und zwar an den Seitentheilen des Halses, die ersten Anlagen der späteren Schuppen auftreten (Taf. CIX, Fig. 9). Sie zeigen sich als kleine Höckerchen, dureh partielle Wucherung des unter der Epidermis liegenden Bindegewebe entstanden. Die Epidermis ist im Allgemeinen noch beschaffen wie in der vorigen Periode, nur zeigen sich an den Er- hebungen zwischen Epitrichial- und Schleimschicht einige runde Zellen, welche dureh Quertheilung der darunter liegenden cylindrischen Zellen der Schleimschicht entstanden sind. Zu gleicher Zeit mit der Entstehung der Papille entwickelt sich also auch die erste Anlage der „Hornschuppen“ im engeren Sinn. Die Epitrichialschicht besteht in dieser Periode aus mehr oder weniger polygonalen Zellen, eine Folge der stärkeren Ver- mehrung. Bei starker Vergrösserung untersucht, ergiebt sich nach Kerbert, dass kleine Erhebungen auf ihnen entstanden sind, die an einzelnen Stellen noch in Gestalt von Pünktchen, an anderen Stellen aber die Form von feinen, hellen Leisten angenommen haben. An einzelnen Stellen dieser Zellenschicht treten diese Leisten mehr in der Form von stark licht- brechenden Stäbchen auf, die aber alle nach einer Richtung und voll- kommen parallel neben einander verlaufen. Zwischen den Pünktchen und Leisten sind noch überall deutliche Kerne wahrzunehmen. Es kann nun, wie Kerbert meint, keinem Zweifel unterliegen, dass man in diesen Leistehen die erste Anlage von den sogenannten „Längsleisten‘“ hat, die man beim erwachsenen Thiere an der Epitrichialschicht antrifft und welche bei der Beschreibung des Baues der Schuppen erwähnt sind. Bis in der Mitte der vierten Periode ist die Epitrichialschicht noch sehr deutlich zu erkennen. Unter derselben findet man dann eine andere Schicht von merkwürdigen Zellen (Taf. CIX, Fig. 10 «, Taf. CX, Fig. 1%), nämlich die sogenannte Körnerschicht von Kerbert, das Stratum granulosum superius von Batelli; es sind dies die oben erwähnten zwischen Epi- trichial- und Schleimschicht gelegenen runden Zellen, die durch das spätere Nachschieben abgeplattet worden sind und direet gegen die Epi- trichialschicht andrängen, so dass sie sich hier regelmässig in einer Schicht anordnen. Die unter der „Körnerschicht‘“‘ von Kerbert liegenden
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Zellen sind mehr oder weniger abgeplattet, und gehen durch einige runde Zellen in die Cylinderzellen des Rete Malpighii über. Bei der fortschrei- tenden Entwickelung verlieren endlich die Zellen der Epitrichialschicht ihre Kerne, die unter ihr liegenden Zellenschichten platten sich immer mehr ab und unterliegen allmählich dem Verhornungsprocesse. Während in der dritten Periode die Längsachse der Papille resp. Schuppe senk- recht auf der allgemeinen Richtung der Haut steht und die Papillen radiär symmetrisch wachsen, ändert sich dies in der vierten Periode, indem man dann die „Hauptmasse“ und die „Grenzschichten“ Leydig’s (Saurier p. 449) schon überall in ihren ersten Anlagen angedeutet findet. Unter dem Papillarkörper, welcher aus lockerem Bindegewebe besteht, bildet sich nun in dieser Periode ein deutlicher Strang von derbern Binde- gewebsfasern, welcher von hinten nach vorn hinläuft (Taf. CX, Fig. 1, H). Dieser Strang ist die Anlage der Haupt- oder Grundmasse. Ungefähr in der Mitte der Schuppe giebt dieser Strang einen Seitenstrang ab (Taf. CX, Fig. 1,5), welcher direet nach der Spitze der Schuppe verläuft und durch sein Wachsthum in dieser Richtung wohl die Ursache sein mag, dass sich die Papille nach hinten umbiegt und jetzt bilateral symmetrisch wird. Die Papille plattet sich nun immer mehr ab, sodass man die obere und untere Fläche von jetzt an deutlich unterscheidet. Dadurch entsteben die für die Ophidier eigenthümlichen Schuppen, welche einander decken. Charakteristisch für die vierte Periode ist das Auftreten von Pigment in der Haut. Wie aus Untersuchungen von Rathke schon hervorgeht, treten zuerst am Halse und zuletzt am Schwanze schwarze Flecken auf, welche allmählich an Grösse zunehmen und auf dem Rücken jederseits eine einfache Reihe bilden. Nachher nimmt die Färbung immer mehr überhand und wird der der erwachsenen Natter ähnlich. Kerbert hat nachher diese Angabe von Rathke bestätigt. Bemerkenswertherweise tritt das Pigment aber nicht zuerst in der Cutis auf, sondern in der Epi- dermis (vergl. hierzu Taf. CIX, Fig. 10, Taf. CX, Fig. 1). Und zwar tritt die Färbung, wie Kerbert mittheilt, in der Epidermis in Form von ver- zweigten Pigmentzellen auf. Im Anfang der zweiten Periode sind die Pigmentzellen in der Epidermis noch nicht sehr zahlreich und da wo sie vorkommen, verhältnissmässig wenig pigmenthaltig. Ausser diesen ver- zweigten, fast pigmentlosen Zellen begegnete Kerbert aber in der Epi- dermis und zwar meistens in den unteren Schichten dicht an der Cutis noch anderen, mehr oder weniger glänzenden aber runden oder ovalen Zellen, die mit einer stark lichtbrechenden Flüssigkeit gefüllt waren und meistens keinen Kern wahrnehmen liessen. Dieselben runden oder ovalen Zellen sah er an anderen Stellen deutlich mit Pigment gefüllt. Direct unter der Epidermis in der Cutis sind ganz ähnliche runde oder ovale glänzende Zellen vorhanden, wie in der Epidermis, und in einem spätern Entwiekelungsstadium treten diese Zellen in grösserer Anzahl auf, wo auch die Pigmentzellen in der Epidermis stark in Anzahl zunehmen. Besonders an der Spitze der Cutis war es deutlich, wie diese hellen runden
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Zellen zu einer Hälfte in der Epidermis, zur anderen in der Cutis sich ‘befanden, und ähnlich verhielten sich einige pigmenthaltige Zellen, die mit ihrem Körper noch in der Cutis steckten, während die Ausläufer schon in die Epidermis hineingedrungen waren. Es ist demnach wohl nicht zweifelhaft, dass die verzweigten Pigmentzellen in der Epidermis wandernde Bindegewebszellen sind, welche in die Epidermis eindringen, sich hier verzweigen und Pigmentkörnchen bilden. Eigenthümlich ist wohl die Erscheinung, dass bei dem ausgewachsenen Thiere von diesen Pigmentzellen in der Epidermis keine mehr zu sehen ist, sondern dass sie hier alle in die Cutis hinuntergerückt sind. Es bleibt vorderhand vollkommen unbegreiflich, welche die physiologische Bedeutung dieser verzweigten Pigmentzellen bei Embryonen ist, die noch nicht aus dem Eie ausgekrochen sind, zumal da ihr späteres Verschwinden aus der Epidermis die Sache noch complieirter macht.
Schliesslich noch ein Wort über die Entwiekelung der Bauchschienen; dieselben bestehen nämlich im Anfang aus zwei Hälften, wie Taf. CIX. Fig. 11 nachweist. Wie man sieht, sind die Anlagen der Schuppen am Rückentheile noch gar nicht vorhanden, dieselben treten zuerst an den Seitentheilen hervor. Unten findet man die stärksten Wucherungen der Cutis, und diese sind es, welche die späteren Bauchschienen bilden werden. Am Ende der dritten Periode sind sie einander schon vollständig genähert, im Anfang der folgenden verwachsen sie. Am Schwanze verwachsen die beiden Hälften nicht mit einander, sondern greifen abwechselnd zwischen einander.
Der Häutungsprocess. Ueber die Vorgänge des Häutungsprocesses giebt eine Untersuchung über die Structur der Epidermis bei dem aus dem Eie gekrochenen Thiere den besten Aufschluss. Taf. CIX. Fig. 12 ist eine Abbildung eines Querschnittes durch eine solche Epidermis. Zu oberst begegnet man der Hornschicht (%) mit der Epitrichialschicht (e); letztere an ihrem gezähnelten Aussehen kenntlich. Die Zähne oder Er- hebungen ergeben sich nach Kerbert als die Durchschnitte der „Längs- leisten“ von Leydig. Unter der Hornschicht, welche bei der ersten Häutung abgeworfen werden soll, wird schon jetzt wieder die neue Horn- schicht gebildet und zwar ganz genau auf dieselbe Weise, wie überhaupt die Epidermis, oder besser die erste Hornschicht entstanden ist. Unter der Hornschicht liegt zu oberst die neue Epitrichialschicht (e‘), unter dieser die neue „Körnerschicht“ (%) und endlich die Zellen des Rete Malpighii, welche hier schon wieder ein Paar kleinere runde Zellen gebildet haben. Die neue Epitrichialschicht ist indessen ziemlich schwierig nachzuweisen. Die Bildung der neuen Hornschichten ist nun bei den Schlangen, wie bei allen anderen Reptilien eine Wiederholung der Epi- dermisbildung beim Embryo. Wenn es nach Leydig wirklich richtig wäre, dass die äusseren Bedeckungen der Reptilien mit einer Cuticula überdeckt sind, dann müsste auch diese Cuticula schon bei Embryonen gebildet werden, was nach ihm nicht der Fall ist. Bei den Schlangen
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wird nun die Hornschicht in einem zusammenhängenden Stücke abgeworfen, welches unter dem Namen ‚„Natterhemd‘ bekannt ist. Siehe für den Modus des Häutungsprocesses auch Todaro (Saurier, p. 456).
Obgleich im Allgemeinen die Schuppen der Ophidier glatt sind und einander decken, werden sie in einigen Fällen z. B. bei der Gattung Aerochordus mehr knotenartig und decken sich nicht. Hautverknöche- rungen kommen bei dieser Abtheilung der Reptilien nicht vor.
Das „Horn‘ der Sandviper. Die Schnauze der Vipera ammodytes erhebt sich in eine Warze, welche herkömmlich das Nasenhörnchen „Cornieulum‘“ genannt wurde. Leydig (34) hat dasselbe näher unter- sucht und gefunden, dass der Bau den gebräuchlichen Namen nicht rechtfertigt. Das Hörnchen erscheint nach ihm als eine zwei und eine halbe Linie lange, stumpfspitzige, nach aufwärts und vorn geneigte Warze, an deren Bildung nicht nur die Oberhaut, sondern sowohl die Lederhaut als die Epidermis in gewöhnlicher Dicke theilnimmt, welche, dabei schuppenförmige Abgrenzungen bildend, über eine anscheinend homogene, weissliche und weiche Grundlage hinweggeht. Die weiss- graue, bindegewebige Grundlage, welche ununterbrochen in die Leder- haut sich festsetzt, besteht nach ihm einzig und allein aus dem weichen Gewebe des Papillenkörpers und ist demnach als eine Wucherung des letzteren anzusehen, die aus dicht verflochtenen, schmalen Bälkchen zu- sammengesetzt erscheint, deren Grenzsaum elastisch erhärtet ist. Dieser Bindesubstanz oder Grundlage der Warze sind contractile Elemente oder glatte Muskeln eingeflochten und zwar unter der Form verhältnissmässig kurzer Spindelzellen mit länglichen Kernen.
Die eigentliche Substanz der Warze erscheint von dicht übereinander sich erhebenden, weiten Bluträumen durchzogen, deren Hauptrichtung ins Quere geht, und welche in dem eben erwähnten Bindegewebe gleichsam wie ausgegraben sich darstellen. Ausserdem kommen grosse Gefäss- knäuel, Glomeruli, vor, die besonders bei starker Vergrösserung untersucht, sehr deutlich als zu einem Ballen zusammengeschobene Blutgefäss- windungen sich erkennen lassen. Die in Rede stehenden Gefässknäuel, die jedoch keineswegs zahlreich sind, ragen in die grossen venösen Blut- räume hinein. Es mag wohl, wie Leydig hervorhebt, ein Ueberströmen des Blutes aus den Gefässknäueln in die Bluträume stattfinden, sowie man denn auch in der Rinde des Organes, allwo sich die gewöhnlichen Blutgefässe verbreiten, da und dort den unmittelbaren Uebertritt der Lichtung des Blutgefässes ig jene des Blutraumes zu erblicken vermag. Weiter ist die Warze reich an Nervenästchen, die vorzugsweise, wenn nicht alle, die Richtung gegen die Rinde oder in die eigentliche Leder- haut, wo sie unter geflechtartigem Austausch ihrer Fasern wenigstens theilweise zuletzt an die gleich zu erwähnenden Sinnesbecher gehen.
Das Corium der Warze hat in Uebereinstimmung mit der Lederhaut des übrigen Körpers, zunächst der äusseren Schicht eine zusammen- fliessende Pigmentzone, und darüber hinweg erstreckt sich das weissgraue
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Pigment. Vereinzelt stehende, grosse, dunkle Pigmentzellen (Chromato- phoren) heben sich noch auf dem weissen Pigment scharf ab.
In der Epidermis kommen weiter Sinnesbecher vor, ihre Zahl ist im Umfang der eigentlichen Warze gar nicht gross, während sie an ihrem Fusse, sowie an den Schnauzenschildern recht zahlreich werden.
Die Warze zeigt demnach die meiste Verwandtschaft zu den erectilen Fleischtrotteln am Kopfe hühnerartiger Vögel, sowie zu dem Schwellkörper im Begattungsgliede der Eideensen; dem anatomischen Bau nach darf man also erwarten, dass die Warze die Fähigkeit des An- und Ab- schwellens ebenso gut besitzen wird, wie die Caruncula des Truthahnes.
Noch einige andere Schlangen sind bekannt, deren Nasenspitze in eine Art Rüssel ausläuft, so z. B. Arten von Dryiophis, am auffallendsten bei D. Longaha Schlegel. Noch merkwürdiger ist Homalopsis herpeton, welche zwei weiche beschuppte Anhänge an den beiden Seiten des Rüssels besitzt. Es steht, wie Leydig hervorhebt, zu vermuthen, dass der histologische Bau all’ dieser Theile mit dem oben von Vipera ammo- dytes besprochenen übereinstimmt. Ob auch die Hörnchen über dem Auge von Vipera cornuta und Vipera cerastes von gleicher Natur sind, ist bis jetzt noch nicht mit Sicherheit bekannt.
Zu den epidermoidalen Bildungen gehört auch der schallerzeugende Apparat von Crotalus, dessen Bau uns durch die Untersuchungen von Czermak (19) bekannt geworden ist. Das seltsame Instrument, ver- mittelst welches die Klapperschlangen jenes eigenthümliche, ihre gefähr- liche Gegenwart schon von weitem verrathende Geräusch hervorbringen, ist ein aus mehreren hohlen, lose in einander gefügten Gliedern zusammen- gesetztes Epidermoidalgebilde, welches von der die Schwanzspitze über- kleidenden Haut abgesondert und durch die Muskulatur des Schwanzes mittelbar in Vibrationen versetzt wird.
Die letzten Schwanzwirbel erscheinen zu einem conischen, von beiden Seiten zusammengedrückten, in zwei abgerundete, mehr oder weniger getrennte Spitzen — eine obere und eine untere — ausgezogenen Knochenstück verschmolzen, welches Czermak den ‚Endkörper der Wirbelsäule“ genannt hat. An diesem Endkörper bemerkt man doch noch so deutliche Spuren jener einzelnen Wirbel, aus deren Verschmelzung er hervorgegangen ist, dass man die Zahl derselben mit ziemlicher Sicher- heit ermitteln kann. Bei C’rotalus durissus L. besteht derselbe aus 7—8 ver- wachsenen Elementen. Der von den oberen Bogen gebildete Wirbel- kanal für das Rückenmark setzt sich weit in den Endkörper hinein fort, so dass wohl ohne Zweifel sich das Rückenmark bis in den Endkörper erstrecken wird (Taf. CX. Fig. 3).
Die Cutis überzieht die Muskulatur des Schwanzes und den End- körper der Wirbelsäule. An letzterem wächst sie unmittelbar fest, indem sie sich zugleich beträchtlich verdickt. Dieser verdickte Hautüberzug
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trägt die ganze Klapper und sondert die einzelnen Glieder derselben ab. Er ist kegelförmig und seitlich zusammengedrückt, wie der von ihm ein- geschlossene Knochenkern. Ihn theilen zwei tiefe ringförmige Furchen in drei quere Anschwellungen, welche, von vorn nach hinten an Grösse abnehmend, durch seitliche Längsfurchen in je zwei unsymmetrische Hälften, eine obere und eine untere, zerfallen. Ehe sich die Cutis zum Ueberzug des Endkörpers verdickt, bildet er einen tiefen Falz, der von den letzten Hautschuppen überragt und bedeckt wird, in welchem die zwei letzten Schwanzschienen in einzelne Schuppen zerfallen er- scheinen.
Bei ausgebildeten Thieren besteht die Klapper aus mehreren hohlen, hornigen Gliedern, welche auf eine eigenthümliche Weise lose, aber sicher an einander hängen — und hat eine pyramidale, von beiden Seiten zu- sammengedrückte Gestalt, so dass man an ihr eine rechte und eine linke, Je mit einer Längsfurche versehene Seitenfläche, einen oberen, dem Rücken des Thieres, und einen unteren, dem Bauche des Thieres entsprechenden Rand; eine nach hinten gerichtete Spitze und eine nach vorn gekehrte über das Schwanzende gestülpte Basis unterscheiden kann (Taf. CX. Fig. 4). | Die einzelnen Glieder nehmen gegen die Spitze der Klapper an Grösse ab und sind im Allgemeinen dünnwandige, aus einer trockenen, scheinbar homogenen Hornmasse bestehende Stücke von seitlicher, ab- geplatteter Gestalt und verengter Basalöffnung, welche als genaue Ab- drücke der jeweiligen Form der Hautverdieckung des Endkörpers durch zwei quere ringförmige Einsehnürungen in drei Ausbuchtungen zerfallen.
Die beschriebenen Glieder sind nun so in einander gefügt, dass jedes folgende Glied die mittlere und die obere (hintere) Ausbuchtung des vor- hergehenden Gliedes in seine untere (vordere) und mittlere Ausbuchtung aufnimmt, und dass somit an der unverletzten Klapper nur die nntersten (vordersten) Ausbuchtungen der Glieder frei zu Tage liegen. Oeffnet man daher an einer Klapper eine der frei zu Tage liegenden Ausbuch- tungen, so findet man darin die zweite oder mittlere Ausbuchtung des vorhergehenden Gliedes eingeschlossen, und öffnet man diese, so sieht man die dritte oder Endausbuchtung des zweitnächsten Gliedes herein- ragen. Trotz dieser dreifachen Ineinanderschachtelung behalten aber die verbundenen Glieder Spielraum genug, um sich innerhalb gewisser Grenzen nach allen Richtungen gegen einander zu verschieben (Taf. CX. Fig. 5).
Dass die verbundenen Glieder nicht auseinander fallen können, liegt hauptsächlich an ihrer verengten Basalöffnung, deren etwas aufgebogener Rand tief in die kreisförmige Einschnürung zwischen der ersten und zweiten Ausbuchtung des vorhergehenden Gliedes eingreift und vorspringt. Alle von Czermak untersuchten Klappern liessen deutlich erkennen, dass ihre eigentlichen Endglieder verloren gegangen waren — bis auf _ eine, die mit einem Gliede endete, welches nur eine und zwar seichte | quere Ringfurche zeigte. Er glaubt dies für ein richtiges Endglied halten
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zu dürfen, weil es eine durchaus glatte, glänzende Oberfläche und dunklere Färbung hat, wie die zu Tage liegenden Theile der übrigen Glieder. Damit soll aber nicht etwa gesagt sein, dass er jenes Glied für den embryonalen, aus dem Ei mitgebrachten Ueberzug der Schwanz- spitze hält, denn es ist nach ihm recht gut möglich und sogar wahr- scheinlich, dass die Hautverdiekung des Endkörpers ihren epidermoidalen Ueberzug erst einige Male spurlos verliert, ehe es zur Bildung von eigent- lichen, sitzenbleibenden Klappergliedern kommt.
Hinsichtlich der Bildungsweise der Klapper kommt Czermak nun zu folgendem Resultate:
1) Jenes einzelne Glied bildet sich als härterer, epidermoidaler Ueberzug auf der Hautverdickung des Endkörpers und trennt sich später, gleich der übrigen Epidermis, von der secernirenden Unterlage ab. Es ist klar, dass, da jedes Glied der genaue Abdruck der Form jener Hautverdickung sein muss, aus der Form und Grösse der Glieder auf die verschiedenen Gestalten, welche diese letztere während des Wachsthums des Thieres und der Bildung der Klapper successive an- genommen hat, zurückgeschlossen werden darf. Dieser successive Gestalt- und Grössenwechsel der Hautverdiekung kann nun offenbar nicht bloss darin bestehen, dass nach vollendeter Absonderung eines Gliedes die ihm entsprechenden drei Anschwellungen der Hautverdiekung einfach jene Formen annehmen, welche dem neu abzusondernden Gliede ent- sprechen, denn dann müssten die jüngeren, grösseren Glieder die älteren, kleineren zersprengen und würde es niemals zur Herstellung einer Reihe in der Art aneinander hängender, mützenförmiger Stücke kommen.
2) Es ist daher vielmehr anzunehmen, dass der successive Gestalt- und Grössenwechsel der Hautverdickung in der Weise vor sich geht, dass die erste (vorderste) Anschwellung derselben, welche die erste Ausbuchtung des eben fertig gewordenen Gliedes absonderte, in jene Form und Grösse sich hineinbildet, welche der Form und Grösse der zweiten (mittleren) Ausbuchtung des neu absondernden, nächstjüngeren Gliedes entspricht, während die zweite mittlere Anschwellung, welche die zweite mittlere Ausbuchtung des eben vollendeten Gliedes absonderte, jene Form- und Grössenverhältnisse erhält, die der dritten oder End- ausbuchtung des neu anzulegenden Gliedes entsprechen.
3) Allein auch dies würde begreiflicherweise noch nicht ganz zum Ziele führen, und wir sind nach Czermak gezwungen, als ein weiteres Postulat hinzuzusetzen, dass während der sub 2) angedeuteten Verände- rungen, die zweite Anschwellung der .Hautverdickung zugleich allmählich an die Stelle der dritten (hintersten), die erste hingegen an die Stelle der zweiten rücken müsse, und dass sich in dem oben erwähnten, von den letzten Hautschuppen verdeckten Falz eine neue Anschwellung erheben müsse, welche die erste Ausbuchtung des neuen Gliedes ab- sondern wird.
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Trotz diesen ausführlichen Mittheilungen von Czermak bleibt doch noch vieles in der Bildung der Klapper unaufgeklärt, besonders gilt dies der Frage, ob bei jeder Häutung ein neues Glied angesetzt wird. —
Aus einer sehr aphoristischen Mittheilung von Wyman (23) ergiebt sich, dass Leuckart (17) vollständig Recht hatte, als er sagte: „den neugeborenen Individuen wird die Klapper ohne Zweifel fehlen. Statt der Klapper besitzen diese am hinteren Schwanzende gewiss nur einen einfachen hornigen Ueberzug, der nach vorn unmittelbar in die Schuppen- haut übergeht, selbst aber der Schuppen entbehrt und wie eine tuben- förmige Kappe die Spitze des Schwanzes bekleidet.“
Skelet.
Die Wirbelsäule und ihre Anhänge. Bei den Schlangen kann man an der Wirbelsäule nur zwei Theile unterscheiden, nämlich einen Rumpf- und einen Schwanztheil, oder wenn man will, einen prae- sacralen und einen postsacralen Theil.
Entwickelung der Wirbelsäule: Alles was über die Ent-
wickelung der Wirbelsäule bei den Eidechsen mitgetheilt ist (S. 461),
gilt auch für die Schlangen. An neugebornen Exemplaren von Tropi- donotus z. B. ist, ebenso wie bei den Eidechsen, der Chordastrang noch continuirlich, und inmitten jedes Wirbelkörpers zu einem spindelförmigen Stücke erweitert, oder richtiger, er erscheint hier in seinem ursprünglichen Dickenverhältniss, allein im intervertebralen Theile ist er zu einem ganz dünnen, aber immer noch ziemlich hohen Bande comprimirt, welches auch durch die schon fertigen Gelenkhöhlen hindurchzieht. Bei der Natter scheint die Differenzirung rascher vor sich zu gehen als bei der Eidechse (Gegenbaur 24). Sonst stimmen die Verhältnisse bei beiden der Haupt- sache nach vollständig überein.
Bau und Anzahl der Wirbel. Die Wirbel bei den Schlangen sind wie die der Saurier und Hydrosaurier procöl., Wirbelkörper und Wirbelbogen sind mit einander synostotisch verbunden. Die Wirbelkörper haben nahezu halbkugelige, besser gesagt, quer-elliptische Gelenkflächen und unterscheiden sich dadurch mehr weniger von denen der Eidechsen, während die Gelenkfortsätze, welche nur in gewissen Eidechsen auftreten, bei den Ophidiern zu grosser Entfaltung kommen. Dieselben sind breit, abgeplattet, und die Aussenseite des vorderen Paares sind gewöhnlich in einen Forsatz ausgezogen. Wie bei den Iguanen unter den Sauriern findet man allgemein bei den Schlangen, dass die Vorderseite des Bogens über dem Rückenmarkskanal jederseits noch einen Gelenkfortsatz trägt (Zygosphen: Huxley), welcher in eine Gelenkgrube an der Hinterseite des vorhergehenden Wirbelbogens (Zygantrum: Huxley) passt. Die beiden anderen Paare Gelenkfortsätze können wir also als „Praezyga- pophysen“ oder ,‚‚vordere“ und „Postzygapophysen“ oder „hintere‘‘ be-
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zeichnen. Demnach werden also die Schlangenwirbel mit einander durch vier Paare Gelenkfortsätze verbunden. Meckel bezeichnete dieselben als „quere“; D’Alton als „äussere schiefe‘“, welche er in vordere und hintere eintheilt; man findet also an jedem Wirbel zwei Paare vordere und zwei Paare hintere Gelenkfortsätze. Bei der Gattung Streptophorus sind nach Peters (44) die Dornfortsätze in länglich viereckige, 2 mm lange und 1 mm breite Platten ausgezogen.
Die Querfortsätze sind sehr kurz und knotig und mit einer quer- ovalen Gelenkfläche, zur Artieulation mit dem Capitulum costae versehen. In der Schwanzregion dagegen werden dieselben bedeutend grösser. Die Entwickelungsgeschichte lehrt, dass bei Schildkröten, Eidechsen und Cro- codilen die in Rede stehenden Fortsätze, nicht ‚‚Querfortsätzen“ entsprechen, sondern mit einander verwachsene Schwanzrippen und Querfortsätze sind und demnach als Processus costo-transversarii bezeichnet werden müssen. Aus Mangel an Material fehlte mir die Gelegenheit, die Schlangen auf diese Frage zu prüfen, es ist aber höchstwahrscheinlich, dass auch bei dieser Reptilien-Abtheilung die eben erwähnten Fortsätze, nicht „Pro- cessus transversi“, sondern Processus costotransversarii sind.
Die Processus spinosi sind oft bedeutend entwickelt. Bei den prae- caudalen Wirbeln scheinen sie niemals zu. fehlen, mit Ausnahme des ersten und des zweiten, des Atlas und des Epistropheus. Die vorderen Caudalwirbel besitzen sie ebenfalls noch, die hinteren aber nicht mehr. Die meisten praecaudalen Wirbel, Atlas und Epistropheus nicht ausge- nommen besitzen oder können wenigstens untere Dornfortsätze — Hypa- pophysen — besitzen. Nach Jourdain (8) ist bei der Gattung Rhapio- don (Coluber scaber L.) der dritte bis zum dreiunddreissigsten praecaudalen Wirbel (von vorn abgezählt), mit einem unteren Dornfortsatz versehen, dessen Spitze mit einer Schmelzschicht bekleidet sein sollte (& tetes recouvertes d’&mail); die acht untersten durchbohren nach ihm den Pharynx. Ich werde auf dieses höchsteigenthümliche Verhältniss bei der Beschrei- bung der Zähne und der Speiseröhre noch näher zurückkommen.
Untere Bogen — sagt Huxley (35), wie bei den Lacertiliern — giebt es bei den Schlangen nicht, aber die Schwanzwirbel besitzen ge- gabelte, absteigende Fortsätze, welche deren Beziehung zu den Caudal- gefässen vertreten. Bei den Sauriern (S. 468) habe ich erwähnt, dass nach Leydig die unteren Bogen — die Hypapophysen — der Halswirbel mit den unteren Bogen der Schwanzwirbel — den Haemapophysen — homolog sind. Die Verhältnisse bei den Schlangen sprechen sehr zu Gunsten dieser Meinung, denn wenn man hier an der Wirbelsäule die Hypapophysen von vorn nach hinten verfolgt, sieht man wie allmählich in der Schwanzregion diese Fortsätze sich gabeln und mehr weniger die Gestalt von Haemapophysen annehmen. In dem entwickelungs- geschichtlichen Theil werde ich auf diese Frage näher zurückkommen.
Während alle übrigen Autoren durch das Fehlen eines Beckengürtels bei den Schlangen nur zwei Arten von Wirbeln unterscheiden, praesacrale
1432 Anatomie.
oder Rumpfwirbel und postsacrale oder Schwanzwirbel (Atlas und Epistro- pheus ausgesondert), glaubt Rochebrune (45), dass die Wirbelsäule dieser Reptilien ausser den beiden ersten als „Halswirbel“ bezeichneten Wirbeln, nach den Eigenthümlichkeiten der Wirbel in einen Brust- Becken-Sacral- und Schwanztheil geschieden werden kann. Schon der Umstand, dass in der Morphologie die Begriffe von Becken- und Saeralwirbeln synonym sind, macht eine derartige Eintheilung in Wider- spruch mit unseren jetzt herrschenden Ansichten, und dies wird noch dadurch vermehrt, wenn wir hören, dass die Zahl der Sacralwirbel nicht mehr als 10 betragen kann, während sonst alle jetztlebenden Rep- tilien mit deutlich entwickelten Extremitäten nie mehr als zwei Sacral- wirbel besitzen. Die Merkmale durch welche sich die oben genannten Abschnitte der Wirbelsäule von einander unterscheiden sollen, beruhen nach Rochebrune auf der längeren oder kürzeren Form des Wirbelkörpers, auf der Aufrichtung und Neigung der oberen Bogen, Lage des Rippen- höckers, Gestalt der Querfortsätze, Neigung der Hypapophysen u. s. w., Charaktere, die alle so schwankend sind, dass sie wohl schwerlich zur Eintheilung der Wirbelsäule in verschiedene Regionen benützt werden können, um so weniger als wir sonst im Stande sind, die Hals-, Brust-, Lenden-, Sacral- und Schwanzwirbel durch scharfe Merkmale von ein- ander zu unterscheiden, so dass mir dann auch Rochebrune’s Ein- theilung nicht nachfolgungswerth erscheint.
Ganz eigenthümlich ist die Erscheinung, dass dort wo die praesacralen Wirbel in die postsacralen übergehen, die Rippen und die Processus costo -transversarii eine Gabelbildung zum Schutz der Lymphherzen bilden. Salle (46), welcher sich mit ihrem Bau ausführlicher beschäftigt hat, nennt dieselben „Lymphapophysen“, und je nachdem die Gabelbildung an den Rippen oder an den Processus costo-transversarii (Querfortsätze Salle) vorkommt ,„costale“ oder „transversale‘“ (costo-transversale). Ihr Auftreten steht nach ihm mit dem hinteren Theil der Gliedmassenrudi- mente in Zusammenhang. Bei einer Art und auf beiden Seiten eines Individuums verhalten sie sich nicht immer gleich. Bei Zropidonotus natrix schwankt die Zahl nach Salle von 4—2 bis 7—6 und 6—7 (rechts und links), immer an der letzten Rippe beginnend. An dieser fehlen sie nur selten; zuweilen fanden sie sich an der vorletzten, einmal an der drittletzten (Demansia psammophis). Von den Processus costo -trans- versarii war der erste immer, häufig auch der zweite, sogar fünfgegabelt. Die häufigste Zahl ist 3—5, die Grenzen liegen zwischen 2—8. Bei den meist beweglich am Wirbelkörper befestigten costalen Lymphapo- physen setzen sich an das Capitulum, zuweilen an ein auf dasselbe folgendes kurzes Halsstück, die beiden frei endenden Schenkel, während sich bei den ',costotransversalen‘“ die beiden Schenkel an die Basis des Processus transversus ansetzen. Von denselben wird ein Raum ein- geschlossen, welcher nach unten offen, vorn und hinten schmal ausgehend, in der Mitte am tiefsten und breitesten ist. Beide Schenkel dienen Muskeln
Reptilien. 1423
zur Anheftung. Was die Entwickelungsgeschichte der Lymphapopbysen angeht, so theilt Salle mit, dass beide Schenkel gleichzeitig von einer gemeinsamen Basis auswachsen, knorpelig angelegt werden und später ossifieiren. Nachträglich will ich hier noch erwähnen, dass auch nach Salle bei den fusslosen Sauriern ähnliche Lymphapophysen vorkommen, mit dem Unterschiede jedoch, dass nur bei der Gattung Amphisbaena eine costale Lymphapopbyse vorhanden ist, während die anderen Gattungen und Arten nur costotransversale Lymphapophysen besitzen.
Die beiden vordersten Wirbel — Atlas und Epistropheus — von den Autoren oft mit dem Namen „Halswirbel“ belegt, zeigen dieselben Ver- hältnisse als bei den Sauriern. Die Entwickelung des Atlas hat besonders Rathke (15) studirt und er theilt darüber folgendes mit: „Auf eine von den übrigen Wirbeln abweichende Weise entwickeln sich der Atlas und Epistorpheus. Bis etwa über die Mitte der dritten Periode nehmen sie denselben Entwickelungsgang, wie die beiden nächstfolgenden und gleich- falls rippenlosen Wirbel (bei Tropidonotus natrix). Um die Wirbelsaite bildet sich für den Körper eines jeden ein Knorpelring, der allmählich verknöchert, die Wirbelsaite abschnürt und verdrängt und selbst einige Zeit an seinem nach vorne gekehrten Ende eine Grube bemerken lässt. Ferner entsteht zu beiden Seiten des Körpers eines jeden, bevor in ihm die Ver- knöcherung beginnt, ein flügelförmiger Fortsatz, der den Schenkel des Wirbelbogens von dem ringförmigen Körper wegschiebt. Doch wird der- selbe an dem Atlas nicht völlig so gross, wie an dem Epistropheus und den nächstfolgenden Wirbeln. Ausserdem aber entsteht noch an der untern Seite des Körpers ein knorpeliger Vorsprung, als Andeutung eines untern Dornfortsatzes, und dieser wird am Atlas viel grösser als an dem Epistropheus. Ist nun die Entwickelung bis dahin vorgeschritten, so gehen an diesen Wirbeln folgende Veränderungen vor sich: 1) der Körper des Altlas rundet sich bei fortschreitendem Wachsthume vorne ab, sodass am Ende der dritten Periode hier nur ein kaum merkbares Grübchen befindlich ist (Taf. COX, Fig. Sa). 2) Die Knorpelsubstanz, welche am Atlas den unteren Dornfortsatz bezeichnet, und welche in ihrer Mitte schon einen Knochenkern erhalten hat (Fig. 8 b), wächst seitwärts gegen die beiden Flügel und die mit ihnen zusammenhängenden Schenkel des Wirbelbogens hin, und nimmt auch beträchtlich an Dieke zu. Doch ver- knöchert sie, selbst in der folgenden Periode, nicht durchweg, sondern es bleibt noch ein Rest von ihren gegen die Flügel verlängerten Seiten- theilen knorpelig, indess der übrige Theil, von vorne oder hinten be- trachtet, ein breites und niedriges aus Knochensubstanz bestehendes Dreieck darstellt. 3) Der Körper des Atlas löst sich indessen von den Flügeln und dem untern Dornfortsatze los, indem die Substanz, die ihn mit diesem Theile verbindet, erweicht und sogar, wie es scheint, verflüssigt wird, sodass er in dem Ring, der aus dem eben genannten Theile und den oben schon zusammenstossenden Schenkeln des Wirbelbogens zu- sammengesetzt ist, um seine Achse ganz beweglich wird. 4) Endlich
1424 Anatomie.
verwächst der Körper des Atlas in der letzten Periode des Fruchtlebens mit dem Körper des Epistropheus, und stellt nun an ihm den Processus odontoideus dar. Demnach ist dieser Fortsatz nicht ein Auswuchs des Epistropheus, sondern der Körper des Atlas, derjenige Knochen aber, welcher als erster Halzwirbel gilt, ist kein vollständiger Wirbel, sondern ermangelt eines eigentlichen Körpers. Was man den Körper desselben nennt, ist nichts weiter als ein modifieirter unterer Dornfortsatz. Schliess- lich noch die Bemerkung, dass, wenn in der dritten Periode der Körper des vordersten Wirbels in dem übrigen Theil dieses Wirbels beweglich wird, über ihm schon ein querausgespanntes Band vorkommt, welches dem Ligamentum transversum am Atlas des Menschen entspricht.
Bei den Schlangen ist gewöhnlich die Zahl der Wirbel eine sehr grosse, wie aus folgenden Beispielen hervorgehen mag:
Typhlops lumbricalis Dum. et Bibr. . . 192 Python»SebaeiG mel EA REIST Python molrus Gray RT. BR AB Liasis amethystinius Gray ... 2 .0. 424 Spilotes variabilis Wagler . .. ........ 360 Racluodon scaber / Jordi 7ER 5 rl Zamenis viridiflavus Wagler . . .. .. 314 Coryphodon Blumenbachii Schlegel . . 311 Oxybelstdeneus: Wiagl enalet ars es rl Tragopsprasinus ? Wäaglert Sir, Bars u/340 Bucephalus Typus: Smith, , nu, 2828 Dipsasitannulata” Lina eu Hydrophis:'striatus Schlegel. Aus 5047841 Pelias' (Vipera)/berus»Merr.a!- wi» nen 25208 Viperataspi #Mert. aM ba Orotalusshoriidas! Binde ae. ea Trigonocephalus piseivorus Lacep. . . . 209 Botrops lanceolatus Wagler ... 206
(nach Angaben von de Rochebrtnk (45)
Rippen. Mit Ausnahme des Atlas können alle praecaudalen oder Rumpf-Wirbel bewegliche Rippen tragen, oft aber ermangelt auch der Epistropheus, zuweilen auch der dritte praecaudale Wirbel einer Rippe. Die Zahl der Rippen kann demnach bei den Schlangen eine überaus grosse sein, so z. B. bei Python, wo man über zweihundert und fünfzig begegnet. Mit dem Fehlen eines Brustbeines zeigen die in Rede stehenden Knochenstücke einen an dem ganzen Rumpf sehr gleichförmigen Bau, nur die zwei oder drei letzten machen davon eine Ausnahme, wie schon bei der Beschreibung der Lymphapophysen erwähnt ist. Dort wo die Rippe mit dem Processus transversus verbunden ist, ist sie am breitesten und mit einer Gelenkfläche versehen. Hinter und oberhalb dieser Gelenk-
sale
Reptilien. 1425
fläche kann man noch einen kleinen Höcker — Tubereulum eostae — unterscheiden. Das untere freie Ende einer jeden Rippe ist mit einem kleinen Knorpelspitzchen versehen, so dass man doch auch hier denselben zwei Theilen an diesen Knochen begegnet, wie bei den Sauriern und Hydrosauriern; der viel grössere knöcherne Abschnitt entspricht also der Pars vertebralis, das kleine Knorpelstückchen der Pars sternalis der Rippe. Auf die Entwickelungsgeschichte dieser Theile komme ich nachher zurück.
Bei allen Schlangen fehlt ein Brustbein, ob in den Theilen, welche die rudimentären Gliedmaassen bilden, noch Reste eines Beckens enthalten sind, ist für den Augenblick durchaus nicht zu sagen.
Gliedmaassen. Während vordere Extremitäten oder Rudimente vorderer Extremitäten bei allen Schlangen vollständig fehlen, kommen dagegen bei mehreren, besonders bei den Engmäuligen deutliche Rudi- mente hinterer Extremitäten vor. Schon Meckel (5) hat ihr Vorkommen bei Typhlops genau beschrieben. An der Stelle der hinteren Gliedmaassen befinden sich nach ihm bei 7yphlops erocatus dieht vor der Afteröffnung unmittelbar unter der Haut, zwei dünne kleine Knochen, von denen der vordere etwas länger als der hintere ist. Die beiden vorderen sind von hinten und aussen nach vorn und innen gerichtet und vereinigen sich an ihrem vorderen Ende unter einem wenig spitzen Winkel miteinander; die hinteren liegen einander fast parallel und verlaufen gerade von vorn nach hinten. Die Knochen sind völlig von der Wirbelsäule getrennt
und weit von ihr entferot. Die Angabe Meckel’s wurde nacher von
Mayer(6, 7) und noch später von D’Alton (9) und von Joh. Müller (12) bestätigt. Bei Typhlops lumbricalis sind es nach den Untersuchungen von Joh. Müller nicht auf jeder Seite zwei Knochen, sondern zwei Fortsätze eines und desselben Knochens. Die hinteren Fortsätze liegen ganz bedeckt in dem Afterschild, die vorderen verbinden sich fest mit einander und können nach ihm daber keine Extremitäten sein; sie lassen sich, wie er sagt, am ehesten mit Theilen des Beckens, besonders mit den Ossa pubica vergleichen. Bei Rhinophis dagegen fehlt jede Spur hinterer Extremitäten, die aber bei der Gattung Tortrix wieder angetroffen werden. Nach Mayer’s (7) Untersuchungen bestehen dieselben aus drei Theilen auf jeder Seite und zwar aus 1) einem horizontalen längsten Stück, Os eruris: Mayer, Ilium?: Joh. Müller; 2) aus zwei kleinen einwärts und auswärts gerichteten Knöchelchen, die mit dem hinteren Ende des ersten verbunden sind, Ossa tarsi: Mayer, Ischium und Pubis?: Joh. Müller; und 3) aus Theilen, welche die eigentliche Extremität bilden, in dem Ende die Klaue, Os metatarsi und Phalanx: Meyer.
An demselben verdanken wir auch unsere erstere genauere Kenntniss der rudimentären Extremitäten bei der Gattung Python und Boa. Bei der letzteren unterscheidet Mayer (7) jederseits fünf Knöchelehen. Das längste Stück nennt er „Os eruris seu tibia‘“. Er ist ein schmaler,
schwacher Knochen, dessen unteres, nach aussen gekehrtes Ende eine Bronn, Klassen des Thier-Reichs. VI. 3. \ 90 ;
1426 Anatomie.
knorpelige Artieulationsfläche besitzt, womit der nächstfolgende Knochen, von Mayer „Os metatarsi‘‘ genannt, frei artieulirt. Ausserdem aber stehen mit dem erstgenannten Knochen noch zwei Fortsätze in Verbindung, von welchen der eine vollkommen verknöchert, der andere zum Theil knorpelig‘ ist. Die beiden letztgenannten Knochenstücke nennt Mayer „Os tarsi externum s. majus und internum s. minus. Nach aufwärts wird der Haupt- knochen breiter, säbelförmig gebogen und endigt mit einem kleinen Knorpelknöpfehen. Das von Mayer als „Os metatarsi bezeichnete Knochenstück trägt an seinem proximalen Ende das von ihm so genannte „Nagelglied“, welches zu beiden Seiten des Afters gelegen ist.
Schädel.
Die morphologische Bedeutung dieser Knochenstücke ist bis jetzt noch vollständig unaufgeklärt. Bei den Männchen scheinen die Knochen stärker entwickelt als bei den Weibchen zu sein (Taf. CXVI, Fig. 6, 7).
Der Bau des Schädels zeigt bei den Schlangen nicht unwichtige Unterschiede, die selbst so bedeutend sind, dass Joh. Müller sich auf denselben fussend, die Schlangen in zwei grosse Abtheilungen getrennt hat, welche er als die grossmäuligen oder Macrostomata und die klein- mäuligen oder blödsichtigen Microstomata bezeichnet hat. Die Microsto- mata schliessen sich unmittelbar den fusslosen Sauriern an und vermitteln so den Uebergang zwischen den Sauriern und den Schlangen. Sie tragen den Namen von Kleinmäuligen oder Engmäuligen, weil sie einen engen, nieht erweiterungsfähigen Mund und Rachen haben und ihr Quadratum am Schädel selbst und nicht an einem beweglichen Squamosum aufge- hängt ist. Joh. Müller, Wagler und andere Forscher rechnete zu dieser Unterabtheilung auch die Gattungen Amphisbaena, Lepidosternon, Blanus u. A., welche aber, wie wir bei den Sauriern gesehen haben, zu diesen gehören. Die Ophidia mierostomata können, wie die eben genannten Saurier den Rachen und Kieferapparat zum Schlingen nicht erweitern. Sie haben ein undewegliches, mit dem Schädel verwachsenes, sehr un- deutliches Squamosum oder gar keines.
Die Ophidia macrostomata haben dagegen einen grossen Mund, längere oder kürzere bewegliche Squamosa, so dass sie den Rachen beim Schlingen ungeheuer erweitern können. Auch ihre Pterygoidea und Palatina ent- fernen sich von einander und ihre Unterkieferhälften durch dehnbare Band- masse aneinander geheftet, sind einer ausserordentlichen Ausdehnung fähig.
Bei den Schlangen wird der Schädel aus folgenden Knochen zu- sammengesetzt:
1) Das unpaarige Oceipitale basilare: ob Oeeipitale basilare:Gegenbaur, Wiedersbeim, Stannius, Cuvier; Basi-oceipitale: Parker und Bettany, Huxley, Parker; Oceipitale inferius: Joh. Müller, Owen; Corpus ossis oceipitis: Hallmann, D’Alton; Körper des Hinter-
Reptilien. 1427
hauptstückes: Meckel; Oceipitale basilare s. inferius: Harting; Grundtheil des Hinterhauptbeins: Rathke. 2) Die paarigen Oceipitalia lateralia: ol
Oeeipitalia lateralia: Gegenbaur, Joh. Müller, Wieders- heim, Owen, Stannius, Hallmann, Harting, Cuvier; Exoceipitalia: Huxley, Parker und Bettany, Parker; Gelenkstück des Hinterhauptbeins: Meckel; Pars lateralis ossis oceipitis D’Alton; Schenkel des Hinterhauptbeins: Rathke.
3) Das unpaarige Occipitale superius: 0s
Oceipitale superius: Gegenbaur, Joh. Müller, Owen, Wiedersheim, Cuvier; Squama ossis oceipitis: D’Alton; Supra-oceipital: Huxley, Parker undBettany, Parker; Squama oceipitis: Stannius, Hallmann; Oceipitale superius s. Squama oceipitis: Harting; Schuppe des Hinterhauptbeins: Meckel, Rathke.
4) Das unpaarige Sphenoideum basilare: s
Sphenoideum basilare: Stannius, Hallmann, Harting; Sphenoideum: Cuvier, Joh. Müller, Owen; Basi- sphenoid: Gegenbaur, Wiedersheim; Körper des Keilbeinstückes: Meckel; Corpus ossi sphenoidei: D’Alton; Körper des vorderen, Körper des hinteren Keilbeins: Rathke.
5) Das unpaarige Parasphenoid: parsp Parasphenoid: Parker und Bettany, Parker. 6) Das paarige Prooticum: pro
Prootic: Huxley, Parker, Parker und Bettany, Gegen- baur; Rocher: Cuvier; Petrosal: Owen; petrosum: Joh. Müller,Harting, Hallmann,Wiederheim, D’Alton; Felsenbein: Rathke; Ala temporalis: Stannius; Felsen- theil des Schlafbeins: Meckel.
7) Das paarige Supra-temporale: si Supra-temporale: Parker und Bettany, Parker. S) Das paarige Squamosum: sg
Squamosum: Huxley, Parker und Bettauny, Gegen- baur, Wiedersheim, Parker; Squama temporis: Stannius; Mastoideum: Joh. Müller, Harting, Owen, D’Alton; Schläfenschuppe: Hallmann, Zitzenknochen des Schlafbeins: Meckel; Mastoidien: Cuvier; Tympani- cum s. Squamosum: Rathke.
9) Das paarige Quadratum: q
Quadratum: Parker, Huxley, Parker und Bettany, Wiedersheim, Gegenbaur, Joh. Müller, Hallmann, D’Alton, Rathke; Tympanicum: Owen, Stannius, Cuvier; Quadratum s. Tympanieum: Harting.
10) Das Parietale: par Parietale: alle Autoren. 90*
1428
Anatomie.
11) Das Frontale: fr Frontale: alle Autoren. 12) Das paarige Postfrontale: pfr Postfrontale: Huxley, Wiedersheim; Postfrontale s. Post- orbitale: Parker und Bettany, Gegenbaur, Parker; Zygomaticum s. Frontale posterius: D’Alton; Frontale posterius: Cuvier, Stannius, Harting; Frontale posterius s. Orbitale posterius: Joh. Müller, Owen; Schuppe des Schlafbeins: Meckel. 13) Das paarige Praefrontale: prfr Prefrontal: Huxley; Praefrontale s. Ante-orbitale: Parker und Bettany, Parker; Ethmoidale laterale s. Praefrontale: Gegenbaur, Harting,Wiedersheim; Frontale anterius s. Orbitale anterius: Joh. Müller, Owen; Frontale anterius s. ethmoideum: Stannius; Thränenbein: Meckel; frontal anterieur: Cuvier; Laerymale s. Frontale anterius: D’Alton; Thränenbein: Rathke. 14) Das paarige Pterygoideum: pt Pterygoid: Parker, Huxley, Parker und Bettany, Gegenbaur, Wiedersheim, Joh. Müller, Owen, Stannius, Cuvier, Rathke. Vorderes Flügelstück des Keilbeins: Meckel; Pterygoideum externum: Harting, D’Alton.
15) Das paarige Palatinum: pl Palatinum, Gaumenbein: alle Autoren. 16) Das paarige Transversum: ir Transversum: Huxley, Wiedersheim; Transpalatinum: Parker, Parker und Bettany; äusseres Flügelbein oder Os transversum: Gegenbaur; Ektopterygoid: Owen, Stannnius; hinteres Flügelstück: Meckel; Pterygoideum externum: D’Alton, Harting; l’os transverse, Trans- versum: Cuvier, Joh. Müller. 17) Das paarige Praemaxillare: prm Praemaxillare: Huxley, Parker und Bettany, Wieders- heim, Parker, Gegenbaur; Premaxillary: Owen, Zwischenkiefer: Stannius, Meckel; Intermaxillare: D’Alton, Cuvier, Harting. 18) Das paarige Maxillare: m Maxillare: Huxley, Parker und Bettany, Gegenbaur, Parker, Owen, Wiedersheim; Oberkiefer, Supra- maxillare: Joh. Müller, Stannius, Meckel, Harting; Maxillare superius: D’Alton, Cuvier.
19) Das paarige Nasale: n Nasale, Nasenbein: alle Autoren.
Reptilien. 1429
20) Der paarige Vomer: © Vomer, Pflugschar: alle Autoren. 21) Das paarige Septo-maxillare : sm
Septomaxillare: Parker und Bettany, Parker; Turbinal Bone: Huxley, Owen, Concha: Stannius; Riechbein: Leydig, Meckel; Ethmoideum: D’Alton, Wieders- heim; Cornet inferieur: Cuvier.
Die Alisphenoidea, die Orbitosphenoidea, die Epiotica und Opisthotica sind als diserete Knochenstücke bei den Schlangen nicht vorhanden.
22) Das (nur bei der Gattung Python vorkommende) paarige Supra-orbitale: so
Supra-orbitale: Joh. Müller, D’Alton, Stannius; Sur- orbitaire Cuvier.
23) Der paarige Unterkiefer: «
Wie bei den übrigen Reptilien wird auch bei den Schlangen der Unterkiefer aus sechs Knochenstücken und dem Meckel’schen Knorpel zusammengesezt. Diese sechs Knochenstücke sind:
a. Das Dentale: d L’ os dentaire: Cuvier; Zahnstück: Mecke&l; Dentale: Parker und Bettany, Stannius, Gegenbaur, Owen, Wiedersheim, Harting, Parker.
b. Das Angulare: an Angulare: Parker und Bettany, Gegenbaur, Owen, Wiedersheim, Harting, Parker.
c. Das Articulare: ar Artieulare: Parker und Bettany, Stannius, Parker, Cuvier, Gegenbaur, Wiedersheim, Harting; Gelenkstück: Meckel.
d. Das Coronoideum: cor Coronoideum: Parker und Bettany, Parker; Com- plementare s. Coronoideum: Stannius; Complementare: Gegenbaur; Kronstück: Meckel; Complementare: Owen, Stannius.
e. Das Opereculare: 0» Spleniale: Parker und Bettany, Parker; Opercu- lare: Stannius, Gegenbaur, Owen, Harting.
f. Das Complementare: com Supra-angulare: Parker und Bettany, Gegenbaur, Owen, Parker, Wiedersheim; Complementare: Harting.
Schliesslich noch 24) Das Hyoideum: hy Hyoideum, Zungenbein: alle Autoren.
1450 Anatomie.
Der Bau des Schädels bei der gemeinen Natter (Tropidonotus natriw) kann als Beispiel dienen, um uns mit dem Bau des Ophidierschädels bekannt zu machen, besonders indem wir durch die trefflichen Unter- suchungen von Rathke (13) und von Parker (89, 41) und Bettany (41) die Entwickelung des Natterschädels kennen. Die Schädelhülle stellt nach Parker und Bettany eine ausserordentlich feste Kapsel dar, deren Knochen durch glatte Nähte mit einander verbunden, manchmal auch schwach schuppenförmig sind. Die Knochensubstanz ist sehr derb, nahezu elfenbeinartig, mit sehr wenig Diplo& und eine grosse Anzahl von Nähten, welche noch zur Zeit des Ausschlüpfens sichtbar sind, ver- schwinden später. Die Knochen des Gesichtstheils sind gleichfalls sehr dicht, aber statt zusammengeschweisst zu sein, stehen sie vielmehr grössten- theils nur vermittelst elastischer Bänder in lockerer Verbindung mit ein- ander sowohl wie mit der Hirnkapsel, wodurch der beweglichste Gesichts- apparat zu Stande kommt, der überhaupt unter den Wirbelthieren zu finden ist. Die axialen Theile sind auf einem verhältnissmässig kleinen Raum zusammengedrängt, während sich die Kiefer auch in ibrem am stärksten zusammengezogenen Zustand zu beiden Seiten und hinten weit über den übrigen Schädel hinaus erstrecken. (Siehe für den Bau des Schädels bei Tropidonotus Taf. CXIL. CXII. Fig. 1, 2, 3, 4).
Die Schädelkapsel ist ziemlich gleichmässig breit, indem die Ohr-
massen nicht seitlich vorspringen. Das Oceipitale basilare (ob) bildet eine breite herzförmige Platte, deren abgerundete hintere Spitze den medianen querovalen Condylus oecipitis bildet. Ein ansehnlicher- Theil jedes Occi- pitale laterale (ol) kommt in der Schädelbasis und ein ebenso grosser Abschnitt im Schädeldach zum Vorschein und der hintere obere Rand eines jeden überdeckt den entsprechenden Theil des Atlas. Der in Rede stehende Krochen der einen Seite stösst mit dem der anderen Seite zu-
sammen und wird von demselben unten nur durch den Condylus getrennt.
Ein diseretes Opisthoticum (op) fehlt, indem es jederseits mit dem Ocei- pitale laterale verwachsen ist. Die Epiotica (ep) fehlen ebenfalls, denn sie sind jederseits mit dem Oceipitale superius verschmolzen. Der grösste der periotischen Knochen ist das Pro-oticum (pro). Dem Anschein nach selbständig, ist es aber doch nach vorn vermittelst seiner äusseren Fläche mit einem kleinen vierseitigen, durchbobrten Knochenstück, dem Ali- sphenoid (al) verwachsen. In diesem durch die Verwachsung des Ali- sphenoid mit dem Prooticum entstandenen Knochenstück begegnet man zwei Löchern. Durch das eine, am meisten nach hinten gelegene, welches sich in dem eigentlichen Prooticum befindet, tritt der zweite und dritte Ast des Nervus trigeminus, durch das andere, in dem Alisphenoid gelegene tritt der erste Ast des N. trigeminus aus der Schädelhöhle hinaus. Inwendig ruht das genannte Knochenstück gleichmässig auf dem vorderen äusseren Rande des Oceipitale basilare und dem äusseren Rande des Sphenoideum basilare auf. Vorne steht es mit dem dicken Hinterrand der seitlichen Platte des Parietale in Berührung, während es
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Reptilien. 1431
sich oben mit seiner vorderen Hälfte dem hinteren seitlichen Rande des Parietale und hinten dem Epiotieum entsprechenden Theil des Oceipitale superius anfügt. Hier bleibt, wie überhaupt bei allen Reptilien eine Yförmige Naht zwischen den drei periotischen Knochen bestehen, welche nie unter einander, sondern immer mit irgend einem andern benachbarten Knochen verwachsen.
An der Basis des Schädels begegnet man zwei Knochenstücken, zu innerst dem Sphenoideum basilare (s) und zu äusserst dem dieses deckenden Parasphenoid (parsp); beide sind mit einander verwachsen und bilden einen sehr sonderbar gestalteten Knochen. Sein Verhältniss wird von Parker und Bettany folgenderweise beschrieben. Deutlichkeitshalber sei hier schon erwähnt, dass das Sphenoideum basilare ein Knorpel- knochen, das Parasphenoid ein Deck-, resp. Bindegewebsknochen bildet. Die Verknöcherung des erstgenannten erstreckt sich zu beiden Seiten des gleich näher zu erwähnenden intertrabecularen Raumes vorwärts bis zu einer gerade unter dem sehr grossen Foramen opticum liegenden Stelle. Vor diesem Punct bleiben die Trabeculae vollständig unverknöchert und liegen in einem Paar beinahe geschlossener Canäle zu beiden Seiten des Parasphenoid. Das letztere zeigt eine ziemlich breite Basis und eine mit einem Kamm versehene Oberseite, welcher zwischen die Frontalknochen eingekeilt ist. Vor der Hirnkapsel erscheint das Parasphenoid zusammen- gedrückt und messerförmig und drängt sich zwischen die Hinterenden des Vomers hinein.
Die beiden Parietalia sind vollkommen zu einem Stück verschmolzen, ohne einen Kanım längs der Vereinigungslinie zu bilden, dasselbe über- deckt theilweise hinten das Oceipitale superius und auf der Seite die Epiotica. Unmittelbar vor seinem vorspringenden postorbitalen Winkel lagert sich dem Parietale ein kleiner, länglicher, aber schwach gekrümmter postorbitaler Hautknochen auf (pfr). Der Vorderrand des Parietale weicht in der Mittellinie etwas zurück und wird noch ein wenig von den Fron- talia bedeckt.
Demnach sehen wir also, dass die Seitenwand des Schädels von drei Knochen gebildet wird, dem Prooticum (»ro), Parietale (par) und Frontale (fr), wobei das Parietale das grösste Drittel liefert. Das Alisphe- noid kommt in der Wand der Schädelhöhle gar nicht zum Vorschein, indem es vom Parietale und Prooticum nach aussen gedrängt worden ist.
Das Foramen opticum ist viel grösser als der Sehnerv, welcher durch seine Mitte geht; seine Umgrenzung wird hinten durch den vorderen unteren Abschnitt der Parietalwand gebildet, vorn und unten durch das Parasphenoid, und oben durch eine fächerförmige Fenestra zwischen dem Vorderrand der Parietal- und dem Hinterrand der Frontalwand. Die vordere Ecke oder der Handgriff dieses Raumes wird von einem sehr kleinen Knochen, dem Orbitosphenoid (ors), eingenommen.
Die Frontalia (fr) sind nicht mit einander verwachsen; ihre untere Vereinigungsstelle liegt im Schädelgrund oberhalb des Parasphenoid, oben
1452 Anatomie,
aussen verbreitern sie sicb, um über jeder Augenhöhle einen supraorbitalen Wulst zu bilden. Im vordersten Ende des Craniums wächst von jedem Frontale eine mediane Wand herunter und trennt die beiden Grosshirn- hemisphären, welche vorn etwas divergiren, in ihrem vordersten Ab- schnitt von einander; allein selbst diese Scheidewände, obwohl sie in unmittelbarer Berührung stehen, verschmelzen doch nicht mit einander. Das Praefrontale (prfr) liegt zur Seite des Vorderendes des Frontale und begrenzt die Augenhöhle von vorn, seine obere Ecke ist zwischen das Frontale und das Nasale eingekeilt.
Die gleich näher zu betrachtenden Trabeculae sind unterhalb des vorderen Abschnittes der Frontalia vereinigt nnd erscheinen als zusammen- gedrückte verticale Ethmoidplatte, die sich in das Nasenseptum fortsetzt. Die Nasenscheidewand ist hinten am höchsten, jedoch nirgends von er- heblicher Höhe. Die Nasalia (n) liegen gleich Schalen auf den Knorpel- kapseln und senken sich tief zwischen den beiden herab, bis beinahe auf das Septum hinunter. Nach aussen hin verschmälern sie sich, während sie gegen die Maxillaria hinabsteigen; vor denselben sind sie concav zur Aufnahme der äussern Nasenlöcher. Ein sehr kleiner, prae- nasaler Knorpelsporn wächst zwischen und unterhalb der äussersten Vorderenden der Nasenkapseln nach hinten. Im vorderen Abschnitt des Nasenbodens liegt zu beiden Seiten des Vomers (v) eine kleine Knorpel- zunge, welche sich hinten gegen den äusseren Fortsatz des Vomer wendet.
- An der Stelle, wo diese Wendung nach aussen stattfindet, liegt ein anderes kleines Knorpelstück, das ein wenig gegen seinen Genossen der anderen Seite convergirt und in einem rundlichen Einschnitt des Vomer steckt. Dies sind nach Parker und Bettany zwei obere Labialknorpel. Der grösste Theil des Nasenbodens wird von dem als „Septomaxillare‘“ (sm) bezeichneten Knochen eingenommen, welcher sich vertical längs der niedrigen Nasenscheidewand erstreckt und nachdem er unter der Nasen- höhle hindurch gegangen, eine Strecke weit in der äusseren Nasenwand nach oben gegen das Nasale aufsteigt. Die quergelagerte Platte des Septomaxillare, welche den Boden der Nasenhöhle bildet, stellt zugleich das Dach für ein grosses nierenförmiges Organ (Nasendrüse: Parker und Bettany, siehe gleich weiter unten) dar, das selbst in eine Ver- tiefung des Vomer eingebettet ist. Der letztere Knochen (v) zeigt eine seinem anderseitigen Genossen angelagerte Platte unterhalb der Nasen- scheidewand und einen queren Flügel, welcher zur Aufnahme der sog. „Nasendrüse‘“ becherförmig gestaltet und vorn seitlich mit einem Ein- schnitt versehen ist, um ihren Ausführgang durchtreten zu lassen.
Das Praemaxillare (prm) ist unpaarig und bildet einen kleinen drei- strahligen, zahnlosen Knochen mit einem kurzen medianen Nasenfortsatz oben und einem längeren doppelten Gaumenfortsatz unten. Zu beiden Seiten erreicht es das Maxillare, welches einen ziemlich langen, schwach
gekrümmten, vorn etwas diekeren und hinten sich abflachenden, zahn-
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Reptilien. 1453
tragenden Stab darstellt. Vorn hängt es durch fibröses Gewebe mit dem Praemaxillare zusammen und in seinem vorderen Drittel ist es mit seiner Innenseite an dem absteigenden Rande des Praefrontale verbunden, während es hinten unter das breite Transpalatinum tritt und von diesem gehalten wird.
Weder ein Jugale, noch ein Quadrato-jugale ist vorhanden. Das Palatinum (pl) ist ein kleiner, mit Zähnen besetzter Knochen, von kaum der halben Länge und Breite des Pterygoideum. Sein vorderes Drittel liegt unter dem Praefrontale und nach hinten befestigt es sich an der Aussenseite des Vorderendes des Pterygoideum. Letzterer (pt) ein grosser, etwas siegelförmiger, gekrümmter Balken ist nahezu so lang wie die ganze Entfernung zwischen dem Hinterhaupt und dem Praemaxillare; vom Palatinum reicht es nach hinten eine Strecke weit über das Oceiput hinaus. Die innere Fläche des Suspensoriums kreuzt es in schiefer Richtung und erstreckt sich sogar noch hinter dem Quadratcondylus bis zur hintersten Ecke des Kieferwinkels. Das Transpalatinum (tr) ist ein beilförmiger Knochen, welcher vom hinteren Ende des Maxillare schief nach hinten verläuft, um auf dem breitesten Abschnitt des Pterygoideum auszuruhen.
Das Squamosum (sg), das oberste Stück des- Aufhängeapparates, liegt beinahe horizontal und senkt sich blos ein wenig nach unten. Es ist länglich von Gestalt, liegt dem vorderen Abschnitt des Prooticum an und wird durch Ligament damit verbunden, während es mit der Schläfen- region des Parietale nur in lockerer Berührung steht. Sein hinterer, äusserer Rand articulirt mit dem Quadratum (y). Unten wird das Qua- dratum schlanker und dicker und trägt einen runden Condylus für ein vollkommenes Scharniergelenk.
Der Unterkiefer reicht bis gegen das Vorderende des Maxillare und ist sanft gebogen; sein Dentale (d) nimmt gerade die Hälfte des ganzen Astes ein. Die breite Vereinigungsstelle des Coronoideum (cor) mit dem Opereulare (op) ist um zwei Fünftel der Länge des ganzen Unterkiefers von seinem Vorderende entfernt. Das Angulare (an) und das Comple- mentare (com) besitzen eine beträchtliche Länge und sind im gewissen Grade mit dem Artieulare verschmolzen; der Meckel’sche Knorpel ist fast völlig resorbirt (Parker und Bettany).
In seinen Untersuchungen über den Bau des Jacobson’schen Organes hat Leydig (32a) die Knochen, welche zu diesem Organ in näherer Beziehung stehen — das Septomaxillare und den Vomer — schon früher einer genaueren Betrachtung unterworfen. Das Septomaxillare Concha oder Riechbein: Leydig hat eine ungefähr dreieckige Form und lässt ein Mittelstück oder Korper und drei Fortsätze unterscheiden. Das Mittelstück ist schalenartig ausgehöhlt (Taf. CX. Fig. 6 a); die weite Oeffnung des Hohlraumes kehrt sieh nach unten. Der vordere Fortsatz (b) geht hinter das Praemaxillare und legt sich in eine seitliche Grube dieses Knochens. Der hintere Fortsatz (c) erstreckt sich rückwärts und
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befestigt sich am Frontale, unterhalb des dort austretenden N. olfactorius. Sowohl der vordere Fortsatz als der hintere endigen gelenkkopfartig. Von anderer Art zeigt sich der dritte Fortsatz, welcher, ohne ein Gelenk- ende zu erhalten, vom äusseren Rande des Knochens abgehend, nach oben biegt und mit ziemlich starker Einwärtskrümmung die Knorpel- kapsel der Nase von aussen eine Strecke weit umspannt. Auch beim Vomer kann man ein Mittelstück und drei Fortsätze unterscheiden. Das Mittelstück (Taf. CX. Fig. 7 a) zeigt sich blasig aufgetrieben und auch hier ist die auf solche Weise gebildete Höhle weit offen. Der vordere Fortsatz (c) legt sich an den entsprechenden Theil des Septomaxillare; der hintere Fortsatz (b), in eine senkrecht stehende Platte sich ver- breiternd, wird nahe seinem Ende von einem grossen Loch oder Fenster durchbrochen und verbindet sich durch ein elastisches Band mit dem Palatinum. Der dritte Fortsatz ist kurz und legt sich an die Wurzel des entsprechenden Fortsatzes der Concha an. Bezüglich der Lage dieses Knochens am Schädel sei erwähnt, dass die Concha nach oben und der Vomer nach unten liegt. Beide Knochen schliessen derart aufeinander, dass sie wie zusammengehören, und indem so das ausgehöhlte Mittel- stück der Concha mit dachartiger Wölbung die Mulde des Vomer über- deckt, kommt ein Hohlraum zu Stande, der zur Aufnahme des Jacob- son’schen Organes bestimmt ist. Die Rückenfläche der Concha bildet zugleich den knöchernen Boden der Nasenhöhle. Bei dem Geruchsorgan kommen wir auf das Jacobson’sche Organ näher zurück. Hier will ich nur erwähnen, dass das, was Parker und Bettany ‚Nasendrüse “ nennen‘, wohl nichts anderes als das Jacobson’sche Organ repräsentirt, in dem die Nasendrüse aussen an der Nasenkapsel liegt. Parker und Bettany scheinen die in Rede stehende Arbeit von Leydig nicht ge- kannt zu haben.
Wie schon erwähnt, verdanken wir unsere Kenntniss von der Ent- wicklung des Schädels der gemeinen Natter den klassischen Unter- suchungen von Rathke (13), welche nachher durch die Arbeiten von Parker und Bettany weiter gefördert sind. Die beiden letztgenannten Beobachter unterscheiden fünf Stadien in der Entwickelung. Besonders die beiden ersten Stadien sind schon von Rathke trefflich beschrieben worden.
Deutlichkeitshalber sei vorher erwähnt, dass in den frühesten Ent- wickelungsstadien das Gehirn, besser gesagt, die jetzt noch nicht weiter differenzirten Gehirnblasen (Vor-, Mittel- und Hinterhirn), von einer gleich- mässigen Schicht Mesoblast umhüllt wird, in welche an der Basis die Chorda dorsalis noch eine Strecke weit sich fortsetzt. Das primitive Knorpeleranium entsteht durch Differenzirung dieser mesoblastalen Um- hüllungssebicht und lässt folgende Theile unterscheiden: 1) ein Paar Knorpelplatten jederseits des Schädeltheiles der Chorda, die Parachordal-
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knorpel, welehe mit der zwischen ihnen eingelagerten Clhorda — zusammen die „Basilarplatte‘“ genannt — den Boden des Vorderhirns bilden; 2) die Trabeeulae, dieselben stellen Fortsätze der Parachordalkapsel dar, welche hinten zusammenstossen und das vordere Ende der Chorda einhüllen.
Die Trabeeulae stellen bei ihrem ersten Auftreten zwei schmale Bänder dar, welche aus derselben gallertartigen Substanz bestehen, die auch die gesammte Umhüllung der Chorda bildet; sie sind nicht scharf differenzirt, sondern blos verdickte und etwas festere Theile jener Hälfte des Schädel- bodens, welche unter der vorderen Gehirnblase liegt. Hinten werden sie durch eine schmale Lücke getrennt und von da biegen sie sich in einem Bogen bis ungefähr zur Hälfte ihrer ganzen Länge, immer weiter aus- einander gehend, während sie nach vorn verlaufen. Später krümmen sie sich wieder zusammen, so dass sie einander wieder sehr nahe oder sogar in directe Berührung kommen. Alle beide stellen gleichsam zwei Hörner dar, zwischen welchen die Umhüllungsmasse der Chorda (der Parachordal- abschnitt) sich nach vorn fortsetzt. Der verlängerte (intertrabeculare) Raum zwischen ihnen ist in der Mitte ziemlich breit und wird von noch zarterer Bildungsmasse erfüllt, auf welcher das Infundibulum und das Vorderhirn aufruht. Vorn reichen die Trabeeulae bis zum Stirnabschnitt des Kopfes und krümmen sich dann sanft nach oben in die Stirnwand des Schädels, dort findet sich aber auch eine kleine seitliche Hervor- ragung oder ein Horn, das jederseits nach aussen geht.
Das zweite Stadium ist charakterisirt, dadurch, dass die Trabeeulae grössere Fertigkeit erlangen, eine schärfere Abgrenzung gegen die um- gebenden Theile bekommen und eine bestimmtere Form annehmen, indem sie in der That fadenartig werden, so dass sie, je weiter nach vorn, desto dünner erscheinen. Sie nehmen sehr wenig an Dicke zu, viel mehr aber an Länge während des weiteren Wachsthums des Kopfes. Ganz zuvorderst verschmelzen sie mit einander und stellen einen Internasal- abschnitt dar. Sobald die Riechorgane merklich an Grösse zunehmen, verlängert und verdickt sich der Scheidewandabschnitt ziemlich stark, ohne jedoch so breit zu werden wie der hintere Theil der Trabeeulae. Die seitlichen Verlängerungen, welche jetzt vom internasalen Abschnitt ausgehen, werden nur wenig dicker, obwohl sie beträchtlich an Grösse gewinnen.
Die seitlichen Theile und die obere Decke des Cranium mit einziger Ausnahme der Ohrkapsel bleiben vollständig membranös, indem sie in der That ausschliesslich aus der häutigen Bedeckung, der Dura mater und einem dünnen dazwischen geschobenen Blastem bestehen, welches in der oberen Gegend kaum walırnehmbar ist, dagegen an den Seiten- wänden und gegen die Basis des Schädels bin etwas zunimmt.
Im dritten Stadium bei Embryonen von ungefähr 1°/, Zoll Länge, welehe die mittlere Kopfkrümmung bereits überwunden haben, deren Visseralspalten aber noch offen stehen, hat der Kopf ein sehr wunder-
1436 Anatoınie.
liches Aussehen, indem er von einer ganzen Reihe kolbiger Hervorragungen überdeckt wird.
Die Nasenregion ist abgerundet, die Riechhöhlungen haben sich ausgebildet; die Augen sind sebr gross, indem sie den doppelten Durch- messer der Ohr- und Nasensäcke haben. Obgleich die mittlere Kopf- krümmung verloren gegangen ist, findet sich doch eine merkliche Krümmung des Kopfes gegen den Hals. In diesem Stadium ist das Chondrocranium bereits wohl ausgebildet. Der Schädelabschnitt der
Chorda (Taf. CXII. XCII. Fig. 5 ch) ist kurz und auf sich selbst zu--
sammengedreht; er erreicht auch nicht einmal ganz zwei Fünftel der Entfernung zwischen dem Hinterhauptende des Schädels und der Hypo- physe. Die Parachordalknorpel haben sich an zwei Stellen hinter der Hypophyse und vor der Chordaspitze vereinigt. Eine breite Brücke findet sich unmittelbar vor der Chorda, eine zweite schmälere dicht hinter der Hypophyse. Zwischen diesen beiden Brücken bleibt ein breiter, ovaler Raum, des Knorpels entbehrend, übrig, die hintere basi- craniale Fontanelle (Fig. 5 p. b. e. f.).
Die Trabeeulae erstrecken sich als rundliche Stäbe nach vorn, sind der Hypophyse gegenüber weit von .einander getrennt, convergiren aber nach vorn rasch, um jedoch bis zur Nasenregion immer noch durch eine Entfernung von einander getrennt zu bleiben, welche ihrer eigenen Breite nahezu gleichkommt. Vorn verschmelzen sie und bilden eine ansehnliche Internasalplatte. Auch entsenden sie ein niedriges Nasenseptum, welches an seinem oberen Rande mit den Nasenkapseln zusammenhängt. An den Seiten des vorderen Endes des Septum finden sich seitliche Fort- sätze, die Trabeeularhörner, und ein medianer vorderer Auswuchs, der Praenasalknorpel. Die ganze Nasenwand ist verknorpelt; die Nasen- knorpel sind, mit den Trabeculae verglichen, verhältnissmässig gross und verschmelzen nahezu in der ganzen Ausdehnung des Nasenseptum mit demselben.
Der hintere Abschnitt des basieranialen Knorpels hat zwei zitzen- förmige Gelenkvorsprünge und etwas vor diesen finden sich das äussere und das innere Foramen condyloideum. Das Chondracranium ist in der Oceipitalregion sowohl seitlich als oben zum Abschluss gelangt. Der Supraoceipitalabschnitt (Fig. 5 S. 0.) stellt einen in der Mittellinie hinten vorspringenden Höcker dar; jedoch ist die Vereinigung der ursprünglichen supraoceipitalen Hälften noch nicht ganz vollständig und ebenso bleibt ihre seitliche Vereinigung mit den Ohrkapseln noch unvollkommen. Die periotischen Massen haben eine merkwürdige dreieckige Gestalt. Die halbkreisförmigen Canäle sind verhältnissmässig sehr gross und wohl ausgebildet. Die grosse supracraniale Fontanelle wird von hinten beinahe ausschliesslich durch den etwas concaven inneren und oberen Rand der Ohrkapsel begrenzt, längs welches Randes der grosse vordere Canal verläuft.
Zwischen der vorderen Endigung des Basilarknorpels und der Seiten- wand der Ohrmasse kommt ein grosser rundlicher Einschnitt zur Ansicht,
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gerade gegenüber der postpituitaren Fontanelle und ziemlich von gleicher Grösse wie diese. Ein Theil dieses Einschnittes wird von einem kleinen, vollkommen selbständigen, ohrförmigen Knorpelstück eingenommen, dem Alisphenoidknorpel (Fig. 5, Al. s). Der Orbito-nasalast (der erste Ast) des N. trigeminus tritt zwischen diesem Knorpel und der Ohrmasse durch, um dann nach vorn in die Augenhöhle zu verlaufen. Der zweite und dritte Ast des N. trigeminus treten gleichfalls hinter diesem Alisphenoid- knorpel nach aussen.
Die einzigen verknorpelten Abschnitte in den Visceralbogen findet man im Mandibular- und im oberen Abschnitt des Hyoidbogens. Das Quadratum hat sich vom Meckel’schen Knorpel abgegliedert und liegt lose ausserhalb der Ohrkapsel. Der Unterkiefer ist ein schlanker, Sförmig gekrümmter Stab, welcher die Richtung des Quadratum fortsetzt. Die beiden Unterkieferäste stossen am Kinn beinahe zusammen. Die gesammte Länge des Hyoidbogens beträgt blos ungefähr die Hälfte des Meckel’schen Knorpels. Er stellt einen dünnen, rippenähnlichen Streifen dar. Der proximale Theil legt sich dicht an die untere seitliche Fläche der Ohrkapsel an, wobei der hintere und innere der beiden Lappen, in welchen das proximale Ende sich fortsetzt, mit der die Fenestra ovalis ausfüllenden Stapedialplatte verwächst.
Im vierten Stadium haben die Embryonen ungefähr 2!/, Zoll Länge. Der Kopf hat sich in diesem Stadium noch mehr verlängert und er- scheint viel weniger absonderlich gestaltet. Die Visceralspalten sind vollständig zum Verschluss gebracht. Die Verknöcherung hat in mehreren Gegenden erhebliche Fortschritte gemacht.
Die Fontanelle hinter der Hypophyse ist grösser geworden und der Raum zwischen ihr und der Spitze der Chorda ist etwas kürzer als früher. Die beiden Hälften des Oceipitaldaches sind vollständig verschmolzen. Der eraniale Abschnitt der Chorda liegt auf den vereinigten Parachordal- stücken und wird von einer knöchernen Scheide umgeben, welche sich in die Masse des Knorpels nach rechts und links ausdehnt, wodurch das
Oceipitale basilare (ob) entsteht (Taf. CXII. CXIII. Fig. 6). Im Knorpel
selbst findet sich zu beiden Seiten ein Knochen, das Oceipitale laterale (ol), welcher von dem Foramen für den Hypoglossus durchbohrt wird und sich bis zur Austrittsstelle des N. vagus nach aussen erstreckt. Die Ohrkapseln haben ihre äussere Gestalt sehr wenig verändert und sind immer noch nicht verknöchert. In der Ohrwandung existirt bis jetzt immer noch keine deutlich abgegrenzte Fenestra rotunda.
Der kleine Alisphenoidknorpel (al) ist immer noch ohrförmig. Ein Einschnitt am hinteren Theil des Alisphenoid umfasst den hinteren Ast des N. trigeminus, welcher rückwärts austritt; die übrigen Aeste des Trige- minus dagegen kommen in dem Raum zwischen der concaven Eintiefung an der vorderen Seite der Basilarplatte und dem concaven nach innen sehenden Rand des Alisphenoid aus der Schädelhöhle hervor.
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Die Carotis interna durchbohrt die postpituitare Knorpelbrücke, welche den Pituitarraum von der basicranialen Fontanelle trennt zu beiden Seiten, und am äusseren Ende dieses Abschnittes findet sich eine Knochenanlage, welche den Knorpel verknöchert. Beide Verknöcherungen verschmelzen später, um das Sphenoideum basilare (s) zu bilden. Zwischen den langen unverschmolzenen Abschnitten der Trabeeulae tritt ein griffelförmiger Knochen auf, der sich unmittelbar vor der Hypophyse unterhalb des breiteren Theiles des intertrabeeularen Raumes zu einer spatenförmigen Platte verbreitert; dies ist die erste Anlage des Para- sphenoid (parsp). Die orbitosphenoidale Schädelwand oberhalb und vor dem Foramen opticum haben sich noch nicht verknöchert.
Zu beiden Seiten des Mittelhirns und zwar an der unteren Hälfte desselben stellt ein dünner Ueberzug von Knochensubstanz den Anfang des Parietale (par) dar, und die Frontalia (fr) sind ähnlich an der Seite des Vorderhirns gelegenen Knochenplättchen, die beinahe unterhalb der Schädelhöhle über den Trabeculae zusammenstossen. An der inneren Fläche jedes Riechsackdaches findet sich eine dünne Knochenschale, das Nasale (n); von den Nasenhöhlungen ist eine doppelt halbmondförmige Knochenplatte aufgetreten, das unpaarige Praemaxillare (prm).
Zur Seite und unterhalb des Niveau der Nasenscheidewand begegnet man einem grossen, nierenförmigen Organ, das Parker und Bettany „Nasendrüse‘ nennen, das aber unzweifelhaft wohl das Jacobson’sche Organ vorstellt. Dasselbe ist mit einem Ausführgange versehen, der sich nach unten und aussen wendet. Dieses Organ wird von oben durch einen zarten Knochenüberzug bedeckt, welcher sich nach einwärts zu einer der Scheidewand nahe gelegenen verticalen Platte verbreitert; dies ist das Septomaxillare (sm). Median von dem Ausführgang wird die untere Fläche desselben beiderseits von einem Knochen umhüllt, dem Vomer (v), welcher seine convexe Oberfläche nach unten kehrt.
Längs dem Vorderabschnitt des Gaumens erstrecken sich ein Paar Knochengriffel, welche nach aussen von den Trabeculae und theilweise noch unterhalb der Nasenhöhlen liegen, dies sind die Palatina (pl). Jeder derselben entsendet einen Fortsatz, den Etlimopalatin - Fortsatz, gegen die Trabeculae, derselbe Krümmt sich über den hinteren Nasen- ausgang hinweg, welcher sich in der Mitte des Gaumens öffnet. Die Pterygoidea (pt) beginnen als ein Faar schlanke, schwach gebogene Knochen unmittelbar unterhalb der Palatina und ziehen nach aussen und hinten gegen die innere Fläche des Quadratum. Weder die Palatina noch die Pterygoidea entstehen im Knorpel. Im Seitenrand der Wangen und der Oberlippe liegt ein Knochenstückchen, das Maxillare (m), das vom äusseren Ende des Praemaxillare bis zu einer dem hinteren Ende des Palatinum gegenüber liegenden Stelle reicht. Zwischen dem hinteren Ende des Maxillare und der Mitte des Pterygoideum liegt das Trans- palatinum (Fig. 6tr).
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Reptilien. 1439
Das Quadratum ist breit und fächerförmig geworden und sein schmäleres, unteres Ende verknöchert sehr rasch als Quadratknochen (9). Der gekrümmte obere Rand legt sich lose der Seite der Ohrkapsel an und wird von derselben bereits durch das Squamosum (sg) getrennt, dessen zugespitztes vorderes Ende sich am vorderen Abschnitt der Kapsel befestigt.
Die Meckel’schen Knorpel sind weit von einander getrennt und nur durch Bindegewebe verbunden. Ueberzüge von paraostotischen Knochen sind in Beziehung dazu aufgetreten und zwar das Dentale (d) vorn und aussen; hinter demselben, der Aussenfläche des Unterkiefers angelageıt, folgt das Complementare (com), das bis zum Condylus reicht. An der inneren Fläche finden sich drei Knochensplitter, das Operculare (op), das Coronoid (cor) und das Angulare (an), welches letztere beinahe bis zum Winkel des Unterkiefers reicht. Eine Ektostose ist in. Beziehung zum Knorpel nahe an der Gelenkstelle aufgetreten; es ist dies das Artieu- lare (art).
Die nach hinten gewendete Richtung des Hyoidbogens tritt noch be- deutend stärker hervor, und der ganze Stab ist schlanker und weniger krumm geworden; mit seinem hinteren Theil legt er sich dem hinteren Rande der Stapedialplatte an. Eine Lamelle hat sich von der hinteren und oberen Kante des Streifens abgelöst und stellt nun einen besonderen Stylohyalknorpel (sth) dar.
Der Natterschädel kurz vor und zur Zeit des Ausschlüpfens zeigt folgende Verhältnisse (Taf. CXIV. Fig. 1, 2,3, 4 und 5). Das Oeeipitale basilare (ob) ist ein grosser herzförmiger Knochen geworden, der aber ' noch durch ansehnliche Knorpelabschnitte von den Elementen der Um- gebung getrennt wird. Vorn erstreckt sich der Knochen !über die ur- sprüngliche Knorpelanlage hinaus in die hintere basieraniale Fontanelle hinein. Die im letzten Stadium beschriebenen Verknöcherungen des Sphenoideum basilare (s) sind zu einem einzigen Knochen verwachsen, welcher auch die praechordale (postpituitare) Knorpelbrücke zur Ver- knöcherung bringt und sich nach hinten in die Fontanelle auszudehnen anfängt. Er geht auch beiderseits der Hypophyse nach vorn bis zum hinteren Ende des Parasphenoid (parsp), mit welchem er schliesslich ver“ wächst. Die Arteria carotis interna durehbohrt beiderseits den Knochen. Von dem Sphenoideum basilare (s) findet sich keine Verknöcherung des Trabecularknorpels.
Die Oecipitalia lateralia (0) haben an Unfang gewonnen, so dass sie nun durch Nahtverbindung über dem Foramen magnum zusammenhängen.
Der Rest der Supraoeeipitalregion verknöchert zu einem besonderen
Oceipitale superius (os), das hinten an die Oceipitalia lateralia und seit- lich an die Epiotica (ep) stösst. Der N. glossopharyngeus durehbohrt das hintere Ende des Ohrknorpels; der N. vagus tritt zwischen der Kapsel und dem Oeceipitale laterale aus, und der N. hypoglossus durchbohrt das Oeceipitale laterale (ol).
1410 Anatomie.
Die Ohrkapsel hat ihre drei am constantesten vorkommenden Ver- knöcherungen erhalten, nämlich das Epiotieum (ep), das Opisthotieum (op) und das Prooticum (pro); von diesen bleibt nur das Prooticum diseret, während das Epiotieum mit dem Oceipitale superius, das Opisthotieum mit dem Oceipitale laterale verwächst.
Das Prootiecum umschliesst den grössten Theil des vorderen und des horizontalen Canals mit ihren Ampullen und den Meatus auditorius in- ternus. Unter den zwei Ampullen entsendet das Prooticum einen keil- förmigen Fortsatz nach unten in den Boden des Cranium zwischen das Oceipitale basilare und das Sphenoideum basilare. In diesem Keil finden sich drei Löcher, zwei grössere, ein vorderes und ein hinteres, welche dem vorderen und dem hinteren Ast des N. trigeminus den Durchgang gestatten und ein kleineres, etwas höher, zwischen ihnen und dem Meatus auditorius internus, zum Austritt des N. facialis. Ausserhalb dieses unteren Theiles des Prooticum findet sich auf den schiefen hinteren und äusseren Rand. des Sphenoideum basilare gestützt und den vorderen Theil des Prooticum unterlagernd, ein kleiner, vierseitiger Knochen, welcher den Alisphenoidknorpel zur Verknöcherung gebracht hat, sowie auch ein dazu gehöriges, membranöses Band, das einen Einschnitt überbrückt, der früher im Knorpel existirte. Durch das auf solche Weise gebildete Loch geht der vordere Ast des Trigeminus nach seinem Austritt aus dem Prootieum durch. Der concave hintere Theil des Alisphenoid (al) liegt vor dem hinteren Ast des Trigeminus, welcher sich beinahe gerade nach hinten wendet, und der N. facialis liegt unmittelbar über diesem. Noch * ein anderer Knorpelknochen findet sich in der Schädelwand, das Orbito- sphenoid (ors), dasselbe ist zwischen das Frontale (fr) und das Parietale (par) über und vor dem Foramen optieum eingekeilt.
Die Parietalia (par) nehmen nun einen grossen Abschnitt der Seiten- wände der Gehirmkapsel ein und reichen unterhalb bis zu den seitlichen Rändern des Sphenoideum basilare und zu dem Vorderrande des Ali- sphenoid und des Prootieum. Die Frontalia sind oberhalb etwas voll- ständiger und stossen auch unten über dem Parasphenoid beinahe zu- sammen.
Die Nasalia (n) erstrecken sich viel weiter über die Nasenkapsel hinweg als früher, und die Vomeres (v) und Septomaxillaria (sm) sind im Begriff fest zu werden und die Gestalt anzunehmen, ‘welche sie im aus- gewachsenen Thier besitzen. Parasphenoid (parsp), Palatinum (pl), Pterygoid (pt), Transpalatinum (tr) und Maxillare sind bedeutend grösser geworden.
Das Squamosum (sg) ist ein länglicher, splitterförmiger Knochen, der sich vermittels seines vorderen Endes lose an die Ohrkapsel anlegt; hinten divergirt er nach aussen und hinten. An seiner inneren Fläche findet sich ein viel kleinerer Splitter, das Supratemporale (st). Der Hand- griff des Quadratum (g) ist viel länger als früher und sein langgestreckter oberer Rand ist immer noch knorpelig. Derselbe legt sich über das
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hintere Ende des Squamosum und an dessen Aussenseite an. Auf diese Weise hat es denn jede direete Verbindung mit dem Cranium verloren. Der Quadrateondylus liegt nun hinter dem Niveau der Basioceipital- region; er stellt ein Charniergelenk dar mit einem Angularfortsatz dahinter (gleich einem Olecranon) und einem erhabenen Wulst davor.
Der hintere Theil des Meckel’schen Knorpels ist wohl verknöchert und stellt das Articeulare (ar) dar; vorn persistirt der Knorpel bis zum vorderen Ende des Unterkiefers und wird auf seiner Aussenseite vom Dentale (d) bedeckt. Vor der Mitte des Unterkiefers stossen die breiten Enden zweier Knochen in einer verticalen Linie zusammen; der eine derselben, nach vorn gewendet, ist das Operculare (op), der andere, welcher dahinter liegt, ist das Coronoideum (cor); beide endigen zu- gespitzt. Ein schmales Angulare (an) umhüllt den unteren Rand eines grossen Theils des Artieulare und erstreckt sich nach hinten bis in die Gegend des Gelenkes. Das Complementare (com) liegt an der Aussen- seite in derselben Gegend, ist aber doppelt so gross.
Die Columella (col) setzt sich nun aus einer knöchernen Stapedial- platte und einem damit verbundenen Schaft zusammen, an welchem der ursprüngliche Knorpel bis auf das distale Dritttheil verknöchert ist. Die Stapedialplatte selbst ist hinten fast ganz gerade und vorn convex; der aufsteigende (Tubercular-) Fortsatz des Schaftes liegt oben und hinten, das Capitulum unten und vorn. Der hinteren Hälfte des Sförmigen Schaftes legt sich ein dickes, ziemlich halbmondförmiges Knochenstück — das Stylohyale — an. Dasselbe hat den ganzen Knorpel bis auf die äussersten Enden und den freien unteren Rand verknöchert. Seine äussere Fläche legt sich der Innenfläche des Quadratum an und sowohl es als die Columella erstrecken sich noch nach hinten bis über den hinteren Rand dieses Knochens hinaus. (Parker und Bettany 39, 41.)
Ueber den Bau des Schädels von Python besitzen wir eine sehr gute Beschreibung und ausgezeichnete Abbildungen von D’Alton (9), obgleich dieselben fast fünfzig Jahre alt sind. Auf Taf. CXV, Fig. 1—9 sind einige seiner Abbildungen copirt und ich habe nur dem jetzigen Stande unserer Kenntniss gemäss, einige Knochenstücke mit anderen Namen belegt. Im Allgemeinen stimmt der Bau des Schädels von Python mit dem der gemeinen Natter vollkommen überein und die einzigen Unter- schiede sind folgende: Längs der Vereinigungsstelle der beiden Parietalia bilden die in Rede stehenden Knochenstücke einen sehr deutlichen Kamm, welcher sich zum Theil auch noch auf das Oceipitale superius fortsetzt. Die Frontalia sind viel kürzer, die Nasalia bedeutend länger als bei Tropidonotus. Das Praefrontale ist dem Postfrontale viel näher gerückt, beide werden mit einander durch ein, wie es scheint, nur bei Python vorkommendes Knochenstück verbunden. Genanntes Stück trägt den Namen von „Supraorbitale“. Die bedeutende Reduction des Frontale in Vereinigung mit dem einander Näherrücken des Prae- und Postfrontale
sind die Ursachen, dass die Augenhöhlen viel kleiner als bei Tropidonotus Bronn, Klassen des Thier - Reichs. VI. 3. 91
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sind. Das Praemaxillare trägt jederseits zwei kleine Zähnchen. Das Sphenoideum basilare besitzt jederseits einen kleinen, mit einer Gelenkfläche versehenen Fortsatz (Processus sphenoideus), durch welchen der in Rede stehende Knochen jederseits mit dem Pterygoideum artieulirt.
Als Beispiel des Schädelbaues einer Giftschlange kann Crotalus gelten (Taf. OXVI. Fig. 1 und 2). Bei der Klapperschlange sind die Praemaxillaria sehr klein und zahnlos. Das Maxillare verliert die Form eines verlängerten Balkens, wird kurz, subeylindrisch und hohl; sein Innenraum beherbergt die bei diesen, wie bei verschiedenen anderen Giftschlangen so sehr hervortretende, vor dem Auge lagernde Vertiefung der Haut. Der obere und innere Theil des Oberkiefers bewegt sich auf einer Rollfläche, die vom Praefrontale gebildet wird, so dass er auf diesem Knochen sich frei vor- und rückwärts bewegen kann. Das Prae- frontale seinerseits ist bis zu einem gewissen Grade am Stirnbein beweg- lich. Die obere Kante der Hinterseite des Oberkiefers gelenkt vermittelst einer angelartigen Verbindung mit dem Transversum, das einen sehr be- deutend verlängerten, abgeplatteten, nach hinten mit dem Pterygoideum in Verbindung gesetzten Knochenbalken darstellt. Das Pterygoideum ist lang, stämmig, und wie gewöhnlich, hinterwärts mit dem distalen Ende des Quadratum verbunden. Nach vorn und innen von seiner Vereinigung mit dem Transversum ist sein Vordertheil verlängert und verbindet sich durch ein bewegliches Gelenk mit dem kurzen, seitlich zusammen- gedrückten Gaumenbein, das an der Aussenseite der hinteren Nasen- öffnung liegt. Sein Vorderende ist nun durch Fasergewebe mit der Schädelbasis vereinigt. Die untere Kante des Pterygoideum trägt wenige kleine Zähne, aber weitere scharfe, zurückgebogene, massive Zähne sitzen der unteren Fläche der Vorderhälfte des Pterygoideum auf (Huxley 35). Das Prae- und Postfrontale bildet ein kleines Knochen- stück. Nur ganz vorn finde ich auf dem sehr kurzen Gaumenbein jederseits zwei Zähne, An der Unterfläche des Vomer sehe ich jeder- seits einen kleinen Fortsatz, einem nach hinten gekrümmten Zahn nicht unähnlich. Eine Crista parietalis fehlt, dagegen findet man an der Basis cranii eins besonders nach hinten zu sehr stark entwickelte Knochenleiste, die sich nach vorne zu fast bis zum Vomer fortsetzt.
Ist der Mund bei Crotalus geschlossen, so neigt die Axe des Quadratum nach unten und hinten; das Pterygoideum, so weit als möglich zurückgeschoben, streckt das Gaumen-Flügelbeingelenk und lässt die Axen der beiden letztgenannten Knochen zusammenfallen. Das Transversum, ebenfalls durch das Pterygoideum rückwärts geschoben, streckt in ähnlicher Weise das Hinterende. des Maxillare und bewirkt, dass dessen Gaumenseite, welcher die grossen, von einem Canal durch- zogenen Giftfangzähne aufsitzen, nach hinten schaut. Dadurch kommen diese Zäbne an das Dach der Mundhöhle zu liegen, in dessen Schleim- hautfalten sie versteckt sind.
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Bei den durch eigenthümliche, von dem Maxillare und dem Prae- frontale begrenzte Anteorbitalgruben ausgezeichneten Giftottern (Gruben- ottern — Trigocephali) besitzen nach den Angaben von Peters (33) alle, wie bei Crotalus, ein Postfrontale; es ist wie bei dieser Giftschlange schmal und mit dem von dem Parietale gebildeten Processus postorbitalis durch eine Naht verbunden. Stannius (15) glaubte, dass bei diesen Schlangen das Postfrontale fehlte. Eine grosse Verschiedenheit dagegen zeigt bei den Grubenottern das Os transversum, wie bei der Systematik weiter angegeben werden soll.
Bekanntlich sind die beiden Unterkieferhälften bei den Schlangen vorn nicht verwachsen, sondern vollständig frei. Allgemein findet man angegeben, dass ein dehnbares Ligament die beiden Hälften vorn ver- bindet. Weder bei Vipera ammodytes, noch bei Tropidonotus natrix konnte Leydig (50) eine Spur eines eigentlichen Ligamentes wahrnehmen. In beiden Fällen erblickt man nach ihm zwischen den freien Enden der Unterkieferhälften nur gewöhnliches Bindegewebe, dem elastische Fasern der feineren Art reichlich beigemischt sind.
Dagegen beschreibt derselbe Forscher ein ligamentartiges Gebilde, welches bis jetzt nicht beschrieben ist. Am frischen Thier nämlich schimmern, wie er angiebt, durch die Schleimhaut des Rachens ein Paar graue Körper hindurch, in der Gegend des paarigen Vomer, vorne über den Choanen. Die nähere Untersuchung ergiebt, dass es dicke, elastische Bänder oder vielmehr Polster sind, mit denen sich das Palatinum an den Vomer heftet und aus einem dichten Filzwerk feinster elastischer Fasern besteht, das zwischen sich eine Menge von schleimartiger Substanz auf- nimmt. Die in Rede stehenden ligamentösen Polster zeigen im histo- logischen Bau die grösste Verwandtschaft mit der weichen Ausfüllungs- substanz, welche zwischen den die Unterkieferhälften zusammensetzenden Knochenstücken sich hinzieht. Eine vom ganzen Unterkiefer genommene Querscheibe gewährt mikroskopisch einen interessanten Anblick dadurch, dass die einzelnen Knochenstücke weit auseinander gerückt sind und die Zwischenräume in reichlichster Menge von einem ligamentösen Gewebe eingenommen werden. Es handelt sich um eine Einrichtung, welche, indem sie die den Unterkiefer zusammensetzenden Knochenstücke nur locker verbindet, auf Erhöhung der Beweglichkeit der Unterkinnlade, selbst in ihren einzelnen Stücken, hinzielt.
Die verbindende Masse ist kein reines elastisches Gewebe, sondern hat theilweise die Natur weichen Bindegewebes (Leydig 50).
Die Gattung Zyphlops bildet nach den Untersuchungen des be- rühmten Joh. Müller (12) eine sehr merkwürdige Schlangen- gattung. Auf Taf. CXI. Fig. 15, 16, 17 ist der Schädel von Ziyphlops lumbricalis dreifach vergrössert abgebildet. Derselbe ist platt, viel breiter als hoch, noch einmal so lang als breit, am breitesten ist er in der Schläfen- und Hinterhauptsgegend, nur wenig schmäler im Ver- lauf des Scheitelbeins, sehr schmal in der Gegend des Stirnbeins,
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und zwischen den Augen und wieder sehr breit im Gesichtstheil, welcher wie eine plattgedrückte Blase aussieht. In die Zusammen- setzung dieser hohlen Blasen gehen ein: die Praemaxillaria (prm), die Nasalia (n), die Maxillaria (m) und der vorderste Theil der Frontalia (fr). Die vorderen Nasenöffnungen liegen mehr am unteren als oberen Theil jener Blase, die hinteren Nasenöffnungen hinter dem Praemaxillare. Die vorderen Nasenöffnungen sind eng. Die Nasenhöhle selbst scheint blasig, doch gehört nicht der ganze Raum der von den Gesichtsknochen gebildeten Blase zu der Nasenhöhle, sondern die seit- lichen Theile dieser Blase scheinen Muskeln zu enthalten, welche hinten an einem besonderen kleinen seitlichen Ausschnitt heraustreten und zur Bewegung der höchst merkwürdigen Pterygoidea bestimmt scheinen. Weder die Pterygoidea noch die Palatina tragen zu dieser Blase bei. Die Ossa palatina sind ohne alle Nahtverbindung, bloss ganz frei, hinten und zu den Seiten aufgehängt, so dass sie mit ihrer Längsaxe gegen die Mundhöhle abwärts gerichtet sind. Sie allein tragen jedes zwei Zähne am unteren Ende, sonst hat weder der Oberkiefer noch das Praemaxillare, noch der Unterkiefer Zähne. Eben so merkwürdig sind die Pterygoidea, die fadenförmig, dünn und lang sind und zur Bewegung der Gaumenbeine dienen, sie stehen mit keinem Knochen durch Nähte in Verbindung, sie sind mit ihren beiden vorderen stielförmigen Fort- sätzen bloss an die frei beweglichen Gaumenbeine und an der Basis des Schädels hinter den hinteren Nasenöffnungen angeheftet. Ihr hinteres Ende ist nicht fest mit dem Quadratum verbunden. Bewegliche und auf- gehängte Theile sind daher am Kopf der Zyphlops: 1) die Pterygoidea, 2) die Palatina, 3) das Quadratum. Alle übrigen Knochen des Kopfes bilden zusammen ein festes Ganze ohne Lücken, alles durch Nähte ver- bunden. Das Oceipitale besteht aus dem Oceipitale basilare (ob) mit einem einfachen Condylus (co), aus den Oceipitalia lateralia, welche einander oben in der Mitte erreichen und hier durch Naht verbunden sind, und aus dem Oeceipitale superius (os), welches der Länge nach ge- theilt ist. Das Prooticum (pro) ist schildförmig und bildet mit dem Ocei- pitale laterale einen hinten und oben vorspringenden, stumpfen Winkel. Weder ein Squamosum (sgq), noch ein Temporale proprium (Supratempo- rale) ist vorhanden. Das Quadratum ist daher ganz einfach in dem Winkel des Prootieum und Oceipitale laterale aufgehängt und besteht aus einem fast horizontal länglichen Blättehen, welches mit seinem hinteren Ende lose befestigt ist.
Das Sphenoideum basilare ist eine Knochenplatte, welehe durch eine breite hintere Naht mit dem Oceipitale basilare, durch eine hintere mit dem Prooticum, durch eine seitliche gerade Naht mit dem herab- steigenden Theil des Parietale und durch seinen conisch verlängerten Vordertheil mit dem herabsteigenden Theil des Frontale zusammenhängt. Dieser vordere zugespitzte Theil reicht so weit nach vorn als die Fron- talia, daher ist auch bier das Cranium eine unten und seitwärts ganz
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vollkommen geschlossene Kapsel. Das Parietale ist einfach (par), seine Seitenwände verbinden sich mit dem Sphenoideum basilare; vorn zur Seite läuft das Parietale in eine Spitze aus, welche das hintere Ende der ganz offenen Augenhöhle andeutet; zu dieser Spitze trägt auch das Frontale bei. Das Frontale ist paarig, und bildet den Theil des Schädels, weleher zwischen den Augenhöhlen-Ausschnitten liegt; jederseits verlängert es sich mit einer zugespitzten Platte über die Blase des Gesichtsknochens und hängt hier mit dem Maxillare zusammen. Die Seitenwände der Stirnbeine laufen tief herab und bilden mit dem vordersten Theil des Keilbeins den vorderen ganz umschlossenen Theil der Schädelhöhle zwischen den Augenhöhlen. Letztere sind ganz offene Ausschnitte des Schädels, denn weder ein Praefrontale noch Postfrontale ist vorhanden; unten sind die Augenhöhlenausschnitte auch ganz offen. Jugale und Transversum fehlen vollständig. Alle bisher beschriebenen Theile mit Ausnahme des Quadratum bilden ein festes Ganzes. Die Palatina (pl) und Pterygoidea (pt) sind überaus beweglich; ersteres ist ein schaufel- förmiger Knochen, unten ist es breiter, oben schmäler. Weiter ist das Palatinum unten platt und die Platte ist nicht quer, sondern in der Längen- richtung des Kopfes aufgestellt. Das obere Ende dieses Knochens endigt mit einem Halse in einem queren Condylus, so dass der untere, glatte Theil gleichsam schneidend in der Längenrichtung des Kopfes bewegt werden kann. Am unteren Ende des Palatinum stehen hinter einander zwei lange Zähne, von welchen der vordere der längste ist. Auf beiden Seiten des Palatinum setzen sich Muskeln an, welche das Knöchelehen mit seinen Zähnen vor- und rückwärts, vielleicht auch nach abwärts ziehen können.
Zur Bewegung der Ossa palatina dienen ferner die Ossa pterygoidea. Ihr vorderes Ende liegt an der inneren Seite der Palatina und hat zwei stielförmige dünne Seitenfortsätze, den einen zur Verbindung mit dem Os pallatinum, den anderen zur lockeren Befestigung in der Mittellinie des Schädels hinter der Choanenöffnung. Der ganze übrige Theil jedes Pterygoideum ist fadenförmig und reicht bis über die Befestigung des Quadratum, wo das spitze Ende ganz locker mit diesem zusammenhängt.
Der Unterkiefer besteht aus zwei getrennten Hälften, welche vorn sehr locker durch Band vereinigt sind. Derselbe reicht an der Basis des Kopfes bloss bis an die hintere Nasenöffnung. Am vorderen Theil des Unterkiefers befindet sich ein langer aufwärts gerichteter spitzer Fortsatz, der bei geschlossenem Munde in die Augenhöhlengrube reicht. Dieser Fortsatz scheint nach Joh. Müller der Processus coronoideus zu sein, der hier vielleicht so weit nach vorn liegt, weil die Mundöffnung so weit nach hinten liegt und der Unterkiefer so wenig nach vorn reicht.
Der Schädel von Rhinophis (Taf. CXVI. Fig. 3, 4, 5) ist ganz über- aus schmal, hinten noch am breitesten, verschmälert er sich nach vorn immer mehr und mehr bis in die keilförmige Spitze der Schnauze. Die Nasalia (n), Maxillaria (m) und Praemaxillaria (prm) bilden einen spitzen,
1446 Anatomie.
weit vorspringenden Keil; die Palatina (pl) sind unbeweglich; die Ptery- goidea (pt) verbinden sich hinten mit dem Quadratum (g), vorm mit dem Maxillare durch Vermittlung des Transversum (tr) und mit dem Palatinum. Zu den Seiten der Frontalia ist der Schädel ausser der Schnauze am engsten; hier ragen die vom Maxillare, Transversum und Pterygoideum gebildeten Bogen weit an den Seiten hervor. Die Nasalia (n) sind überaus lang und breit, das Praemaxillare bildet einen sehr langen, schmalen Vorsprung an der Schnauze, die Ursache der keilförmigen Nase; die Nasenlöcher liegen weit nach hinten und das Praemaxillare trägt keine Zähne. Die Maxillaria sind lang und niederig. Der Processus palatinus ossis sphenoidei basilaris (ps) schliesst sieh fest an das Pala- tinum an, letzteres liegt bewegungslos zwischen Pterygoid und Prae- maxillare, ohne Spur von Zähnen. Die Frontalia (fr) sind kurz und paarig, Praefrontalia fehlen bis auf eine ganz geringe Spur; die Post- frontalia fehlen ganz, ebenso das Squamosum und Temporale (Supra- temporale). Das Quadratum (g) bildet ein ganz dünnes Blättchen; dasselbe liegt horizontal und ist an einem vorspringenden Winkel zwischen Oceipitale und Prooticum (pro) befestigt. Der Condylus ocei- pitalis ist sehr lang und das Oceipitale superius (os) einfach. Der Unter- kiefer ist in der Mitte getrennt und besteht also aus zwei abgesonderten Stücken, welche’lose verbunden sind und nicht von einander ausgedehnt werden können. Der Processus coronoideus ist hier sehr undeutlich und mehr nach hinten wie gewöhnlich.
Bei der Gattung Tortrix kommen bewegliche, nicht fest zu einem Ganzen verbundene Gesichtsknochen vor, sie nähert sich dadurch den grossmäuligen Schlangen und besitzt auch Gaumenzäbne neben den Kieferzähnen, in den Palatina und Pterygoidea, ausserdem hat die in Rede stehende Gattung vier ganz kleine Zähne im Praemaxillare, zwei jederseits ganz nach aussen. Der Unterkiefer ist in der Mitte ganz getheilt. Das Quadratum ist sehr klein und am Schädel selbst eingelenkt, also nicht an einem längeren oder kürzeren beweglichen Squamosum auf- gehängt. Die Oceipitalia lateralia berühren sich oben, das Oceipitale superius liegt in der Mitte von ihnen und ist einfach. Der Condylus oceipitis ist ebenfalls einfach, derselbe hat aber zwei Höcker. Das Postfrontale fehlt. Das Praefrontale ist vorhanden, ebenfalls das Trans- versum und dasselbe gilt von den Pterygoidea, Palatina und Septo- maxillare (vergl. für den Bau des Schädels bei Tortrix Taf. OXI. Fig. 13, 14).
Das Zungenbein.
Das Zungenbein zeigt bei den Schlangen einen sehr einfachen Bau, indem es, wie schon Cuvier nachgewiesen hat, aus einem Paar langen, vorne zusammenstossenden, knorpeligen Faden oder Hörnern besteht. Leydig (50) hat ihren Bau genauer untersucht. Was die Gestalt im
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Allgemeinen betrifft, so lässt sich nach ihm der vorderste bogige, die Hörner verbindende Abschnitt als Körper des Zungenbeins ansprechen, ohne dass sich das Stück von den Hörnern selber abgegliedert. Auch ist der Theil, gleichwie es mit den Hörnern der Fall ist, dem Corium der Hautdecke angeheftet und erstreckt sich nicht in die Substanz der Zunge hinein. Der in Rede stehende Knochen liegt weit nach hinten am Kehlkopf, etwa in gleicher Linie mit dem Ende der Mundspalte, was mit dem Umstande zusammenhängt, dass der Kehlkopf bei der grossen Länge der Luftröhre gar sehr nach vorne sich geschoben hat.
Die einzelnen von Leydig untersuchten Arten bieten in der Gestalt des Zungenbeins folgende Unterschiede dar: Bei Coronella austriaca ver- binden sich die beiden Hörner vorne in einfachem Bogen, ohne dass eine Hervorragung oder Verdickung zugegen wäre (Taf. CXI. Fig. 1). Bei Tropidonotus tessellatus kommt ebenfalls eine ganz einfache schlingen- förmige Verbindung der beiden Hörner vor; dagegen entwickelt bei Tropidonotus matrix der Gipfel des Bogens eine vorspringende An- schwellung von stumpf rundlicher Form (Taf. CXI. Fig. 2). Bei Zamenis viridiflavus, var. carbonarius erscheint der die Hörner verbindende Bogen lang ausgezogen und die dadurch erzeugte Spitze erinnert an den langen, bei den Sauriern sich in die Zunge erstreckenden Fortsatz des Zungen- beins (Os entoglossum). Bei Vipera ammodytes hat sich diese Spitze noch länger ausgezogen. (Fig. 3.)
Histologisch betrachtet gehört nach Leydig das Zungenbein zum verkalkten Zellenknorpel. Die Axe verkalkt, während die Rinde knorpelig bleibt.
Bei jüngeren Thieren bleibt nach Leydig der verbindende Bogen noch rein knorpelig, während die Hörner schon verkalkt sind. Darauf beziehen sieh vielleicht die Angaben, dass die beiden Hörner durch ein Band vereinigt sind.
Bei der Verkalkung des Knorpels sondert sich derselbe in wirbel- ähnliche Stücke, welche bei den verschiedenen Gattungen und Arten noch typische Verschiedenheiten zeigen. Bei Tropidonotus natrix 2. B. geschieht die Zertheilung so, dass im Ganzen die einzelnen Stücke von ziemlich regelmässiger Grösse sind, wobei sich freilich auch etwas umfänglichere einschieben. Aehnlich ist das Bild bei Tropidonotus tessellatus und die Kalkwürfel — wie Leydig sie nennt, sind in dem Bogenabschnitt des Zungenbeins so deutlich wie in den Hörnern abgegrenzt. Auch bei Zamenis viridiflavus, var. carbonarius zeigt sich der kalkige Axentheil der vom Bogen vorragenden Spitze gegliedert, so gut wie das Uebrige. Bei Coronella austriaca sind die Kalkwürfel kürzer als bei den anderen genannten Arten und streckenweise noch einmal getheilt, so dass eine im Ganzen buntere oder unregelmässigere Zerfällung sich eingetheilt hat.
Nach all’ diesem kann wohl kein Zweifel bestehen, dass man eine wirkliche natürliche und keine künstliche Bildung vor sich hat (Leydig 50).
1448 Anatomie.
Wie schon öfters erwähnt, bilden die fusslosen Saurier die Brücke, welche die Schlangen mit den Sauriern verbindet und ist es also sehr schwer, beide genannte Reptilienabtheilungen durch feste Charaktere von einander zu unterscheiden. Ein bestimmtes Hauptmerkmal giebt es nicht und so hat man dann auch nach Charakteren untergeordneten Ranges sich umgesehen. Als ein solcher gilt das Foramen mentale. Nach Troschel (22) kommt den Schlangen nur ein einziges Foramen mentale in jedem Unterkiefer zu, während die Saurier — auch die fusslosen Saurier und die Amphisbaenoiden — immer eine grössere Anzahl Foramina mentalia besitzen. Nur als sehr seltene Ausnahmen sollen bei den Schlangen zwei Foramina mentalia angetroffen werden. Weiter glaubte Troschel als ein Gesetz erkannt zu haben, dass bei allen Schlangen mit rudimentären hinteren Extremitäten, das Foramen mentale vor der Mitte des Os dentale liegt, dass dagegen bei allen anderen Schlangen das in Rede stehende Foramen hinter der Mitte beginnt.
II. Muskeln.
Literatur.
(51) E. Home. Öbseryations to show that the progressive motion of snakes is partly per- formed by means of the ribs in: Philosophical Transactions p. 163. 1812.
(51a) Huebner. De organis motoriis Boae carinae. Berolini 1815.
(51b) J. T. Meckel. System der vergleichenden Anatomie. Bd. III. 1828.
(52) Duges. Recherches anatomiques et physiologiques sur la döglutition dans les Reptiles; in: Annales des sciences naturelles. T. XU. p. 37. 1927.
(53) M. Duvernoy. Memoire sur les caracteres tires de l’Anatomie pour distinguer les Serpents venimeux des Serpents non venimeux; in: Annales des Sc. nat. T. XXVI. p- 113. 1832.
(54) E. D’Alton. Beschreibung des Muskelsystems einer Python bivittatus; in: Joh. Müller’s Archiv p. 346. 1834.
(55) R. Owen. On the Anatomy of Vertebrates. Vol. I. Fishes and Reptiles.
(56) E. von Teutleben. Ueber Kaumuskeln und Kaumechanismus bei den Wirbelthieren ; in: Archiv für Naturgeschichte. Bd. 40. 8. 78. 1874.
Muskeln des Kopfes. Kaumuskeln. 1) M. parietali-quadrato-mandibularis (Taf. CXVII, CXVII, Fig. 1, 2, 3; 173, 0b, ed Heber, Schliesser des Maules oder Beissmuskel z. Th. D’Alton No. 1, p. 348. M. temporalis: von Teutleben. M. Masseter: Owen. M. posttemporalis: Owen.
Kräftiger, starker Muskel, welcher bei /’ython bivittatus mit vier Portionen entspringt, von welchen drei schon nach Wegnahme der Haut zu erkennen sind, während die vierte tiefer liegt. Von den oberflächlichen entspringt die vordere («) von der Crista parietalis und von der Linie am Post-
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frontale, in welche sich jene fortsetzt. Seine Fasern convergiren und gehen unter das starke Band, welches vom hinteren Ende des Maxillare zum Unterkiefergelenk sich erstreckt. Von diesem Band entspringen auch noch einige Verstärkungsfasern. Die zweite, mittlere Portion (b) liegt hinter und unter der vorigen und entspringt an der hinteren Hälfte der Crista parietalis. Seine Fasern gehen vor- und auswärts, schieben sich zwischen die Anheftung der dritten Portion (c) und nehmen an der inneren Fläche die vierte Portion (d) auf, mit welcher sie sich an das Angulare inserirt. Die dritte, hintere, äussere und stärkste Portion (c) kommt vom Quadratum und heftet sich an die innere Seite des Artieulare, an seine äussere Fläche bis zur Verbindung mit dem Dentale und nach hinten bis zum Gelenkfortsatz selbst. Die vierte, tiefe Portion ist die schwächste und kommt von der Mitte der Crista parietalis. Bei Python fgris sind nach Vogt (Zur Neurologie von Python tigris; in: Joh. Müller’s Archiv) die vier Bäuche gänzlich von einander getrennt und stellen vier ganz gesonderte Muskeln dar. Bei Crotalus entspringt der in Rede stehende Muskel aus der Schläfengrube dicht hinter der Orbita und verläuft von oben nach unten, bis seine Fasern in die der folgenden Portion übergehen; diese entspringt von der vorderen Fläche des Quadratum und tbeilt sich in zwei Portionen, die hinterste inserirt an den oberen Rand des Unterkiefers in dessen ganzer Ausdehnung, während die oberste sich nach vorne um die Giftdrüse am Oberkiefer befestigt. Bei Contraetion dieses Muskels wird ein Druck auf die Giftdrüse ausgeübt, in Folge dessen das Gift in den Ausführungsgang hinein gepresst wird.
2) M. oceipito-quadrato-mandibularis (Taf. CXVII, CXVIL, Fig. 1, 2, 3; 2:3.,1.0): Niederzieher des Unterkiefers D’Alton No. 2, p. 349. M. temporalis z. Th. von Teutleben. M. tympano-mandibularis: Owen. Dieser Muskel entspringt bei Python mit zwei Köpfen. Der längere (a) ist schmal, aber ziemlich dick und kommt fleischig vom hintersten . Theil der Scheitelleiste, der Crista oceipitalis. Er legt sich auf den Rand des Squamosum, dann über das Gelenk, zwischen diesem und dem Quadratum und vereinigt sich erst am Kiefergelenk mit dem kurzen Kopf (b), welcher vom oberen Gelenkende des Quadratum entspringt. Insertion: an die obere Fläche vom hinteren Theil des Unterkiefergelenk- fortsatzes. Bei Crotalus entspringt er nur mit einem Kopf, der vom Quadratum und in gerivger Ausdehnung auch vom Oceipitale superius kommt und an das hintere Ende des Unterkiefers inserirt.
3) M. eervieo-mandibularis [Sphineter colli] (Taf. CXVII, CXVIII, Pig. 1,'2,°3,) 45,3). Nackenunterkiefermuskel D’Alton No. 3, p. 350, M. neuro-mandibularis: Owen.
1450 Anatomie.
M. costo-mandibularis: Owen. M. temporalis z. Th. von Teutleben. M. cervico-mandibularis: Cuvier.
Liegt am Nacken, an der Seite des Halses und entspringt ver- mittelst einer Aponeurose, welche die Nackenmuskeln überzieht, von den Processus spinosi der vorderen Rumpfwirbel. Die Fasern dieses Muskels setzen sich in einem nach vorn concaven Bogen an eine dünne Sehnen- haut, die ein Stück des M. parietali- quadrato -mandibularis einhüllend, sich zum Theil an das Kieferband heftet, theils an den unteren Rand des Dentale geht. Einige tiefere Fasern gehen auch zum Gelenkfortsatz des Quadratum.
4) M. transverso - maxillo - pterygo-mandibularis (Taf. CXVII, CXVII, Fig. 2,4; 4). Aeussere Flügelmuskel: D’Alton No. 4, p. 351. Pterygoideus externus: von Teutleben. M. ektopterygoideus: Owen.
Ursprung: mit einer starken, dieken Sehne vom Transversum, sowie vom angrenzenden Theil des Maxillare, ferner von der ganzen unteren Fläche des zahnlosen Theils des Pterygoideum, längs seines bogen- förmigen Randes bis zum hinteren Ende. Insertion: fleisechig an die untere äussere Fläche des Unterkiefergelenkes.
5) M. intermaxillaris (Taf. CXVII, CXVI, Fig. 4, 5). Die sich kreuzenden Muskeln des Unterkiefers: D’Alton No. 5, p- 351.
Diese Muskeln stellen eine eigenthümliche Vorrichtung dar, ver- mittelst welcher die beiden Unterkieferhälften einander genähert und vor zu grosser gegenseitiger Entfernung geschützt werden. Sie entspringen oben von dem Gelenkfortsatze des Unterkiefers, sind schmal und dünn, werden aber absteigend und einwärts gehend breiter und stärker und kreuzen sich in der Mitte, indem bald die Faseın des rechten über jenen des linken liegen, bald umgekehrt. Ihre breiten, vorderen Enden setzen sich theils an den inneren Rand des Unterkiefers, theils gehen sie an die Ursprungsstelle der bindegewebigen Haut, welche zwischen den beiden Dentalia der Unterkieferhälften ausgespannt ist. Ein Theil der- selben verliert sich auch in der Haut, welehe die untere Haut der Mund- höhle bildet.
Muskeln des Quadratum.
6) M. retractor ossis quadrati (Taf. CXVII, CXVIIL, Fig. 1, 2, 3, 4; 6). Rückwärtszieher des Quadratum: D’Alton No. 6, p. 352. Filum museulare s. tendinosum?: Hübner. Entspringt platt und breit von der inneren Fläche der äusseren Haut; indem die Bündel sich sammeln, wird er schmäler und dicker, tritt
Reptilien. 1451
zwischen den zuletzt genannten und dem Cervico-mandibularis (Sphineter colli), verwandelt sich in eine platte, bandartige Sehne und inserirt sich an die obere Fläche vom oberen Gelenkende des Quadratum.
Muskeln des beweglichen Apparates der Oberkiefer-, Gaumen- und Flügelbeine.
7) M. pterygo-sphenoidalis posterior. Innere, hintere Flügelmuskel: D’Alton No. 7, p. 352.
Diese Muskeln füllen von beiden Seiten zusammen den Raum zwischen den hinteren Enden der Pterygoidea. Sie entspringen von ihren Gelenk- fortsätzen am Sphenoideum basilare, sowie von den Seitenflächen dieses Knochens und inseriren sich als dicke, starke Bäuche auswärts und rück- wärts an den Innenrand des Pterygoideum.
5) M. pterygo -sphenoidalis anterior.
Innere, vordere Flügelmuskel: D’Alton No. 3, p. 353.
M. palatinus: Hübner.
M. prespheno -pterygoideus: Owen.
Liegt vor dem vorigen, und ist ihm an Gestalt ähnlich, nur kleiner.
Er entspringt ebenfalls an dem Gelenkfortsatz des Sphenoideum basilare (mit dem Pterygoideum), sowie vom Parasphenoid. Seine Richtung ist schräg vor- und rückwärts und er inserirt an dem vordersten Theil des innren Randes des Pterygoideum und das damit verbundene Ende des Palatinum.
9) M. pterygo-parietalis (Taf. CXVII, CXVIIL, Fig. 2; 9).
Der Hebemuskel des inneren Flügelbeins: D’Alton No. 9, p- 393.
M. orbitalis: Hübner.
M. pterygoideus internus: von Teutleben.
M. entopterygoideus: Owen.
Entspringt vom unteren freien Rande des Parietale bis zu seiner Vereinigung mit dem Prooticum. Seine Fasern convergiren und bilden einen kurzen, dieken Muskel, der an die obere Fläche des Pterygoideum inserirt.
Muskeln des Vomer.
10) M. vomero-sphenoideus. Zurückzieher des Vomer: D’Alton No. 10, p. 353. M. spheno-vom£rien: Duges.
Prespheno - vomerine musele: Owen.
Spulförmiger Muskel mit langer, sehniger Cauda. Er entspringt von dem Sphenoideum basilare und zwar aus dem Grübcehen von dem Gelenkhöckerehen. Sein Bauch ist etwas länger als die Sehne, welche am hinteren Theil des oberen Randes des Vomer inseritt.
1452 Anatomie.
Zungen-, Zungenbein- und Kehlkopfmuskeln.
Muskeln des Zungenbeins. 11) M. atlanto -epistropheo-hyoideus (Taf. CXVII, CXVIIL, Fig. 1; 11). Rückwärtszieher des Zungenbeins: D’Alton No. 11, p. 352. Ursprung: vermittelst einer Aponeurose von den beiden ersten Wirbeln (Halswirbel: D’Alton); er geht schräg hinter und unter dem Unterkiefergelenk vorbei, convergirt mit dem der anderen Seite und inserirt an das Ende des Zungenbeins.
.12) M. maxillo-hyoideus (Taf. OXVII, CXVIIL, Fig. 4, 5; 12). Genio-hyoideus: Meckel. Vorwärtszieher des Zungenbeins: D’Alton No. 12, p. 354. Entspringt von der Epiphyse des Unterkiefers, er ist platt aber dick und inserirt hinten, aussen und innen an der Spitze des Zungenbeins, wo er das hintere Ende des M. hyo-glossus scheidenförmig umfasst.
13) M. transversus hyoideus (Taf. CXVII, CXVII, Fig. 4; 13). Quermuskel des Zungenbeins: D’Alton No. 13, p. 354. Von Meckel nicht bezeichnet, wohl beschrieben (p. 367, No. 3). Zwischen dem vorderen Drittel der beiden Zungenbeinhälften ist eine dünne, dreieckige, mit der Spitze nach vorn gekehrte Haut ausgespannt, in welcher sich deutliche, aber schwache Muskelfasern erkennen lassen.
14) M. mylo-hyoideus (Taf. CXVII, CXVII, Fig. 4; 14). Kieferzungenbeinmuskel: D’Alton No. 14, p. 359. Latissimus ingluviei s. platysma myoides: Hübner. Hauthalsmuskel: Meckel.
Entspringt vorn mit einem sehnigen Anfang, hinten fleischig, vom inneren Rande des Unterkiefers (des Dentale) und inserirt sich vorn an den äusseren Umfang des Zungenbeins. Hinten verwächst mit ihm der Hautmuskel, dessen Fasern ihn anfangs kreuzen und sich dann un- zertrennlich mit ihm vermischen.
15) M. cervico-hyoideus (Taf. CXVII, CXVII, Fig. 1, 4; 15). Nackenzungenbeinmuskel: D’Alton No. 15. Dieser Muskel liegt hinter dem cervico-mandibularis (Spbhincter colli), entspringt gleichfalls, aber weiter hinten von dem Nacken und inserirt mit dem vorhergehenden ebenfalls am Zungenbein.
Muskeln des Kehlkopfes.
16) M. maxillo-laryngeus (Taf. CXVII, CXVIL, Fig. 5; 16). Vorwärtszieher des Kehlkopfes: D’Alton No. 16. M. genio-laryngeus: Owen. Entspringt mit dem M. maxillo-hyoideus (12) von der Epiphyse des Unterkiefers, trennt sich von ihm nach aussen und inserirt sich an die Seite der Luftröhre.
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Reptilien. 1453
17) M. hyoideo-laryngeus (Taf. OXVH, CXVII, Fig. 4, 5; 17). Rückwärtszieher des Kehlkopfes: D’Alton No. 17. Retrahens laryngis: Hübner. Entspringt vor der Anheftung des vorigen Muskels von dem hinteren Theil des Zungenbeins, liegt dicht an und über demselben und inserirt von oben und von unten an dem Kehlkopf.
Muskeln der Zunge. 18) M. hyoglossus (Taf. OXVII, CXVIII, Fig. 4, 5; 18). Zungenbeinzungenmuskel::D’Alton No. 18, p. 356. M. hyoglossus: Owen. Er fängt am hinteren Ende des Zungenbeins an, legt sich unter einem spitzigen Winkel in der Mittellinie an den gleichnamigen der anderen Seite und bildet mit ihm die lange, vorn zweigespaltene Zunge.
Muskeln des Rumpfes. Hautmuskeln. Die Hautmuskeln nehmen die Bauchgegend und einen Theil der Seiten an dem Körper der Schlangen ein und erstrecken sich von der Kehle bis zum After.
19) M. ceutaneus externus (Taf. CXVlI, OXVII, Fig. 1, 2; 19). Der grosse, äussere oder Seitenhautmuskel: D’Alton No. 19, p- 357. Aeusserer, schiefer Bauchmuskel: Heusinger.
Er verläuft längs der Seitenwände des Leibes, reicht aber nicht so weit unter den Bauch als der folgende Muskel und besteht eigentlich aus einer mit der Zahl der Rippen übereinstimmenden Menge von kleinen Muskeln. Sein Ursprung wird von den oberflächlichsten der oberen Hälfte der Rumpfmuskeln verdeckt.
Das Verhalten eines jeden einzelnen Muskelchen ist nach D’Alton ungefähr als folgt: es entspringt von der äusseren Fläche und dem hinteren Rande einer Rippe, geht zwischen den oberen und unteren ober- flächlichen Rumpfmuskeln etwas rück- und abwärts, dann bogenförmig wieder in die Höhe. Es ist platt, doch ziemlich dick, wird allmälig breiter und löst sich büschelförmig in einzelne Bündel auf, welche sich gegenseitig über einander legen und setzen sich von innen an die Haut fest, welche der vierten bis zehnten Reihe der Seitenschuppen entspricht: Alle einzelnen kleinen Muskeln nehmen vom Kopf nach der Mitte des Leibes an Grösse zu.
20) M. cutaneüs internus (Taf. CXVIIL, CXVII, Fig. 2; 20). Der innere oder untere Bauchhautmuskel: D’Alton No.20, p. 358. Innerer, schiefer Bauchmuskel: Heusinger. Auch dieser Muskel besteht aus einer grossen Zahl kleiner Muskeln, die von den Rippen entspringen und zwar von deren Spitzen; besonders
1454 Anatomie.
gegen die Mitte des Leibes, wo die Muskeln auch am Anfang breit sind, nimmt ihr Ursprung gegen 4 mm vom vorderen Rand des unteren Endes der knöchernen Rippen ein. Die Zahl dieser Muskeln ist jener der Rippen nicht ganz gleich, denn D’Alton sah dieselben erst von der elften Rippe anfangen. Die Ausdehnung des Gesammtmuskels nach hinten erstreckt sich bis zum After, wo er an der Seite der Becken- knochen liegt und mit den Schwanzmuskeln verschmilzt. Von der vor- letzten Rippe kommt noch eine deutliche Portion, von der letzten nicht mehr und verbindet sich der Muskel mit derselben nur vermittelst der benachbarten. Hier wird der Hautmuskel überhaupt sehr schmal und spitzt sich nach hinten zu, bleibt aber dennoch ziemlich diek. Die Fasern dieses Muskels kreuzen sich mit denen des vorigen vollkommen, indem sie von hinten und oben nach vorn und unten verlaufen. Die einzelnen kleinen Muskeln werden in der Mitte des Leibes auch stärker und mit der zunehmenden Länge der Rippen länger, sie decken sich grösstentheils und zwar der hintere den vorderen. Am unteren vorderen Ende divergiren die Fasern und die Muskeln werden breiter, aber,gehen nicht gerade in Büschel über. Sie legen sich von oben und hinten über die Spitzen der grossen Muskeln der Bauchschuppen und gehen zu der ersten, zweiten, dritten und vierten Reihe der Seitenschuppen, sowie an den äusseren, hinteren Umfang der Bauchschuppen selbst.
21) Mm. intersceutales majores.
Die grossen, eigenthümlichen Muskeln der Bauchschuppen: D’Alton No. 21, p. 360.
Von der Mitte einer jeden Bauchschuppe entspringt ein Paar Muskeln, von ziemlich beträchtlicher Grösse. Sie liegen dicht beisammen, haben nur eine sehnige Linie zwischen sich und gehen beide divergirend rück- und auswärts; ein jeder setzt sich an folgende Schuppen: 1) an den hinteren Rand der nächst hinteren Bauchschuppe; 2) an die Seitenschuppe der ersten Reihe, welche zu der nächstfolgenden Bauchschuppe gehört; 3) an die Seitenschuppe der zweiten Reihe, die zu derselben Ordnung gehört; 4) an die Seitenschuppe der dritten und vierten Reihe.
22) Mm. interscutales minores.
Die kleinen Muskeln der Bauchschuppen: D’Alton No, 22, p- 360. r
Zwischen je zwei Bauchschuppenmuskeln liegt ein sehr kleines aber beständiges Muskelchen, welches aus der Mitte (dicht neben jenem der andern Seite) aber immer von der hinteren Schuppe entspringt und auf derselben nach aussen geht und sich an ihr selbst und zwar inner- halb der Anheftung des vorigen Muskels an ihren hinteren Rand ansetzt. Diese Muskelpaare krimmen also die Bauchschuppen, so dass sie nach unten convex werden.
Reptilien. 1455
23) Mm. pyramidales. Die Pyramidenmuskelehen: D’Alton No. 23, p. 361. Längliche Muskeln, die mit breiter Basis von den Seitenschuppen der ersten Reihe entspringen und sich an die nächst hinteren Bauch- schuppen ansetzen. Sie ziehen die erste Reihe der Seitenschuppen ein- und rückwärts gegen die Bauchschuppen.
24) Mm. interscutales proprii.
Die kleinen, eigenthümlichen Muskeln der Bauchschuppen : D’Alton No. 24, p. 361.
Ein kleiner Muskel findet sich für jede Bauchschuppe doppelt vor. Jedes Paar entsteht an einer Schuppe, versteckt von den grossen eigen- thümlichen Muskeln, geht rückwärts und inserirt an die nächst hintere Bauchschuppe vor der Stelle, wo der gleichartige Muskel entspringt. Diese Muskeln rücken die Bauchschuppen an einander.
25) Mm. scutales mediales. Der siebente Hautmuskel: D’Alton No. 25, p. 361.
Kurzer, aber breiter Muskel, welcher an dem Seitenrand der Bauch- schuppen, an den Seitenschuppen der ersten, zweiten und dritten Reihe (aber an denjenigen, welche zu der nächst hinteren Bauchschuppe zu rechnen sind) entspringt und sich mit seinen inneren, längsten, ein wenig einwärts geneigten Fasern, die folgende überspringend, an die zweit- nächste Bauchschuppe inserirt. Mit den weiter nach aussen befindlichen kürzeren Fasern geht er an die nächste Bauch- und die gleichnamigen Seitenschuppen der ersten, zweiten und dritten Reihe, welche hinter jenen des Ursprungs sich befinden. Er nähert die’ Bauchschuppen und die drei ersten Reihen der Seitenschuppen einander und ist ansehn- lich dick.
26) Mm. scutales laterales.
Die obersten, kleinsten Hautmuskeln: D’Alton No. 26, p. 362.
Ausser den beschriebenen: Hautmuskeln giebt es noch eine grosse Menge kleinerer, die sich aber nicht füglich anders als im Ganzen schildern lassen. Sie füllen den Raum von der vierten bis zur neunten Reihe der Seitenschuppen und bilden den oberen freien Saum des ganzen Hautmuskelsystems, wo er auf der oberen Hälfte der Seiten- muskeln des Rumpfes aufliegt. Diese Muskeln scheinen immer von einer Schuppe zu der nächst hinteren zu gehen. Im Allgemeinen sind die unteren derselben, welche sich unmittelbar an die vorigen anschliessen, die grösseren werden und eingeschlossen innerhalb zweier Insertionsstellen des grossen oder äusseren Seitenmuskels. Die oberen haben geringeren Umfang und Dicke, hören dünn, aber doch so auf, dass der ganze Muskel sich mit einem deutlichen, geraden Rande von dem Theil der Haut absetzt, welcher den Rücken bedeckt und ganz ohne Muskeln ist.
1456 Anatomie.
Bauchmuskeln.
27) M. abdominis externus (Taf. CXIX, OXX, Fig. 1, 2, 4, 6, 8; 27).
Der äussere Bauchmuskel: D’Alton No. 27, p. 433.
Bedeckt zunächst den inneren langen Rippenmuskel, entspringt an der siebenten Rippe und reicht bis zu der vorletzten. Die ersten Por- tionen sind schmal und schief gestellt, zwischen je zweien bleibt eine Lücke, durch welche die Nerven gehen. Die hinteren kleinen Muskeln legen sich mit ihren Rändern dieht an einander und verlaufen von oben und hinten nach vorn, indem sie eine ziemlich starke Fleischhaut bilden. Da, wo diese die knorpeligen Rippenanhänge erreicht, geht sie in eine derbe Aponeurose über, welche, wo die Muskeln von beiden Seiten zusammenstossen und verbunden sind, an die obere Fläche der grossen Bauchschuppen zwischen deren Muskeln inserirt.
28) M. abdominis internus (Taf. CXIX, CXX, Fig. 2, 4; 28).
Innerer Bauchmuskel: D’Alton No. 30, p. 434.
Entspringt von der zweiten Rippe von vorn bis zur vierten von hinten. Unten geht er mit dem vorigen gemeinschaftlich in die be- schriebene Aponeurose über, die nicht aus zwei Blättern, einem für einen jeden Muskel besteht, sondern einfach und beiden gemeinschaftlich ist. Die Richtung seiner einzelnen Muskelchen ist die entgegengesetzte der des vorigen, von oben und vorn, nach unten und hinten.
Rippenmuskeln. 29) Mm. costo-vertebrales inferiores (Taf. CXIX, CXX, Fig. 4; 29). Innere, kleine Vorwärtszieher der Rippen: D’Alton No. 3l, p- 439. Innere Rippenheber: Meckel No. 23, p. 141. Spinoso-costales: Hübner.
Nehmen die ganze Länge der Wirbelsäule an der unteren Fläche der Wirbelkörper ein. In der vorderen Gegend des Rumpfes entspringen sie von den Hypapophysen zweier benachbarten Wirbel, zum Theil auch vom Körper, gehen über den dritten Wirbel und setzen sich an das obere Ende der mit dem vierten Wirbel artieulirenden Rippe vorn und unten fest. Weiter nach hinten verhalten sie sich folgendermaassen. Jeder Muskel entspringt von den Körpern zweier Wirbel, wo diese unten an einander passen und von dem Gelenkband, durch welches die Rippe mit dem zweiten oder hinteren Wirbel verbunden ist und setzt sich vorn und unten an das obere Ende der Rippe, welche mit dem nächsthinteren, also dritten Wirbel eingelenkt ist. Die Wirkung der Muskeln ist, die Rippen nach vorn zu bewegen, wie die Levatores costarım.
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Reptilien. 1457
30) Mm. costo-vertebrales superiores (Taf. OXIX, CXX, Fig. 4; 30). Innerer, grosser Rückwärtszieher der Rippen: D’Alton No. 30, p- 485. Costales interni superiores: Hübner.
Sie liegen unter den vorigen und entspringen von den Hypapophysen der Wirbel oder den stellvertretenden Höckern und Leistehen. Nach vorn reichen sie nur bis zur vierten Rippe. Wo der Leib der Schlange den grössten Umfang hat, gehen diese Muskeln über 6 Rippen weg und setzen sich erst an die siebente fest.
3l) Mm. retrahentes costarum longi (Taf. CXIX, CXX, Fig. 2, 4; 31).
Innerer, kleiner Rückwärtszieher der Rippen: D’Alton No. 31. Costales interni inferiores: Hübner.
.Sie haben ihren Ursprung gerade unterhalb des Anfangs der Bauch- muskeln und verfolgen die nämliche Richtung, wie die vorigen Muskeln, und jeder Muskel für sich wird an seinem hinteren Rande von dem folgenden hinteren ein wenig bedeckt. Der vorderste Muskel kommt von der siebenten Rippe, geht über die sechste und setzt sich an die fünfte, der nächste kommt von der achten Rippe und geht gleichfalls zur fünften, der dritte kommt von der neunten Rippe und geht über die achte und siebente zur sechsten, und so schlagen sich alle folgenden über zwei Rippen weg.
32) Mm. retrahentes costarum breves (Taf. CXIX, CXX, Fig. 2, 4; 32).
Muskeln zwischen Rippenknorpeln: D’Alton No. 52, p. 430.
Interceostales reeto decursu binas costas intereedentes: Hübner.
Gerader Bauchmuskel: Meckel.
Diese Muskeln nehmen die Zwischenräume zwischen den Knorpel-
anhängen der Rippen ein, entspringen aber zum Theil noch von dem knöchernen Ende der hinteren Rippe und setzen sich an dasjenige der
- vorderen. Ihre Fasern verlaufen fast gerade nach vorn.
35) Mm. intercostales inferiores (Laf. CXIX, CXX, Eig, 1, 2, 8; 383). Untere, lange Zwischenrippenmuskeln: D’Alton No. 33, p. 487. Stratum sextum: Hübner. Aeusserer, schiefer Bauchmuskel: Meckel No. 15. p. 187.
Sie bilden eine ansehnlich lange und starke Muskelschicht, deren einzelne Portionen eine schiefe Richtung von hinten und unten nach oben und vorn haben. Die constituirenden Muskelchen fangen an dem vor- deren Rande des unteren Endes der Rippen an und setzen sich ziemlich weit nach vorn. an den hinteren Rand einer vorderen Rippe. Diese Muskelchen erstrecken sich in der Regel über 10—11 Rippen.
Bronn, Klassen des Thier-Reichs. VI. 3. 92
1458 Anatomie.
34) Mm. intercostales superiores (Taf. CXIX, CXX, Fig. 1, 5; 31). Obere, lange Zwischenrippenmuskeln: D’Alton No. 34, p. 437. Stratum quintum: Hübner.
Vorderer, gezahnter Muskel: Meckel No. 12, p. 156.
Sie nehmen den Raum ein unmittelbar unter dem Ursprung des M. cutaneus externus (19) und reichen von da ab abwärts bis zum oberen Rande des vorigen Muskels, daher erscheinen diese beiden Muskel- schichten im Ganzen nur durch eine linearische Trennung gesondert. Sie haben ganz die Richtung der vorigen und entspringen dicht vor diesen, von dem vorderen Rande der Rippen, treten über 13—15 Rippen nach vorn und oben, um sich an die vierte bis sechzehnte zu inseriren.
35) M. retraetor costae bieeps (Taf. CXIX, OXX, Fig. 4, 5; 35). Der zweibäuchige Rückwärtszieher der Rippen: D’Alton No. 35, p- 438. Stratum secundum et tertium: Hübner. M. opistothenar: Meckel No. 7, 8, p. 134.
Entspringt mit zwei Bäuchen. Der obere innere Bauch (35a) kommt mit einer grossen, wahrscheinlich der Zahl der Wirbel entsprechenden Menge von einzelnen Portionen von der Aponeurose, welche den Rücken und einen Theil der Seiten der Schlange deckt. Diese Portionen decken sich von hinten und aussen und hängen mittelbar mit den Dornfortsätzen zu- sammen. Am Anfang sind alle Portionen breit und platt, gehen mit einem abgerundeten Rande in die Sehnenhaut über und hängen mit ihrem unteren Ende mit den Mm. praezygapophyses-costales zusammen. Die
. Faserung geht schräg, von hinten nach unten und vorn und in einer Region etwas vor der Mitte des Rumpfes schlagen sich die Muskeln über 10—12 Rippen. In ihrem Verlauf werden sie etwas schmäler und das untere Ende geht in zwei platte Sehnen über, eine untere und obere. Die untere setzt sich in die Sehne und aponeurotische Umhüllung der Mm. levatores costarum und der eben genannten Mm. praezygapophyses costarum fort; die obere wird zum sehnigen Anfang des zweiten Bauches.
Der untere äussere Bauch (35 b) ist an Umfang und Breite dem vorigen vollig gleich und entspringt aus den unteren Sehnen desselben, ver- wandelt sich dann in Fleischbündel, welche nach vorn und unten gehend, sich in schwache Sehnen verwandeln, die sich an den oberen Theil der
äusseren Fläche der Rippen befestigen, gerade da, wo auch die Seiten-
hautmuskeln entstehen.
36) Mm. praezygapophyses - costales. Gelenkfortsatzrippenmuskeln oder lange Rippenheber: D’Alton No. 36, p. 439. Stratum quartum: Hübner. Diese Muskelchen entspringen vermittelst feiner Flechsen, gemein- schaftlich mit den Mm. levatores costarum, von der unteren Fläche der
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Reptilien. 1459
äusseren, vorderen Gelenkfortsätze (Praezygapophysen) der Wirbel. In den vorderen Regionen des Rumpfes gehen sie über zwei Rippen zur dritten und bedecken den mittleren Theil des folgenden Muskels. An der Mitte des Leibes sind diese Muskeln weniger von einander getrennt und die Fasern länger, so dass sie über 6—7 Rippen verfolgt werden können. Alle Muskeln in Verbindung stellen einen langen rundlichen, schmalen Muskelstreifen von ziemlicher Dieke dar.
37) Mm. levatores costarum (Taf. CXIX, CXX, Fig. 6, 8; 37). Rippenheber: D’Alton, Hübner, Meckel.
Entspringen von der unteren, hinteren Fläche der vorderen äusseren Gelenkfortsätze, sind hier sehnig und schmal und gehen zum hinteren ‚Rande der Rippen, die sich mit den Wirbeln, von welchen sie kommen, verbinden und zu dem vorderen Rande der nächst hinteren Rippe.
38) Mm. intercostales proprii (Taf. CXIX, CXX, Fig. 4, 8; 38). Zwischenrippenmuskeln: D’Alton, Meckel.
Sie entspringen vom hinteren Rande der Rippen und begeben sich an den vorderen Rand der hinteren Rippe. Sie steigen von oben und vorn nach unten und hinten. Von diesen Intercostalmuskeln überspringen einzelne Bündel die äussere Fläche einer Rippe und gehen an die nächst- folgende. Dadurch werden die Rippen hier und da versteckt und die Muskeln erscheinen als aus einzelnen, über einander gelegenen, etwas angeschwollenen Bündeln bestehend.
39) M. semispinalis (Taf. CXIX, CXX, Fig. 1, 6; 39). Der lange, absteigende Muskel zwischen den Gelenk- und Dorn- fortsätzen: D’Alton No. 39, p. 442.
Halbdornmuskel: Meckel. Dieser Muskel stellt ein langes, ansehnliches, dickes Fleischpolster dar, welches an der inneren Seite des oberen Bauches von dem M. spinalis dorsi gelegen ist. Die Portionen, welche zur Bildung dieses Muskels beitragen, sind sehr lang und entstehen mit deutlich gesonderten, am Anfange stärkeren, sich ausbreitenden und dünner werdenden Sehnen von den Processus spinosi und hängen hier mit der Aponeurose zusammen, von welcher der oben erwähnte obere Muskelbauch abgeht. Die Sehnen haben eine ansehnliche Länge; der Muskelbauch ist, wo er sich mit ihnen vereinigt, spitz und dünn, wird breiter und dieker, dann verschmelzen die einzelnen Bäuche der verschiedenen Portionen untersich und gehen schräg nach unten und hinten. Sie setzen sich über eine grosse Menge von Wirbeln fort, ohne sich an dieselben festzusetzen und endigen in zwei, zur Hälfte fleischige, zur Hälfte sehnige Caudae. Die obere befestigt sich an den Praezygapophysen und ein Theil der Sehne setzt sich nach oben in die Aponeurose fort, welche den Muskel über- zieht, der von den Postzygapophysen zu den Dornen, von vorn und
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1460 Anatomie.
unten aufsteigt. Die untere Cauda geht in die Aponeurose der Rippen- heber über. Am Kopfende des Rumpfes gehen die Portionen nur über 4—6 Wirbel, in der Mitte des Leibes bedecken sie den Zwischenraum
zwischen 14—-17 Wirbeln. x
40) M. eapito-vertebralis (Taf. OXIX, CXX, Fig. 7; 40).
Der aufsteigende Muskel zwischen den Dorn- und Gelenkfort- sätzen: D’Alton No. 40, p. 443.
M. spinalis (?) Hübner.
Dorn- und Halbdornmuskel: Meckel.
Er deckt die Seiten der Processus spinosi und erscheint schon zum Theil nach Wegnahme der Haut. Er entspringt mit zwei Köpfen, der eine ist schmal und sehnig, liegt unter dem folgenden Muskel und beginnt an den Postzygapophysen und vereinigt sich, indem er sich von allen Portionen in eine Aponeurose sammelt, mit dem fleischigen Kopf, welcher von dieser Aponeurose selbst und von den Seiten und dem oberen Rande der Dornen abgeht. Das Kopfende dieses Muskels ist dem hinteren Vorsprung der Scheitelleiste und des Oceipitale superius eingefügt.
41) M. postzygapophyses-spinales (Taf. CXIX, CXX, Fig. 7; 41). Zweiter oder kurzer, absteigender Muskel zwischen den Gelenken und Dornfortsätzen: D’Alton No. 41. Spinoso-vertebralis: Hübner. Vieltheiliger Riickgratsmuskel: Meckel No. 3. Dieser Muskel wird mit dem vorigen von einer derben Aponeurose
überzogen und stellt einen sehr langen, schmalen, wenig vorspringenden
Muskelstreifen längs der ganzen Wirbelsäule dar. Die kleinen Muskeln, welche leicht gesondert werden können, entspringen mit feinen, plätten Sehnchen von den Postzygapophysen, schlagen sich über. die unteren Köpfe von vier Portionen des vorigen Muskels weg, welche von denselben Fortsätzen ausgehen, aber die entgegengesetzte Richtung annehmen. Alle einzelnen Portionen bilden am oberen Ende eine gemeinschaftliche Aponeurose und diese sendet zu jedem Dornfortsatz einen sehnigen Zipfel, welcher zugleich zur Anheftungssehne des folgenden Muskels wird.
42) Mm. neuro-spinales (Taf. CXIX, CXX, Fig. 7; 42). Muskeln zwischen den Wirbelbogen und den Dornfortsätzen: D’Alton No. 42, p. 444. Der Ursprung dieser Muskeln ist am hinteren Rande der Bogen, von der Spitze der Postzygapophysen, ferner in der Furche bis zur Basis des hinteren Randes der Dornen, welche in den hinteren Rand der Bogen
eingegraben ist. Die Muskeln sind am Anfang fleischig und gehen nach _
oben und hinten, schmäler und dünner werdend in feine Sehnen über, welche sich an den oberen Rand der Dornen inseriren. Sie beginnen
Reptilien. 1461
an einem Wirbel und hören am fünften nach hinten auf, sind also über drei Wirbel weg gespannt, an deren Dornen sie jedoch vermittelst Muskel- fasern angeheftet sind. |
43) Mm. interspinales (Taf. OXIX, CXX, Fig. 7; 43). Zwischendornmuskeln: Hübner, Meckel, D’Alton No. 43, p- 445. Die in Rede stehenden Muskeln gehen vom hinteren Rande eines Dornfortsatzes zu dem gegenüberstehenden vorderen und der Seitenfläche des folgenden hinteren Dorns.
44) Mm. intertransversarii (Taf. OXIX, CXX, Fig. 7; 44). Die obere Reihe zwischen den Gelenkfortsätzen: D’Alton No. 44; die untere Reihe der Gelenkfortsatzmuskeln: D’Alton No. 45. Die Muskeln füllen die Räume zwischen den Prae- und Postzygapo- physen.
45) M. reetus capitis antieus major (Taf. CXIX, OXX, Fig. 2, 4; 45). Der grosse, untere, gerade Kopfbeuger: D’Alton No. 46, p. 446; Meckel No. 23, p. 142.
Die Muskeln beider Seiten liegen dicht neben einander und erstreeken sich von der Hypapophyse des 22. Wirbels bis zum Kopf. Am Anfang sind sie sehr spitz und, schmal, grösstentheils fleischig und endigen sehnig an der leistenartigen Protuberanz, wo Oceipitale basilare und Sphenoideum basilare an einander stossen.
46) M. rectus capitis anticus minor (Taf. CXIX, CXX, Fig. 2, 4; 46).
Der kleine, gerade Kopfbeuger: D’Alton No. 47.
Der gerade Seitenmuskel des Kopfes oder Seitwärtsbeuger: Meckel No. 24, p. 142.
3 Rectus inferior eapitis: Hübner.
Liegt oberhalb des vorigen und entspringt von den Hypapophysen der Rumpfwirbel, vom achten an bis nach vorn zur Verbindung mit dem Kopf. Er ist breiter und setzt sich theils fleischig, theils sehnig an die den Querfortsätzen entsprechenden Höckerchen der Halswirbel und an den wulstigen Rand des Oceipitale basilare und laterale.
47) M. oceipito -vertebralis. Der kleine Kopfstrecker: D’Alton No. 48. Grosser, hinterer, gerader Kopfmuskel: Meckel. _ Entspringt von den Praezygapophysen des dritten bis siebenten Wirbels. Die Fasern dieses Muskels gehen schief von hinten und innen nach vorn und aussen. Am vorderen Ende wird er schmäler und sehnig und inserirt sich an das Oceipitale basilare.
1462 Anatomie.
Muskeln des Schwanzes.
48) M. retractor caudae. | Fortsetzung des zweibäuchigen Rückwärtsziehers der Rippen: D’Alton No. 48, p. 531.
Die beiden Portionen des zweibäuchigen Rückwärtsziehers der Rippen verschmelzen neben dem After zu einem einzigen Bauch, der, wie weiter vorn der obere Bauch allein, von der Aponeurose auf dem Rücken, mittelbar von den Dornen entspringt und sich in fleischige Zipfel spaltend, die am Ende schräg sind, zu den Spitzen der Processus costo-trans- versarii geht. Er streckt den Schwanz und biegt ihn nach seiner Seite, beide zusammen krümmen ihn nach oben.
49) Mm. intercosto-transversales. Zwischenquerfortsatzmuskeln: D’Alton No. 49, p. 531.
Nehmen den Raum zwischen den Processus costo-transversarii zweier Wirbel ein, von der Basis bis zur Spitze und sind an den vorderen Wirbeln, welche gespaltene Processus costo-transversarii haben, doppelt. Die obere Schicht, zwischen den oberen Spitzen dieser Fortsätze, geht in das hintere Ende des Muskels zwischen den Gelenkfortsätzen und den Rippen oder des äusseren langen Vorwärtsziehers der Rippen über. Die untere Schicht begiebt sich zu der letzten Rippe hinüber und hängt da mit den oberen und unteren langen Mm. intercostales, dem Bauchhaut-
muskel und dem tieferen Schwanzbeuger zusammen.
50) M. flexor caudae superficialis. Der oberflächliche Schwanzbeuger: D’Alton No. 50, p. 532.
Dieser Muskel nimmt mit dem gleichnamigen der anderen Seite den ganzen Zwischenraum zwischen den Spitzen der Processus costo- transversarii beider Seiten, vom hinteren Rande der Afteröffnung bis zur Schwanzspitze ein. Die Muskeln beider Seiten sind in der Mitte durch einen sehnigen Streifen von einander getrennt, dieser hängt ziemlich fest mit den unteren grossen Schwanzschuppen zusammen und hier sind die beiden Muskeln unter sich fest verbunden, so dass man diese Stelle zum Theil als ihren Ursprung betrachten kann. Ferner entspringen diese Muskeln gemeinschaftlich mit den folgenden von der Spitze der Processus costo-transversari. Auf diese Weise entsteht eine grosse Menge von Muskelchen, die von der Spitze des Schwanzes an Grösse zunehmen. Die hinteren bedecken überall einen Theil der vorderen und jedes hat eine sehnige Cauda, die schief auf- und auswärts, neben den Processus costo-transversarii vorbeigehen und zur äusseren Fläche der Mm. spinalis dorsi gehen. Hier kommt ihnen ein Theil der sehnigen Köpfe dieses
Muskels entgegen und dadurch entsteht auf der äusseren Fläche desselben
eine Reihe von winkeligen Figuren, deren Spitze nach vorn steht und die Oeffnung nach hinten.
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Reptilien. 1463
51) M. flexor caudae profundus.
Der tiefere Schwanzbeuger: D’Alton No. 5l, p. 533. Dieser Muskel liegt über dem vorigen, aber weiter nach aussen und hat 'an seiner oberen, inneren Fläche bei männlichen Thieren den M. retractor penis neben sich. Er entspringt gemeinschaftlich mit dem vorigen durch lange, schräge Köpfe von den Spitzen der Processus costo-
"transversarii. Seine Fasern gehen ein- und vorwärts und setzen sich,
eine gewisse Anzahl von Wirbeln überspringend, mit theils fleischigen, theils sehnigen Fasern an die Spitzen der weiter nach vorn gelegenen Processus costo-transversarii. Er beugt also, wie der M. flexor caudae superficialis den Schwanz nach unten und nach seiner Seite.
Die kleineren Muskeln unter den Schwanzwirbeln, welche den kleinen inneren Vorwärtsziehern der Rippen entsprechen, entspringen hier von den gedoppelten unteren Dornfortsätzen und gehen aus- und rückwärts zu den Processus costo-transversari. Die am vorderen Theil des Schwanzes sind grösser, länger und stärker als die hinteren. Sie unter- stützen die Beugung des Schwanzes nach unten und zur Seite.
Muskeln, welche den Geschlechtstheilen und der Cloake angehören.
52) Mm. retractores cloacae.
Die Zurückzieher der Cloake: D’Alton No. 52, p. 534.
Diese Muskeln liegen unmittelbar unter der mittleren Aponeurose zwischen den oberflächlieben Mm. flexores caudae superfieiales. Sie nehmen die ganze Länge des Schwanzes, von der Spitze bis zum hinteren Rande der Cloakenöffnung ein und liegen dicht neben einander. Der Ursprung dieser Muskeln ist schwer zu ermitteln. Sie scheinen zu beiden Seiten von dem inneren Rande der Mm. flexores caudae superfieiales und der Haut zu entspringen, welche die innere Oberfläche dieses und des tieferen Muskels überzieht und mit dazu beiträgt, die Scheide des Penis und seines Retractor zu bilden. Jeder der beiden Muskeln sendet in seinem ganzen Verlauf seitwärts Zipfel ab, welche sich zu dem sehnigen Ueberzug an der äusseren Oberfläche des M. flexor caudae superfieialis begeben, theilweise in die Cutis und die Muskelfibrillen des genannten Beugers fortsetzen. In einiger Entfernung hinter dem After hören diese Zipfel auf; dort wird der Muskel breiter, überzieht den Penis von unten, indem er sich in zwei Bündel theilt. Das äussere schwächere ist länger und vermischt sich mit einigen Fasern des M. sphineter cloacae et ani, auch geht eine Portion in das hintere Ende der Hautmuskeln am Bauche über. Das innere Bündel umfasst den Penis, steigt in die Höhe, dicht neben dem der anderen Seite und zerstreut sich zwischen die Fasern am hinteren Theil des M. sphincter ani.
1464 Anatomie,
53) M. transversus penis. Quermuskel der Ruthe: D’Alton No. 53, p. 536.
Derselbe liegt über den Mm. flexores caudae und besteht aus Fasern, welche fast halbkreisförmig quer von aussen und oben nach innen) und unten gehen. Derselbe entspringt von den unteren Dornfortsätzen der Schwanzwirbel; im vorderen Theil umgeben die Fasern den Penis, im hinteren seinen Retractor und kommen dann in der Mittellinie von beiden Seiten zusammen, um sich um die fibröse häutige Scheidewand zwischen den Ruthen zu befestigen und mit einander zu verwachsen.
54) M. sphincter cloacae.
Der Zusammendrücker (Schliesser) der Cloake: D’Alton No. 54, p- 986.
Dieser Muskel begrenzt das hintere Ende der Bauchhöhle und ent- springt von der unteren Fläche der Körper der zwei bis drei letzten praesacralen Wirbel und einer gewissen Zahl von Schwanzwirbeln. Die Fasern verlaufen gleichfalls quer und bogenförmig, wie Sphincteren von beiden Seiten sich begegnend; die vorderen Bündel sind die stärksten und längsten.
55) M. retractor penis. Der Zurückzieher der Ruthe: D’Alton No. 55, p. 586.
Ein rundlicher, langer Muskel, der mit einer kurzen, runden Sehne von den unteren Dornen der Schwanzwirbel entspringt. Nach vorn wird er stärker, ist wenig abgeplattet, ziemlich dick und reicht bis zum hinteren Ende des Penis, spaltet sich aber vorher in zwei dicht an einander liegende Caudae, die von hinten an das doppelte Ende jeder Ruthe befestigt sind. Der ganze Muskel, sowie die Ruthe selbst, ist in eine zellhäutige Scheide eingeschlossen und zieht die Ruthe in ihre Scheide zurück.
Muskeln der rudimentären hinteren Extremitäten.
D’Alton unterscheidet an der hinteren rudimentären Extremität sieben Muskeln und zwar:
56) Der Rückwärtszieher und Heber der hinteren Extremität: D’Alton
No. 56, p. 539.
Entspringt aussen von dem oberen Umfange der Cloake, in der Gegend der letzten praesacralen Wirbel, dicht neben dem der anderen
Seite. Er bildet einen langen, schmal bandartigen Muskel, geht vor- und
‚abwärts, wird allmälig etwas breiter, begiebt sich an den oberen Umfang der den grösseren Knochen einhüllenden Muskelmasse und strahlt mit seinen Fasern auf deren innerer und äusserer Fläche aus, indem er sich
in die Zellscheide, welche diese Muskeln umgiebt, inserirt; an den Knochen .
selbst heften sich wenige Fasern.
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Reptilien. 1465
57) Der Einwärtszieher der hinteren Extremität: D’Alton No. 57, p. 539.
Liegt hinter dem vorigen und mit seinem Ursprung an dessen äusserer Seite, zwischen ihm und dem Cloakenmuskel. Er ist bandartig, geht ab- und auswärts und setzt sich an den inneren Umfang der Gegend, wo das Nagelglied und der zweite Knochen mit einander ver- wachsen sind.
58) Der längere Beugemuskel des zweiten Knochens und Nagelgliedes: D’Alton No. 58, p. 989.
Entspringt mit zwei Köpfen; der grössere nimmt seinen Anfang an dem Knorpel des grossen Knochens und an diesem selbst, der kurze Kopf ist sehr klein und schwach und geht von dem hinteren Ende des vorderen Knochens ab. Beide Köpfe setzen sich an den unteren Umfang des zweiten Knochens.
59) Der kürzere Beuger des zweiten Knochens und Nagelgliedes: D’Alton No. 59, p. 540.
Liegt an der äusseren Seite des vorigen Muskels und bedeckt ihn zum Theil. Er entspringt am Ende des vorderen Drittels des längeren Knochens. Er ist an seinem Ende mit dem vorigen Muskel verwachsen und inserirt sich an dieselbe Stelle.
60) Der Einwärtszieher des zweiten Knochens: D’Alton No. 60, p. 541.
Entspringt von dem hinteren Ende des vorderen. grossen Knochens, ist kurz und breit, fast ganz fleischig und setzt sich an den Höcker unten und vorn vom zweiten Knochen.
61) Der Auswärtszieher des zweiten Knochens: D’Alton No. 60, p. 540.
Entspringt von der äusseren Seite des hinteren Endes des grossen Knochens _ und vom grösseren der beiden hinteren Knorpel, schlägt sich um und unter diesen nach dem zweiten Knochen, wo er sich, wie am Nagelgliede inserirt.
62) Der Strecker des zweiten Knochens und des Nagelgliedes: D’Alton No. 62, p. 541.
Entspringt etwas hinter der Mitte vom oberen convexen Theil des
grossen Knochens. Er inserirt an die untere Fläche des zweiten Knochens,
neben der Insertion des grossen Einwärtsziehers der ganzen Extremität.
1466 Anatomie.
III. Nervensystem und Sinnesorgane. a. Centralnervensystem.
1) Rückenmark.
Literaturangabe.
(57) J. Grimm. Ein Beitrag zur Kenntniss vom Bau des Rückenmarkes von Vipera berus, in: Archiv für Anatomie und Physiologie p. 502. 1864.
(58) F. Jolyet und R. Blanchard. Ueber das Vorkommen eigenthümlicher Bänder am Rückenmarke der. Schlangen; in: Zoolog. Anzeig. Bd. II. No. 29. p. 284. 1879.
(59) C. Lüderitz. Ueber das Rückenmarksegment. Ein Beitrag zur ‚Morphologie und Histologie des Rückenmarks; in: Archiv für Anatomie und Physiologie. Anat. Abtheil. p- 425. 1881.
(60) J. J. Mason. Microscopic studies on the central nervous system; in: Journal of ner- vous and mental disease. Vol. VIII. 1881.
Rückenmark. Unsere Kenntniss über den Bau des Rückenmarks bei den Schlangen verdanken wir den Untersuchungen von Grimm (57) und Lüderitz (59); erstgenannter behandelt das Rückenmark von Vipera berus, letztgenannter das von Tropidonotus natriw.
Das Rückenmark der Ringelnatter bildet einen durch die ganze Länge des Thieres sich hinziehenden, in vertikaler Richtung leicht ab- geplatteten Strang, an welchem schon mit blossem Auge überall da, wo die Wurzeln austreten, eine kleine, rundliche Anschwellung zu bemerken
ist, welche man die segmentale Anschwellung nennen kann. Von oben
und unten betrachtet sind dieselben am deutlichsten, die seitliche Be- grenzung verläuft jederseits als wellenförmig geschwungene Linie. In der dorsalen Ansicht sieht man neben einer ganz feinen medianen Längs- linie jederseits eine zweite, welche dem Sulcus lateralis superior anderer Wirbelthiere entspricht und die äussere Grenze der Oberstränge anzeigt. In der Mitte der ventralen Seite zieht sich die stark ausgeprägte untere
Längsfurche hin. Genau über der Verbindungsstelle zweier Wirbelkörper
liegt die Anschwellung. Die Insertion der unteren Wurzeln am Rücken- mark ist schwieriger zu erkennen als die der oberen. Soviel ist jedoch nach Lüderitz bei Lupenbetrachtung ganz deutlich, dass die unteren Wurzeln nicht als geschlossener Nervenstrang, sondern in mehrere kleine Bündel aufgelöst aussen an der breitesten Stelle des Segmentes, dicht neben der seiehten ‚Vertiefung sich ivseriren, dass sie in einer längeren Strecke als die oberen Wurzeln ins Rückenmark eintreten, dass mithin der Längszwischenraum zwischen zwei Wurzeln an der Ventralseite des Organs kleiner ist als an der Dorsalseite.
Was die histologische Structur betrifft, so besteht das Rückenmark auch hier aus der centralen grauen und der peripherischen weissen Sub-
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Reptilien. 1467
stanz. Ein Schnitt, welcher nicht durch die eintretenden oberen oder unteren Wurzeln geht, zeigt nach Lüderitz folgendes. Die Gestalt des Querschnittes ist annähernd elliptisch mit quergestelltem grössten Durch- messer und abgeplattetem unteren Umfange. In der Mitte des letzteren liegt eine tiefe Grube, die sich in eine bis auf die graue Substanz hin- reichende, das Organ in zwei seitliche Hälften trennende, Ineisur fort- setzt. Dagegen ist am oberen Umfang auch nicht eine Andeutung einer Furche bemerkbar; statt ihrer erstreckt sich von der Pia mater aus ein zartes, bindegewebiges Septum als Grenze zwischen beiden Obersträngen hinab bis in den grauen Kern hinein. Seitlich an der Peripherie sieht man eine flache Ausbnehtung, die zur Aufnahme des schon früher er- wähnten seitlichen Längsbandes dient. In dem breiten unteren Suleus verläuft die Arteria myelica.
Scharf hebt sich die central gelegene graue Substanz von dem Mark- mantel ab. . Von ihr gehen vier Fortsätze ab, zwei untere, die an der Basis sehr breit sind, die Unterhörner und zwei obere, die Oberhörner. Erstere sind bedeutend voluminöser als letztere. Eine scharfe Grenze zwischen den oberen und unteren Fortsätzen, sowie zwischen ihnen und der centralen Masse fehlt. In der Mitte der ganzen Substanz liegt der querelliptische Centralkanal, der von einem Kranze schöner Cylinder- zellen umkleidet ist.
An der grauen Masse selbst kann man eine Grundsubstanz und in sie eingelagerte zellige und faserige Bestandtheile unterscheiden. Die zelligen Elemente gehören zu drei Kategorien: 1) grosse Nevenzellen ; 2) kleine Nervenzellen; 3) zahlreiche Körner, welche nach Lüderitz der Bindesubstanz angehören. Meiner Meinung nach gehören die letzt- genannten nicht einer Bindesubstanz an, sondern dem Stützgewebe der Nervenfasern und Nervenzellen, welches sich aus einem Theil der Zellen, die die Wand des Medullarrohres bilden, differenzirt, gerade wie dies in der Retina der Fall ist und welches dort von Wilhelm Müller den Namen von „Neurospongium“ erhalten hat.
Die grossen Ganglienzellen finden sich vornehmlich im untersten Ab- schnitt der Unterhörner, sie bilden die laterale Gruppe oder die Gruppe des Unterhorns. Während man sie vorzüglich nahe der Spitze der Unterhörner angehäuft findet, bisweilen sogar eine oder mehrere Zellen zur Hälfte in der angrenzenden weissen Substanz oder fast ganz los-
- gelöst von der grauen, sieht man andererseits auch an’ den übrigen
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Stellen der grauen Centralmasse gelegentlich ähnlich geformte grosse Nervenzellen. Die Gestalt der Zellen ist in der Regel spindel- förmig, oft rundlich oder unregelmässig polygonal, sie wird durch die Zahl und die Richtung der vom Zellkörper abgehenden Fortsätze bedingt. Die Zahl derselben ist nach Lüderitz gewöhnlich 2, oder 1 bis 3, selten 4 bis 5. Die Richtung der Fortsätze zeigt an vielen Zellen, be- sonders an den bipolar erscheinenden, etwas eigenthümliches; während nämlich der eine Fortsatz parallel dem unteren Rande des Unterhorns
1468 Anatomie.
in der Richtung nach der unteren ‚Commissur hin sich erstreckt, zieht der andere nach aussen und unten, nach der Gegend und in der Rich- tung der eintretenden unteren Wurzelfasern und ist bisweilen eine Strecke weit in ein Bündelehen derselben hinein zu verfolgen. Oft aber nimmt der mediale Fortsatz auch die Richtung mehr nach oben hin, bei drei Fortsätzen ist oft der eine als lateraler, der zweite als medialer, der dritte als oberer zu bezeichnen. Die Zellen sind 0,019 bis. 0,037 mm lang, 0,008 mm bis 0,015 mm breit, besitzen einen hellen, bläschen- förmigen Kern und ein rundliches Kernkörperchen. Ausserdem kommen noch vereinzelte, bedeutend grössere Ganglienzellen vor, die eine Länge bis zu 0,07 mm, eine Breite bis zu 0,025 mm besitzen. Ihre Gestalt ist unregelmässig länglich oder polygonal, mit 3 bis 5 Fortsätzen, mit grossem
Kern und Kernkörperehen. Sie finden sich in den Unterhörnern oder im
Centraltheil der grauen Substanz, aber wie gesagt nur vereinzelt.
Die kleinen Ganglienzellen liegen überall in der grauen Masse un- regelmässig zerstreut, vorzüglich in der oberen Hälfte der Unterhörner und im Centraltheil, man kann sie demnach füglich als centrale Gruppe bezeichnen. Sie sind 0,012 — 0,016 mm lang, 0,004 —0,009 mm breit, von rundlicher, spindeliger oder eckiger Gestalt und mit 1—3 Fortsätzen versehen. Die in der grauen Substanz vorkommenden Nervenfasern kann man in quer- und längslaufende trennen. Zu beiden gehörig sind die Fasern der unterhalb des Centralkanals gelegenen unteren Commissur. Man sieht nach Lüderitz mittelstarke und besonders fein markhaltige Nervenfasern aus dem oberen Winkel der weissen Unterstränge oder in der Richtung von dort her nach unten und medianwärts- verlaufen, wo sie verschwinden und wo statt ihrer zahlreiche Querschnitte feiner mark- haltiger Fasern zu sehen sind. Viele Fasern sieht man dabei deutlich aus der Quer- in die Längsriehtung umbiegen, viele in der Medianlinie sich kreuzen, einzelne nach oben und aussen oder auch nach unten und aussen in die graue Substanz sich begeben.
Noch weit schwieriger ist der Faserverlauf in der bedeutend diekeren
oberen Commissur zu entwirren. Bisweilen aber bemerkt man deutlich
ein ziemlich diekes Faserbündel von den Oberhörnern her nach unten und medianwärts ziehen und in der Gegend der Commissur oder erst jenseits neben derselben verschwinden; oder auch aus dem Centraltheil der grauen Masse zieht ein solches Bündel zur Commissur hinüber. Be- merkenswerth ist weiter nach Lüderitz das ziemlich häufige Vorkommen mittelgrosser und grosser meist bipolarer Ganglienzellen in der unteren oder oberen Commissur, welche nach rechts und nach links hin einen Fortsatz schicken.
Von den in der übrigen grauen Substanz vorkommenden Nerven- fasern gehören die querverlaufenden zum Theil den unteren Wurzeln an, theils bilden sie Bandfasern.
Die weisse Substanz ist durch die bis an die Peripherie des Organs
reichenden Oberhörner getheilt in die von den unteren Wurzeln durch-
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Reptilien. 1469
setzten, in der Mitte durch die grössere untere Incisur von einander ge- schiedenen Unterseitenstränge und in die Oberstränge, welche letztere zusammen die Form eines niedrigen gleichschenkeligen Dreiecks besitzen und etwa den 15. bis 19. Theil des gesammten Querschnitts der weissen Substanz ausmachen.
Vergleicht man eine Reihe von hinter einander folgenden Quer- schnitten eines Segments und beginnt man in der Mitte zwischen zwei Anschwellungen, so zeigt sich nach Lüderitz folgendes. Der Quer- schnitt im Ganzen wird um so grösser, je näher man der Gegend des Wurzeleintritts kommt, während seine Form dieselbe bleibt. Noch im Bereich der eintretenden Wurzelfasern aber nimmt er an Breite stärker zu als an Höhe und ziemlich rasch wird er sogar niedriger und an der ventralen Seite stark abgeplattet, sogar etwas ausgehöhlt. Jenseits des Wurzeleintritts, weiter nach hinten, wird die Breite dann wieder geringer;
. die Höhe nimmt nur ganz wenig zu, die untere Grenze tritt wieder convex
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hervor und unter gleichzeitiger allmäliger Grössenabnahme erreicht der Querschnitt am Ende des Segments wieder seine anfängliche Grösse und Form.
Wie das Organ im Ganzen, so zeigen auch graue und weisse Sub- stanzen ähnliche Verschiedenheiten. Auf der Höhe der Wurzeln zeigt sich die graue Substanz nach allen Seiten hin massiger und vornemlich breiter, besonders am Centraltbeil des grauen Kerns und an den unteren Hörnern, die dicker erscheinen; die oberen Hörner sind an den An- schwellungen auffallend lang und ziehen, besonders in der oberen Parthie, fast horizontal nach aussen und oben. An den abgeplatteten Stellen ist ferner der Centralkanal etwas niedriger und breiter. In ähnlicher Weise variirt das Volumen der weissen Substanz, was sich besonders an den Obersträngen durch eine wechselnde Breite des von diesen gebildeten Dreiecks bemerklich macht. Die Differenzen in der feinen histologischen Textur der einzelnen Theile bezieht sich nur auf die Schnitte, welche die ins Rückenmark eintretenden oberen und unteren Nervenwurzeln ge- troffen haben. Im Uebrigen dagegen zeigt das Querschnittsbild in jeder Höhe des Segmentes ein ziemlich gleichförmiges Aussehen, und es gilt mithin für die Textur des Organes auf der Höhe der Anschwellung das- selbe, wie es bei dem einer Einschnürung entnommenen Schnitt oben beschrieben worden ist.
Anders dagegen wird das Bild, sobald der Schnitt die Gegend der Nervenwurzeln getroffen hat. Bezüglich der unteren Wurzeln sieht man hier nach Lüderitz auf einem (Querschnitt Folgendes. Von der Seite ber tritt ein schmales Bündel von Nervenfasern an die untere Peripherie des Organs, um dann in ziemlich gerader oder leicht nach innen convexer Richtung sich zur Spitze der Unterhörner zu begeben. Diese den Mark- mantel durchsetzenden Bündelchen sind in seitlicher Richtung sehr schmal, nur aus wenigen Fasern bestehend, oft trennen sich in der
weissen Substanz die Fasern von einander, und man sieht hier nur einen
1470 Anatomie.
Theil derselben in die graue Masse hineindringen. Hier verlaufen sie in der Längsrichtung des Unterhorns weiter und entschwinden bald dem Blick, oder sie nehmen ihren Weg am unteren Rande der grauen Sub- stanz in der Richtung nach der unteren Commissur hin, oder am äusseren Rande nach oben.
Bereits ausserhalb des Rückenmarks zertheilt sich die untere Wurzel successive in diekere und dünnere Bündel, die in verschiedener Höhe ins Mark eindringen. Die gerade in der Höhe der Anschwellung gelegenen Bündel schicken ihre Fasern in ziemlich gerader Richtung nach innen, die Fasern der weiter vorn und hinten gelegenen verlaufen schräg und sesellen sich sogar nach vorn und nach hinten hin den Längsfasern der weissen Stränge hinzu. Die durch grosse Zwischenräume von einander geschiedenen unteren Wurzeln müssen sich, um die sämmtliche ihnen zu gehörige graue Substanz zu versorgen, pinselförmig auffasern, — in die Unterhörner sieht man in jeder Höhe‘, auch auf Längsschnitten, mark- haltige Fasern sich hineinbegeben.
Ganz verschieden von diesem Verhalten der unteren Wurzeln ist die Verbindungsweise der oberen mit.dem Centralorgan. Die von unten und von der Seite her an das Rückenmark herantretende obere Wurzel theilt sich hier, genauan der oberen Spitze des Oberhorns, das gerade hier sehr weit lateralwärts sich auszieht, in zwei Portionen, welche zu beiden Seiten des Oberhorns in die Tiefe des Marks dringen. Die mediale oder obere Abtheilung verläuft am dorsalen Rande der Oberstränge ziemlich horizontal nach innen und sendet dabei ihre Fasern in die genannten Stränge hinein, wo dieselben in medianwärts convexem Bogen nach unten ziehen und nahe der grauen Substanz dem Auge entschwinden. Nur ein ganz kleiner Theil derselben scheint in die Oberhörner einzutreten. Die untere laterale Abtheilung ist schmäler, sie verläuft an der äusseren Grenze des Oberhorns, im Seitenstrang nach unten und innen zu der an der seit- lichen Grenze der grauen Substanz befindlichen Bucht, wo ihre Fasern ebenfalls nahe der grauen Masse verschwinden. Während also die Masse der auf dem Querschnitt sichtbaren eintretenden Fasern der oberen Wur- zeln spärlich ist, sieht man an den unteren Wurzeln breite Bündel das Mark durchsetzen. Dafür sind aber die Eintrittsstellen der unteren Wur- zel ins Rückenmark auf eine viel längere Strecke desselben vertheilt, während obere Wurzelfasern nur auf einer viel kleineren Anzahl von (uerschnitten siehtbar sind. Diese Differenz wird bei der Betrachtung von Längsschnitten noch anschaulicher. (Lüderitz.)
Wir sehen demnach, dass das Segment in der Mitte seiner Höhe, da
wo die Wurzeln eintreten, verdickt ist und sich nach beiden Enden hin verjüngt. Die Verdickung betrifft sowohl graue als weisse Substanz, vor- nehmlich erstere. Gleichzeitig sind auch die Ganglienzellen der lateralen Gruppe vermehrt, aber nur in mässiger Weise. Von den Nervenwurzeln durchsetzt die untere pinselförmig sich auffasernd den weissen Mark- mantel, um zur ganzen Strecke der grauen Untersäule ihres Segments
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Reptilien. 1471
ihre Fasern zu senden. Die obere Wurzel tritt geschlossen, als breites Band, unter vielfacher Durchflechtung der Fasern, in der oberen Hälfte des weissen Markmantels, sie wird dabei zu einem wesentlichen Bestand- theil des letzteren. Jedes Segment hängt innig sowohl durch die graue als durch die weisse Substanz mit seinen Nachbarn zusammen, und eine genaue Grenzbestimmung ist nicht möglich.
Der Bau des Rückenmarks von Vipera berus ist von Grimm unter- sucht (57). Wie bei Tropidonotus zeigt das Rückenmark von Vipera regelmässig auf einander folgende Anschwellungen und Einschnürungen ; erstere entsprechen auch hier den Abgangsstellen der Nervenwurzeln. Ein dem Suleus longitudinalis inferior entsprechender Einschnitt ist vorhanden, derselbe wird von der Arteria myelica eingenommen. Von einem dem Suleus longitudinalis superior entsprechenden Einschnitt des Rückenmarks ist nicht einmal, ebensowenig als bei Zropidonotus eine Andeutung vor- handen, an der entsprechenden Stelle findet man gewöhnlich einen zarten Bindegewebsstrang, der von der Pia mater senkrecht nach unten durch die weisse Masse verläuft und diese dadurch in ihrem oberen Theil in zwei gleiche Seitenhälften theilt. Die untere Hälfte der grauen Masse ent- sendet unterhalb des Centralkanals die beiden nach aussen und unten divergirenden Unterhörner, während die schmälere obere Hälfte einem ausgebreiteten Fächer gleicht, der mit seinem convexen, in der Mitte sehr schwach vertieften Rande nach oben sieht, mit der verengten Basis sich der unteren Hälfte gleich über dem Centralkanal einfügt. Es ist mithin kein allmählicher Uebergang der unteren in die obere Hälfte vorhanden. Die unteren Hörner sind von der übrigen grauen Masse ziemlich deutlich geschieden, die oberen Hörner dagegen gestatten kaum eine Abgrenzung von der oberen Hälfte der grauen Masse und werden nur durch den Eintritt der oberen Wurzel einigermaassen charakterisirt. Die unteren Hörner ändern ihre Begrenzung nach den Anschwellungen und Einschnü- rungen des Rückenmarks; an den letzteren Stellen sind sie breit, abge- rundet, divergiren nach aussen und unten und werden durch einen recht- winkligen Einschnitt von einander geschieden; je mehr das Rückenmark am Umfang zunimmt, desto mehr divergiren die Hörner nach aussen. Wie gesagt, sind die oberen Hörner nur andeutungsweise vorhanden; an den Stellen, an welchen eine obere Wurzel ihre Faserbündel in die graue Masse sendet, neigt sich die äusserste Spitze des Horns etwas mehr ab- wärts als an den eingeschnürten Stellen. |
Gegen die Schwanzspitze hin nimmt die weisse Masse auch im Ver- gleich zu der gleichfalls geringer werdenden an Umfang allmählich ab, sodass das Rückenmark schliesslich nur aus grauer Masse besteht.
Wie bei Zropidonotus kann man bei Vipera in der grauen Substanz grosse und kleine Nervenzellen unterscheiden. Erstgenannte besitzen eine Länge von 0,024—0,04 Mm., bei einer Breite von 0,009—0,015 Mm.; die selben nehmen besonders den äusseren Winkel der unteren Hörner ein und erstrecken sich längs dem äusseren Rande der grauen Masse nach
1472 Anatomie.
oben, ungefähr bis in die Höhe des Centralkanals. Einzeln kommen je doch auch an anderen Orten der grauen Masse, selbst in den oberen Hörnern oder nahe der oberen Peripherie vorkommen. Was Lüderitz von diesen Zellen bei Tropidonotus angiebt, sagt Grimm auch von den bei Vipera, dass sie gewöhnlich 2—3, selten 4—5 Fortsätze besitzen, in ihrem Verlauf verhalten sie sich ungefähr ähnlich als bei Tropidonotus.
Die kleinen Nervenzellen haben eine Länge von 0,014—0,02 Mm., bei einer Breite von 0,003—0,006 Mm.; sie entsenden 2—3 Fortsätze und finden sich überall: auch in der oberen und unteren Commissur zerstreut.
Die Fasern der unteren Wurzel treten, nachdem sie selbst sich in der weissen Masse schon in einzelne Bündel getheilt hat, nach innen vom äussersten Ende des unteren Hornes in die graue Masse und gehen von hier entweder nach oben, indem sie theilweise zwischen den Randfasern verschwinden oder nach innen zur unteren Commissur, welche sie bilden helfen. Diese Commissur zeigt bei Vipera nach Grimm eine deutliche Kreuzung markhaltiger Nervenfasern.
Die obere. Nervenwurzel theilt sich gewöhnlich schon an der Peri- pherie der weissen Masse in drei Portionen. Die eine, welche längs dem oberen Rande der weissen Masse am weitesten nach innen dahinzieht, entsendet in kurzen Abständen schmale Bündel, welche gerade oder leicht gekrümmt herabsteigen und fast immer nahe dem oberen Rande der grauen .Masse verschwinden; die zweite erreicht das äusserste Ende des oberen Hornes und geht, fast ohne eine Faser zu entsenden, in Form eines Bandes schräg nach unten zur Mittellinie und bildet durch Vereinigung
mit einem analogen Bündel der anderen Seite die Commissura superior;
die dritte schickt einen Theil ihrer Fasern vermittelst der zweiten zur oberen Commissur; die übrigen längs des äusseren Randes der grauen Masse zu der Substanz (Substantia spongiosa), welche den Einschnitt zwischen der oberen und unteren Hälfte der grauen Masse ausfüllt. Ausserdem ziehen längs der äusseren Peripherie der unteren Hälfte der grauen Masse Nervenfasern hin, welche sich theils nach aussen in die weisse Masse wenden, theils bis in die Substantia spongiosa ver- laufen und wahrscheinlich mit den Fasern der dritten Portion der oberen
Wurzel zusammenhängen. Blutgefässe kommen in der grauen Masse
zahlreicher als in der weissen vor, doch stets in geringer Menge.
Am häufigsten zeigen sich Aeste, die von der Arteria myelica durch die Fissura longitudinalis inferior lltstei gen und neben dem Centralkanal nach oben verlaufen, oder solche, die die Nervenwurzeln, besonders die oberen begleiten.
Jolyet und Blanchard (58) haben auf das Vorkommen eigen- thümlicher Bänder am Rückenmarke der Schlangen aufmerksam gemacht. ‘Nach ihnen spaltet sich die bindegewebige Hülle des Rückenmarks jeder- seits und zwar der unteren Fläche etwas näher als der oberen. Der zwischen den beiden auf diese Weise gebildeten Blättern entstandene Raum wird von einem dicken Bindegewebsbündel erfüllt; die Bündel
Reptilien. 1473
laufen der Länge nach und der Rückenmarksaxe parallel. Das be- schriebene Band besitzt eine länglich-runde Form, eine seiner Flächen ist mehr abgeplattet als die andere und die meist convexe Fläche tritt eben mit dem Rückenmark in Berührung. Demnach zeigt das Mark auf der entsprechenden Stelle seiner Peripherie eine grosse Vertiefung, wo das Band genügenden Platz findet. Bei Python und Tiropidonotus findet man bloss dieses einzige symmetrisch jederseits des Markes gelegene Ligament, aber bei der Gattung bo« kommt am Rückenmark ausser dem eben beschriebenen Bande noch ein zweites vor, welches, gleichfalls jederseits und symmetrisch gelegen, an der äussersten Abtheilung der unteren (vorderen) Fläche des Rückenmarks zu finden ist, eben an der Stelle, wo die seitliche Fläche in die ‚untere übergeht. Das zuerst be- schriebene Band liegt dann nicht mehr der unteren Fläche des Rücken- marks etwas näher als der oberen, sondern in diesem Falle läuft es zwischen der unteren und der oberen Fläche, von beiden gleich entfernt. Gleichwie das erste läuft dieses zweite Ligament an dem Rückenmark der Länge nach.
2) Das Gehirn.
Literatur.
(61) G. Carus. Versuch einer Darstellung des Gehirns. Leipzig 1814.
(62) Kuhl. Beiträge zur Zoologie und vergleichenden Anatomie. Frankf. 1820.
(63) R. Owen. On the Anatomy of Vertebrates. Vol. I. Fishes and Reptiles. 1866.
(64) R. Wiedersheim. Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. 1883,
(65) Fr. Leydig. Ueber die einheimischen Schlangen; in: Abhandl. d. Senckenbergischen naturf. Gesellschaft. 1883.
(65a) J. J. Mason. Minute structure of the central nervous system of certain Reptiles and Batrachains of Amerika. — Illustrated by permanent photomicrographies. 24 pag. 113 Tafeln. (Ist mir nur aus dem Jahresberichte bekannt.)
(65b) Ph. Lussana. Sur le ceryean du Boa; in: Archives ital. de Biologie. T. IV. 1883.
Ueber den Bau des Gehirns der Schlangen ist unsere Kenntniss noch sehr dürftig. Ausser einigen kurzen Mittheilungen von Carus (61), Kuhl (62), Owen (63), Wiedersheim (64) und Leydig (65) finde - ich in der Literatur über den Bau des Schlangenhirns nichts angegeben.
‚ Der vorzüglichen Arbeit von Rathke über die Entwickelung des Gehirns der Natter werde ich später gedenken. Wie Leydig schon hervorhebt, macht das Gehirn der Schlangen eine bemerkenswerthe Ausnahme von der allgemeinen Regel, dass in Anpassung an die walzige Gesammtform des Körpers, die meisten Organe ebenfalls von langgestreckter Gestalt sind (wie Zunge, Magen, Leber, Luftröhre, Lungen, Hoden, Eier- stöcke u. s. w.), indem das Vorderhirn merkwürdig breit ist und dadurch gegenüber etwa von den Sauriergattungen Angwis und Lacerta einen eigenthümlichen Charakter erhält (Taf. CXXI. Fig. 3, 4). Sonst stimmt
Bronn, Klassen des Thier - Reichs. VI. 3. 93
1474 Anatomie.
der Bau des Gehirns bei den Schlangen mit dem der Schildkröten und Sauriern fast vollkommen überein, so dass ich einfach nach der Be- schreibung des Schildkröten-Gehirns (siehe S. 127) verweisen kann. Auf- fallend gross bei den Schlangen ist die Glandula pinealis (Epiphyse cerebri). >iehe für die Gestalt des Gehirns Taf. CXXI. Fig. 3 und 4).
Die Hirnnerven. ]. Der N. olfactorius (I. Paar) geht von der Spitze eines jeden Lobus olfactorius ab.
Der N. optieus (Il. Paar). Am Zwischenhirn läuft jederseits schräg über das Tuber einereum ein Strang zur Hirnbasis; dieser Strang ist der N. opticus. An der Hirnbasis treffen beide Stränge zusammen und bilden das Chiasma nervosum opticorum, aus welchem die beiden N. optiei nach vorn abgehen.
Der N. oculomotorius (III. Paar) erscheint an der Hirnbasis und zwar am hinteren Umfang des basalen Abschnittes des Mittelhirns.
Der N. trochlearis (IV. Paar) kommt in der Furche zwischen Üere- bellum und Mittelhirn als ein überaus zartes Fädehen zum Vorschein.
Der N. trigeminus (V. Paar) erscheint als ein starker Stamm seitlich von der Pars peduncularis des Hinterhirns; er entspringt mit zwei Wurzeln, von welchen die bei Weitem grössere und mehr ventralwärts gelegene untere sofort ein ziemlich bedeutendes Ganglion bildet. Die vordere Wurzel hat ein eigenes Ganglion, das weiter proximalwärts liegt.
Der N. abducens (VI. Paar) verlässt ungefähr in gleicher Querebene mit der Abgangsstelle des N. acustico -facialis die Basis des Hinterhirns, als ein kleines, dünnes Stämmchen.
Der N. acusticus (VII. Paar) und der N. facialıs (VIII Paar) verlassen wie bei den Schildkröten in nur geringer Entfernung hinter dem N. trige- minus, aber höher fast am Rande des vierten Ventrikels das Nachhirn (Medulla oblongata).
Der N. glosso - pharyngeus (IX. Paar) geht etwas hinter dem N. acustieo-facialis aber etwas mehr ventralwärts von dem Nachhirn ab.
Der N. vagus (X. Paar) und der N. accessorius (XI Paar) entspringen hinter dem N. glosso-pharyngeus als eine Summe kleiner Bündel, die sich bald zu einem gemeinschaftlichen Stamm, dem Accessorio-vagus ver- einigen. Der N. hypoglossus (XI. N entspringt am meisten nach hinten von der Medulla oblongata.
Das Nachhirn. Als vordere Grenze des Nachhirns oder der Medulla oblongata im engeren Sinn, mag in Nachfolgung von Stieda bei den Schildkröten, die Abgangsstelle des N. acusticus gelten. Einen Quer- schnitt durch diese Gegend zeigt Taf. CXXI. Fig. 5. Der genannte Nerv nimmt aus einem eigenen Kern, dem Acusticuskern, seinen Ursprung; derselbe besteht aus ziemlich grossen Nervenzellen, die jederseits neben dem ventralen Abschnitt des vierten Ventrikels gelegen sind. Der Acusticuskern liegt etwas hinter dem Trigeminuskern. - Verfolgt man
Reptilien. 1475
auf Querschnittserien die Medulla oblongata nach hinten, so sieht man, dass ihr Umfang, besonders ihr Breitedurchmesser, allmälig mehr und mehr abnimmt; dabei ändert sich der vierte Ventrikel erst in eine lang ausgezogene Spalte, um so schliesslich in den Centralkanal des Rückenmarks überzugehen (Taf. CXXI. Fig. 2 und 5). Besonders in dem basalen Abschnitt und neben der spaltförmigen Fortsetzung des vierten Ventrikels begegnet man in dem mittleren Theil der Medulla ob- longata Nervenzellen, welche durch ihre sehr bedeutende Grösse sich auszeichnen. Sobald die Längsfasern des Rückenmarks in das Nachhirn eingetreten sind, zerfallen sie in zahlreiche kleinere Bündel, welche durch senkrecht verlaufende und durch von der einen Seite zur anderen ziehen- den, wiederholt gekreuzt werden; letztgenannte bilden, wie bei den Schildkröten das System der Bogenfasern (Fibrae areiformes).
Wie Stieda bei den Schildkröten erwähnt hat, so ziehen unter den vielen Längsfasern der weissen Substanz des Nachhirns zwei Bündel auch bei den Schlangen sehr bald die Aufmerksamkeit auf sich, nämlich diejenigen, welche dicht am Boden des Ventrikels, nur von einer Schicht grauer Substanz bedeckt, je eines zur Seite des Suleus centralis verlaufen. Sie fangen auch hier im hinteren Theil des Ventrikels an und reichen bis in die Pars peduncularis hinein. Die bedeutende Grössenzunahme des Nachhirns beruht wohl hauptsächlich auf der sehr starken Ver- mehrung der grauen Substanz.
Das Hinterhirn. Das Hinterhirn ist wie bei den Schildkröten, Sauriern und Hydrosauriern insofern dem Rückenmark ähnlich, als es wieder ein geschlossenes Rohr mit verdickter Wand darstellt; wir werden auch hier den unteren Theil des Hinterhirns oder den Boden des Hirnventrikels von dem oberen Theil oder der Decke, dem Kleinhirn, Cerebellum, trennen und besonders beschreiben.
Das Cerebellum zeigt sich ungefähr in gleicher Weise wie bei den Schildkröten und Sauriern entwickelt; die nach hinten gekehrte, zungen- förmige freie Spitze deckt den vorderen Theil des vierten Ventrikels, während er nach vorn zur Verbindung mit dem Mittelhirn steif abfällt.
Ueber das Verhalten des Hohlraumes des Kleinhirns und seinen Be- ziehungen zum vierten Ventrikel, geben auch hier Längsschnitte durch die dorso-ventrale Medianebene den besten Aufschluss, wie Taf. CXXI. Fig. 4 zeigt. Die vierte Hirnhöhle stellt eine weite, nach hinten conti- nuirlich in den Centralkanal des Rückenmarks übergehende, nur von unten sowie theilweise von der Seite durch Nervenmasse begrenzte Rinne dar. Dagegen ist ihre hintere Begrenzung, soweit dieselbe nicht vom Kleinhirn gebildet wird, rein häutig, indem hier das Ependym nebst dem Plexus chorioideus den Hohlraum abschliesst. Am Boden des vierten Ventrikels findet sich eine in der Medianebene verlaufende Längsfurche, wie aus Querschnitten am deutlichsten hervorgeht, die von hinten nach vorn allmälig in Tiefe zunimmt und so schliesslich an den Aquaeduetus Sylvii führt (Taf. CXXI. Fig. 6).
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1476 Anatomie.
Das Cerebellum stimmt in seinem feineren Bau vollkommen mit dem des Frosches (s. Bronn’s Amphibien, $..198) und der Schildkröte
(s. Bronn’s Reptilien, Schildkröten, 133) überein. Sowohl an Quer- wie
an Längsschnitten überzeugt man sich leicht, dass man von unten (innen) nach oben (aussen) folgende Schichten oder Lagen unterscheiden kann:
1) ein einfaches Epithel,
2) granulirte Grundsubstanz mit sehr zahlreichen kleinen Kernen; dieselbe nimmt nahezu die halbe Dicke des Cerebellum ein,
3) Lage von Nervenzellen, dieselben sind rundlich oder birnförmig, haben 0.030—0.040 mm im Durchmesser und enthalten einen rund- lichen, scharf contourirten Kern,
4) die oberflächlichste Schicht des Cerebellum wird ebenfalls durch eine Lage Grundsubstanz gebildet, in welcher jedoch Kerne nur Sparen vorhanden sind.
Zwischen diesen verschiedenen Schichten verlaufen Nervenfasern, welche zum Theil aus den Seitenflächen des Bodens des Hinterhirns in das Cerebellum ausstrahlen (Taf. CXXI. Fig. 6), zum Theil aus der Decke des Mittelhirns stammen (Taf. CXXI. Fig. 4), zum Theil direct von den Nervenzellen kommen.
Die Aussenfläche des Cerebellum wird von der Pia mater bekleidet, von welcher in ähnlicher Weise wie bei den Schildkröten, zahlreiche stiftförmige Fortsätze (Randfasern) in die Substanz des Cerebellum eintreten.
Der basale Abschnitt des Hinterhirns ist die unmittelbare Fortsetzung der Medulla oblongata oder des Nachhirns und deshalb in seinem feineren Bau dem letzten ähnlich.
Von bestimmten Nervengruppen ist auch hier nur eine einzige zu erwähnen, der sogenannte Trigeminuskern (Taf. OXXI. Fig. 6). Derselbe besteht aus mässig grossen birnförmigen oder dreieckigen Zellen und zeichnen sich besonders durch ihre langen, lateralwärts gerichteten Aus- läufer aus. Der Trigeminuskern liegt in der Gegend des Ueberganges des Bodens in die Seitenwand des Ventrikels, ziemlich nahe der Ventrikel- fläche (Taf. CXXI. Fig. 6). Durch den ganzen basalen Abschnitt liegen zahlreiche kleine Nervenzellen zerstreut. Von Nervenfasern springen be- sonders die centralen Längsbündel am Boden des vierten Ventrikels ins Auge.
Das Mittelhirn. Das Mittelhirn bildet, gleich dem Rückenmark,
ein geschlossenes Rohr, wie aus Querschnitten am deutlichsten hervorgeht (Taf. CXXII. Frig. 5, 6). Der Querschnitt ist oben breiter alsunten, eine tiefe Einsenkung, dem Suleus lateralis superior entsprechend, theilt die Decke des Mittelhirns in die beiden gewölbten Hälften. DerHohlraum des Mittel- hirns ist bekanntlich der Aquaeduetus Sylvii oder der Ventrieulus loborum bigeminorum: eben als bei den Schildkröten bat derselbe annähernd die
Form eines T; der senkrechte Theil ist der tief einschneidende Suleus cen-
tralis, die unmittelbare Fortsetzung des Sulcus eentralis des vierten Ven-
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Reptilien. 1477
trikels; der quere Theil trennt den basalen Abschnitt der Mittelhirns °—- der Pars peduncularis — von dem oberen oder dem Tectum loborum bigeminorum.
Je nachdem die Querschnitte mehr nach hinten oder vorn über die Mitte des Mittelhirns hinausgehen, sind die Bilder anders, besonders gilt dies für den Hohlraum des vierten Ventrikels und für das Teetum.
Dem Mittelbirn gehören zwei Nerven an, der N. oculomotorius und der N. trochlearis. Taf. CXXI. Fig. 5 ist ein Querschnitt, der gerade dureh die Abgangsstelle des Oculomotorius, Fig. 6 durch die des Trochlearis geht. Beide Nerven nehmen aus je einem eigenen Kern ihren Ursprung. Der Oculomotoriuskern liegt nahezu dem einschneidenden Theil des Suleus centralis und hat seine Lage ungefähr in der Mitte des Mittelhirns. Die aus dem genannten Kern entspringenden Faserzüge kreuzen mehrfach die Längsfaserbündel der Pars peduncularis, und es macht den Eindruck, als ob einige der rechtseitigen Faserzüge nach dem linkseitigen Oculomotoriuskern sich begeben und umgekehrt. Taf. CXXI. Fig. 6 ist ein Querschnitt durch das Mittelhirn in der Gegend des Trochleariskerns, der am hinteren Umfang des Mittelhirns, dort wo das Tectum in das Cerebellum übergeht, gelegen ist. Die von dem Trochleariskern abgehenden kleinen Bündel äusserst feiner Fasern, verhalten sich ähnlich wie bei den Schildkröten, nur ist die Kreuzung der Trochlearisfasern bei den Schlangen bei Weitem nicht so deutlich als bei den Schildkröten. Ausser den beiden genannten Nervenkernen liegen durch die ganze Pars pedunecularis des Mittelhirns zahlreiche kleine Nervenzellen zerstreut.
Was die Decke des Mittelhirns betrifft, so treten dieselben Schichten auf wie bei den Schildkröten (s. Bronn’s Reptilien, S. 135); besonders deutlich sind die Bündel längsverlaufender Nervenfasern. Dagegen ver- misste ich hier die sehr grossen, rundlichen Zellen, welche Stieda bei den Schildkröten erwähnt.
Das Zwischenhirn lemt man auch wieder am besten auf Quer- schnitten kennen. Auf Taf. CXXUI. Fig. 10, 11, 12 sind drei solche Schnitte abgebildet, von welchen Fig. 10 am meisten nach vorn ge- nommen, gerade durch die hintere Parthie des Chiasma nervorum opti- corum und den der Commissura anterior entsprechenden Theil des Vorderhirns geht; Fig.. 11 weiter nach hinten, durch das Foramen Monroi — die freie Communication des dritten Ventrikels mit den late- ralen Hirnhöhlen — geht und Fig. 12 endlich, noch weiter nach hinten genommen das Infundibulum getroffen hat. Der dritte Ventrikel erscheint wie bei den anderen Reptilien - Abtheilungen, als ein schmaler, senk- recht gestellter Spalt, zu dessen beiden Seiten die Sehhügel gelegen sind und der nach hinten unten durch das Tuber cinereum cum infundibulo, lateralwärts durch die nach einander zugekehrten Flächen der Sehhügel, vorn oben durch die Commissur der Grosshirnhemisphären und mehr nach unten durch die Lamina terminalis und das Chiasma nervorum opticorum begrenzt wird. Die Decke des dritten Ventrikels ist rein häutig
1478 Anatomie.
und wird aus dem Ependym nebst der Pia mater gebildet. Mässig starke
Plexus chorioidei dringen jederseits durch das Foramen Monroi in die_ Hohlräume der lateralen Ventrikel. Nach hinten setzt sich das Zwischen-
hirn unmittelbar in die Pars peduneularis des Mittelhirns fort. Das ganze
Zwischenhirn ist überaus reich an kleinen Nervenzellen, welche besonders
in den medialen Theilen jederseits des spaltförmigen Hohlraumes des
dritten Ventrikels reihenweise angeordnet sind.
Das Vorderhirn. Das ganze Vorderhirn, d. h. die beiden Lobi hemisphaeriei und der beide unter einander verbindende basale Hirntheil, die Lamina terminalis, haben einen einfachen Bau und wiederholen im Wesentlichen den der Schildkröten. Ueber die Gestalt des dritten Ven- trikels und des in diesem Ventrikel gelegenen Corpus striatum, geben Querschnitte den besten Aufschluss. Man sieht dann, dass die dritte Hirnhöhle nach hinten zu, in einen förmlichen, unregelmässig eylin- drischen Kanal übergeht, in welchem das Corpus striatum vollständig frei gelegen ist, nur ganz hinten verliert sich die dritte Hirnhöhle wieder und hängt das Gewebe des Corpus striatum mit dem des Vorderhirns continuirlich zusammen. An der medialen und unteren Fläche ist das Lumen der dritten Hirnhöhle nur ein äusserst feiner Spalt und die Wand des Vorderhirns, welche hier den Hohlraum des Ventrikels nach aussen begrenzt, ist hier ausserordentlich dünn, kaum 2—3 u dick. Dem gemäss findet man dann auch das Epithel in sehr dünne, platte, langen, spindelförmigen Zellen umgebildet. Die Nervenzellen liegen in dem dorsalen und lateralen Theil des Corpus striatum sehr dicht zu- sammengehäuft, um allmälig ventral- und medialwärts spärlich zu werden, um im unteren Theil des Corpus striatum fast vollständig zu fehlen.
Die beiden Lobi olfactorii stellen sich ihrem feineren Bau nach voll- ständig als vordere Abschnitte des Vorderhirns, speciell der Lobi hemi- sphaeriei dar, obgleich sie wie bei den Schildkröten etwas abweichen. Und das Abweichende besteht dort wie hier in dem Auftreten einer zweiten Nervenzellenschicht und dem Erscheinen der Olfactoriusfasern.
Jeder Lobus olfactorius besitzt eine kleine, mit dem Ventrikel com- munieirende Höhle. Dieselbe verhält sich nicht überall gleich, wie Serien von Querschnitten am besten belehren. Taf. OXXI. Fig. 7, 8, 9 sind drei Schnitte einer solehen Serie entnommen. Fig 7 liegt am meisten nach hinten. Medialwärts von der Olfactoriushöhle findet man die Nerven- zellen ısehr dicht zusammengehäuft, lateralwärts dagegen nur sehr spärlich vorhanden. Auf der medialwärts von der in Rede stehenden Höhle ge- legenen Nervenschicht folgt erst eine Lage, welche sehr arm an Nerven- zellen ist und daun wieder eine wohl charakterisirte Nervenzellenschicht. Die Elemente derselben zeichnen sich sofort durch ihre bedeutendere Grösse aus, sind spindel- oder birnförmig und liegen bei Weitem nicht - so dieht an einander gedrängt wie in der erstgenannten Schicht. Die ganz an der medialen Seite des Lobus olfaetorius gelegenen Fasern des
Nervus olfactorius verhalten sich den der Schildkröten gleich. i
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Taf. CXXI. Fig. 8 ist ein Schnitt, weiter nach vorn genommen un- gefähr in der Mitte des Lobus olfactorius. In zweierlei Hinsicht unter- scheidet sich derselbe von dem vorhergehenden; erstens nämlich durch die bedeutende Zunahme der Olfactoriusfasern und zweitens durch die überaus geringe Dicke der lateralwärts von der Höhle gelegenen Wand des Lobus olfaetorius.
Noch mehr nach vorne zu ändert sich das Bild wieder. Die Höhle rückt nämlich aufs Neue mehr centralwärts; zugleich, bemerkt man, dass sowohl medial- wie lateralwärts von der Höhle dicht an einander gedrängte Nervenzellen angetroffen werden (Taf. CXXI Fig. 9).
b. Peripherisches Nervensystem.
Gehirnnerven. Literatur.
(66) C. Vogt. Zur Neurologie von Python- tigris; in: Joh. Müller’s Archiv p. 39. 1838, (67) Joh. Müller. Vergleichende Anatomie der Myxinoiden. ill. Vergleichende Neurologie der Myxinoiden; in: Abhandl. der Berliner Academie 1838. p. 171. (68) Joh. Müller. Anmerkung über den Nervus sympathicus der Schlangen; in: dessen Archiv p. 59. 1839. (69) ©. Vogt. Beiträge zur Neurologie der Reptilien; in: Neue Denkschriften der allgemeinen schweizerischen Gesellschaft. Bd. IV. 1840. (70) H. Bendz. Bitrag til den sammenlignende Anatomie af Nervus glosso - pharyngeus, vagus, accessorius Willisii og Hypoglossus hos Reptilierne; in: K. Danske Selsk. Naturvid Afhandlgr. D. 10. 1843. p. 113. |
(71) L. Calori. Nonnulla de nervo sympathico Ophidiorum indegenorum; in: Nov. Comment.
Acad. Bonon. T. 7. p. 115. 1844.
(72) J. G. Fischer. Die Gehirnnerven der Saurier; anatomisch untersucht 1853.
(73) J. G. Fischer. Anatomische Notizen über Heloderma horridum; in: Verhandlungen des Vereins für naturw. Unterhaltung zu Hamburg. T. V. 1882.
Ueber den peripherischen Verlauf der Gehirnnerven bei den Schlangen ist unsere Kenntniss bis jetzt noch sehr mangelhaft, zum grössten Theil wohl die Folge der ausserordentlichen Sprödigkeit und Hartheit der Schädelknochen, welche das Blosslegen genannter Nerven ganz besonders schwierig macht. Der einzige Forscher, der genauer den Verlauf sämmt- licher Gehirnnerven verfolgt hat, ist Carl Vogt (66) gewesen, dessen Abhandlung aber schon mehr als 45 Jahre alt ist. Nach ihm hat sich keiner mehr eingehend mit den peripherischen Nerven dieser Reptilien beschäftigt; wohl besitzen wir zum Theil sehr werthvolle Mittheilungen einzelner peripherischer Gehirnnerven von Bendz (70), Joh. Müller (67) und besonders von J. G. Fischer (72, 73).
1480 Anatomie.
I. Nervus olfactorius.
Il. Nervus optieus.
Die peripherischen Enden dieser beiden Gehirnnerven werden bei den Sinnesorganen (Geruchs- und Gesichtsapparat) speciell behandelt werden.
III. N. oculomotorius entspringt von dem hinteren basalen Theil des Mittelhiros und dringt nach Vogt durch das Foramen opticum in die Augenhöhle. Sobald er hier angelangt ist, oder noch etwas früher im Schädel selbst, theilt er sich in drei Aeste, zwei oberflächliche und einen tieferen, die Fortsetzung des Hauptstammes. Der vordere der beiden Aeste schlägt sich über dem M. rectus oculi superior hinweg, nach vorn zu dem hinteren Rand der oberen Partie der Thränendrüse (Nickhaut- drüse) läuft unter dieser weg zu dem M. obliquus inferior (vorderen, schiefen Augenmuskel: Vogt) und dringt in diesen ein. Der zweite tritt zu dem M. rectus superior, legt sich an dessen hinteren Rand, an welchem er entlang läuft und in welchem er sich verzweigt. Der Hauptstamm tritt unter den M. rectus superior und legt sich auf den N. optieus, indem er ganz dessen Richtung annimmt. Hier werden beide von dem ersten Aste des N. trigeminus, welcher über sie weg unter dem M. rectus superior nach vorn läuft, gekreuzt und dieser Nerv giebt einen kleinen Verbindungszweig von der Länge einer Linie an den Oculomo- torius, welcher aber nur zum Theil in diesen überzugehen, grösstentheils dem hintersten der aus der Verbindungsstelle hervorgehenden Aeste anzu- gehören scheint. An dem Punkte der Vereinigung mit diesem Ver- bindungszweig spaltet sich der N. oculomotorius in vier Aeste, deren weiterer Verlauf uns bis jetzt noch nicht bekannt ist.
IV. N. trochlearis innervirt den M. obliquus superior. Genauere An- gaben fehlen.
“ V. N. trigemimus. Der Ursprung des N. trigeminus bei den Schlangen entspricht im Allgemeinen dem bei den Sauriern. Dort wie hier hat der erste Ast des Trigeminus ein besonderes Ganglion, getrennt von dem gemeinschaftlichen Ganglion des zweiten und dritten Astes.
Wie bei den übrigen Reptilien, so sind auch bei den Schlangen die Zweige des N. trigeminus:
1) Ramus ophthalmicus
2) - supramaxillaris
3) - Inframaxillaris.
Unsere Kenntpiss über den Verlauf des Ramus ophthalmieus ist noch sehr mangelhaft. Nach Vogt, der ihn Ramus nasalis nennt, läuft er in der Schädelhöhle nach vorne zum Foramen opticum, tritt durch dieses Loch in die Augenhöhle, schickt einen Verbindungsast zum Oculomotorius, läuft über diesen und den Opticus weg unter dem M. rectus superior durch, längs des oberen Randes der Thränendrüse (Nickhautdrüse) zu dem Loche zwischen Frontale, Praefrontale und Palatinum im oberen vorderen Winkel der Augenhöhle, verbindet sich hier mit einem Haupt-
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Reptilien. 1481
ast des N. facialis und tritt dann durch das Loch in die Nasenhöhle, von dem Riechnerven durch das Frontale getrennt.
Bei der Beschreibung des Schädels (S. 1430) haben wir indessen schon gesehen, dass der Ramus ophthalmieus durch ein eigenes Loch im Alisphenoid die Schädelhöhle verlässt und nicht durch das Foramen opticum nach aussen tritt. Höchst zweifelhaft ist auch die "Angabe Vogt’s, dass der erste Ast des N. trigeminus mit einem Hauptast des N. facialis innerhalb der Augenhöhle eine Anastomose bilden soll. Das einzige was ich selbst von diesem Nervenzweig angeben kann, bezieht sich auf Embryonen von Tropidonotus natrix, wo von demselben zwei Aeste abgehen, ein Ramus frontalis und ein Ramus naso-ciliaris. Der Ramus frontalis verbreitet sich an der Haut der Stirn über dem Auge.
Der Ramus naso-ciliaris schwillt zu einem Ganglion, dem Ganglion eiliare, an, und begiebt sich dann weiter, als Ramus nasalis zur Nasen- höhle Durch einen sehr dünnen Ramus anastomoticus steht das genannte Ganglion mit dem N. oculomotorius in Verbindung. Ueber die Verhält- nisse des Ganglion ciliare beim ausgewachsenen Thier liegen noch keine Angaben vor.
2) Ramus supramaxillaris nervi trigemeni und seine Aeste (Ramus infra-orbitalis: Vogt).
Nach Vogt theilt sich dieser Stamm bei /’ython noch innerhalb des Schädels in zwei Aeste: in einen
a. kleinen oberen und einen
b. grösseren unteren, welche beide eng verbunden, durch das im Prooticum sich befindende Loch aus dem Schädel heraustreten: Der obere Ast theilt sich sogleich beim Austritt aus dem Nervenloch in zwei Stämme:
aa. der kleinere obere dieser Stämme tritt zwischen den beiden Bäuchen des M. parietali- quadrato-mandibularis (Beissmuskel: Vogt), ohne Aeste abzugeben nach aussen und tritt über den Kieferand weg in die Haut am äusseren Mundwinkel.
bb. Der bei Weitem grössere untere dieser Stämme läuft über den vierten Bauch des M. parietali-quadrato-mandibularis hinweg und theilt sich auf diesem in zwei Aeste:
«. einen hinteren, welcher zum hintersten Theil der Oberlippendrüse (Oberkieferdrüse) sich begiebt und einen Ramus für den N. faecialis abgiebtt (Ramus communicans posterior rami palatini cum maxillari superiore) ;
?. einen vorderen, der sich an den oberen Rand der Oberkieferdrüse anlegt.
Der zweite Hauptstamm des Ramus supramaxillaris (Ramus infra- orbitalis im engeren Sinn: Vogt) läuft nach seinem Austritt ebenfalls über den vierten Bauch des M. parietali-quadrato-mandibularis, tritt unter die Augenkapsel und unter dieser weg auf den Grund der Augenhöhle, wo er sich unmittelbar auf die obere, etwas concave Fläche des Ptery-
1482 Anatomie.
goideum aufliegt. Sobald er den Knochen erreicht hat, giebt er zwei Aeste ab, welche sich ähnlich dem schon beschriebenen Ramus communi- cans posterior rami palatini cum maxillari superiore) verhalten und mit diesem an der Bildung des Sphenoidalgeflechts sich betheiligen.
Der Hauptstamm läuft in der oberen Furche des Pterygoideum fort und giebt einen zweiten Ast zur Vereinigung mit dem N. facialis ab (Ramus communicans anterior rami palatini cum maxillare superiore), der nach Vogt aus zwei feinen Zweigchen zu bestehen scheint. Weiter giebt der Hauptstamm einen Ast ab, der längs des inneren Randes des Maxillare verläuft, durch eine feine Spalte zwischen diesem und dem Praefrontale in die Rinne eintritt, welche Maxillare und Praefrontale durch ihre Aneinanderlagerung bilden und in dieser Rinne bis zur Spitze der Schnauze verlaufend, in viele Aeste sich theilt, welche nach unten dringen und die innere Mundhaut und die äussere Seite der Nasenschleimhaut von der Spitze der Schnauze bis zu der Mündung der Choanen versorgen.
Schliesslich wendet sich der Hauptstamm nach aussen, tritt in das für ihn bestimmte Loch des Maxillare, verläuft in dem Kanal dieses Knochens nach vorn und schickt auf diesem ganzen Verlaufe durch die vielfachen im Oberkiefer befindlichen Löcher und Kanäle Aeste nach aussen, in den vorderen Theil der Oberkieferdrüse, zu den Zähnen und der inneren Mundhaut.
3) Ramus maxillaris inferior ‘s. inframaxillaris n. trigemini. Nach Vogt entspringt noch innerhalb des Schädels von dem dritten Ast des Trigeminus ein sehr dünner Zweig, welcher in ein eigenes Loch des Prooticum oder des Sphenoideum (dies konnte er nicht unterscheiden) eintritt. Der Kanal öffnet sich mit einem feinen Loche unter dem Pro- cessus articularis ossis sphenoidei, wo der genannte Zweig heraustritt und sich in den M, pterygo-sphenoidalis anterior verästelt.
Darauf tritt der ganze Stamm nach aussen und entlässt:
a. einen Ast, der an dem hinteren Rand der Oberkieferdrüse vorbei verläuft und in die äussere Haut des Mundwinkels, zum Theil auch in die Mundschleimhaut an der Mundecke sich verbreitet;
b. einen zweiten Ast, der den vierten Bauch des M. parietali-quadrato- mandibularis innervirt;
c. den Ramus maxillaris inferior strieto sensu; derselbe läuft fast senkrecht nach unten über dem vierten Bauch des M. parietali-quadrato- mandibularis hinweg und tritt in das Loch des Canalis maxillaris inferior. In diesem verlaufend giebt er ab:
aa. Rami für die Unterkieferdrüse,
bb. Rami für die Mundhaut zwischen Unterkiefer und Glottis, deren einer sich in der Unterzungendrüse und der Haut verzweigt.
Der Rest des Ramus maxillaris inferior strieto sensu tritt aus dem vorderen äusseren Unterkieferloche und vertheilt sich im vordersten Theil der le und in die Haut zwischen den beiden Unterkieferhältften.
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Reptilien. 1485
d. Der vierte Ast theilt sich gleich bei seinem Ursprung in zwei Aeste:
aa. einen Ast für den dritten Bauch des Musculus parietali-quadrato- mandibularis; |
bb. einen hinteren Zweig, der unter den dritten Bauch des M. parietali-quadrato-mandibularis tritt, über die äussere Fläche des M. pterygo-sphenoidalis posterior und des Pterygoideum verläuft und sieh in den M. transverso - maxillo - pterygo-mandibularis verzweigt.
VI. N. abducens innervirt den M. recetus externus. Genauere An- gaben feblen.
VI. N. facialis. Bei Python tritt nach Vogt der Facialis hinter der Wurzel des Trigeminus ganz von dem Gehirne bedeckt in einen Kanal des Prooticum, welcher sich an der Grundfläche des Schädels in einem kleinen runden Loche nach aussen öffnet. Nach Joh. Müller (67) ist die Oeffnung für den Austritt des N. facialis an der inneren Seite des Schädels von der Austrittsöffnung für den Trigeminus getrennt, aussen aber tritt (bei Python tigris) der dritte Ast des Trigeminus und des Facialis aus einem gemeinschaftlichen von der Oeffnung für den zweiten Ast des Trigeminus getrennten Loch. Bei T’ropidonotus tritt aber der Facialis durelf ein eigenes Loch aus der Schädelhöble heraus (Taf. CXL. CXII. Fig. 3 und 4; 7). Ob auch bei den Schlangen das allen Sauriern gemeinschaftliche Ganglion vorhanden ist, wissen wir noch nicht. Die- selben beiden Hauptstämme, welche wir durch die trefflichen Unter- suchungen von Fischer (72) (Saurier, S. 739) bei den Sauriern kennen gelernt haben, kehren auch bei den Schlangen zurück; nl ein vorderer Hauptstamm — der Ramus palatinus (Ramus Videanus) und ein hinterer; ausser diesen gehen znweilen aus ihm noch Verbindungszweige an das Ganglion petrosum des N. glosso-pharyngeus hervor. Der Ramis palatinus (Videanus) schlägt sich — nachdem er von der Wurzel des N. facialis entsprungen ist — nach hinten und tritt bei Python in einen Knochen- kanal des Keilbeins (Canalis Videanus, Taf. CXXLU. Fig. 1 a—b). Nach- dem er aus demselben herausgetreten ist, entspringen aus ihm dieselben dreierlei Nerven, welche wir auch bei den Sauriern beschrieben haben.
1) Verbindungsäste zum N. supra-maxillaris;
2) Verbindungsäste zum Glosso-pharyngeus und
3) Zweige an die Schleimhaut des Gaumens.
Die Verbindungsäste zwischen Ramus palatinus und Ramus maxillaris superior sind:
a. Ramus communicans posterior rami palatini c. Maxillari supe- riore und
b. Ramus communicans anterior rami palatini e. Maxillari superiore.
Erstgenannten kennen wir durch Vogt und Joh. Müller bei Python tigris. Vogt beschreibt denselben als „ersten hinteren Plexus des Infra- orbitalnerven“. Nach ihm wird derselbe aus drei Aesten, einem hinteren, aus den vereinigten Aesten des N. facialis und des hinteren Oberkiefer- drüsennerven, und zwei oberen aus dem Infraorbitalis entsprungen,
1484 Anatomie.
gebildet, und giebt wieder drei Nerven ab, zwei äussere, welche zur inneren Mundhaut gehen, und einen inneren, welcher den ersten Plexus mit dem zweiten (siehe gleich unten) verbindet.
Bei Ramus communicans anterior rami palatini cum Maxillari supe- riore. Vogt’s zweiter Plexus entlässt zwei Aeste, deren einer sich nach aussen, der andere sich nach innen wendet.
Verbindungszweige zwischen Facialis und Glosso-pharyngeus.
Die allgemein bei den Sauriern vorkommenden Verbindungszweige zwischen Facialis und Glosso-pharyngeus; der
1) Ramus communicans internus rami palatini cum Glosso-pharyngeo und der / 2) Ramus communicans externus rami palatini cum Glosso-pharyngeo werden zum Theil auch bei den Schlangen angetroffen; nämlich gilt dies vom erstgenannten, der uns aus den Untersuchungen von Joh. Müller (67) bei Python tigris und Crotalus horridus bekannt ist. Bei jenem ent- springt derselbe aus dem Ramus palatinus (Ramus Videanus: Joh. Müller) und geht rückwärts ins Ganglion petrosum des Glosso-pharyngeus (Ganglion cervicale supremum: Joh. Müller).
Bei Crotalus entspringt er vom Facialis, da wo dieser den Ramus palatinus (Videanus) entlässt, und geht mit dem Glosso-pharyngeus zu- sammen in den vereinigten Stamm der hinteren Hirnnerven ein. Joh. Müller vergleicht diesen Nerven mit dem Ramus anastomoticus Jacob- sonü. Bei Python scheint ausserdem auch ein Ramus communicans ex- ternus rami palatini cum glosso-pharyngeo vorhanden zu sein. Ausser diesen genannten Aesten beschreibt Vogt auch noch einen Zweig, der sich nach ihm in den Zurückzieher des Vomer (M. vomero-sphenoideus) verzweigen sollte. |
Der hintere Hauptstamm des siebenten Paares verläuft über die Mitte des knöchernen Stäbehens der Columella nach hinten, um sich in den M. oceipito-quadrato-mandibularis auszubreiten.
Ob der Faecialis auch einen von dem Trigeminus abstammenden Ramus recurrens ad nervum facialem aufnimmt und einen Ramus com- municans externus cum glosso-pharyngeo entlässt, wissen wir bei den Sehlangen noch nicht, wohl aber ist es wahrscheinlich, wie Fischer hervorhebt, dass eine Chorda tympani vorhanden ist. Aus den Untersuchungen von Joh. Müller (67) ergiebt sich nämlich, dass das Ganglion petrosum glosso-pharyngei, nachdem es vorher mehrere Zweige aus-dem N. -facialis aufgenommen hat, einen Ast abtreten lässt, der zum hinteren Winkel des Unterkiefers tritt und hier in eine sehr kleine Oeff- nung sich begiebt, um sich im Innern des Unterkiefers, wahrscheinlich mit dem N. alveolaris inferior zu verbinden.
VIII. Nervus acustieus.
Der Nervus acustieus wird genauer bei dem Gehörorgan behandelt werden.
Reptilien. 1485
IX. Nervus glosso- pharyngeus.
Wie bei den Sauriern, so ist auch bei den Schlangen der Ursprung des Glosso-pharyngeus von dem des Vagus getrennt (Python, Orotalus nach Joh. Müller). Ob der genannte Nervenstamm auch kurz nach dessen Austritt aus dem Schädel zu einem Ganglion anschwillt, ist bis jetzt noch nicht genügend bekannt. Aus den Untersuchungen von Joh. Müller kennen wir das Vorhandensein dieses Ganglion bei Python tigris, bei Crotalus horridus erwähnt dieser berühmte Anatom es jedoch nicht; auch bei Tropidonotus natrix ist es von Bendz nicht aufgefunden. Joh. Müller hat diesen Nervenknoten als Ganglion cervicale supremum be- zeichnet, wir wollen indessen dasselbe wie bei den Sauriern „Ganglion petrosum‘‘ nennen. 2
Nach Bendz ist bei Tropidonotus natrix der Glosso-pharyngeus gänzlich mit dem Vagus verschmolzen; bei Python tigris dagegen nimmt nach Joh. Müller das Ganglion petrosum einen Ast aus der Wurzel des Vagus auf, während bei Crotalus ähnlich wie bei Salwator Merianae unter den Sauriern eine gänzliche Verschmelzung der hinteren Hirnnerven stattfindet. Bei den Sauriern haben wir einen sehr eigenthümlichen Nerven kennen gelernt, den Nervus laryngeus superior Fischer; und es entstand da die Frage, ob der genannte Zweig wirklich dem eigent- lichen Glosso-pharyngeus angehöre. Wie aus Fischer’s Untersuchungen hervorgeht, liess sich‘ bei den Sauriern nachweisen, dass dieser Nerv wirklich dem Vagus angehört und nur hin und wieder in der Bahn des Glosso-pharyngeus verläuft, um als dessen Zweig aufzutreten. Und dass dies wirklich so ist, ergiebt sich aus dem Umstand, dass alle Saurier, wo der Ramus laryngeus superior als Ast des Glosso-pharyngeus erscheint, gerade diejenigen sind, wo der Glosso-pharyngeus einen oder mehrere Verstärkungsäste aus dem Vagus erhält, oder gar völlig mit ihm um den Hypoglossus zu einem gemeinschaftlichken Stamm der hinteren Hirnnerven
_ verschmolzen ist. Unter den Schlangen kennen wir den Ramus laryngeus
superior bei Python tigris und Crotalus horridus nach Joh. Müller und bei Tropidonotus natrix nach Bendz, bei welchen entweder der Glosso- pharyngeus einen Verstärkungsast aus dem Vagus erhält (Python tigris), oder mit den hinteren Hirnnerven zu einem gemeinschaftlichen Stamm verschmilzt (C'rotalus, Tropidonotus).
Bei den Sauriern tritt an das letzte Ende des Ramus laryngeus superior die letzte Endigung des Ramus recurrens vagi heran, um mit demselben eine Schlinge zu bilden. Dies merkwürdige extracraniale Chiasma der Kehlkopfsnerven scheint dagegen bei den Schlangen zu fehlen. Weder bei Python noch hei Crotalus wird er von Joh. Müller erwähnt und Fischer (73) vermisste denselben bei Tropidonotus natrix und guwincuneiatus, Tachimenis chilensis, Enygrus carinatus, wie bei Pelamis (Hydrophis) bicolor. Die Endzweige des Ramus laryngeus superior gehen hier direet an die Kehlkopfsmuskeln, ohne eommunicirende Zweige nach der anderen Seite hinüberzusenden.
1486 Anatomie.
Nachträglich will ich hier noch erwähnen, dass nach Fischer bei Heloderma horridum das. extracraniale Chiasma des Nervus laryngeus superior ebenfalls vorhanden ist (Fischer 73). Aus den Mittheilungen dieses Forschers sehe ich, dass diese merkwürdige Kehlkopfschlinge auch den Schildkröten nicht fehlt, und dass dieselbe bei diesen Reptilien durch Mitchell and Morehouse (Researches upon the Anatomy and Physiology of respiration in the Chelonia; in: Smithsonian Contributions No. 169, 1863) entdeckt ist, was mir entgangen war. Den beiden ameri- kanischen Forschern ist es unbekannt geblieben, dass schon lange vor ihnen Fischer diese Kehlkopfschlinge bei den Sauriern beschrieben hat,
Von dem weiteren Verlauf des Glosso-pharyngeus giebt Vogt (66) bei Python tigris folgende Beschreibung. Nachdem er den Verbindungs- zweig für den Vagus abgegeben hat, erreicht er die Zungenarterie, unter welcher er wegläuft, um sich an ihren unteren, nach hinten gewandten Rand zu legen. Er begleitet sie nun ebenso, wie der N. hypoglossus längs ihres oberen Randes, so dass die Arterie von den beiden Nerven auf beiden Seiten eingeschlossen ist, bis er die Luftröhre an ihrem äusseren Rande erreicht hat, welches etwa in der Hälfte der Länge des Zungenkörpers stattfindet. Hier stösst ein Ast des Vagus zu dem Nerven, der bis dahin nach Vogt noch keinen Ast abgegeben hat, mit welchem er einen Plexus bildet, aus welchem zwei Aeste hervorgehen, die längs des äusseren Randes der Luftröhre gegen die Mundspitze verlaufend, sich in der Gegend um die Glottis und etwas nach hinten in die Mund- haut verästeln.
X. XI. Nervus accessorio - vagus.
Bei den Schlangen scheint ein eigener N. acessorius immer zu fehlen und mit dem Vagus zu einem gemeinschaftlichen Stamm, dem N. acessorio-vagus verschmolzen zu sein.
Wie bei manchen Sauriern, so vereinigt sich der Vagus, nee er die Schädelhöhle verlassen u auch bei den Schlangen mit dem Glosso- pharyngeus oder mit diesem und dem Hypoglossus. Bei Zropidonotus natrıx 2. B. ist nach Bendz Acessorio-vagus und Glosso - pharyngeus gänzlich verschmolzen, während bei Crotalus horridus nach Joh. Müller eine gänzliche Verschmelzung der hinteren Hirnnerven stattfindet; ähn- liches giebt Vogt (69) an für Coluber sieulus, Vipera prester und Naja Haje. Gleichwie bei den Sauriern ein dem Vagus selbst angehöriges Ganglion (Ganglion radieis nervi vagi) nicht allen zukommt, verhält es sich auch bei den Schlangen. Unter ihnen findet es sich bei T’ropidonotus natrix nach Bendz (70) und bei Naja Haje nach Vogt (69). Bei Python und Crotalus wird es dagegen von Joh. Müller nicht erwähnt, ebenso- wenig von Vogt bei Coluber siculus und Vipera prester. Ein Ganglion trunei nervi vagi kommt nach Bendz den Schlangen ebenfalls zu (Tro- pidonotus). Aeste des N. acessorio-vagus sind:
1) Ramus laryngo-pharyngeus.
2) Ramus recurrens nervi vagi.
Reptilien. 1487
Unter den Schlangen scheint bei Tropidonotus natrix nach Bendz ein doppelter Ramus recurrens vorhanden zu sein. Der hintere entspringt aus dem Ganglion trunei nervi vagi, und verbindet sich auf seinem Weg längs der Carotis mit einem schon früher aus dem Stamm des Vagus ausgetretenen Nerven. Bei den übrigen Schlangen kennen wir oben- genannten Ast noch nicht.
3) Zweige an die Speiseröhre;
4) Zweige an das Herz, die Lungen und den Magen.
Ueber den Verlauf der beiden Arten letztgenannter Zweige theilt Vogt bei Python tigris folgendes mit. Der Verlauf ist an jeder Seite so eigenthümlich, dass beide Nerven besonders beschrieben werden müssen. Der linke Vagusstamm gelangt zu dem Herzbeutel und der Stelle, wo die Aorta diesen verlässt. Er läuft unter dieser weg in einer plötzlichen Umbiegung nach oben und vorn auf die den linken Rippen zugewandte Seite des Herzbeutels, wo er einen kleinen Zweig gegen das Herz abzu. geben scheint, trifft dann auf die über der linken Seite des Herzbeutels weglaufende Arteria pulmonalis sinistra, legt sich an ihren oberen Rand an, läuft darauf über sie hinweg zu ihrem vorderen unteren Rand, zur hinteren Spitze des Herzbeutels, immer hart auf dessen äusserer Fläche anliegend.. An der Spitze des Herzbeutels angelangt, liegt er zwischen der Vena cava adscendens nach innen und aussen und der Vena pulmo- nalis nach innen und oben. Er giebt nun einen ziemlich bedeutenden Ast ab, der einen Zweig zur Spitze der linken Lunge entsendet, und dann hauptsächlich nach unten in der linken Lunge sich verzweigt, während der Hauptstamm längs der Lungenvene verlaufend mit dem rechten Nervus vagus sich wieder zu einem Stamm vereinigt.
Der rechte Nervus vagus liegt auf der inneren Seite der rechten Kopfvene, zwischen ihr und der Luftröhre und begleitet diese, wie der linke die linke Kopfarterie, bis zu ihrem Eintritt in den Herzbeutel. Auf diesem anliegend, läutt der Nerv unter der Aorta durch über die Arteria pulmonalis dextra weg und begleitet sie bis zur rechten Lunge parallel mit dem linken Nerven, aber einen Zoll weit von ihm entfernt, verlaufend. Auf seinem Weg giebt er einen Ast, welcher den ersten Ast der rechten Lungenarterie begleitet und sich mit diesem in den oberen Theil der rechten Lunge verzweigt, während der Hauptstamm sich mit dem der anderen Seite vereinigt. Der vereinigte Stamm folgt nun dem Verlauf der Vena pulmonalis und giebt auf diesem Verlauf mehrere kleine Aeste in die beiden Lungen, besonders dem Anfange der Leber ent- sprechend, zwei grössere Aeste ab, deren jeder eine der beiderseitigen Art. pulmonalis begleitet. Weiter nach unten verläuft er in der oberen Rinne der Leber auf dem Peritonealüberzuge derselben, ohne Aeste abzugeben. An der hinteren Spitze der Leber theilt er sich in zwei Aeste; der äussere linke derselben geht auf der rechten Lunge unter dem Oesophagus durch auf die den Rippen der linken Seite zugewendete Fläche des Magens und verzweigt sich auf diesem, bis zur hinteren Spitze des Magens
1488 Anatomie.
verfolgbar; der zweite, vordere,