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Neae ivohlfeile Ausgrabe. LEIPZIG. VERLAG VON GEORO HEINRICH MEYER 1896. - T/ t I ^ - f u^ \-'-2i>^^ Hi t ■) o flARVARD UNIVERSITt JAN 199« l • ' ■■ - (X DEC 8 190^^ \ V; AJiAJCl t-M,vvj:\ 1876C8 Alle Rechte vorbehalten. 5(^ ^77 i) IHRER KÖNIGLICHEN HOHEIT DER REGIERENDEN FRAU GROSSHERZOGIN SOPHIE VON SACHSEN-WEIMAR-EISENACH KÖNIGLICHEN PRINZESSIN DER NIEDERLANDE DER HOHEN SCHÜTZERIN DER KÜNSTE UND WISSENSCHAFTEN in tiefster Ehrfurcht unterthanigst gewidmet vom VERFASSER. Vorwort zur ersten Auflage. Der alte symmetrische Gartenstyl war verdrängt. Auf den Land- sitzen der Bewohner Englands hatte sich der moderne oder der Landschafts- gartenstyl entfaltet. Da der Mensch so leicht und so gern von einem Extrem zum andern übergeht, so wurde mit dieser Umgestaltung des Geschmackes Alles, was nur einigermaassen künstlich erschien, jede architektonische Linie, insofern sie zur unmittelbaren Verbindung des Wohngebäudes mit der umgebenden Wohnung diente, entfernt, und eine wahre Wuth, Terrassen und Alleen zu zerstören, gab sich kund. Kent und Brown stellten das Wohngebäude nackt und kahl in die Mitte ihrer Anlagen hin, eine Anlage glich der andern und dadurch wurde der natürliche Styl ebenso monoton wie der französische. GiLPiN und Price dagegen erklärten in ihren wahrhaft geistreichen Schriften nur das Pittoreske für das allein Richtige und Wahre, und Whately's scharfsinnige Beobachtungen wirkten am meisten, das Ein- förmige der KENx'schen Schule zu entfernen. Doch gingen alle drei Schrift- steller in ihrer Forderung, nur das Pittoreske zur Geltung zu bringen, wiederum zu weit. Da trat Repton auf, er verdeutlichte die Begriffe von freier Natur, Park, Pleasureground und Garten; er sagte: „Der Park ist Natur, aber zum Gebrauche und zum Vergnügen der Menschen. Zuerst ist Bequem- lichkeit und Comfort erforderlich, dann erst pittoreske Schönheit." All das Schöne, was Kent und Brown in ihren Schöpfungen darge- stellt, das Ausgezeichnete, was Whately und Price über das Pittoreske in ihren Schriften dargelegt hatten, wusste Repton auf das Sinnigste mit der Annehmlichkeit und Bequemlichkeit zu vereinigen. Er sagte: „Die Kunst der Landschaftsgärtnerei besteht in der angenehmen Vereinigung von Kunst und Natur, dem Gebrauche der Menschen angepasst." — Repton war ein guter Planzeichner, und mit seinen Plänen lieferte er gleichzeitig die Vm VORWORT. Ansicht von dem zu verändernden Platze, wie er sich gegenwärtig gestaltete, und wie er sich nach der Umwandlung darstellen würde; er schrieb seine Principien, Gedanken und Verbesserungspläne in wohlgeordneter Form nieder und nannte dieses Manuskript „das rothe Buch des Ortes". Diese Fragmente übergab er zu verschiedenen Perioden, in den Jahren von 1795 bis 1816, in fünf verschieden betitelten Bänden der OefFentlichkeit; sie konnten jedoch wegen des hohen Preises und der geringen Auflage nie Allgemeingut werden. Seine in diesen Werken aufgestellten Grundsätze und Ansichten ver- dienten die allgemeine Anerkennung, die ihnen zu Theil ward; denn kein Werk über die bildende Gartenkunst hat uns bis jetzt etwas Besseres dar- geboten und gelehrt Selbst die Werke der Neuzeit enthalten mehr oder weniger von Repton's Grundsätzen. Seine Durchlaucht der Fürst Pücklek, den wir als den Mäcen und als erste Autorität der Landschaftsgartenkunst in Deutschland mit Recht betrachten, äusserte gegen den Verfasser: „Die von Repton aufgestellten Grundsätze werden ewig bleiben, etwas Besseres lässt sich nicht sagen, sie sind gewissermaassen die Bibel für die bildende Gartenkunst." Aufgemuntert durch diesen hohen Herrn, die REPTON'schen Werke in deutscher Bearbeitung herauszugeben, wodurch ich mir den Dank des Publikums, welches sich für Landschaftsgärtnerei interessirt, erwerben würde, ging ich an die Arbeit. Dem kunstsinnigen Fürsten verdanke ich manche höchst schätzenswerthe Belehrung, welche er mir während der Bearbeitimg des Werkes stets und mit der grössten Bereitwilligkeit zu Theil werden Hess, so oft ich deren bedurfte. Bei Sichtung des Materials fand ich sehr bald, dass eine wortgetreue Uebersetzung dem deutschen Leser in keiner Weise genügen könne. Denn nicht nur, dass Repton's Ansichten und Principien in fünf Bänden sehr zerstreut aufgestellt sind, es sind auch diese Werke in englischer Weise so breit und weitläufig, mit Erwähnung aller Nebenumstände geschrieben und enthalten dabei so Vieles, was entweder nur für den Ort selbst, oder doch nur für Engländer von Interesse sein kann , dass sie in dieser Form für VORWORT. IX den deutschen Leser nur ermüdend gewesen sein würden. Ausserdem handelt ein grosser Theil der REPTON'schen Werke über Architektur und innere Einrichtung von Gebäuden, was also mit der äusseren Scenerie und Verbindung der umgebenden Landschaft gar nicht in Berührung steht Dagegen war manches wichtigen Gegenstandes gar nicht, oder nicht ge- nügend gedacht. Dies Alles brachte mich zu dem {Entschlüsse, um auch das Werk recht gemeinnützig zu machen , es nicht unnöthig durch eine allzu grosse Ausdehnung und durch Beifügung zu vieler Zeichnungen uod Abbildungen zu vertheuem und dadurch die Anschaffung den Unbemittelteren zu er- schweren, die von Repton aufgestellten Principien, Ansichten und Gedanken zusammenzutragen, sie in Kapitel zu ordnen und mit den eigenen, durch eine langjährige Praxis und Erfahrung gewonnenen Ansichten in Einklang zu bringen, denselben so manche nicht unbedeutende Ergänzung zufügend. Nachdem ich auf diese Weise auch dem jetzigen Standpunkte der Land- schaftsgärtnerei Rechnung getragen, erlaube ich mir das Werk dem Publi- kum vorzulegen. Die landschaftlichen Ansichten, welche ich der Meisterhand meiner Freunde, der Professoren Preller und Hummel in Weimar, verdanke, und die in vieler Beziehung besser sind als die REPXON'schen , sollten nur als Belege der aufgestellten Grundsätze dienen, weshalb ich nur das hierzu Nothwendige gegeben habe. Vieles ist von den REPTON'schen Entwürfen gär nicht. Vieles nur zum Theil, Weniges ganz so, wie es von Repton projektirt wurde, ausgeführt, und das Ausgeführte durch die Länge der Zeit kaum wieder zu erkennen. Dieser Umstand mag es entschuldigen, dass ich auch Ansichten aus Weimar, Tieffurt und Muskau beigefügt habe, da sie jetzt vor Jedermanns Auge sichtbar daliegen. In wie weit ich die mir gestellte Aufgabe befriedigend gelöst habe, überlasse ich dem Urtheile der Leser, um deren Nachsicht ich bitte. MuSKAU, im November 1861. Der Verfasser. Vorwort zur zweiten Auflage. beit dem Erscheinen der ersten Auflage dieses Werkes sind 26 Jahre verflossen und obgleich dieselbe längst vergriffen ist, so haben doch Hinder- nisse mancherlei Art die Bearbeitung dieser zweiten Auflage verzögert, indessen, wie ich glaube, nicht zu ihrem Nachtheil. Viele und bedeutende Aufgaben landschaftlicher Anlagen in und ausserhalb Deutschlands, sowie auch die in diese Zeit fallende Bearbeitung und Gründung des Arboretum in Muskau und das damit verbundene Studium der Gehölze boten Gelegen- heit, mancherlei Beobachtungen und Erfahrungen zu sammeln und den Gesichtskreis zu erweitern. Und diese am Abende meines Lebens hier niederzulegen hielt ich für meine Pflicht, da sie dem dafür sich interessiren- den Publikum, besonders aber angehenden Gartenkünstlern wesentliche Anhaltepunkte bieten und deshalb gewiss von einigem Nutzen sein werden. Um aber zu nützen, kann man neben der Entwickelung der Theorie der Gartenkunst nicht praktisch genug schreiben. Die Grundsätze, welche Repton aufgestellt hat, sind unumstösslich, auf ihnen muss jeder Gartenkünstler fortbauen, wenn er Erfolg von seinen Werken haben will, sie sind deshalb auch hier die Basis; die Hinweisungen auf Ausführungen an bestimmten Orten sollen als Belege für das Gesagte dienen. Die verschiedenen Abtheilungen der ersten Ausgabe sind beibehalten, sie haben, wo nöthig, Berichtigungen und auch Erweiterungen erfahren. Dagegen sind als das Ganze ergänzend neue hinzugefügt worden, nämlich: eine Abhandlung über die Bedeutung der Farben, eine ausführlichere Behandlung der Alleen, ein Kapitel über Anlage und Behandlung von Friedhöfen, eine tabellarische Zusammenstellung der Gräser. Die tabellarische Zusammenstellung von Bäumen und Sträuchern, welche sich zur Bepflanzung von Anlagen eignen, ist weggefallen und sind VORWORT. XI an deren Stelle, im Interesse grösserer Uebersichtlichkeit, zwei andere Abhandlungen getreten: über Charakteristik der Baumformen, welche für die Linien der Land- schaft vorzugsweise von Einfluss sind, und über die Farbe der Gehölze in Beziehung auf Belaubung, Blüthe und Frucht Im Gegensatz zu dem Prinzip der übrigen Theile des Werkes, die Quintessenz aus den Schöpfungen der Natur, wie sie geläutert aus der Hand des Gärtners hervorgeht, für grosse Anlagen nutzbringend und künstlerisch wirksam zur Anwendung zu bringen , — sind jene beiden Abhandlungen der Natur der Sache nach mehr systematisirend und beschreibend gehalten. Es war dies aber noth wendig, um dem angehenden Gartenkünstler eine allgemeine Uebersicht und zugleich einen Anhalt für die Wahl der bei Anlagen zu verwendenden Gehölze zu gewähren, da derselbe nicht immer Gelegenheit hat, sich durch Anschauung die Kenntnisse derselben zu ver- schaffen. Sie sollten dazu dienen, das Ganze auch nach dieser Richtung hin möglichst ausgiebig zu gestalten. Die dem Werke beigegebenen landschaftlichen Ansichten, zum gröss- ten Theil nach der Natur aufgenommen, sind sämmtlich Holzschnitte nach Originalzeichnungen eines unserer ersten Landschaftsmaler der Gegenwart, des Professors Friedrich Preller d. j. Nach dem Gesagten kann diese zweite vermehrte Auflage wohl als eine verbesserte bezeichnet werden; ob sie diese Bezeichnung verdient, muss wiederum dem nachsichtigen und wohlwollenden Urtheil der Leser anheim gestellt bleiben. Blasewitz -Dresden, im M&rz 1888. Der Verfasser. Verzeichniss der Tafeln. *" ^Tafel XVII: Park zu Weimar. Blick auf Goethe's Gartenbaus (Titelbild). ^ ,, I: Tumulus des Fürsten Pückler in Branitz zu Seite 26 < ,, II: Die Wartburg „ »? 62 ^ „ ni: Aussiebt vom Scblosse zu Matzdorf ,> ^^ ^2 ^ „ IV: Klosterruine Paulinzelle „ ,, 116 < „ V: Wasserfall im Park zu Klitzscbdorf-Wehrau „ „ 130 ^ ,, VI: Die Hammerbrücke im Park zu Kützscbdorf-Webrau ., ., 130 ,; YII : Ansiebt von der Terrasse des Schlosses Klitzschdorf ,, ., 132 ^„ VIII: Auflfabrt zum Scblosse Heinrieb au ,. „ 140 ^„ IX: Auffabrtin Zypendal in Holland ,, ,, 142 ,, X: Ausbau auf Scbloss Ettersburg , .. 178 ^ „ XI: Park zu Weimar in der N&be des römiscben Hauses „ „ 181 ,„ XII: Park zu Tieffurt. Blick vom Balkon , „182 , ,, XIH: Park zu Brecbelsbof beiJauer , „ 183 ,„ XIV : Park zu Twickel „ „ 1&5 ^ „ XV: Park zu Muskau. Durcbbrueb der Saumpflanzung „ „ 186 ^ „ XVI: Park zu Muskau. Neisse Ufer „ „ 187 XVni: Avenue zum Scblosse von Ruurlo ,, ,, 200 XIX: Park zu Muskau. Blick von der Scblossrampe ,, ,, 202 XX: Spring Grove Cemetery bei Cincinnati „ ,, 218 • »T Inhalts-Verzeichniss. Seite Vorwort aur ersten Auflage vn Vorwort zur zweiten Auflage x I. Einleitung. TTeber Iiandsohaftsgärtnerei im Allgemeinen. B^rififder Landschaftsgärtnerei. — Gärtnerei, als Kunst des Nutzens wegen ausgeübt, vom höchsten Alter. — Unterschied der Landschaftsgärten von anderen Gärten. — Erste Aus- bildung der Landschaftsgärten in England. — Kent. Brown. Repton. — Einführung der v Landschaftsgärtnerei in Deutschland. — Sckell. Fürst Pückler. Lenn«5. — Repton's erste Bezeichnung „Landschaftsgärtnerei". — Nöthige Kenntnisse des Landschaftsgärtners. — Das Studium der Natur vorzugsweise erforderlich. — Gebotene Materialien. — Die Schön- heit der Landschaftsgäi-ten beruht auf der richtigen Verbindung der Materialien. — Eeisen zum Besuch schöner Gärten und Parks. — Studium des Effekts bei erster Ansicht. — In welchem Sinne hat der angehende Gartenkünstler ein Terrain zu überblicken? — Die Natur wirkt vermittelnd. — Studium der Formen, der Farben und der Perspektive. — Die Land- schaftsgärtnerei besteht in der strengsten Beachtung von Nützlichkeit, Proportion und Ein- heit. — Wenn der Landschaftsgärtner auch seine Motive aus der Natur entnimmt, so darf er doch ihre Details nicht ängstlich kopiren. — Die Ausübung der Gartenkunst hält mit der steigenden Bildung und mit dem steigenden Wohlstand gleichen Schritt. — Entscheidender Einfluss der staatsbürgerlichen Verhältnisse und der Sitten der Völker auf die Verbreitung der Gartenkunst — Englische Staatsverfassung derselben förderlich. — Gartenkunst in England. — Ausspruch des Fürsten Pückler über die gegenwärtige Geschmacksrichtung in den Gärten Englands 3 n. Anhaltepunkte für den Entwurf des Plans. Lrthümliche Ansicht über Landschaftsgärtnerei. — Verschönerungen eines Grundstücks können zwar vom Besitzer in Vorschlag gebracht, aber nur vom Mann von Fach ausgeführt werden. — Genaue Prüfung des Terrains. — Die Hauptidee muss vor Augen stehen. — Was die Natur in meilen weitem Umkreise aufstellt, darf man nicht versuchen, auf einen kleinen Raum zusammenzudrängen. — Kleinliche Nachbildungen grosser Naturscenen erscheinen lächerlich. — Von welchen Punkten sind die charakteristischen Züge eines Ortes zu be- trachten ? — Der Anschein grosser Ausdehnung darf nicht übertrieben werden. — Der Phantasie muss stets etwas zu errathen bleiben. — Landschaft und Garten verlangen ver- schiedene Behandlung. — Unpasslichkeit , eine besondere Landschaft in romantischen Gegenden schaffen zu wollen. — Anwendung der symmetrischen Gartenkunst. — Verfahren in Gegenden, wo die Natur stiefmütterlich arbeitete. — Der Künstler entwerfe nie den Plan XIV INHALTS-VERZEICHNISS. Seite von einem Orte, den er nicht kennt. — Erstes Verfahren in bewaldeten Gegenden. — Ein- theilung der Arbeiten des Landschaftsgärtners. — Fürst Pttckler als schaffender Künstler und die Art seiner Thätigkeit als solcher. — Verfahren bei Anlagen in ganz ebenen Gegenden. — Anlagen in den Niederlanden in der N&he der See. — Anlagen in der Provinz Geldern. — Zypendal. Rhederoord. Elswoudt bei Haarlem. — Verfahren bei Anlagen in bergigen Gegenden. — Anlagen des Fürsten von Bulgarien in Sandrowo bei Warna am schwarzen Meer. — Studium der Vegetationsverhältnisse in den Gärten des Sultans in Gonstantinopel und in Therapia am Bosporus. — Anwendung für die Bepflanzung der Anlagen in Sandrowo. 12 in. Ueber die Bedeutung der Form für die bildende Gartenkunst. Mit einer Ansicht. Vereintes Wirken der bildenden Künste. — Zweckmässige Benutzung der durch Natur und Kunst gebotenen Materialien. — Studium der Form und Farbe. — Jede Form wird durch Linien gebildet und durch sie charakterisirt — Eintheilung der Linien. — Anwendung der Linien in der Gartenkunst. — Grundriss. — Aufriss. — Schönheitslinie. — Charakteri- siren der Linien. — Perpendikulare. — Lombardische Pappeln zu Schönbusch. — Tumulus in Branitz (mit Ansicht). — Bodethal im Harz. — Stubbenkammer auf Rügen. — Figuren der Blumenstücke. — Horizontallinie. — Das Meer. — Insel Mainau im Bodensee. — Villen am Comersee. — Orangerien am Gardasee. — Schloss Albrechtsberg bei Dresden. — Fontainen. — Versailles. — Wilhelmshöhe. — Babelsberg. — Schönheit der Flüsse durch bestimmt gezeichnete Ufer. — Schwierigkeiten der Vermittelung der Paralellinien mit ihren Umgebungen. — Profilirung des Bodens. — Erhöhungen, Ver- tiefungen, Ebenen. — Felsen, ein dankenswerthes Material für die Landschaft. — Gebäude, deren passende Aufstellung. — Hoher Werth der Vegetation für Landschaftsbildung. — Gleichgewicht. — Entschiedenheit in Form und Farbe 24 IV. Ueber die Bedeutung der Farben für die bildende Gartenkunst Mit zwei Figuren. Form und Farbe, die poetischen Hebel der Gartenkunst. — Die Farbe ist das Fleisch und Blut der Landschaft. — Wichtigkeit der Zusammenstellung der Farben. — Gesetze der Farben- gebung in der Natur. — Der Regenbogen. — Das Prisma. — Der Farbenkreis als Bild der Versinnlichung. — Primäre und sekundäre Farben, Komplementairfarben. — Chro- matischer und charakteristischer Gegensatz der Farben. — Weiss, Schwarz, Grau, keine prismatischen Farben. — Veränderung der Farben in der Natur bei fortschreitender Vege- tation. — Farben Wechsel des Frühjahrs und Herbstes. — Vorherrschende Farben in den verschiedenen Jahreszeiten. — Herbstfärbung der Wälder Nordamerikas. — Einförmigkeit der deutschen Wälder. — Verbesserung des Colorits unserer Landschaften durch ameri- kanische, asiatische und andere harte Gehölze. — Bleibende und vorübergehende Bilder. — Die zu häufige Anwendung der Coniferen und immergrünen Gehölze ist zu tadeln. — Bei Verwendung der buntblättrigen (panachirten) Gehölze ist das Zuviel zu vermeiden. — Die Farbengebung der Natur, obgleich von unerschöpflicher Mannigfaltigkeit, ist auf einfache Gesetze zurück zu führen. — Ein Ausspruch Goethes 32 V. Linear- und Luft-Perspektive. Mit vier erlftuternden Figuren und drei Ansichten. Perspektive, der Unterschied zwischen scheinbarer und wirklicher Grösse 51 1. Ijineax-Ferspektive. Was darunter zu verstehen. — Ist besonders durch Leonardo da Vinci und Albrecht Dürer zur Geltung gebracht. — Anwendung der Perspektive bei den Alten. — - Worauf es bei Darstellung einer perspektivischen Zeichnung ankommt. — Grund- riss, Profil und Körper. — Grundlinie, Horizontallinie und Vertikallinie. — Gesichtslinie. INHALTS-VERZEICHNIS8. XV Seite — Gesichtswinkel. — Verkürzungslinie. — Augenpunkt, Distanz- oder Fernpunkte, zu- fällige oder Accidentalpunkte. — Geometrischer und perspektivischer Grundriss. — Licht- und Schattenseite der Körper. — Schlagschatten. — Wo die Regeln des Sehens in der Praxis des Landschaftsgärtners zur Anwendung kommen. — Beispiel, wie derselbe Körper, je nach seiner verschiedenen Stellung, dem Auge verschieden erscheint. — Bauwerke werden erst malerisch durch perspektivische Zeichnung. Beispiel: Rafaels Landhaus. (Zwei Ansicht.) 62 2. Iiufb- oder Farben-Ferspektive. Was darunter zu verstehen. — Das Abschwächen der Farben in vertikaler Entfernung vom Erdboden weniger aufifallend. — Fs ist wichtig, den Landschaftsbildem einen Bahmen zu geben. Beispiel: Ansicht der Wartburg. — Gute Beleuchtung der Landschaft. — Wirkung der Luftperspektive auf die Farben. — Wirkung der Komplementärfarben in Bezug auf den Schatten. — Dunkle Gegenstände auf hellem Hintergnmde erscheinen kleiner, als helle Gegenstände gleicher Grösse auf dunklem Hinter- grunde. — Einwirkung der Luftperspektive auf das Arrangement der Blumen. — Beispiel der Anwendung der Linear- und Luft-Perspektive in Branitz. — Scheibenstand daselbst . 60 VI. Alter und neuer Styl. Geschichtliche Entwickelung des Gartenwesens. — Le Nötre, Kent, Brown, Repton. — Wich- tigkeit der Kenntniss der verschiedenen Style für den Gartenkünstler. — Passende Ver- * einigung beider Style. — Charakteristischer Unterschied zwischen dem alten oder französi- schen und dem neuen oder englischen Styl. — Fehlerhafte Auffassung und Anwendung des letzteren. — Motive für den alten Styl. — Wo derselbe geboten ist. — Schwierigkeit für den Landschaftsgärtner beim Umformen von Anlagen nach dem alten Styl. — Die vier Grundsätze des alten Styls. — Die vier Grundsätze des neuen Styls. — Jede Regel des alten Styls steht der des neuen Styls schroff gegenüber. — Gartenstyl des Fürsten Pückler. 68 VII. Landschaftsgärtnerei und Landschaftsmalerei. Verwandtschaft und Unterschied beider Künste. — Landschaft in einem Bilde und Landschaft in der Natur sind sehr verschiedene Dinge. — Motive, welche der Landschaftsmaler zu seiner Darstellung braucht. — Mittel, welche dem Landschaftsgärtner zu Gebote stehen. — Licht- führung des Malers. — Das Licht, dem Landschaftsgärtner untergeordnet. — Wichtigkeit der Form für denselben. — In welchen Grundsätzen beide Künste übereinstimmen. — Hauptprincipien aller schönen Künste im Wesentlichen dieselben 81 VIU. Park, Pleasureground und Garten. Mit einer Ansicht. Was man unter Park versteht — Unterschied zwischen Park und Forst. — Worin sich der Park vom Pleasureground und Garten unterscheidet. — Anlage am Crystal Palace in Syden- ham. — Anlage von Matzdorf (mit Ansicht). — Park von Buchwald. — Mannigfaltigkeit der Gärten der Engländer. — Alle verlangen die sauberste und sorglichste Unterhaltung. — Lage des Blumengartens. — Mannigfaltigkeit und Kontrast verdienen bei Anlage eines Blumengartens die grösste Beachtung. — Küchengarten. — Lage desselben möglichst nahe beim Wohnhaus. — Treibgarten, als Wintergarten von grosser Annehmlichkeit. — Geschützte Lage des Obstgartens. — Anlage von Gärten für die verschiedenen Monate . . 87 I«andwirth8ohaft und Park getrennte G-esenstände. Worin die Schwierigkeit der Ver- einigung besteht. — Fenne orn^ ein Widerspruch. — Forme omöe kein Widerspruch . . 95 XVI INHALTS -VERZEICHNIS8. IX. Gebäude. Mit einer Ansicht. S«Ue Werth der Gebäude für die Landschaft. — Architektur und Landschaftsgärtnerei müssen Hand in Hand gehen. — Gebäude und deren Umgebung müssen in Einklang gebracht werden. — Gebäude müssen passend gezeigt werden. — Sie müssen Kunstwerth haben. — Wohnhaus, das Hauptgebäude einer Anlage. — Schloss Krasyczyn in Galizien. — Arbeiten des Land- schaftsgärtners in Beziehung auf Gebäude. — Der französische Gartenstyl schliesst sich am passendsten an Paläste an. — Wahl der Lage und Stellung für das Wohnhaus. — Wichtigkeit der Himmelsg^end in Bezug auf die Richtung der Hauptfront. — Berück- sichtigung der Beschaffung guten Trinkwassers. — Ein Haus auf dem Lande verlangt andere Rücksichten, als ein Haus in der Stadt. — Lage des Küchengartens. — Wahl der Aus- sichtspunkte von dem Wohnhause. — Wichtigkeit der Fenster, von welchen die Aussicht genossen wird. — Wohin der Haupteingang zu legen. — Die verschiedenen Baustyle. — Berücksichtigung des Charakters der Landschaft und des Klimas bei Wahl eines Baustyls. — Der griechische Styl. — Der römische Styl. — Der byzantinische und der gothische Baustyl. — Der Elisabethstyl. — Arrangement der einen Palast umgebenden Gebäude. — Moderne Architektur des Mittelalters in Italien. — Die Villa. — Die abgesonderten Gebäude eines Parks. — Parkthor und Thorwärterhaus. — Statuen. — Apollo-Tempel in Schwetzingen. ' — Inschriften. — Standbilder König Friedrich Wilhelm's III. und der Königin Louise im Thiergarten bei Berlin. — National-Denkmal auf dem Niederwald. — Farbe der Gebäude. — Verwendung der Schlingpflanzen an Gebäuden. — Malerische Wirkung der Gebäude durch passende Umgebung von Bäumen. — Annehmlichkeit der Anlage eines Gewächshauses beim Wohnhause. — Bequemlichkeit das erste Erforderniss eines Wohnhauses, malerische Schönheit das zwtjite. — Terrassen. — Werth derselben. — Ruinen. — Behandlung derselben. — Das Heidelberger Schloss. — Schloss Schönberg in Westpreussen. — Ihr landschaftlicher und historischer Werth. — Herstellung künstlicher Ruinen ein undank- bares Unternehmen. — Behandlung vorhandener Ruinen. — Klosterniine von Paulinzelle (mit Abbüdung) * 97 X. Wasser. Mit Tier Ansichten. Wasser, die Seele der Landschaft. — Ist nicht unbedingt nothwendig, aber niemals überflüssig. — Schwierigkeiten bei Wasseranlagen. — Täuschung bei Benutzung des Wassers zuweilen geboten. — Behandlung der Ufer der Werra in Neuenhof bei Eisenach. — Verschiedene Formen des Wassers. — See und Teich. — Charakteristischer Unterschied beider. — Benutzung und Verbindung getrennter Wasserflächen. — Harewood. — Muskau. — Gay- hurst. — Tatton Park. — Jagdschloss bei Muskau. — Hertha-See auf Rügen. — Beau- desert. — Wobum Abbey. — Blenheim. — Wasser als Grenze zwischen Blumengarten und Park, — Dagenham in Essex. — Ufer. — Wasservögel und Fische. — Reinigen des Wassers. — Bei der praktischen Ausführung des Wassers zu beachtende Umstände. — Fluss und Strom. — Zeigen an ihrer Quelle und an ihrer Mündung einen wesentlich verschiedenen Charakter. — Sind auch zu verschiedenen Zeiten verschieden. — Berück- sichtigung seiner Eigen thümlichkeiten bei Nachbildung eines Flusses. — Thoresby. — Ufer des Flusses. — Brücken, das wirksamste Mittel zur Charakterisirung eines Flusses. • — Ver- besserung morastiger und steriler Ufer. — Frome House. — Der Bach. — Charakter desselben. — Adlestorp. — Wentworth. — Wasseranlagen des Fürsten Pückler. — Inseln. — Entstehung und Form derselben in Flüssen und Seen. —Wasserfälle, Fontaine n. — Schloss Ambras bei Innsbruck. — Schloss Klitschdorf bei Bunzlau in Schlesien (vier Ansichten). — Bieten ein lebensvolles Bild. — Casraden der französischen INHALTS-VERZEICHNISS. XVU Seit« Gärten. — Wasserwerke auf Wilhelm shöhe bei Kassel. — Eindruck der Fontainen. — Werth der Fontainen für englische Garten. — Schloss Babelsberg. — Fontainen in Sans- souci und im herzoglichen Park in Sagan. — Gehören vorzugsweise in die Nähe der Wohn- gebäude und auf öffentliche Plätze 117 XI. Felsen. Sehr schätzenswerthes Material für den Landschaftsgärtner. — Grosse Abwechselung des Bodens. — Eigen thtimlichkeit der Vegetation auf Felsenpartien. — Benutzung der Felsen fOr die Landschaft. — Schwierige Aufgabe, Felsen künstlich nachzubilden. — Künstliche Felsen im Pabnengarten zu Frankfurt a. Main 136 XII. Wege. Mit zwei Ansichten. Zweck derselben. -- Schwierigkeit einer guten Disposition der Wege. — Die Auffahrt und der Umfahrtsweg die wichtigsten. — Die Auffahrt des französischen Styls. — Auf- fahrt zum Schlosse von Altdöbern. — Auffahrt zum Schloss Twickel. — Die Auffahrt des englischen Styls. — Auffahrt zum Schloss Heinrichau (mit Abbildung). — Regeln bei deren Fühning. — Auffahrt in Zypendal bei Amheim (mit Abbildung). — Der Umfahrungsweg. — Wichtigkeit einer wohldurchdachten Führung desselben. — Umfahrungsweg in Twickel. — Nothwendigkeit eines zweckmässigen Zusammenhanges der Wege. — Menge und Rich- tung der Wege. — Jeder Weg muss einen besonderen Zweck haben. — Anlage zu vieler Wege fehlerhaft. — Wege müssen bequem zu passiren sein. — Passende Wahl und Auf- stellung der in die Nähe der Wege zu pflanzenden Bäume und Sträucher. — Wege in öffent- lichen Anlagen. — Regeln bei Trennung und Kreuzung der Wege. — Breite der Wege. — Technisches Verfahren bei Anlage der Wege. — Unterhaltung. — Farbe des Ueberzugs. — Lehm- und Kieschausseen. — Rasenwege. — Die letzten als Reitwege die besten . .138 XIII Pflanzungen. Mit vierzelin Ansichten. Die Vegetation ein wesentliches Bedürfniss für die Schönheit der Landschaft. — Wichtigkeit der Pflanzenwelt für den Gärtner. — Historische Ent Wickelung der verschiedenen Pflanz- methoden. — Methode zur Zeit des Plinius. — Die Dreipflanzung. — Waldgassen oder Schneusen. — SchlangenaUee. — Klumps oder Pelotons. — Kent und Brown. — Kultus der krummen Linie. — Hogarths imaginäre Schönheitslinie 150 Allgemeine Regeln for neu zu schadEfende Pflanaungen. Schwierigkeiten und Vor- theile. — Symmetrische Pflanzungen. — Unsymmetrische oder unregelmässige Pflanzungen. Verschiedene Arten der letzteren. — Geschlossene Pflanzungen. — Baumarten, welche in unserem Klima geschlossene Wälder bilden. — Baumarten, welche in gemischten Hochwaldungen zusammenleben. — Gemischte Bestände wachsen freudiger, als solche aus einer Baumart. — Praktisches Verfahren beim Ausführen der Pflanzungen. — Ver- wendung der Holzarten nach ihrem landschaftlichen Werth . — PflanzungenimBlumen- gartenundPleasureground. — Kontrast in den Gruppirungen. — Verwendung und Erhaltung der Nadelhölzer. — Verpflanzen grosser Bäume. — Erfahrungen des Fürsten Pilckler in Muskau und Branitz. — Allgemeine Regeln beim Verpflanzen grosser Bäume. — Vorbereitung derselben zum Verpflanzen. — Baumuniversität des Fürsten Pückler. — Technische Ausführung des Rigolens. — Spezielle Regeln beim Pflanzen. — Unge- schlossene Pflanzungen. — Wahl der Baumarten. — Individueller Werth derselben für die Landschaft. — Wirkung von Licht und Schatten, bedingt durch die geringere oder grössere Dichtigkeit der Belaubung. — Nadelhölzer, die Träger des Schattens in der Land- schaft — Einwirkung der Luftperspektive bei Nadelhölzern für die Femsicht. — Wirkung der Laubfärbung im Frühjahr und Herbst. — Verschiedenheit der Stämme der verschiedenen XVm INHALTS-VERZEICHNISB. Belle Baumarten, in den verschiedenen Altersstadien und durch Zufall. — Grösse, Stellung und Form der Aesta — Die verschiedenen Blattformen. — Wichtigkeit der richtigen Massen- vertheilung von Licht und Schatten für den Landschaftsgärtner und Maler. — Bepflanzung der Seeufer. — Bepflanzung der Teichufer. — Bepflanzung der Flussufer. — Bepflanzung der Wege 153 Der Gebrauch der Axt. Wo die Axt anzuwenden. — Schwierigkelten dieser Operation. — Das ürtheil des Publikums. — Wichtigkeit der rationellen Anwendung der Axt. — An- sicht des Fürsten Pückler. — Forstmann und Gärtner führen die Axt verschieden. — Whately*s Beobachtungen. — Schönheit der Buchenwaldungen. — Schloss Ettersburg (zwei Ansichten). — Schwierigkeit der Umgestaltung französischer Anlagen. — Verschönerung des Profils durch Yeränderung des Grundrisses 173 Unterlialtuiig der PflanaiingeiL Verfahren dabei. — Umgestaltungen im Park zu Weimar (mit Ansicht). — Umgestaltungen im Park zu Tieffurt (zwei Ansichten). — Umgestaltung der Anlagen in Brecheishof und Amtitz (zwei Ansichten). — Durchhau in Twickel (zwei Ansichten). — Verfahren bei Verjüngung grosser Anlagen durch die Axt. — Verfahren bei schmalen Deckpflanzungen. — Durchbrechung einer solchen in Muskau (zwei Ansichten). — Oeffhung einer Aussicht auf die Neisse im Park zu Muskau (zwei Ansichten). — Schiller- bank im Park zu Weimar (mit Ansicht). — Vereinigung des Nutzens beim Hauen mit den ästhetischen Zwecken. — Lebensdauer der Holzarten. — Ausschlagsfähigkeit und Art des Ausschlags der verschiedenen Holzarten. — Köpfen der Bäume. — Behandlung der Hecken. — Lichtbedürfhiss der verschiedenen Hölzer. — Turnus des Durchforstens bei Parkpflanzungen. — Behandlung der Pflanzungen im Blumengarten und Pleasureground. — Wann das erste Mal gehauen werden soll. — Nachtheile der Versäumniss des ersten Durchforstens. — Vor- züge der gemischten Pflanzungen für die Unterhaltung. — Behandlung von Pflanzungen auf dürftigem Boden. — Zeit des Hauens. — Praktische Regeln beim Hauen. — Behand- lung des Muskauer Parks nach obigen Grundsätzen. — Der Landschaftsgärtner muss die Arbeiten selbst leiten. — Schloss Altenstein in Thüringen 180 XIV. Alleen. Mit drei Ansichten und einem Plan. Was man unter Alleen versteht. — Verschiedene Arten derselben. — Gewinnen durch steigen- des Terrain. — Allee von Weimar nach Belved^re. — Alleen als Avenuen zu Palästen und als Eingang in grosse Städte. — Alleen der Promenaden und Volksgärten. — Alleen beim Haag, in Middachten, in Huurlo (mit Ansicht). — Alleen in ihrer Beziehung zu den Parks. — Durchbrechen einer Allee alter Linden im Park zu Muskau durch Fürst Pückler (zwei Ansichten. — Passende Wahl der Bäume zu Alleepflanzungen. — Behandlung überständiger Alleen durch Köpfen. — Alleen bei Bad Nauheim. — Allee rothblühender Domen am Schwanenteich in Zwickau. — Freistellung der Alleen im Brühl zu Quedlinburg und zu Oud Wassenaar beim Haag. — Eassiren einer Allee im Huis te Paauw beim Haag in Holland, in Salaberg bei Haag in Niederösterreich und in Simmeisdorf in der fränkischen Schweiz. — Geradlinige Baumreihen eignen sich zur Vermittelung unregelmässiger Plätze in grossen Städten. Beispiel: Groote Vorhout im Haag (mit Plan). — Modifikation einer Alleepflanzung in Branitz durch Fürst Pückler. — Praktisches Verfahren bei ihrer Anlage. — Verfahren bei Kassinmg alter, überständiger Alleen. — Stattlichkeit wohlgepflanzter und wohlgepflegter Alleen. — In Pflanzung und Unterhaltung vernachlässigte Alleen verunstalten ganze Gegenden 198 XV. lieber Anlage und Unterhaltung von Friedhöfen. Mit einer Ansicht und einem Plan. Allgemeines. — Beerdigung in Kirchen. — Westminster Abtey in London. — Kensal Green daselbst. — P6re Lachaise in Paris. — Deutsche Begräbnissplätze. — Berühmte Mauso- leen. — Begräbnissplätzc im Orient. — In Konstautinopel, Skutari. — Landschaftliche INHALTS-VERZEICHNI88. XIX Seit« Friedhöfe in Nordamerika. — Spring Grove Gemetery in Gincinnati, das Ideal eines Fried- hofes (mit zwei Abbildungen). — Seine parkartige Anlage und seine Einrichtung durch Adolph Strauch. — Verbesserung der Friedhöfe bei uns. — Wahl eines geeigneten Platzes. — Die Eintheilung richtet sich nach lokalen Verhältnissen. — Was bei Entwurf des Plans zu berücksichtigen. — Anlage der Wege und Rasenflächen. — Herstellung schöner Grab- mäler. — Geb&ude. — Dieselben müssen in einfachem, aber edlem, reinen Baustyl aufge- f^rt werden. — Passende Bepflanzung ist der Hauptschmuck eines Friedhofes , bei Fried- höfen auf dem Lande oft der einzige Schmuck. — Anlage Yon Friedhöfen bei grossen Städten. — Der grosse Centralfriedhof der Stadt Berlin bei Friedrichsfelde. — Bäume und Gehölze, welche sich zur Bepflanzung eignen. — Rücksichten auf die Symbolik der Farben, bei Bepflanzung der Gräber mit Blumen. — Ein gut angelegter Friedhof eine Schule für Architektur, Sculptur, Arboricultur\und Landschaftsgärtnerei. — Erlassen von Gesetzen über Verwaltung, Benutzung und Unterhaltung der Friedhöfe. — Ueberwachen derselben durch eine Behörde. — Ein gut angelegter Friedhof trägt den Charakter eines Kunstgartens, mit Recht kann er dann ein Begräbnissgarten genannt werden. — Behandlung einge- gangener Begräbnissplätze 214 XVI. Tabelle Über Iiebensdauer und Haubarkeit versohiedener Holzarten 229 XVn. Rasen und Wiesen. Baseiu Entstehung des Wortes Bowling green. — Bedeutung der Rasenflächen und Wiesen für landschaftliche Anlagen. — Gartenrasen. — Vorarbeiten, Boden Verbesserung. — Legen des Rasens. — Ansaat. — Praktisches Verfahren dabei. — Spätere Behandlung. — Verfahren beim Mähen. — Die Mähmaschine. — Unterhaltung des Rasens. — Wahl der Grasarten 236 Wiesen. Nutzen derselben. — Verfahren bei der Anlage. — Behandlung neu angesäter Wiesen. — Düngung und Düngstoffe. — Unterhaltung der Wiesen. — Wahl der Grasarten. — Untergräser, Obergräser. — Bewässerung der Wiesen 245 XVUI. Tabellarische Zusammenstellung derjenigen Oräser, welche Bieh*für Anlage von Basen nnd Wiesen vorangsweise eignen 254 XIX. Ueber Charakteristik der Baumformen, welche für die Linien der Landschaft vorzugsweise von Einfluss sind. Mit drei Abbildangen. Verschiedenheit der Formen der Pflanzenwelt überhaupt. — Stranchformen für die allgemeinen Umrisse der Landschaft zu unbedeutend. — Baumformen tragen zur Physiognomie der Land- schaft wesentlich bei. — Form der Nadelhölzer, Eigenthümlichkeiten derselben. — Nadelhölzer treten in zwei Hauptformen auf , entweder breitkronig oder spitz wipfelig. — Arten, welche beide Formen charakterisiren. — Nadelhölzer am Wasser. — Nadelhölzer passend zur Umgebung von Mausoleen. — Charakteristik verschiedener Nadelhölzer. — Wald in Zwergform yon Juniperos communis zu Ruurlo. — Nadelhölzer ziemlich reich an Arten, aber arm an Formen. — Nicht zu häufige Verwendung derselben in Anlagen. — Laubhölzer bieten mehr Abwechselung in Form und Farbe. — Anforderungen, welche der Maler an die Schönheit der Bäume stellt. — Schwere Form. — Buche, Rosskastanie, Linde. — Bäume mit starken Aesten und schönen Ausladungen. — Eiche, Kastanie (Castanea vesca L.), Ulme, Weissbuche. — Alte Kastanien in Zypendal bei Amheim (mit Abbildung). XX INHALTS-VERZEICHNISS. 8«lte — Bäume mit schwerer Form sind besonders geeignet die Schattenpartien der Landschaft zu bilden. — Spitzkronige Laubbäume. — Pyramidenpappel, Pyramideneiche. — Alte Pyramideneiche auf Wilhelmshöhe bei Cassel (mit Abbildung). — Uebergang zur leichteren Form bilden Erle, Pappel, Ahorn, Platane, Tulpenbaum, Esche. — Janitscharen-Platane in Konstantinopel. — Platane 6ott£riod*s von Bouillon am Bosporus. — Traueresche am Schloss- berge der Altenburg (mit Abbildung). — Die Nüsse : Juglans, Carya und Pterocarya. — Leichte Form : Akazie, Birke, Weide. — Trauerbäume, landschaftliche Wirkung derselben am Wasser und auf Rasenflächen 260 XX. Ueber die Farbe der Gehölze in Beziehung auf Belaubung, Blüthe und Frucht. Mit der Form geht die Farbe Hand in Hand. — Die in ihren Formen ähnlichen Gehölze stimmen meisten theils auch in der Farbe überein. — Einwirkung von Boden und Lage auf die Farbe. — Farbe der Co nif eren. — Sie geben den tiefsten Ton in der Schattirung der Landschafts- biider. — Grcringe Abweichung in der Farbe der verschiedenen Nadelhölzer gegenüber den Jjaubhölzem. — Unterschied der sommorgrünen Nadelhölzer gegen die wintergrünen. — Laubbäume mit compaktem Kronenbau haben im Allgemeinen auch eine dunkle Farbe. — Buche, Rosskastanie, Linde. — Blutbuche. — Grössere Abwechselung geben die mit ihren Aesten mehr losgehenden Bäume. — Eiche. — Ihre Varietäten. — Brillante Färbung der Scharlacheichen im Herbst. — Eigenthümlichkeiten der Eichen aus den Gruppen der Prinus, alba und nigra. — Die Kastanie (Gastanea vesca) bildet in der Laubfärbung den Uebergang zwischen Eiche und Buche. — Dunkle Farbe der Ulme. — Heller Farbenton der Weiss- buche. — Erle, der dunkelste Laubbaum. — Graugrüne Färbung der Bergcrle. — Die silber- blättrigen Bäume: Populus alba, Tilia tomentosa, Quercus Prinus discolor, Populus canescens. — Helle Belaubung der Pappeln überhaupt. — Die Ahornarten. — Färbung der Ahorne überhaupt. — Schöne Herbstfärbung derselben. — Der eschenblättrige Ahorn. — Die Platane. — Lichtgrüne Belaubung der Eschen. — Herbstfärbung der amerikanischen Eschen. — Die Nussbäume. — Helle Laubfärbung der Bäume mit leichten, durchsichtigen Kronen. — Die Akazien , Gleditschien und Weiden. — Wirkung der niederen Bäume und Sträucher auf die Färbung der Gehölzpartien in Bezug auf die Belaubung. — Die wint«rgrünen Sträuchcr. — Die rothblättrigen Sträucher. — Die gelb-, weiss- oder silberblättrigen Sträucher. — Die sich durch schöne Herbstfärbung des Laubes auszeichnenden Gehölze geringerer Grösse. — Die Blätter fast aller Pflanzen haben vor dem Absterben im Herbst eine Farbenwandlung zu durchlaufen. — Die Blüthen der Gehölze in Beziehimg auf ihre landschaftliche Wirkung. — Die weisse Farbe ist in den Blüthen der Gehölze am meisten vertreten. — Weissblühende Gehölze. — Gelbblühende Gehölze. — Roth von allen Blüthenfarben die schönste, da es zum Grün des Laubes am besten steht. — Gehölze mit rother Blüthe. — Blau tritt als Blüthen- farbe und als Farbe der Frucht am wenigsten auf. — Blaublühende Gehölze. — Gehölze mit unbestimmter Blüthenfarbe. — Die verschiedene Blüthezeit ermöglicht, dass in allen Monaten für einen Blüthenschmuck gesorgt werden kann. — Hierzu treten im Spätsommer und Herbst als wesentlicher Moment die Bäume und Sträucher mit zierenden Früchten. — Auf- führung derjenigen Bäume und Sträucher, welche in dieser Beziehung besonders werthvoU für die Verwendung in Anlagen sind 287 Die Landschaftsgärtnerei. Petzold, Londschaftsgärtnerei. \ I. Einleitung. lieber Landschaffcsg^artnerei im Allgemein6n. Unter Gartenkunst verstehen wir die erworbene Befähigung, alle Arten von Garten nach Zweck, Bedürfiiiss und nach den Regeln der Aesthetik zu schaffen und das von der Natur hierzu gebotene Material auf einem gegebenen Räume so zu ordnen, dass es der Beobachter auf einmal oder durch seine Ortsveränderung nach und nach als ein Ganzes von bestimmtem ästhetischen Charakter in seiner Einbildungskraft auffasse. Wenn auch Gärtnerei als Kunst, des Nutzens wegen ausgeübt, auf das höchste Alter Anspruch machen kann, so ist sie doch, als eine Kunst der Phantasie betrachtet, die letzte, welche zur Vollkommenheit gelangte. Landschaftsgärten sind also eine Vereinigung des Schönen in Natur und Kunst von natürlichem Eindruck und harmonischer Kultur, welche befähigt ist, uns den höchsten und reinsten Genuss zu verschaffen, der nur irgend einem em- pfanglichen Gemüth geboten werden kann. Die Entwickelung des Schönen ist hier, wie bei allen schönen Künsten, das Ziel und der Zweck des Künstlers. Die Alten versuchten Solches durch studirte und wohlüberlegte Regelmässigkeit des Planes zu ihren Gärten zu erreichen, die Jetztzeit durch Schöpfungen, welche, obgleich beschränkt in ihrem Umfange, doch eine Fülle natürlicher Schönheit umfassen. Man unterscheidet im gewöhnlichen Sinne Landschaftgärten von anderen Gärten dadurch, dass jene ganze Naturscenen unmittelbar um eine Wohnung, vornehmlich auf dem Lande, durch die Mittel der Kunst geistreicher und verfeinerter darstellen, dass sie sonach das Schöne in einer heimischen Scenerie verkörpern. Alles, was beitragen kann, Naturscenen zu verschönern und zu charakterisiren, seien es belebte oder unbelebte Gegenstände, gehört deshalb in ihren Bereich. Das Bestreben, die Schönheiten unserer Landschaften zu erhöhen und mehr zu entwickeln, ist nicht neu, es besteht seit der Einführung des natürlichen Geschmacks (der Landschaftsgärtnerei) in England, später in Deutschland. In ÜBER LANDSCHAFTSGÄRTNEREI IM ALT^EMEINEN. England waren es vorzugsweise Kent, Brown und Repton, welche zu Anfeng, in der Mitte des vorigen und zu Anfang dieses Jahrhunderts die Bahn brachen, den natürlichen Gartenstyl einführten, vervojlkommneten und in Aufnahme brachten. In Deutschland wurde derselbe erst in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahr- hunderts eingeführt, besonders seit die amerikanischen Gehölze durch den ameri- kanischen Befreiungskrieg mehr bekannt und eingeführt worden waren. In den Anlagen von harbke, Schwöbber, Weissenstein (dem heutigen Wilhelmshöhe) bei Cassel, in Wörlitz, aber auch in Weimar, wo der Grossherzog Carl August und Goethe den dasigen Park schufen, findet man die würdigsten Repräsentanten schönem, namentlich auch amerikanischer Bäume und Holzarten. Besonders war es Sckell in München, welcher nicht allein dort, sondern in ganz Süddeutschland grosse und bedeutende Anlagen in diesem Style ausgefdhrt hat. Der sich so schön entfaltende Sinn für die Verbesserung unserer Gärten wurde durch die harte Zeit der napoleönischen Kriege zu Anfang dieses Jahrhunderts unterbrochen und kam erst nach dem Frieden von 1816 nach und nach wieder zur Geltung. Die Bahn in Norddeutschland hat Fürst Pückler gebrochen, welcher durch das grossartige Beispiel seiner Anlagen in Muskau und Branitz das Beste geschaffen hat, was wir von Landschaftsgärtnerei besitzen, und der, begünstigt auch durch seine hohe Stellung, sowie durch seine durch mehr als ein halbes Jahrhundert dauernde schöpferische Thätigkeit, auch an vielen anderen Orten in und ausserhalb Deutschlands ausserordentlich zur Verbreitung der Landschafts- gärtnerei angeregt und beigetragen hat. Nicht minder auch Lenn£, dem nicht allein Berlin und Potsdam ihre reizenden Umgebungen zu danken haben, sondern der auch in den weitesten Kreisen sich durch viele und grossartige Anlagen verdient gemacht hat. Die Schüler beider wirken in ihrem Sinne fort. Diese Kunst, die Scenerie einer Gegend zu verbessern und die von der Natur gebotenen Schönheiten mit Vortheil zu entfalten, bildete sich, wie erwähnt, in England zuerst aus und wird deshalb „englische Gartenkunst^^ genannt. Repton nahm zuerst die Bezeichnung „Landschaftsgärtnerei^^ an, weil diese Kunst nur durch die vereinten Bestrebungen des Landschaftsmalers und praktischen Gärtners vorwärts schreiten und ihren gegenwärtigen Standpunkt erreichen konnte; denn dasjenige, was die Phantasie des Malers erfand, soll der Landschaftsgärtner verwirklichen. Der Plan muss nach den Principien der Malerkunst entworfen werden, der Land- schaftsgärtner muss deshalb bei der Ausführung mit eines Malers Auge sehen können. Es ist etwas anderes, eine schöne Landschaft auf der Leinwand wieder zu geben, die sogar durch Vereinigung grossartiger Formen- und Farben-Effekte die Natur tibertreffen kann, und etwas Anderes, diese Landschaft in der Natur durch Bepflanzung und Bodenveränderung verkörpert darzustellen. Letzteres kann nur geschehen, indem des Malers Phantasie mit der Praxis des Gärtners vereint wirkt. Wir können deshalb die Thätigkeit eines Landschaftsgärtners ein Malen in der Natur nennen. ÜBER LANDSCHAFTSGÄRTNEREI IM ALIX3EMEINEN. 5 Eine Kenntniss der Grundsätze der Malerei und ein dadurch gebildeter Schönheitssinn sind demnach wesentliche Bedingungen, soll die Landschaftsgärtnerei mit Erfolg geübt werden; die richtige Vorausberechnung der zu erzielenden Effekte bestätigt hier, wie in jeder schönen Kunst, den Meister, kann aber nur das Resultat eines richtigen Auges, einer fruchtbaren Phantasie und einer gewandten Ausführung sein. Malerei und Gärtnerei sind aber nicht die alleinigen Grundlagen, welche von dem Landschaftsgärtner verlangt werden, er muss auch Kenntnisse in der Mathematik und Geometrie, in der Physik und den allgemeinen Regeln der Baukunst haben. Nur derjenige, welcher die Kenntniss der genannten Künste und Wissenschaften vereinigt, wird befähigt sein, etwas Vollendetes in seiner Kunst zu leisten, während der Maler, der Gärtner, der Geometer, der Architekt als solche zu Hülfsmitteln greifen, gänzlich verschieden von denen, die der Landschaftsgärtner von Fach anwendet. Die Landschaftsgärtnerei ist eine Verwirklichung der Phantasie, in ihr zeigt sich der Geschmack des Künstlers, und in ihren Bereich gehören die edelsten Darstellungen der Natur. Sein Streben, seine Sorge muss dahin gerichtet sein, alles Grossartige und Schöne in der Natur aufisusuchen und zur Anschauung zu bringen, alles Mangelhafte zu ergänzen, alles Fehlerhafte zu verbessern. Die Natur selbst liefert ihm zur Ausführung dieser Aufgabe das Material, welches er richtig verwerthen wird, wenn es ihm gelungen ist, ihr die Mittel abzulauschen, durch welche sie ihre Wirkungen hervorbringt. Das Studium der Natur ist es also vorzugsweise, welches für den Garten- künstler erforderlich ist; es wird ihn lehren, wie sie bei ihren Schöpfungen verfuhr, wie in Gebirgspartien bei der Bildung von Felsen, wie bei Seen und Wasserflächen, ja selbst wie bei scheinbar vernachlässigten Landstrichen, in Ebenen, Moor- und Haidegegenden. Boden, Felsen, Pflanzen und Wasser liefert ihm die Natur als Materialien, die Baukunst unterstützt ihn durch Aufstellung der Gebäude, die als W^ohnungen der Menschen, zu deren Genuss die Anlage ins Leben tritt, den Schwer- punkt der letzteren bilden. Die glückliche Vereinigung dieser Materialien mit besonderer Berücksichtigung der verschiedenartigen Abänderungen nach Form, Ausdehnung, Färbung, Lage, welcher dieselben &hig sind, zu einem harmonischen Ganzen, ist die Aufgabe des Gartenkünstlers, und nur durch passende und schick- liche Kombination seiner Motive wird es ihm gelingen, eine Scene zu schaffen, reiner, ebenmässiger und ausdrucksvoller, als sie die Natur bietet. Auch der Landschaftsmaler kann seiner Phantasie nicht allein folgen, indem er sich einen Vorwurf zur Gomposition eines Bildes entnimmt; er wählt das für ihn Passendste und Zweckmässigste , und erlaubt sich dann geringe Veränderungen, die, ohne seinem Bilde den Charakter der zum Vorwurf benutzten Landschaftspartie zu nehmen, demselben den Stempel seiner individuellen Auffassung verleihen. 6 ÜBER LANDSCHAFTSGÄRTNEREI IM ALLGEMEINEN. Die Natur ist also, wir wiederholen es nochmals, die Lehrerin des Land- schaftsgärtners, in ihr wird er sich weit mehr Kenntnisse zur Vervollkommnung einer gegebenen Landschaft aneignen und seinen Geschmack besser ausbilden, als es durch das Studium vieler Gärten möglich ist. Doch sei damit nicht gesagt, dass er die Besichtigung der letzteren vernachlässige, im Gegentheil, er muss um seinen Geschmack und sein Urtheil zu bilden, möglichst viele sehen, vorzugsweise solche, die mit Geschmack angelegt sind, aber auch solche, wo das Gegentheil stattgeftinden hat. Dort lernt er, wie er es machen soll, hier wovor er sich zu hüten hat. Das Studium der Natur wie fremder Gärten ist nur durch Reisen möglich. Auf der Reise ist das Gemtith nicht gedrückt durch die tägUchen Berufsgeschäfte, es ist empfänglich für äussere Eindrücke, und ist besonders in der Jugend heiter gestimmt. Die Natur wird ihm dann alle ihre Schönheiten erschliessen, die eigen- thümlichen Reize der Gebirgsgegenden, der Meeresküste wie des flachen Landes. Jeder Landschaftsgarten wird ihm seine besonderen Schönheiten zeigen, vielleicht auch manches, was er in seiner späteren Praxis zu vermeiden haben wird. Nie aber reise der Gärtner, ohne sich durch gründliche Vorkenntnisse gehörig ausgerüstet zu haben. Er muss wissen, worauf er sein Augenmerk zu richten hat, muss das Wesentliche vom Unwesentlichen unterscheiden können. Dann wird ihm das Reisen nicht nur Genuss, sondern den grössten Nutzen bringen, sein Geschmack wird sich bilden und ihn zur richtigen Beurtheilung der Naturgemälde wie ihrer Nach- bildungen befähigen. Welche trefiliche Vorbilder findet man nicht in sehr vielen Gegenden unseres Vaterlandes, in Schlesien, in Böhmen, im Harz, in Thüringen, in Franken, in den Flussgebieten der Donau, des Rheins, der Saale, der Weser und der kleineren Flüsse. Jede Gegend hat ihre eigenthümliche Physiognomie, ihre eigenthümlichen Reize und kann in ihrer Art schön zu nennen sein. Und nun vollends die paradiesischen Gefilde der Alpenländer, die Abdachungen der Lombardei, der Schweiz, Tyrols und namentlich Steiermarks etc. Wir haben aber auch in unserem deutschen Vaterlande eine nicht unbedeutende Anzahl guter Gärten und Anlagen, vor deren Schöpfern man alle Hochachtung haben muss. Berge und groteske Felsenmassen kann man freilich nicht versetzen, auch vermag Niemand einen mit Kähnen bedeckten Strom mit seinen malerischen Ufern nachzubilden; allein gerade in solchen von der Natur bevorzugten Gegenden soll man sich Studien sammeln und namentlich lernen, wie die Natur auch hier im Kleinen gearbeitet hat. Oft ist es ein üppiger Wiesengrund mit einigen Baum- und Strauchgruppen, durch Laubholzpflanzungen in graziösen Linien begrenzt, oft einige leicht hingeworfene Felsstücke, zum Theil mit Schlingpflanzen überrankt, welche alle Motive eines guten Bildes enthalten. Was ist es nun aber, was diesen Ländern und Gegenden, Seen und Fluss- gebieten ein so hohes Interesse verleiht? Es ist die ideale Schönheit und ÜBER LANDSCHAF1^«0ÄRTNEKEI IM ALLGEMEINEN. Eigenthümlichkeit, die Fülle von Abwechselung, die Einheit bei aller Mannigfaltig- keit, es ist das harmonische Gleichgewicht, wodurch unser Schönheitssinn befriedigt wird, und worauf der Landschaftsgärtner seine Aufhierksamkeit zu richten hat. Besonders hat der Landschaftsgärtner die Eindrücke zu studiren, durch welche das Gemüth beim ersten Anblick einer Naturscenerie erregt wird, sie sind maassgebend für die Beurtheilung des Charakters einer (Jegend; ebenso wie sich der Eindruck, den die Züge eines menschlichen Gesichtes beim ersten AnbUck auf uns machen, in der Regel als richtiger Maassstab für ihre Beurtheilung erweist. Bei Ueberblickung eines Terrains stelle sich der angehende Gartenkünstler die Aufgabe, wie es wohl zu behandeln sei, wenn er aufgefordert würde, es in einen Garten oder Park zu verwandeln oder mit anderen Worten die Gegend zu idealisiren ; so wird er am passendsten die lliätigkeit seiner Phantasie regeln und ihr Nahrung geben. In der Natur steht jeder Gegenstand zu seiner Umgebung in einer gewissen Beziehung, selten oder nie schneidet die Natur mit ihren Formen, Gruppirungen, Färbungen grell ab, immer bildet sie Uebergänge und wirkt vermittelnd, wodurch die schroffsten Gegensätze in Einklang gebracht werden. Jedes Mineral, jeder Baum, jeder Strauch hat seine eigenthümlichen Formen; anders sind die Zeich- nungen der stehenden, anders die der fliessenden Wasser, anders die der Ströme, Flüsse und Bäche. Mit allen diesen harmoniren dann wieder ihre Umgebungen, alle können von einander verschieden und das Ganze doch schön sein. In dieser unendlichen Verschiedenheit und individuellen Schönheit der Formen liegt mit der nie zu erschöpfende Reiz der Naturscenerie überhaupt und der bildenden Garten- kunst ins Besondere. Sehr selten wird z. B. ein Berg oder ein Felsen grell aus der Erde hervortreten, immer wird eine den schroffen Gegensatz mildernde Ver- bindung im Uebergänge mit seinen Umgebungen da sein, welcher ihn leicht macht, sei es ein wellenförmiger sanft auslaufender Wurf des Bodens, seien es vereinzelte kleinere Massen derselben Felsart, oder auch eine passende Stellung der ihn umgebenden Gewächse. Unter letzteren möchten zu nennen sein: die Moose, dann leichte Blattformen wie Gräser und Farne; diese gehen über in Ranken, in Gtebüsche und endlich in Bäume. Nie auch wird eine Pflanzenart, mag sie immer in grossen Massen auftreten, mit einem Male aufhören, immer wird sie bald hier bald dort vereinzelt wiederkehren, bis sie endlich durch andere Pflanzenarten ersetzt wird. Das Vorkommen der Pflanzen auf der Oberfläche der Erde ist durch die Beschaffen- heit des Klimas und des Bodens bedingt, aber stets werden selbst unter gleichen Verhältnissen auch verwandte Formen auftreten, welche den Uebergang vermitteln. Betrachten wir z. B. einen Buchenhochwald, der durch des Forstmanns civilisirende Hand sein Naturgewand noch nicht verloren hat. Die steife symmetrische Form der Buche geht über in die leichtere der Hainbuche, des Massholders 8 ÜBER LANDSCHIAFrS(*ÄRTNEREI IM ATJiGEMEINEN. (Acer campestre i.), der Hasel, des Weissdorns; zidetzt treten unsere heimischen Schlingpflanzen : Brombeeren , wilde Rosen auf und die Waldrebe — gleichsam als das den grossen Naturstrauss umwindende Band. Auch der Epheu behauptet hier seine Stelle, und das Ganze endet in einen freundlichen Wiesengrund. Wie im Grossen, so finden wir dies wieder im Kleinen : Jedes Erlengebüsch am Bache offenbart uns dieselbe Lehre, es bildet mit seinen Windenranken von Hopfen, Solanum Dulcamara und Convolvulus, mit Lythrum, Lysimachia, Spiraea, Iris und Acorus die herrlichsten Gruppen, welche gar nicht anders gedacht werden können, ja die unansehnlich erscheinen würde, so wie nur eines dieser Gruppe entnommen würde. Dieses grelle Abschneiden der Formen und Färbungen muss auch der Land- schaftsgärtner in seinen Schöpfungen vermeiden und darauf bedacht sein, durch passende Uebergänge zu vermitteln und schroffe Gegensätze in Einklang zu bringen, sollen seine Werke natürlich erscheinen und nicht gemacht. Nächst der Form ist es die Farbe, als Folge der Einwirkung des Lichtes, welche Naturscenerien schön erscheinen lässt; die Formen der Gegenstände sind die durch Linien gebildeten Umrisse derselben; erst die Farbe, verschieden nach der Beleuchtung, lässt uns einen Gegenstand voll verkörpert erscheinen. Im Grossen hat uns die Natur die Gesetze der Farbengebung im Regenbogen und im Wechsel der Jahreszeiten offenbart, welcher leztere unserer gemässigten Zone einen Reiz verleiht, der den Tropenländem unbekannt ist; im Kleinen finden wir diese Gesetze überall wieder- holt und passend angewendet. Grüne Moose, die graziösen Blattformen der Farren, zeigen sich auf dem grauen Grunde der Felsen immer schön, noch besser auf röthlichem Gestein, weil Grün mit beiden Farben harmonirt. Ein gründliches Studium der Formen- und Farben-Lehre zum richtigen Verständniss des Charakters einer Gegend, und Kenntniss der Grundregeln der Perspektive, nach denen alle uns sichtbaren Gegenstände dem Auge erscheinen, wird deshalb dem bildenden Gärtner seine Wirksamkeit wesentlich fördern. Die Vollkommenheit der Landschaftsgärtnerei besteht im Allgemeinen in der strengsten Beachtung der Principien: Nützlichkeit, Proportion und Einheit oder richtiges Verhältniss der Theile zum Ganzen; sie kann sich also auf die harmo- nische Vereinigung von Natur und Kunst, dem Gebrauche des Menschen angepasst, basiren. Dem Auge des Landschaftsgärtners darf nichts entgehen und für der Beachtung unwerth gelten, was die Verbesserung der Komposition, sei es durch unmittelbare Wirkung oder nach Erzeugung einer Reihe angenehmer Abwechselungen, befördern kann. Ihm steht der ganze Inbegriff der Natur, vom kahlen Boden bis zur romantischen Wildniss, zu Gebote; Alles, was seine Einbildungskraft schafft, kann er durch diese Hilfsmittel verwirklichen an dem Orte, dessen Bearbeitung er übernommen. Die Reize, welche er an den verschiedensten Orten zerstreut geftinden, soll er hier mit Geschmack vereinigen, dabei aber der Eigenthümlichkeit dieses Ortes Rechnung tragen. ÜBER LANDSOHAFl^dÄRTNEREr IM ALLGEMEIN KN. 9 Es kommen Naturscenen vor, wo alle Motive vorhanden sind und nur benutzt zu werden brauchen; immer aber wird des Künstlers Phantasie, wenn auch nur in scheinbar geringen Dingen, Etwas beizufügen oder wegzulassen haben , sei dies auch nur die Hinzufiigung oder Entfernung einiger Bäume und Sträucher. Der Landschaftsgärtner entnimmt also seine Motive der Natur, ohne sie ängstlich in ihren Details zu kopiren, vielmehr strebt er dahin, sich durch Beobachten und Zeichnen charakteristische Schönheiten anzueignen, um sie in der Folge bei seinen Kompositionen zu verwerthen und auf das zu bearbeitende Terrain am geeigneten Orte passend zu übertragen. Die Ausübung der Gartenkunst hält mit der steigenden Bildung und mit dem steigenden Wohlstand gleichen Schritt, wer seinen Grund und Boden liebt, der sucht ihn zu verschönem, weshalb auch Loudon wohl nicht mit Unrecht meint, dass die Ausübung der Gartenkunst, vorzüglich im Grossen, Vaterlandsliebe voraussetze. Aber auch die verschiedenen staatsbürgerlichen Verhältnisse und die Sitten der Völker üben, wie Adolph von Hake richtig bemerkt, auf ihre Verbreitung einen ent- schiedenen Einfluss. Wohlhabenheit der Grundbesitzer ist zwar bei allen Nationen ein Erforderniss zur Ausübung der Gartenkunst im Grossen, aber sie wird auch selbst im reichsten Staate nur dann bedeutende Fortschritte machen, wenn die Staats- verfassung es einem Gartenliebhaber erleichtert, zu dem alleinigen und freien Besitze eines sich zu einem ästhetischen Garten eignenden Grundstücks zu gelangen. Dies ist in England der Fall, wo auch die gesetzlichen Bestimmungen die Erbfolge in den adeligen Familien zu Gunsten der Erstgeburt, den grössten Grundbesitzern eine Zerstückelung und Veräusserung ihrer Güter verbietet und dadurch den angelegten Gärten ihre Fortdauer sichert. Die englische Staatsverfassung ist daher der Verbreitung der Gartenkunst in demselben Grade günstig, als sie in allen Staaten gesetzlich erschwert wird, wo eine Zerstückelung oder Veräusserung erlaubt ist. Erwägt man zu allen diesen Faktoren noch die für die Pflanzencultur so ausserordentlich günstigen und dieselbe fördernden climatischen Verhältnisse Eng- lands, so ist es wohl erklärlich, wie die Ausübung der Gartenkunst so zu sagen in das Fleisch und Blut der englischen Nation übergegangen ist. In der Regel macht man sich einen ganz falschen Begriff von den englischen Gärten und ins Besondere von der Art und Weise, über die Ausübung der Land- schaftsgärtnerei in diesem Lande, da man gewohnt ist den vergleichenden Maassstab nach anderwärts Gesehenem anzulegen. Die Gartenkunst Englands erinnert lebhaft an das mittelalterliche Kunstleben Italiens im Vergleich zu Deutschland. Die bildende Kunst war dort, wie die bildende Gartenkunst in England, nicht blos eine Kunst, welche durch ihre Erzeugnisse ver- gnügt und davon lebt wie bei uns, sondern sie war, wie Erwin Speckter in seinen Briefen eines deutschen Künstlers aus Italien (11 pag. 251) ausfuhrt, das schöne reiche Kleid einer schönen reichen Zeit, sie war Bedürfhiss des Lebens, nicht blos 10 ÜBER LANDSCHAFl^SGÄRTNEREI IM ALLGEMEINEN. Luxus. Und darin, dass die Gartenkunst in England nicht blos Luxus, sondern Lebensbedürfniss ist, liegt der Grund dass England in dieser Beziehung so sehr über andere Länder hervorragt; man versteht hier alles für landschaftliche Zwecke zu benutzen. Bei allen Anlagen, namentlich öffentlichen, sie mögen Namen haben wie sie wollen, bei öffentlichen Gebäuden, Häusern, Wegen, selbst bei Anlagen zu ökonomischen Zwecken, wo doch gern jede Hand breit Bodens benutzt wird, ohne nach Landesverschönerung zu fragen, ist diese in England stets im Auge behalten. Der Baustyl ist dem Character der Gegend angepasst, die Gebäude sind mit passenden Pflanzungen umgeben, Felder und Wiesen sind mit lebenden Zäunen, gewöhnlich von Weissdorn eingefriedigt, und die steifen geraden Linien an geeigneten Stellen durch Baumgruppen wohlthuend unterbrochen und vielleicht nirgends hat man eine so hohe Achtung vor alten Bäumen wie in England. Hierdurch erhält das ganze Land ein hochcultivirtes Ansehen , es erscheint wie ein einziger grosser Garten. Was aber bei dieser Anwendung der Gartenkunst im Grossen, wie man sie nur hier sehen kann am meisten imponirt, ist bei aller Mannigfaltigkeit und bei allem Luxus die Einfachheit, die Zweckmässigkeit und die ausserordentlich saubere Unterhaltung. Diese Einfachheit beweist mehr als Alles, dass die Engländer die Natur studirt haben, denn diese ist nun einmal die grosse Lehrerin des Landschaftsgärtners. Die Mannigfaltigkeit ist ein weiterer Beweis des Studiums der Natur. Man ahmt nicht unbedingt nach, was man an anderen Orten Schönes sah, man schliesst nicht falschlich: weil das da gut ist muss es auch an einem anderen Orte gut sein, sondern man versteht es, sich der Lokalität anzubequemen, jede Schönheit derselben zu be- nutzen, denn jede Lokalität hat ihre eigenthümlichen Vorzüge. Hierdurch entsteht eben die grosse Verschiedenheit und Mannigfaltigkeit, welche die englischen Anlagen characterisiren; von den unendlich vielen Anlagen ist keine wie die andere, jede hat ihre durch die Localität bedingte Eigenthümlichkeit. Zu dieser Mannigfaltigkeit trägt ohne Zweifel die passende Verbindung der Architectur mit der Landschaft Vieles bei. Denn während wir bei unseren Gebäuden viel zu wenig die Umgebungen, die Landschaft, berücksichtigen, welche doch für den zu wählenden Baustyl ent- scheidend sein sollte, machen es die Engländer gerade umgekehrt, sie wählen stets den der Lage und Umgebung entsprechenden Baustyl, und hierin liegt mit ein Haupt- grund der landschaftlichen Schönheit Englands. Diese Einfachheit der Gärten ist auch auf die Gebäude übertragen, man hat immer mehr in grossen Massen gedacht und sich ausgedrückt, und der Eindruck ist denn auch der einer gewaltigen, grossen, breiten Masse, die Verzierungen sind nur da angebracht, wo sie besonders das Auge anziehen, oder die Masse von äusseren Umgebungen abschliessen sollen. Denn durch zu viele Verzierungen wird die Haupt- masse des Gebäudes zu sehr zerstückelt und vereinzelt, was niemals schön ist. Den ihnen innewohnenden praktischen Sinn bethätigen die Engländer auch in ihren Gärten und deren Arrangements. Bei der Führung der Wege, bei Anlage von ÜBER LANDSCHAFTSGÄRTNEREI IM ALIXJEMEINEN. 11 Brücken und namentlich auch bei ihren Pflanzungen, überall springt die Zweckmässig- keit in die Augen und man sagt sich unwillkürlich, dass sie nicht anders ausgeführt werden konnten. Diese Ungezwungenheit, welche nur bei den vortrefflich gehaltenen Wegen und Bauwerken, bei den gut gepflegten Rasenflächen, die Kun^t durchblicken lässt, verleiht ihr eigenartiges Gepräge und gerade dieses Accomraodiren der Kunst an die Natur ist eine Hauptaufgabe der Landschaftsgärtnerei. Die Zweckmässigkeit tritt ganz besonders auch in ihren Pflanzungen hervor. Man pflanzt nach Bedürfniss, um irgend einen Zweck zu erreichen, auch bei grösseren Massen ausnahmsweise von derselben Baum- oder Strauchart, aber niemals führt man dieses System bis in die kleinsten Details durch, die Pflanzungen, nachdem sie sich ausgebildet haben, erhalten hierdurch ein unmalerisches und gezwungenes An- sehen, was nirgends in der Natur begründet ist. Das hier Gesagte bezieht sich vorzugsweise auf die alten Anlagen Englands. In neuerer Zeit vernachlässigt man häufig die eigentliche Landschaft zu Gunsten der Blumenparterres und der Teppichgärtnerei. Als Fürst Pückler das letzte Mal in England war (1851) sagte er: „In England geht der Gartengeschmack zurück, während er in Deutschland im Fortschreiten begriffen ist; dennoch ist England noch immer die hohe Schule der Landschaftsgärtnerei." n. Anhaltepunkte für den Entwurf des Plans In jeder schönen Kunst sind gewisse Regeln festgestellt, auf welche sich ihre Bekenner zur Unterstützung ihrer Ansichten berufen können; in der Landschafts- gärtnerei aber glaubt leider ein Jeder berechtigt zu sein, seine eigenen Gefühle an den Tag zu legen und einen Geschmack zu entfalten, wie es ihm seine An- schauimgsweise eingiebt, ohne auch nur im Geringsten die Principien der Land- schaltsgärtnerei vorher studirt zu haben, ja ohne nur daran zu denken, dass auch diese ihre bestimmten Regeln hat. Niemand wird sich anmaassen, eine Landschaft malen zu wollen, ohne Kenntniss der Malerei und Zeichenkunst zu besitzen. Niemand wird ohne musikalische Kenntnisse versuchen , ein Instrument zu spielen ; dagegen sich selbst einen Plan für seine Gartenanlagen oder sein Haus zu entwerfen, oder das, was Andere ausgeführt haben, zu bekritteln, dazu hält man sich für befähigt, ohne auch nur eine Ahnung von den Regeln der Baukimst oder Landschaftsgärtnerei zu haben. Nur dadurch lässt es sich erklären, dass man bisweilen die Frage aufstellen hört: ob nicht der Besitzer eines Grundstücks die geeignete Person sei, einen Verschönerungsplan für dasselbe zu entwerfen? — Wir sind der Ansicht, dass Verschönerungen und Verbesserungen zwar vom Besitzer in Vorschlag gebracht werden können, dass aber nur der Mann von Fach im Stande sei, sie dem Charakter der Besitzung entsprechend auszuführen. Nur ein solcher kann sich klar sein, in welcher Weise er in einem gegebenen Falle zu verfahren hat, nur er kann die Effekte im Voraus bestimmen, die hier hervorzurufen sind, und nur er besitzt die Fähigkeit, sie auf verschiedene Weise, durch verschiedene Mittel zu verwirklichen, die das Resultat seiner Studien und Erfahrungen sind. Er weiss was innerhalb gewisser Begrenzungen passend und was zu verwerfen ist, wird sich aber bestreben, seine Pläne den Wünschen seiner Auftraggeber anzubequemen, wenn sie sich irgend mit den Regeln seiner Kunst in Einklang bringen lassen. Ehe der Gartenkünstler irgend etwas unternimmt, ist es von der grössten Wichtigkeit, dass er das ihm zu Gebote stehende Terrain in jeder Weise bis in ANHALTEPUNKTE FÜR DEN ENTWURF DES PLANS. 13 die geringsten Details prüfe, um die zu schaffende landschaftliche Anlage auch dem Charakter ihrer Umgebung anzupassen und Alles zu ermitteln, was sich mit Vortheil bei der Herstellung derselben benutzen liesse. Ihm muss die Hauptidee über das ganze Bild, welches er zu schaffen gedenkt, lebendig vor Augen stehen; er muss mit sich völlig einig sein und darf Nichts aufs Gerathewohl unternehmen ; dann erst schreite er zum Entwurf des Planes auf dem Papier. Da der leitende, bildende Gedanke auch in jedem einzelnen Theile zu erkennen sein muss, so hat er genau zu prüfen, welche Naturbilder er in dem gegebenen Räume aufnehmen kann und dar£ Nie versuche er, das in einen kleinen Umkreis von wenigen Morgen zusammenzudrängen, was die Natur in einem meilenweiten Panorama aufteilt; er würde sonst den Tadel auf sich laden, seine Bilder kindisch und kleinlich darzu- stellen. AiKiN sagt treffend: „Nichts entfernt sich mehr von der Natur, als wenn man ihre grossen Werke im Kleinen nachbildet. Alle Täuschung hört im ersten Augenblick auf, und der prächtige Garten erscheint uns als ein Kinderspiel." — Demnach kann es nur die Aufgabe des Künstlers sein, wo er grossartige Naturgebilde findet, dieselben noch mehr hervortreten zu lassen und dadurch ihre Wirkung zu erhöhen. Besteht nun die Kunst der Landschaftsgärtnerei in dem Hervorheben der Schönheiten und dem Verbergen der Mängel einer Gegend, so drängt sich uns die Frage auf: von welchen Punkten aus ist diese Gegend zu betrachten? — Die Antwort darauf ist: die charakteristischen Züge einer Gartenanlage sind in Betracht zu ziehen 1) wie sie uns vom Fenster oder Wohnhausp erscheinen, 2) wie von den Fuss- und Fahrwegen, 3) wie von der Auffahrt zum Hause. In Betracht der letzten zwei Punkte haben wir volle Freiheit, schöne Bilder zu entfiedten und unansehnliche Gegenstände zu verdecken; bei der Aussicht aus den Fenstern des Wohnhauses aber haben wir keine Wahl, den Aussichtspunkt zu verändern, denn er steht fest und muss fixirt bleiben. Es ist deshalb nothwendig, den Aussichtspunkt hier zu studiren und in der Wahl der Mittel zur Ausschmückung der bleibenden Scenerie Geschmack und feines Verständniss zu entwickeln. Es muss also bei einer Gartenanlage 1) die natürliche Schönheit sich entfalten, während die vorhandenen Mängel zu verbergen sind; 2) das Ganze den Anschein von Grösse und Freiheit durch sorgfältiges Ver- decken der Grenzen gewinnen und 3) darf das Eingreifen der Kunst nicht sichtbar werden, selbst -wo die Ver- besserung der Scenerie dadurch kostspieliger werden sollte; denn das Ganze soll den Eindruck der Natürlichb^Bit machen. Wenn der Künstler auch bemüht sein muss, seinem ihm gegebenen Terrain den Anschein der grössten Ausdehnung zu geben, so darf er doch auch das Bestreben, eine solche Täuschung hervorzurufen, nicht zu weit ausdehnen, damit der Beschauer nicht enttäuscht werde. — Gross 14 ANHALTEPUNKTE FÜR DEN ENTWURF DES PLANS. und klein bleibt immer relativ, denn wir beurtheilen einen Gegenstand nicht, wie er in der Wirklichkeit ist, sondern wie er uns erscheint, und hierdurch wird dem Gartenkünstler ein weites Feld zur Benutzung geöffnet. Es ist besonders die richtige Behandlung des Vordergrundes, der, wenn er gelungen ist, der ganzen I^andschaft Ausdruck verleiht, hierbei zu beachten. Wo eine bedeutende Ausdehnung der Anlagen ohne zu grosse Opfer und Schwierigkeiten zu erreichen ist, bleibt sie stets wünschenswerth, da sich dann mit der Schönheit der geschaffenen Scenen auch Mannigfaltigkeit vereinen lässt. Es giebt eine Grösse der Masse und eine Grösse der Manier, Grösse und Grossheit; denn es kann eine Anlage eine beträchtliche Ausdehnung haben und doch kleiner erscheinen, als sie wirklich ist, wenn ihrer Ausführung die Grossheit fehlt. Man zerstückele einen grossen Raum durch Abtheilungen in viele kleinere Bäume, so wird auch das Ganze kleiner erscheinen. Uebrigens wird der Künstler bei seinen Anlagen stets dahin streben, dass der Phantasie Spielraum bleibe, indem er das Schöne nicht auf einmal dem Blicke entfaltet, wobei er sich jedoch vor Uebertreibungen hüte. Die verständige An- wendung dieses Princips verräth seinen Geist und Geschmack. Zwei Gegenstände, welche völlig verschieden behandelt sein wollen, sind die eigentliche Landschaft und der Garten. HiRSCHFKLD Vergleicht den Park mit einem grossen, den Garten mit einem detailirten Landschaftsgemälde. Das erstere kann in groben Zügen ausgeführt sein und wird u^is dennoch befriedigen, wenn der Naturwahrheit und den Gesetzen der Schönheit genügt ist; letzteres verlangt die grösste Sauberkeit und Akkuratesse in der Behandlung jedes einzelnen Gegenstandes. Wem der Vortheil der grösseren Ausdehnung seiner Schöpfung nicht geboten ist, der begnüge sich, das ihm angewiesene Terrain zu einem Rahmen für die Umgegend umzugestalten. Ist die zu bearbeitende Gegend schon an und für sich reich an Naturschön- heiten, wie in den vielen Gebirgsgegenden der Schweiz und Deutschlands, so wird sehr selten Etwas hinzuzufügen sein; es kann dann nur die Sorge des Künstlers sein, die vorhandenen Schönheiten zum klaren Bewusstsein zu bringen und ver- borgene Schönheiten zugänglich zu machen, die umsichtige Führung bequemer Wege wird hier der erste Schritt sein, den er zu thun hat. Das Wohngebäude selbst dagegen umgebe er mit einem Garten von geringem Umfange, der mit der Umgegend möglichst kontrastire. In solchem Falle erweist sich die symmetrische Gartenkunst der Alten, die uns Plinius veranschaulicht, die uns die italienischen Gärten des 15. Jahrhunderts zeigen, der Le-N6tre,* wenn auch in gekünstelterer Form, für spätere Zeiten Geltung verschaffte, passend zur Ausschmückung. Durch die in seinen Räumen herrschende Eleganz, Anmuth und Bequemlichkeit erscheine er als eine Erweiterung des Wohugebäudes, er bilde den Uebergang aus der A^ HALTEPUNKTE FÜR DEN ENTWURF DES PLANS. 15 Architektur des letzteren in die freien Linien und Formen der umgebenden Natur. Hohe Terrassen, reiche Parterres in der Farbenpracht der schönsten und seltensten Blumen, schattige Veranden, umschlungen von Wein und blühenden Schlingpflanzen, Arkaden mit Rosen bekleidet, Fontainen, geschmackvoll aufgestellte Skulpturen von künstlerischem Werth werden einen wohlthuenden Kontrast bilden gegen die un- gezwungene Schönheit der umgebenden Natur. Da, wo die Natur weniger freigebig im Vertheilen ihrer Schönheiten war, wo in einem weiten Räume Landschaftsbilder erst geschaffen werden müssen, wird der Künstler ein ganz anderes Verfahren einschlagen, wenn demselben auch die gleichen Gesetze zum Grunde liegen. Die wenigen Femsichten, welche sich vielleicht vorfinden, wird er mit dem Charakter des Parkes in Uebereinstimmung zu bringen suchen, und da hier ein LandschaftsbUd erst zu schaffen ist, wird eine grössere Ausdehnung der Anlage, wenn dieselbe den Beschauer befriedigen soll, zur Nothwendigkeit. In Fällen, die zwischen diesen beiden Extremen liegen, treten nach beiden Seiten hin Modifikationen ein, und der Takt des Landschaftsgärtners wird ihn am besten auf das hinweisen, was zu benutzen, sowie auf das, was zu beseitigen oder zu verbessern ist. Nie unternehme man es, den Plan zu einer Anlage zu entwerfen für einen Ort, den man vorher nie gesehen hat, selbst dann nicht, wenn die mit grosser Genauigkeit aufgenommene Situationskarte dieses Ortes zu Gebote steht. Die schönsten Linien und Formen auf dem Papier sind in der Praxis oft nicht zu verwenden, man vergisst, dass in der Natur der Blick in mehr oder weniger horizontaler Richtung über die Gegend gleitet, während er auf den Plan in verti- kaler Richtung Mt. Ueberhaupt ist es misslich, einen Plan zu verfolgen, auf welchem jeder einzelne Baum oder Strauch genau bezeichnet ist; die peinliche Ausführung eines solchen wird nie ein gelungenes Resultat geben. Denn wie der Maler während der Aus- führung seines Bildes Vieles zu ändern und zu verbessern finden wird, wovon er sich bei der Anlage Effekt versprach, so auch der Landschaftsgärtner bei der Ausführung seines Werkes; Alles sogleich als etwas Vollkommenes anzugeben, steht nicht in seinem Vermögen. Immer aber halte er die leitende Idee fest und lasse sich durch vorher viel- leicht nicht beachtete Hindernisse nicht wankend machen; auch muss er den Muth haben, etwas schon Vorhandenes, vielleicht an imd für sich Schönes, was aber die Wirkung seiner Anlage beeinträchtigen würde, zu beseitigen; nur dadurch wird es ihm gelingen, seiner Schöpfung den Charakter eines einheitlichen Ganzen zu geben, in dem jeder Baum und Strauch seine Bedeutung hat, an dem die geringste Ver- änderung das Gleichgewicht stören würde. Ist ein bewaldetes Terrain zu bearbeiten, so muss die Axt vorarbeiten, durch 16 ANHALTEPUNKTE FÜR DEN ENTWURF DES PLANS. Grrösse und Schönheit ausgezeichnete Bäume sind frei zu stellen, geeignete Punkte aufzusuchen, um An- und Aussichten auf Berge, Thäler, Wasserflächen, auf eine Stadt, ein Dorf oder eine Mühle zu gewinnen, und nachdem man sich auf diese Weise eine Uebersicht verschaflft, schreite man mit Benutzung dieser Punkte zum Entwurf des Planes auf dem Papier. Im Allgemeinen lassen sich die Aufgaben, welche dem Landschaftsgärtner gestellt werden könnten, in drei Abtheilungen bringen. Die erste betrifft schon vorhandene Anlagen, welche zu vergrössern oder zu verändern sind, indem die Entwickelung der Bäume und Sträucher den ursprüng- lichen Plan nicht mehr erkennen lässt, oder welche durch mangelnde Pflege ver- wildert sind. Die zweite umfasst Parks, wo durch die Aufführung neuer Gebäude und dergleichen der ursprüngliche Charakter in einer Weise gestört ist, dass eine völlige Umwandlung der Anlage nothwendig wird. In die dritte gehören endlich diejenigen Plätze, auf denen eine ganz neue Schöpfung ins Leben gerufen werden muss. Eine jede dieser Aufgaben verlangt bei der Ausführung ein eingehendes Studium, und es ist schwer, zu bestimmen, welche von ihnen als die schwierigste zu betrachten ist. Es dürfte nicht ohne Interesse sein, der Frage nach den besonderen Eigen- thümlichkeiten des Fürsten Pückler-Muskau als schaffenden Künstlers näher zu treten. Diese lässt sich am besten beantworten durch die Schilderung der Art seiner Thätigkeit als solcher, und ich will es versuchen, diese hier in den Hauptzügen folgen zu lassen. Wenn der Fürst ein Terrain zur Anlage bestimmt hatte, so waren es zuerst die W^ege, welche er absteckte und gleich in soweit planiren liess, dass sie begangen und befahren werden konnten. In Führung der Wege war er ein grosser Meister. Mit Recht behauptete er, sie seien die unsichtbaren Führer, welche den Beschauer unbemerkt auf die schönsten Punkte leiteten, und es komme Alles darauf «an, wie eine (Jegend oder ein Gegenstand in derselben gezeigt werde. Ihre Führung war eine ungezwungene, sich gleichsam von selbst ergebende, und ihre Bauart je nach ihrer Bestimmung als Fahr- oder Fusswege, bequem und zweckmässig. Das „Zuviel" hat er auch hierin stets vermieden; jeder Weg musste einen bestimmten Zweck haben, und dieser stets in die Augen springen. Nur vorhandene oder geschaffene Hinder- nisse waren bestimmend für die Biegung desselben. Zu viel Wege haben keinen Zweck, sie durchschneiden und zertheilen das Terrain unangenehm, und verkleinem es scheinbar; nebenbei vertheuern sie die Anlage und Unterhaltung. Um den Charakter der Grösse nicht zu beeinträchtigen, liess er die Wege so wenig wie möglich sichtbar werden, und immer nur da, wo dieses Sichtbarwerdenlassen zur Characterisirung des Ganzen nothwendig war. Ruhebänke an den Wegen stellte er immer nur da auf, wo sich zugleich ein schöner Aussichtspunkt fand. ANHALTEPUNKTE FÜR DEN ENTWURF DES PLANS. 17 Nachdem die Wege bestimmt waren, ging der Fürst an das Abstecken der Pflanzungen, zuerst der grösseren Massen derselben, um erst das Landschaftsbild in seinen grossen Umrissen und Grundrissen gewissermassen festzustellen, dann an die Profilirung des Bildes durch Aufstellung namentlich gleich grosser Bäume und Baumgruppen, welche übrigens auch, wo nöthig, gleich in die Pflanzungsflächen ver- theilt wurden; zuletzt kamen die Planaden und Rasenflächen. In der Anlage und Benutzung des Wassers und seiner Umgebung hat er Grosses geleistet und ein hohes Verständniss gezeigt, sowohl in der Anlage von Seen und Teichen, als in der landschaftlichen Benutzung von Flüssen und Bächen. Das Wasser ist, wenn auch nicht etwas unbedingt Nothwendiges für eine Anlage, so doch stets — vorausgesetzt dass es klar ist — etwas sehr Dankenswerthes, Willkommenes und niemals Ueberflüssiges. Es verleiht der Landschaft durch seine Spiegelung und IJchtwirkung einen hohen Reiz, es ist wie Repton sagt: „Das Auge der Landschaft." Ueber Anlagen, die der Fürst ausführte, hat er niemals vorher einen ausführ- lichen Plan zu Papier gebracht. Auf der in einem grossen Maassstabe gezeichneten Situationskarte, die er sich mit allen Details zu seiner Orientirung vorlegen liess, machte er wohl einige Bemerkungen, um die Hauptpunkte festzustellen, und seine Ideen der Räumlichkeit anzupassen, ging dann aber gleich in die Natur und steckte den im Geist fertigen Plan ab. Nichts hasste er mehr, als die auf den Effect be- rechneten Gartenpläne, und mit Recht sagte er, dass die auf dem Papier oft sehr schönen Linien in der Natur gar nicht zu brauchen seien. Ebenso hasste er die sogenannten Musterpläne, wenn sie nicht ein bestimmtes Terrain behandeln, als Phantasiegebilde ohne jeden praktischen Werth. Geradezu als eine Versündigung an der Natur betrachtete er es, wenn er erfuhr, dass jemand sich herausgenommen, den Plan fiir eine Anlage zu entwerfen, wo er das Terrain vorher gar nicht gesehen hatte, denn jedes Terrain, gleichviel ob gross oder klein, hat seine eigenthümlichen Schönheiten und Vorzüge, welche der Gartenkünstler benutzen und hervorheben nmss; es muss also individuell behandelt werden. Die Gartenanlage muss sich aus den bestehenden lokalen Verhältnissen heraus entwickeln und sich denselben anschliessen, wenn sie natürlich und nicht gemacht erscheinen soll. Nur so kann ein harmonisches Ganze entstehen und in dieser richtigen Auffassung und Beherrschen jeder Lokalität liegt auch die grosse Mannig- faltigkeit der verschiedenen Anlagen unter sich, und das ganze Geheimniss der Landschaftsgärtnerei. Es ist unmöglich, auch nach Feststellung der Grundideen einen Park stück- weise mit Erfolg anzul^en, d. h. den einen Theil ganz zu vollenden, ehe man den anderen beginnt. Soll etwas Tüchtiges werden, so muss der Künstler während der Ausführung seinen Stoff fortstudiren, es muss im Kunstinteresse das Ganze sowohl, als lun Zeit und Geld zu ersparen, soviel thunlich überall gleich- zeitig fortschreiten. Petzold, Landschaftsgfixtnerei. 2 18 ANHALTEPUNKTE FÜR DEN ENTWURF DES PLANS. Dies geschah auch Id Muskau, es wurden überall die Hauptmömente festgestellt und überall wo möglich gleichzeitig daran gearbeitet; alsdann erst erfolgte die Aus- führung der Details. Alle diese verschiedenen Momente der Anlage waren durch specielle Absteckungen festgestellt worden und hierdurch auf Jahre voraus die praktische Ausführung angeordnet. Hierdurch war es möglich, dass die Anlage- Arbeiten während der oft jahrelangen Reisen des Fürsten ihren plaranässigen und geordneten Fortgang behielten, zumal der Fürst in ununterbrochenem Briefwechsel stand mit seinem genialen und hochverdienten Garteninspector Rehder, einem Manne, welcher ebenso ergriffen von den grossartigen Anlagen wie der Fürst, sich durch die unermüdete Sorgfalt und das geschickte Eingehen in die Pläne des letzteren, um die Schöpfung des Muskauer Parks ausserordentliche und bleibende Verdienste erworben und hier vom Jahre 1817 bis zu seinem 1852 erfolgten Tode mit seltener Pflichttreue und Aufopferung die schwierige Aufgabe gelöst hat, die Pläne des Fürsten praktisch auszuführen. Das ihm vorschwebende Bild seiner Anlagen stand dem Fürsten so klar vor der Seele, dass er auf die an ihn ge- sendeten Berichte, gleichviel ob er sich in Europa, Asien oder Afrika aufhielt und obgleich die Briefe damals oft länger als drei Monate unterwegs waren, — ebenso sicher seine Entscheidungen traf, als wenn er auf 8 Tage nach Berlin oder Dresden gereist wäre. In seinem Arbeitszimmer in Muskau befand sich stets ein Plan des Parks, soweit er von ihm in der Natur ausgeführt war, und sobald ihm nun, auch während anderer Arbeit, eine Idee kam, so änderte er sofort im Plan, radirte in dem- selben und zeichnete andere Konturen, um den Gedanken zunächst festzuhalten, den er alsdann in die Natur übertrug, wenn er ihn bei näherer Prüfung für geeignet fand. Besonders anerkennenswerth war die grosse Gründlichkeit, mit welcher der Fürst bei seinen Arbeiten verfuhr; sie litt nichts, was nicht gut war, und ruhte nicht, bis es gut war und seinen Schönheitssinn vollständig befriedigte. Sein Schönheits- sinn liess ihn stets die grössten Opfer bringen, zumal wenn es sich darum handelte, den einmal gefassten und gut befundenen Plan ins Leben zu rufen, und dieser war immer im grossen Styl gehalten. Wie sehr ihm die Sache am Herzen lag, beweist auch wieder seine grosse Bescheidenheit und Offenheit. Gegründeter Tadel war ihm lieber als unverdientes Lob, und gern nahm er auch von seinen Unter- gebenen eine bessere Ansicht auf. Mit der schätzenswerthesten Offenheit bekannte er selbst seine Fehler, welche er namentlich bei Beginn seines künstlenschen Schaffens begangen, und bedauerte die grossen Bäume, die er auf solche Weise nutzlos geopfert hatte. Da es ihm immer nur um die Sache zu thun war, sprach er auch mit gleicher Offenheit an anderen Orten unumwunden seine Ansicht aus, tadelte, was zu tadeln war, und gab an, wie es besser zu machen sei, erkannte aber auch stets das Gute an, wo er es fand, und machte es sich selbst zu eigen.* * Vergl. Fürst Hebmann von Püokleb-Muskau in seinem Wirken in Muskau und Branitz von E. Petzold, Leipzig. •ANHALTEPUNKTE FÜR DEN ENTWURF DES PLANS. 19 In ganz ebenen Flächen, wie z. B. in den Niederlanden, besonders in der Nähe der See verlangen die Anlagen eine andere Behandlung als im Binnenlande. Jede noch so kleine Bodenbewegung im Terrain ist hier von Bedeutung und muss hervorgehoben und benutzt werden. Fernsichten sind mit sehr wenigen Ausnahmen garnicht vorhanden, wo sie aber vorhanden, da dürfen sie nur mit grösster Vor- sicht geöffnet werden, wegen der Seestürme, von deren ausserordentlicher Heftigkeit man sich im Binnenlande gar keine annähernde Vorstellung machen kann. Der Zug der Dünen längs der Küste — einem kleinen Gebirgszuge zu ver- gleichen, — bietet oft sehr schöne Linien voller Abwechselung, man darf aber die • sie verdeckenden Schutzpflanzungen nicht entfernen, weil hierdurch der Aufenthalt auf den Landsitzen geradezu unmöglich werden würde, w^en dieser mit ungemeiner Heftigkeit einfallenden Stürme, und weil auch diese Stürme in den Anlagen selbst keine besseren Gehölze aufkommen lassen, welche nur i}nter dem Schutze dieser Deckpfianzungen, die vorzugsweise aus Pappeln, Ulmen imd verwitterten Eichen- büschen bestehen, gedeihen. Hier ist also jede Anlage in sich selbst abgeschlossen, und man muss, um dieselbe interessant zu machen, die schönen Formen und Linien im Terrain selbst schaffen, vorzugsweise durch ein gutes Arrangement der Pflanzungen, dann durch Werke der Architectur und der Bildhauerkunst. Das Pflanzenmaterial, welches man in diesem der Vegetation so günstigen Klima verwenden kann, ist allerdings ein sehr mannigfaltiges, ja vorzügliches, und man kann deshalb ein solches Terrain durch passende Gruppirungen in Form und Färbung der Pflanzen sehr mannigfaltig und ^interessant gestalten. Die von der See entfernteren Gegenden Hollands machen hiervon eine Aus- nahme, besonders die Provinz Geldern. Hier findet man bewaldete Bei^züge und die üppigsten Wiesengründe mit prächtigen Baumgruppen und Landschaften, welche denen Englands würdig an die Seite gestellt werden können. Von diesen nenne ich namentlich Zypendal bei Arnheim, von dessen Höhen man das ganze Rheinthal bis Nymwegen übersieht, ebenso Rhederoord mit den üppigen, schön gruppirten Wiesengründen des Ysselthales mit der schönen Wasserzeichnung des Flusses selbst — bis zu den Thürmen von Cleve. Auch die Gegend von Haarlem macht hiervon eine Ausnahme, und ist hier namentlich der herrliche Landsitz Elswoudt mit seinem wellenförmigen, mit prachtvoUen alten Bäumen aller Art, namentlich Buchen, Ulmen und Linden gruppirten Terrain, und mit seinen üppigen mit Wasserflächen durch- z(^enen Wiesengründen, sowie mit seinen ausserordentlich stattlichen Alleen alter Linden und Buchen, von der jeder Baum einen Vorwurf für den Maler abgeben kann, zu erwähnen. Wiederum von jenen ganz verschieden ist die Aufgabe da, wo in bergigen Gegenden eine landschaftliche Schöpfung ins Leben gerufen werden soll. Die Be- arbeitung einer solchen wurde mir übertragen für die umfangreiche Parkanlage bei 2* 20 ANHALTEPUNKTE FÜR DEN ENTWURF DES PLANS. dem neuerbauten Schlosse Seiner Hoheit des Fürsten Ai^xander I. von Bulgarien zu Sandrowo unweit Warna am schwarzen Meer. Das nach Süden gelegene vielfach zerklüftete Terrain senkt sich ziemlich steil nach dem Meeresufer, dessen Felsen dann 50 Meter tief senkrecht abfallen. Das Schloss ist auf einem vorspringenden Felsen erbaut, beherrscht die ganze Gegend und ist weithin sichtbar. Rechts, nach Westen hat man die Bucht von Warna mit dem Hafen und der übrigens unansehnlichen Stadt, dann das gegenüberliegende felsige Ufer mit dem Leuchtthurm; in der Ferne die letzten Ausläufer des Balkans mit dem Kap Emineh. Auf der linken (der Ostseite) nach der Dobrutscha zu, die in mächtigen Schwingimgen bald vor, bald zurücktretenden steilen, felsigen Ufer des Meeres, dessen unabsehbare Fläche sich nach Süden zu ausdehnt. Seitwärts vom Schlosse und unterhalb desselben, aber unmittelbar über dem Meere gelegen und an den Felsen angefügt, befindet sich ein griechisches Kloster, einfache primitive Gebäude ohne Thurm. Auf der Nordseite des Schlosses steigt das Terrain beständig an, und von diesen Höhenpunkten hat man überall die prachtvollsten Aussichten auf die weiter nach Norden gelegenen baumlosen aber in ihren Linien Schemen Gebirgszüge, zu seinen Füssen dann das Schloss, die schönen Uferzeichnungen und das Meer. Ein landschaftliches Material, wie es mir in dieser Pracht und gross- artigen Eigenthümlichkeit in meiner Praxis noch nicht vorgekommen ist, und filr dessen Bearbeitung man sich wohl begeistern kann, wenngleich diese bei aller Dankbarkeit wegen der lokalen Verhältnisse seine grossen Schwierigkeiten hat. Gegenwärtig ist der sonst sehr fruchtbare Boden zum grössten Theil zum Weinbau benutzt; in einzelnen Exemplaren zerstreut befinden sich Aprikosen- und Mandel- bäume von oft bedeutender Stärke, dann Wallnussbäume, wilde Birnbäume, Sorbus- und Feigenbäume, auch einige Cerris- Eichen; in Gebüschen auf Rainen: Quitten- sträucher, Weichselkirschen, Vibumum Lantana, Blasensträucher, JdsminumfnUioamy Bi-emanOm calydna zwischen Eichen-, Ulmen- und Eschen-Gestrüpp. Besonders zahlreich vertreten ist der Christusdorn (Zizyphtis Paliurua Willd), ebenso der Perückenstrauch {Rhua Cotinus) welcher auf der ganzen Tour von Rustschuk nach Warna häufig als Unterholz in den Niederwaldbeständen vorkommt. Von Schlingpflanzen fanden sich Aristolochia ClemcUitWy Periploca graeca und die gewöhnliche Waldrebe {Clematis Vitolba) vor, welche letztere als ächte Kalkgebirgspflanze uns auf der ganzen Reise durch Ungarn, die Transsylvanischen Alpen bis zum Bosporus begleitete. Ausser diesen ist das ganze Terrain baumlos, es muss hier also Alles neu ge- schaffen werden. Eine grosse Schwierigkeit bei dem oft steil abfallenden Terrain war die Führung der Wege. Als Auflfahrtsweg nach dem Schlosse von Warna aus konnte man den Verbindungsweg nach dem Kloster mit einigen Verbesserungen und der durch- gehenden Verbreiterung im Wesentlichen beibehalten; ein einigennassen bequemer Umfahrungsweg war nur auf der Nord- und Ostseite vom Schlosse zu ermöglichen. ANHAI.TEPUNKTE FÜR DEN ENTWURF DES PLANS, 21 WO das Terrain weniger steil ist und sich mehr verflacht. Um die Fusswege in dem besonders auf der Westseite oft recht steil abfallenden Terrain nach den gerade hier so herrlichen Aussichtspunkten zu führen, welche letztere Blicke in die Einzel- heiten des Terrains, namentlich in die Meeresbuchten, nach dem Schloss und nach den in der Nähe gelegenen sich malerisch aufbauenden Klostergebäuden gewähren und um die Wege zugleich weniger steil und bequemer passirbar zu machen, mussten oft erheblich gekrümmte Linien in Anwendung kommen, welche sich auf dem Plan sonderbar genug ausnahmen. Behufs möglichster Yerdeckung wurden die Wege, wo irgend thunlich, in die Pflanzungen gelegt. Da besonders in der Nähe des Schlosses ein Terrain geschaffen werden nmsste, wo sich auch eine grössere Gesellschaft frei bewegen kann, ist auf der dem Meere zu gelegenen steil abfallenden Süd- und Westseite eine Terrasse von 90 Meter Jjänge und 30 Meter Breite angelegt, wodurch dem ganzen Gebäude mehr Würde, Grösse und Bedeutung gegeben wird. Auf dieser Terrasse werden, um das Schloss zu flankiren, um Schatten und Schutz gegen die Stürme zu schaffen und den Aufenthalt daselbst für alle Even- tualitäten nicht nur möglich, sondern auch angenehm zu machen, Gruppen von grossen Bäumen und Strauchpartien gepflanzt, welche jedoch durchweg so disponirt sind, dass sie die Aussichten frei halten. Die Bepflanzung der Anlage kann bei dem fruchtbaren Boden und dem herrlichen Klima eine sehr mannigfaltige sein. Obgleich das Vorkommen der oben genannten Gehölze einigen Anhalt gab, so war doch ein weiteres Studium der Yegetationsverhältnisse in dem baumlosen Lande nicht möglich und ich ging deshalb nach Constantinopel, um in den Gärten des Sultans und in der Vegetation am Bosporus — in dem herrlichen Therapia, einem bewaldeten Thal mit prächtigen Bäumen aller Art, welches der Sultan unserem Kaiser für die deutsche Botschaft geschenkt hat — meine Kenntnisse zu vervollständigen, und sie bei der Bepflanzung der Anlagen von Sandrowo entsprechend zu verwerthen. Der gütigen Vermittelung des deutschen Botschafters hatte ich es zu danken, dass mir die specielle Erlaubniss des Sultans zur Besichtigung seiner Schlösser und Gärten ertheilt wurde, und unter der freundlichen Führung des Kaiserlich türkischen Gartendirectors Herrn Schlerff, eines Deutschen, habe ich mich von Allem unter- richtet, was für allgemeine Belehrung und speciell für die Verwendung in Sandrowo wünschens- und Wissens werthe Anhaltepunkte gab. Das Resultat war, dass neben den bei uns heimischen und ausdauernden Bäumen und Gehölzen, die häufig in einer vorher nie gesehenen Schönheit, Stärke, Höhe und Vollkommenheit auftreten, sich viele Gehölze herrlich entwickelt im Freien vorfanden , die bei uns entweder nur unter Decke oder in Kalthäusern cultivirt werden können und trotzdem ein kümmerliches Dasein fristen. Im Wesentlichen fand ich hier die Vegetation von Oberitalien wieder. 22 ANHALTEPUNKTE FÜR DEN ENTWURF DES PLANS. Auf Grund dieser Lokalstudien habe ich ausser den besten auch bei uns verwendbaren Gehölzen in den Bepflanzungsplan von Sandrowo aufgenommen: Von Laubhölzern: J^yphnolobium japonievm Schott. fSophora L.J, Brussoneüa papyrifera Vent,y Gerds canadensia L,, C. Siliquastrum L., Sterculia phUanifolia L, fl.y Liquidambar Styraeifliui i., L. imberbe WiUd.y Lageratrömia indica, Myrihvs comrmmis L., Jasminum fruticans i., /. qffieincUe L., Nerium Olearider L,, Punica grancUum L., Cerasua liLsUanica Laie., Lauras nobüis L,, L. Benzoin L., L. Sassor- froB L.f Ärbviua Unedo i., Ä. Ändrachne L>, Ligustrum lucidum Aity Crataegus glabra Thnb. fPhotinia semdata LindLJ, EryobotryajaponicaL. fMespUus japonica Thrib.Jy Tibui'num Tinus L,, V. Awabuckii Hort,, V. macrocephalumf Fort.y Ficus Carica i., Aca^na Julibrissin Willd., Koelreuteria panicuUüa Lam., Pistada Therdnnthusy Magnolia grandiflora L., if. Yulan Des/, mit Varietäten, Jf. Norber- tiana Hort., M.fusoaJta Andr.^ Castanea chinensis Sprgl.^ Acer polymorphum Tknb., IXospyrus Lotus L,j Diospyrus virginiana X., Ulmus Mnensis Pers,, Quercus BaUota Desf., Qu. Fulhamensis Loud., Qu, Ilex, Qu. cocdfera, Qu. glabra Thnb.y Qu, Suber i., Qu. Mirbeckii Ihmeu. Von Coniferen: Pinw Pinea L., P. Oouäerii, Pinus Lambertiana DougL, P. PeuoCj P. Halqpensis Ait. , P. inops Solana, , P. Larido Poir. , Abies Morinda Hort,y A. orientalis Poir.y A. La^siocarpa Lindl., Picea nobilis, Loud., P, cephalonioa Loud.y P. reginae AmaMaey Cedrus Inbani Barr., C. Deodora Loud.y C. atUmtica ManetU, Oupressus sempervirens, Taxodiwm sinense Nois.y Qyptomeria elegans, Larix. OrifßJthiiy L. leptodada u. A. lieber die Art der Bepflanzung ist zu erwähnen, dass der Kern der grösseren Pflanzungen aus Coniferen und immergrünen Gehölzen bestehend angenommen wurde, um der Landschaft auch im Winter Colorit zu geben und Schutz zu schaffen. Im Uebrigen wird niemals dieselbe Pflanzung aus einer Pflanzenart hergesteUt, damit die Anlage nicht wie eine Musterkarte erscheint, sondern es wird stets gemischt gepflanzt. Die besten und decorativsten smd zu Solitairbäumen gewählt. Spitzkronige oder Pyramidenbäume sind niemals einzeln, sondern auch in den Pflanzungen stets in Gruppen gestellt. Die Anwendung und Vertheilung dieser Baumform, wozu Cypressen und andere Coniferen, Pyramideneichen etc. verwendet wurden, ist deshalb häufiger erfolgt, weil dieselbe gegen das Meer von guter Wirkung sein wird — eine Charakterisirung der horizontalen Linie gegen die Perpendiculare, worüber das Nähere im folgenden Kapitel. Das öftere Wiederkehren derselben Baum- art in den verschiedenen Theilen der Anlage hat den Zweck, in dem Gesammtbilde das Gleichgewicht in Form und Farbe herzustellen, um dasselbe nicht einseitig und gemacht, sondern natürlich erscheinen zu lassen. Den Zizyphus PaUurus WiUd. fand ich auf firüheren Reisen in Italien zu Hecken verwendet, welche nicht allein ein elegantes, feines Ansehen haben, sondern auch, gut unter der Scheere gehalten, so dicht werden, dass kein Vogel durchschlüpfen kann; sie wurde auch hier mit zur Parkeinfriedigung verwendet ANHALTEPUNKTE FÜR DEN ENTWURF DBS PLANS. 23 Wenn die Bepflanzung in der angegebenen, auf dem Plan näher bezeichneten Weise ausgeführt wird, so ist es gar keine Frage, dass sie eine reich geschmückte und dass sie neben dem landschaftlichen auch einen wissenschaftlichen Werth er- halten wird, ohne grosse Unterhaltungskosten zu verursachen. Sie wird gewisser- massen eine Verwendung derjenigen Bäume und Gehölze, welche dem unter türkischer Herrschaft so unendlich verwahrlosten und verödeten Lande ein cultivirtes Ansehen verleihen, und deren ästhetische Anordnung den Schönheitssinn bei seinen Bewohnern lebhaft anr^en werden; sie sollte ein Hilfsmittel sein, die wohlgemeinten culturellen Bestrebungen des thatkräfügen und intelligenten Fürsten für die Hebung und Bildung der Bevölkerung auch nach dieser Richtung hin fördern zu helfen. An der Ausführung dieses Planes, welcher den Beifall Seiner Hoheit des Fürsten gefunden hatte, war beinahe zwei Jahre im Sinne der Angabe mit Erfolg gearbeitet worden, als die bekannten politischen Verhältnisse eintraten. Mit dem übrigen Privateigenthum Seiner Hoheit des Fürsten ist auch dieser Plan nebst dazu gehörigem Commentar von der Regentschaft übernommen worden. Ob derselbe unter diesen Umständen jemals zur Ausführung kommen wird, muss dahin ge- stellt bleiben. III. lieber die Bedeutung der Form fftr die bildende Gartenkunst. Mit einer Ansicht. Das Material, dessen sich die Natur zur Bildung ihrer landschaftlichen Scenerien bedient, tritt uns in vier Formen entgegen; als Boden, Felsen, Wasser und in der Gestalt der Pflanzen. Dasselbe Material bietet sie dem Landschaftsgärtner, der sich die Natur, wo sie ihm im Beichthum ihrer schöpferischen Kraft entgegentritt, zur Lehrmeisterin nimmt, ihr die Geheimnisse ihrer Schönheit ablauscht und sich die Aufgabe stellt, diese in den Gegenden zur Geltung zu bringen, denen die Natur ihre Beize vorenthält. Aber nicht aUein die Gartenkunst lernt aus dem grossen Buche der Natur, alle bildenden Künste schöpfen aus dieser unversiegbaren Quelle, die Aufgabe aller ist Nachbildung und Verherrlichung der Werke dieser Meisterin. Mit der Gartenkunst Hand in Hand geht die Baukunst, und, wo es die detailirtere Ausschmückung eines Gartens- betrifft, auch die Plastik, denn jede Vase oder Statue, sobald sie Kunstwerth haben, eignet sich hierbei für sie zur Verwendung. Die Malerkunst kann, da ihre Werke keine Profilirung zulassen, kein direktes Mittel der landschaftlichen Verschönerung abgeben. Alle von der Natur und Kunst gebotenen Materialien passend zu vereinigen, ist die Aufgabe des Gartenkünstlers, und hierzu stehen ihm eine Menge von Kombinationen zu Gebote, die ihn in den Stand setzen, selbst ein an sich im- interessantes Terrain in ein interessantes zu verwandeln, da es weniger auf den Gegenstand selbst ankommt, als darauf, wie man ihn behandelt. Um diese uns durch Natur und Kunst gebotenen Materialien zweckmässig benutzen zu können, ist es erforderlich, dass wir ihre Formen und Farben studiren; sie nur geben uns die Begeln zur Komposition, und nur in ihnen und ihrer richtigen Verwendung liegt das Geheimniss nicht nur der Gartenkunst, sondern auch der bildenden Künste überhaupt, sie sind die Basis jeder Kunst. Wir wollen uns, da die Form dem Landschaftsgärtner höher steht als die Farbe, welche von dem be- ständig wechselnden Lichte abhängt, vorerst mit jener beschäftigen. ITEBER DIE BEDEUTUNG DER FORM FÜR DIE BILDENDE GARTENKITNST. 25 Jeder Gegenstand, den wir durch den Gesichtssinn wahrnehmen, zeigt eine Form, die durch Linien umschrieben wird, weshalb auch diese von grösster Wichtig- keit für den Ausdruck einer Landschaft sind und die grösste Beachtung verdienen. Wir unterscheiden zwei Grundformen der Linie, die gerade und die krumme Linie. Die gerade Linie erscheint uns in drei Richtungen: die vertikale oder senkrechte Linie, deren Richtung eine Schnur angiebt, an welcher ein schwerer Gegenstand frei herabhängt; ^ die horizontale oder wagerechte Linie; sie verfolgt die Grundrichtung des Horizonts, auch der Balken einer in Ruhe befindlichen gleicharmigen Waage giebt ihre Richtung an; die schräge Linie, welche uns nach unserem Standpunkt als steigende oder fallende Linie erscheint und jede Abweichung zwischen der vertikalen und hori- zontalen Richtung angiebt. Der Hauptcharakter aller Formen der geraden Jinie liegt darin, dass sie in ihrer ganzen Ausdehnung von der einmal eingeschlagenen Richtung nicht abweichen. Die krumme Linie verändert in jedem Punkte ihre Richtung und ist un- zähliger Abweichungen &hig; ihre Grundform ist der Kreis. Diese unergründliche Mannigfaltigkeit der Linien erschwert ihr Studium sehr, doch hat man versucht, in ihrer Anwendung gewisse Regeln zu befolgen, mit denen wir uns im Folgenden beschäftigen wollen. Wir betrachten die durch Ijinien ge- bildeten Formen, soweit sie für die Gartenkunst von Bedeutung sind, nach zwei Richtungen, im Grundriss und im Aufriss. Den ersteren erhalten wir, wenn wir die Körper von oben herab gesehen denken, den letzteren, wenn wir sie in horizontaler Richtung sehen (auf beide kommen wir in dem Kapitel über Perspek- tive noch einmal zurück). In der geistreichen Benutzung und Vereinigung beider bekimdet sich das Talent des Künstlers. Wir lesen so oft in Schriften über bildende Garteukunst von Schönheitslinien und deren Wichtigkeit für die Komposition eines landschaftlichen Bildes, aber nii^ends finden wir eine genügende Definition dieser Linie. Meiner Ansicht nach ist jede Linie nur relativ schön, d. h. nur wenn ihr durch die umgebenden Linien Charakter verliehen wird. Eine Linie in der Land- schaft charakterisiren, ist daher eine wichtige Aufgabe der Landschaftsgärtnerei; sie muss schöne Linien zu schaffen wissen, wo solche mangeln, und dazu stehen ihr die verschiedenartigsten Mittel zu Gebote. Doch beruht die Schönheit eines Landschaftsbildes nicht immer und nicht allein auf Anmuth der Formen, oft fehlt diese und wird durch den Reiz der Fär- bung ersetzt oder durch vortheilhaft vertheilte Details, die uns den Mangel schöner Formen möglichst vergessen lassen können. Schöne Linien müssen vor Allem Abwechselung bieten, ohne dabei das Gefühl 26 UEBER DIE BEDEUTUNG DER FORM FÜR DIE BILDENDE GARTENKUNST. von Unruhe zu erregen; denn eine einfache Linie ohne Abwechselung wird bald ermüdend und langweilig. Sie erhält dadurch Charakter, dass ihr eine andere Linie entgegengesetzt wird; beide müssen einen Kontrast gegen einander bilden, der erst das Bild pikant macht. Deshalb ist es durchaus nicht gleichgültig, welche Linien neben einander gestellt werden, indem hieraus der Ausdruck und das Ge- fühl des Künstlers hervorgehen soll; auch muss dem Gesammtausdruck des Land- schaftsbildes die nöthige Berücksichtigung geschenkt werden. Ist in dem gegebeneu Terrain die Horizontallinie vorherrschend, so darf sie nicht zu häufig durch un- ruhige Linien unterbrochen werden. Bauten im griechischen Style, der ebenfalls durch die Horizontale charakterisirt wird, sind hier die geeignetsten. Schroffes Terrain wird durch steile Linien gehoben und durch die Horizon- tallinie kontrastirt. Die Horizontale kann in zwei Fällen bedeutend werden: wo sie in Steigung übergeht, bei Gebirgszügen; und durch die Unendlichkeit, in welcher sie ihren Ausdruck da findet, wo das freie Meer den Horizont begrenzt. Die Horizontallinie eines Flusses wird am besten gehoben durch die Kontrast- wirkung steiler Ufer, die Horizontallinie griechischer Bauten durch Umpflanzung mit spitzkronigen Bäumen oder durch die Nähe einer steilen Bergform. Baumformen, deren Charakter die Vertikale bedingt, z. B. die lombardischeu Pappeln, Pyramideneichen, die spitzkronigen Nadelhölzer, sind oft von wunderbarer Wirkung im Kontrast zur Horizontallinie. Wir fuhren ein Bei^iel an aus dem Parke von Schönbusch bei Aschaffenburg; die Aussicht von einer Anhöhe in eine weite Ebene wird hier zwischen Gruppen von Pyramidenpappeln geboten. Ein ebenso schlagender Beleg fiir diese Wirkung ist aber auch der in Form einer Pyramide aufgeführte Tumulus des Fürsten Pückler in Branitz, von welchem hier eine Abbildung folgt (Tafel I), derselbe, obgleich nur 60 Fuss hoch, auf der Ebene stehend und von kleinen wellenförmigen Erhöhungen flankirt, durch seine regelmässige Form gerade auf dieser Stelle von ganz bedeutender Wirkung ist und darthut, mit welcher Feinheit und Sicherheit sein Effekt berechnet war. So wirken auch Pyramidenbäume auf einer Landzunge mächtig wegen ihrer Kontrastlrung gegen die Horizontallinie des Wassers. Umgekehrt präsentiren sich alle Bauwerke, in denen die spitze oder unregel- mässige Form vorherrscht, dann am vortheilhaftesten, wenn sie sich gegen den Horizont zeichnen; für ihre Umgebung sind Bäume mit wellenförmigen Kronen, Eichen, Buchen, Linden und andere, die geeignetsten. Die Thurmgruppen von Köln und Breslau liefern hierfiir einen Beleg. Da in der Natur die gebogenen und wellenförmigen Linien vorherrschen, so wirken die geraden hier immer kontrastirend. Man findet dies überall bestätigt, im flachen Lande durch Thürme, im Gebirge und am Meere durch schroffe Felsen und steile Ufer. Das Bodethal im Harz gehört hierher, die Stubbenkammer auf UEBER DIB BEDEUTUNG DER FORM FÜR DIE BILDENDE GARTENKUNST. 27 Rügen, deren Wirkung das Meer und die Farbenkontraste der Kreide gegen das Grün des Buchenwaldes und die blaue Wasserfläche noch erhöhen. Ebenso sind, wie eben angeführt, die senkrecht abfallenden, in mächtigen Schwingungen bald mit Entschiedenheit vor-, bald ebenso zurücktretenden felsigen Ufer des schwarzen Meeres bei Sandrowo von grosser contrastirender Wirkung. Eine gleiche Wirkung werden geradlinige Figuren auf horizontaler Fläche, im Gegensatz zu den angeführten Beispielen in vertikaler Richtung gesehen, aus- üben. Dieser Fall tritt ein, wenn wir Blumenterrassen von der Höhe eines Balkons oder aus den Fenstern eines oberen Stockwerkes betrachten; sternförmige, über- haupt geradlinige Figuren werden so gesehen einen weit angenehmeren Eindruck machen, als solche, die nur von gebogenen Linien begrenzt sind, wie Kreise, Ovale und andere, da sie sich schärfer zeichnen, als die letzteren. Für unebenes, steiles Terrain sind die Horizontalen von grosser Wirkung durch die Profilirung desselben. Findet sich solches Terrain in der Nähe des Wohngebäudes, so erhält die Horizontale passend ihren Ausdruck durch die alten, solid gebauten Terrassen des symmetrischen Gartenstyls. Wir haben hier nicht aUein eine Kontrastwirkung, es wird durch sie auch der Komfort berücksichtigt; wir kommen deshalb später noch ausführlich auf die Schönheit und die Annehmlichkeit der Terrassen zurück. Die reinste Horizontallinie ist die Oberfläche des Wassers, sie ist für die Landschaft von grosser Wirkung. Natürlich muss auch sie da ermüden, wo sich eine Wasserfläche ohne bemerkenswerthe Unterbrechung an die andere reiht, oder wo uns der Horizont nur Himmel und Wasser bietet. Am schönsten erscheint uns deshalb das Meer, wenn wir erst eine tiefe Eiu- bucht desselben übersehen müssen, und über die steilen, felsigen oder bewaldeten Ufer hinaus sich die unendliche Fläche ausbreitet, oder auch da, wo wir am Ufer des freien, offenen Meeres stehen, dem Blicke aber durch Felsenriffe oder ferne Inseln am Horizont ein Ruhepunkt geboten wird. Die Insel Meinau, in einem Busen am unteren Ende des Bodensees gelegen, giebt uns ein grosses, reiches Ländschaftsbild und zugleich für das Gesagte einen sprechenden Beleg. Auf dem höchsten Punkte dieser Insel steht ein stolzes Schloss, die firühere Residenz eines Komthurs der Deutschordensritter. Von hier aus ent- faltet sich dem Auge ein grossartiges Bild, in welchem die Wasserfläche des 15 Stunden langen Sees zwar vorherrscht, ihr aber das Gleichgewicht gehalten wird theils durch die deutlichen Konturen der hier und da hervorragenden Land- zungen, theils durch den prachtvollen Hintergrund, gebildet durch ein Panorama der fernen Hochalpen von St. Gallen und Appenzell, die aus dem Farbenschmelz aller Nuancen von Grün, welches die Nähe Italiens verkündet, hinanklimmen zur Region des ewigen Schnees und ihre trotzigen, zackigen Gipfel mit rosigem Lichte in das Blau des Aethers zeichnen. 28 UEBER DIE BEDEUTUNG DER FORM FÜR DIE BILDENDE GARTENKUNST. Eine sehr interessante Vermittelung der Horizontale des Wassers mit den Vertikallinien der Gebäude findet dann statt, wenn unmittelbar vom Wasserspiegel sich Terrassen erheben, auf deren Höhe die Vertikallinie durch ein Schloss oder eine Villa vertreten wird. Durch die Terrassen wird hier die Horizontale gleichsam zu dem Gebäude emporgehoben, das durch den Kontrast seiner Vertikallinien jene charakterisirt. Die Villen am Clomersee, die Orangerien am Gardasee, bei denen die starre Symmetrie des Bildes gemildert wird durch reichbewaldete Höhen, die ihm den Hintergrund verleihen, Schloss Albrechtsberg bei Dresden, sind Anlagen, wo die Terrassen in dieser Weise benutzt sind. Auch die angenehme Wirkung senkrecht aufsteigender Fontainen beruht zum TheU in dem Gegensatz der Vertikal- und Horizontallinie. Die grossartigen Wasser- künste auf Wilhelmshöhe bei Kassel, in Herrenhausen bei Hannover, in Versailles, bestätigen diese Wirkung; am anschaulichsten ist sie uns aber beim Anblick der grossen Fontaine vor Schloss Babelsberg, die sich aus dem bedeutenden Wasser- spiegel der Havel zu einer Höhe von 80 — 100 Fuss erhebt. Die eigenthümliche Schönheit der Flüsse beruht vorzugsweise auf der Schärfe, in der sich ihre UferUnien zeigen, die nie den Charakter der Unruhe tragen, oder sich allmälig verlieren. Dieser Eindruck wird noch gehoben, wo Wald, Felsen oder Wiesengründe die Ufer begleiten, wogegen Felder, Weinberge, Hopfenanpflanzungen und bebaute Fluren in ihrer Nähe, wenn sie auch von grossem Nutzen sind, doch durchaus keinen malerischen Werth haben. ParalleUinien wirken in der Landschaft sehr st<'>rend; ein künstlich gegrabener Kanal, dessen geradlinige parallele Ufer eine Ebene durchschneiden, eine Allee von Pyramidenpappeln, können eine ganze Gegend verunstalten. Hecken oder Baumreihen, über eui unebenes Terrain geführt, lassen dessen Unebenheiten noch deutücher hervortreten und macheu sogar unbedeutende Bewegungen des Bodens sichtbar, die sich sonst dem Auge entzogen haben würden. Sie stören dadurch den Totaleindruck einer Landschaft. Das Profil des Bodens erscheint uns in drei Formen: die dasselbe bezeichnende Linie ist entweder auswärts, oder einwärts gebogen, oder sie ist flach. Im ersteren Falle zeigt sie uns Erhöhungen, im zweiten Vertiefungen, im dritten Ebenen. Aus der Verbindung dieser drei Formen entstehen alle Mannigfaltigkeiten des Bodeu- wurfes. Da Erhöhungen und Vertiefungen grössere Abwechselungen bieten, als Ebenen, so sind sie diesen vorzuziehen; jedoch ist auch die Ebene, wenn sie nur richtig behandelt wird, im Stande, unsere Ansprüche zu befriedigen, und bei den meisten Arbeiten, die dem Landschaftsgärtner vorkommen, steht ihm nur ebenes Terrain zu Gebote. Eine Ebene am Fusse eines hohen steilen Berges kann sogar bedeutend werden, da sie durch ihn Charakter erhält. Durch kleinere, hie und da zerstreute Hügel wird die Einförmigkeit einer Ebene nicht gemildert Es kommt nicht leicht ein Terrain vor, welches in allen seinen Theilen ohne UEBER DIE BEDEUTUNG DER FORM FÜR DIE BILDENDE GARTENKUNST. 29 irgend welche Nachhülfe für Anlagen zu benutzen wäre, es wird Dies und Jenes zu verändern und zu verbessern sein. Wo der Landschaftsgärtner solche Bodenveränderungen vorzunehmen hat, sehe er darauf, dass der Punkt, von welchem aus er diese Arbeit begonnen, nie sichtbar werde, sondern dass er nach allen Seiten mit seinen Umgebungen sich natürlich vermittele. Grössere Bewegimgen des Terrains zu stören vermeide er, und begnüge sich mit der Ausgleichung kleiner Unebenheiten, so weit dies Schönheits- und Zweckmässigkeitsrücksichten gebieten. Felsen, wo sie sich finden, sind ein höchst dankenswerthes Material der I^ndschaft, besonders da an ihrem Fusse oder in ihrer Nähe in der Regel sich Quellen vorfinden, welche in ihrer Umgebung eine üppige Vegetation erzeugen. Dagegen ist die Aufführung künstlicher Felsen ein gewagtes Unternehmen und erscheint in der Wirkung meist kleinlich und unnatürlich, wenn es nicht gelingt, hierzu auch die passenden Motive zu schaffen. Bei den Werken der Baukunst kommt es nicht immer auf die durch irgend einen Baustyl bedingten Formen an, um sie für die Landschaft vortheilhaft wirken zu lassen, sondern vorzüglich auf den Ort, wo sie zu errichten sind und auf eine geeignete Umgebung. Da das Terrain oder die Gegend, in welcher das Gebäude zu errichten ist, stets einen konstanten Charakter zeigt, so muss der Baustyl mit diesem harmoniren, wenn dasselbe nicht störend wirken soll. Das Material, welches der Landschaftsgärtner zu benutzen hat, ist vorzugs- weise die Vegetation, also Bäume und Sträucher; durch ihre Anwendung erzielt er ganz besonders seine Effekte, durch sie verdeckt er Mängel, vermittelt die Werke der Baukunst mit ihrer Umgebung, verschönert Ufer von Flüssen und Seen, lässt störende Bodenvertiefungen verschwinden, markirt Erhöhungen durch Bepflanzung noch mehr, und was dergleichen Fälle sein mögen. Bodenveränderungen kann er nur im kleinen Maassstabe vornehmen und er schreitet dazu, weil die Wirkung mit dem Kostenaufwande gewöhnlich in keinem Vergleich steht, nur sehr ungern ; wie in die Augen fallend sind dagegen die Wirkungen der Pflanzimgen ! — Die Bepflanzung ist unstreitig die wichtigste, aber auch in der richtigen Berechnung ihrer Wirkung die schwierigste Arbeit in der Praxis des Landschaftsgärtners. Die Werke des Architekten und Bildhauers lassen sich genau dem Zwecke anpassen, für den sie bestimmt sind, der Künstler verfolgt seinen Plan mit der grössten Genauigkeit und liefert das fertige, abgeschlossene Kunstwerk. Hat aber der Landschaftsgärtner seinen Plan verfolgt, sieht er seine Planzeichnung in der Natur verwirklicht, so beginnt erst das Schaffen der Natur, und diese lässt sich immer nur annähernd berechnen. Die meisten Bäume beginnen erst dann sich maleriscli imd charakteristisch zu entfalten, nachdem sie ein gewisses Alter erreicht, d. h. nachdem sie ihren Wuchs in die Höhe beendet haben, und nun anfangen phantastisch 30 UEBER DIE BEDEUTUNG DER FORM FÜR DIE BILDENDE GARTENKUNST. ZU werden. Wir ersehen hieraus, dass wir in unseren Gärten und Anlagen sehr Vieles pflanzen müssen, woran wir erst nach vielen Jahren die gehegte Erwartung sich erfüllen sehen. Dies bezieht sich namentlich auch auf die Verwendung der Nadelhölzer. Massenpflanzungen sind immer durch steife, schwere Baumformen zu bilden ; für leichte kleinere Gruppirungen dagegen eignen sich lockere, zierliche Baumformen. Bäume mit leichten Kronen, die mit ihren Aesten bis auf die Erde herabreichen, werden sich immer leicht und graziös präsentiren, während Bäiune mit schweren Kronen ein steifes, ungefälliges Aussehen haben. Dasselbe gilt von den Sträuchem. Ein freistehender Strauch mit leichten, hängenden Zweigen wird ungleich schöner erscheinen, als ein solcher mit gerade in die Höhe strebenden Aesten. Es ist nicht immer die Masse oder die Ueppigkeit der Vegetation, welche eine Land- schaft verschönert, es ist besonders die richtige Vertheilung der Pflanzenformen, das gehörige Verhäitniss der Pflanzenmassen und die passende Vermittelung beider mit der gegebenen Form des Bodens. Schon durch passende Bepflanzung ist man oft im Stande, einer Landschaft das fehlende Gleichgewicht zu verleihen, durch unangemessene Bepflanzung kann der beste Plan verdorben werden. Während bei den Werken der Architektur die Symmetrie vorherrscht, ist dieselbe in der Landschaftsgärtnerei und Malerei verborgen, und diese versteckte Symmetrie ist das Gleichgewicht; fehlt es einer Landschaft, so erscheint sie schief. Es giebt ein Gleichgewicht der Linie und der Masse im Landschaftsbilde; beide können sich gegenseitig ergänzen. Flache Gegenden erhalten ihr Gleichgewicht nur durch richtige Massenver- theilung, besonders durch eine passende Vertheilung von Bäumen im Grundriss. Wo dieses Gleichgewicht fehlt, kann ein landschaftliches Bild nur Bedeutung erhalten durch den Contrast, durch eine grosse Ebene, welche sich mit dem Horizont vereinigt. Schwere Massen, wie Felsen, grosse Gebäude etc. müssen durcli Lichtpunkte (Bepflanzung) leicht gemacht und vermittelt werden, und hochschaftige Bäume sind da anzuwenden, wo man eine vortheilhafte Benutzung der Feme beabsichtigt Unter Linie im engeren Sinne versteht man die Silhouette (den Kontur) gegen die Luft, welche gebildet wird durch Bergzüge, Baummassen oder Gebäude, entweder je für sich, oder die einen mit den anderen verbunden: diese Linie wird interessant, wenn sie ein gewisses Gleichgewicht hat, aber keine eigentliche Symmetrie; diese würde sich sehr unmalerisch ausnehmen. Unter Umständen wird man jedoch nicht Rücksicht nehmen können auf die Silhouette, und hier muss das Gleichgewicht hergestellt werden durch die Masse, also wiederum durch Bäume, Berge, Felsen und Gebäude. Entschiedenheit in Form imd Farbe und das Vorhandensein des Gleich- gewichts bewirken Ruhe und Harmonie eines Bildes. Interessante Baumformeu im Vordergrunde einer Landschaft geben ihr oft den Charakter. UEBER DIE BEDEUTUNG DER FORM FÜR DIE BILDENDE GARTENKUNST. 31 Schroffe Gegensätze in Form und Farbe befiriedigen in wenigen Fällen und sind meist unnatürlich; beide müssen mit ihrer Umgebung harmoniren, und der Uebergang in andere Formen und Farben muss allmählig stattfinden. Das Studium der Linien und Formen und des auf ihnen beruhenden Gleich- gewichts, die Beachtung und zweckmässige Benutzung der perspektivischen Regeln und die Kenntniss des Einflusses des Lichtes und der Farben sind für den Landschaftsgärtner wesentliche Bedingungen; aus ihnen ergeben sich die Regeln für die Komposition einer Landschaft; für alle findet er Motive in der Natur. IV. lieber die Bedeutungder Farbefür die bildende Gartenkunst. Mit zwei erläuternden Figuren. Wenn auch die Fomi, nämlich die Profilinmg des Terrains, dem Gärtner Hauptsache ist, so geht doch mit dieser die Farbe Hand in Hand. Weniger kann er über die letztere gebieten, da sie in ihrem Ursprung, in ihrer Mischung und Wirkung durch das Licht bedingt wird, und dieses ist veränderiich; in der Malerei ist es umgekehrt. Diese hat den langen und glücklichen Beweis geliefert, welch' grosser ästhetischer Wirkungen die Farben in harmonischer Zusammenstellung fähig sind. Form und Farbe, die poetischen Hebel der Gartenkunst, sind in derselben zwar ebenso zwei ganz verschiedene Dinge, wie Zeichnung und Colorit in der Malerei; indess, der Maler ist unumschränkter Herr des Materials, der Gärtner dagegen eigentlich nur Herr des Grundes und Bodens, der seine Pflanzungen tragen soll. Während die Werke der Baukunst wie des Bildners von ihrer Vollendung bis zu ihrer Auflösung unverändert denselben Effect gewähren, muss der Gärtner die Ausbildung seiner Pflanzungen der Natur überlassen, deren organischen Gesetzen sie unterworfen sind. Ihm ist es deshalb unmöglich, einen Garten so anzulegen, dass er stets denselben Effect mache; dieser verändert sich fortwährend je nach Beleuchtung, Jahreszeit und Alter der Pflanzen. Weit entfernt indess, dass die hiernach bedingte Nothwendigkeit einer andauernden und immer zweckmässigen Unterhaltung seiner Anlagen ihn entmuthigen könnte, findet der Gärtner im Voll- genuss des steten Schaffens, der steten Fortbildung an der unendlichen Verschieden- heit und individuellen Schönheit, welche die Natur immer und überall ihren Formen und Färbungen zu geben weiss, einen reichen Ersatz fiir das Bewusstsein, etwas Fertiges, in sich vollständig Abgeschlossenes nicht leisten zu können und zu dürfen, wenn er anders ein denkender Mensch ist, welchem die Schöpfung als mehr erscheint, denn eine Verkettung blosser Zufälligkeiten, wenn er Sinn genug au die Natur heranträgt, um beobachtend den Erscheinungen nachzugehen, welche UEBER DIE BEDEUTUNO DER FARBEN FÜR DIE BILDENDE GARTENKUNST. 33 sie in unerschöpflichem Wechsel vor ihm aufgehen lässt, und um sich die Gesetze, auf welchen sie durchweg beruhen, zu suchen und zum Bewusstsein zu bringen. Die Form ist die Grundlage, das Gerüst; sie wirkt durch Erfindung, Com- position und Ausdruck — sittlich auf den Geist. Die Farbe giebt Seele, Leben; sie wirkt sinnlich auf das Gefühl. Sie ist das Fleisch und Blut der Landschaft, und ohne sie bleibt die Form ein Skelett. Sie ist es, welche die Naturscenen so schön erscheinen lässt, denn die aus Linien l)estehenden Formen bestimmen nur die Umrisse des Ganzen und der Theile, das Colorit stellt sie erst in ihrem wahren Ansehen dar. In der Anordnung der Farben kann der Gärtner viel thun, und es ist des- halb -nothwendig, dass er die Gesetze der Farbengebung kenne, um sie richtig verwenden zu können. Alle Dinge haben ihre Farben, welche in manchen Zusammenstellungen einen angenehmen, in anderen aber einen widrigen Eindruck machen, einige erzeugen sich durch Vermischung, andere lösen sich dadurch auf, und die Ursachen, aus welchen die angenehmen und widrigen Eindrücke entstehen, sollen der Gegenstand dieses Abschnittes sein. Die Natur ist auch hierin unsere Lehrerin. Im Grossen sieht man die Gesetze der Farbengebung in der Natur im Wechsel der Jahreszeiten dargestellt; im Kleinen finden wir diese Gesetze überall wiederholt und angewendet. Das schönste aller Farbenbilder stellt die Natur im Regenbogen auf, in ihm offenbaren sich uns die Grundzüge der Farbenlehre. Der Regenbogenfarben sind sieben, welche so auf einander folgen: Violett, Dunkelblau, Hellblau, Grün, Gelb, Orange, Roth. Der Kern des Ganzen ist Grün, nach beiden Seiten hat es Uebergänge in Roth, nämlich auf der einen Seite durch Blau, nach der anderen durch Gelb. Die Regenbogen- farben heissen auch prismatische Farben, weil man sie mittelst eines Glasprismas oder dreieckig geschliffenen Glases, durch welches man die Sonnenstrahlen fallen lässt, darstellen kann. Dieses so erhaltene Farbenbild heisst das prismatische (Spedi-um prismaticumj. Gehler (Physikalisches Lexicon Band IV) nimmt der prismatischen Farben nur sechs an, welche so auf einander folgen: Violett, Blau, Grün, Gelb, Orange, Roth. Dies sind die eigentlichen oder bunten Farben, welche die Grundlage der Farbenlehre bilden. Weiss und Schwarz gelten in der Optik nicht als Farben. Zu beiden stehen alle Farben in einem allgemeinen oder neutralen Verhältniss und sind für ihre Einwirkung emp&nglich. Weiss ist im Prisma gleichbedeutend mit farblos, nicht minder aber auch Schwarz. Die Definition beider möchte folgende sein: Weiss ist die vollkommene Sättigung des Lichts, Schwarz ist der vollkommene Mangel an Licht, d. i. Finsterniss. Es sind diese Erscheinungen hier angeführt, wie sie von dem gesunden Auge wahrgenommen werden, ohne jedoch auf die bedingenden Ursachen einzugehen. Diese zu erklären ist Gegenstand der Physik. Petzold, LandBchaftsg&rtnerel. 8 34 UEBER DIE BEDEUTUNG DER FARBEN FÜR DIE BILDENDE GAItTENKUNST. Da der Eindruck, welchen die Farben auf unser Auge machen, sich durch Worte nicht wiedergeben lässt, so ist es, um diesen einigermassen festzuhalten nothwendig, sich ein verdeutlichendes Bild zu entwerfen. Dies ist der Farben- kreis. Dieses Bild soll die natürlichen Neigungen und Feindschaften der ver- schiedenen Farbenelemente erklären, es kann daher keine willkürliche Erfindung, sondern es muss eine Darstellung des in der Natur begründeten und durch sie gegebenen Verhältnisses selbst sein. Der Farbenkreis dient dazu, die Naturerscheinung des Regenbogens, wie die Erscheinung der Farben im Prisma nachzuahmen; in sofern ist er ein Bild der Verdeutlichung. Jede der in demselben bezeichneten Farben begreift eine Menge von Interpolationen, welche gesucht werden müssen, eine ganze Klasse von Farben in sich, er kann also bei aller Abgeschlossenheit dennoch nur andeutend sein, denn erschöpfen kann man ihn nicht. In jenen vom Prisma reflectirten sechs Farben erkennen wir zunächst drei wesentlich von einander verschiedene Specificationen , welche Ur- oder Grundfarben, auch primäre, ganze oder einfache Farben genannt werden. Diese Benennungen haben sie erhalten, weil man aus ihrer Verbindung und Mischung zwar andere Farben hervorbringen kann, weil sie selbst aber durch Vermischung anderer sich nicht ergänzen lassen. Sie heissen: Blau, Gelb, Roth. Durch Vermischung von je zweien dieser Grundfarben entstehen drei andere, welche man secundäre, gemischte, auch abgeleitete oder zusammengesetzte Farben nennt. Sie heissen: Violett, Grün, Orange. Violett entsteht durch Vermischung von Blau und Roth, Grün durch Ver- mischung von Blau und Gelb, Orange durch Vermischung von Gelb und Roth. Je nachdem die eine oder die andere der primären Farben in diesen secun- dären Farben vorherrscht, sind sie unendUcher Abstufungen fähig. Sobald das Mischungsverhältniss gleich ist, erscheinen die drei abgeleiteten Farben, Violett, Grün, Orange ebenfalls als eigene Farben, da sie sowohl zu ihren Grundfarben, als auch unter sich in gleicher Neigung und in gleicher Differenz stehen. Um unser Farbenschema übersichtlicher und praktischer darzustellen , fassen wir es in einem Kreise zusammen. (Siehe Fig. nächste Seite.) Alle sechs Farben stehen in demselben in gleicher Neigung und in gleicher Differenz, und mit ihnen schliesst die elementare Farbenlehre ab; alle übrigen Farbenabstufiingen gehören in das praktische Leben. In diesem Farbenkreise erkennen wir zwei verschiedene Gegensätze, welche Goethe den chromatischen und den charakteristischen nennt. Der erstere mag wohl in der Construction unseres Auges begründet sein, während der andere mehr in der Natur der Farben seinen Grund hat, zum Theil auch Sache des Gefühls ist. Auf den chromatischen Gegensatz gründen sich die Cont raste, auf den charak- teristischen die Perspektive der Farben. UEBER DIE BEDEUTUNG DER FARBEN FÜR DIE BILDENDE GARTENKUNST. 35 Der chromatische Gegensatz besteht darin, dass alle im Kreise diametral einander gegenüberli^enden Farben diejenigen sind, welche sich wechselseitig fordern, d. h. zu Weiss ergänzen, weshalb sie auch geforderte Farben, Ergänzungs- farben, Komplementairfarben genannt werden. Blau. Grihi. / / \ \ VioUU. (hlh. \ \ / / Roth Orcmge. Blau fordert Orange, Violett fordert Gelb, Roth fordert Grün und umgekehrt. Das Auge, sagt Goethe, fordert Totalität und schliesst in sich den Farbenkreis ab: denn in dem vom Blau geforderten Orange liegt Gelb und Roth; Violett besteht aus Blau und Roth, es fordert Gelb; Grün aus Blau und Gelb, es fordert Roth. Jede einzelne Gegenüberstellung, welche harmonisch sein soll, muss Totalität haben, nur dann macht sie einen befriedigenden Eindruck auf unser Auge. So finden sich alle Abstufungen wechselsweise; die einfache Farbe fordert die zusammengesetzte und die sich jedesmal fordernden Farben stehen zu einander im höchsten Contrast. Versuche dieser Art kann man mit allen Farben anstellen; Grün und Roth rufen einander am auflFallendsten hervor. Der charakteristische Gegensatz theilt den Farbenkreis in zwei Hälften, welche Eigenschaften besitzen, die einer jeden Hälfte ohne Beziehung auf die andere absolut zukommen. Sie heissen activ und passiv, oder auch warm und kalt. Die warmen oder activen Farben heissen deshalb so, weil sie die meiste Ver- wandtschaft zum Lichte besitzen und deshalb hervortreten; die kalten oder passiven Farben dagegen, sind mit dem Schatten, der Finstemiss, verwandt, weshalb sie auch zurücktreten und den ersteren entgegengesetzt sind. (Siehe Fig. nächste Seite.) Diqenige Hälfte des Kreises, in deren Mitte Orange liegt, ist die warme oder active Hälfte, Orange selbst der höchste Punkt derselben und zugleich die feurigste aller Farben. Der höchste Punkt der kalten oder passiven Hälfte ist Blau. Orange und Blau sind also die Extreme der Wärme und Kälte, sie bilden die Pole der Harmonie des Colorits. Von dem Culminationspunkt der warmen Hälfte, Orange, nimmt die Farben- gluth zu beiden Seiten ab, während sie sich vom Blau, dem Culminationspunkt 36 UEBER DIE BEDEUTUNG DER FARBEN FÜR DIE BH.DENDE GARTENKUNST. der kalten Hälfte, zu beiden Seiten steigert Dieses relative Verhältniss tritt je nach ihrer Lage im Kreise bei allen Farben ein. So erscheint Grün warm g^en Blau, kalt gegen Gelb, Violett warm gegen Blau, kalt gegen Roth; Roth warm gegen Violett, kalt gegen Orange. Blau. Orün. / / \ \ VioleU. KaU. (Bassio.J Odb. Orange. Es ist beachtenswerth, dass zwei Ergänzungsfarben neben einander gestellt, sich gegenseitig heben und verstärken. Stellt man Blau neben Orange, so erscheint das Blau kälter, das Orange feuriger als sie sind, sobald man sie allein, d. h. die eine ohne die andere Farbe sieht. Roth erscheint höher roth gegen Grün, und das Letztere wird ebenfalls verstärkt erscheinen. Man kann sich hiervon leicht überzeugen , wenn man eine rothe Blume erst ohne alle Verbindung mit Grün vor das Auge bringt, dann aber gegen ein grünes Blatt hält. Nebeneinander gestellte Ergänzungsfarben, welche sich auf diese Weise heben und ergänzen, erkennt unser Farbensinn als harmonische, weil sie eine Farben- harmonie darstellen; und da sie zugleich auch eine Farbentotalität ausmachen, so wird durch sie die von unserem Gesicht geforderte Farbenharmonie und Farben- totalität verwirklicht. Hierauf beruhen denn auch die unendlich vielen Genüsse, welche uns die Natur in so reichem Maasse bietet, die wir uns aber auch in unseren Gärten in so vielfacher Weise durch ein geschmackvolles Arrangement bereiten können. Charakteristische Zusammenstellungen nennt Goethe solche Zu- sammenstellungen zweier Farben, zwischen denen im Farbenkreise nur eine Zwischenfarbe liegt. Solche sind: Blau imd Roth, Violett und Orange, Roth und Gelb, Orange und Grün, Gelb und Blau, Grün und Violett. Sie erregen das Organ zwar, gewähren ihm aber keine Befriedigung, da die Totalität fehlt. Charakterlose oder disharmonische Zusammenstellungen entstehen, wenn man zwei im Kreise neben einander liegende Farben wiederum neben einander bringt UEBER DIE BEDEUTUNG DER FARBEN Fl^R DIE BnJ)ENDE GARTENKUNST. 37 Charakterlos heisseu sie deshalb, weil sie zu nalie aneinander li^en, als dass ihr Eindruck bedeutsam sein könnte. Diese Zusammenstellungen äussern keine an- genehme Wirkung auf das Gefühl. — Dahin gehören Grün und Gelb, Roth und Orange. Diese charakterlosen Zusammenstellungen erhalten das Organ in fort- währender Unruhe, und hieraus ist das unangenehme Gefühl zu erklären, welches sie erzeugen. Diese prismatischen Farben sind nun allerdings ganz andere, als unsere Pigmente oder Malerfarben; jene sind die eigentlichen reinen Farben, — die Ideale der Farben — ohne irgend eine fremde Beimischung, während diese, auch in vollkommenstem Zustande, nie ohne eine solche sich vorfinden. Auch in der Natur finden wir die Farben sehr selten ganz rein, denn die Natur tritt weder in ihren Formen, noch in ihren Farben schroff hervor, sondern beide erscheinen abgerundet, gebrochen und vielfach vermittelt. Die Werke der Natur haben bei genauer Betrachtung auch keine gleichartigen Farbentöue, mögen sie dem Thier-, Pflanzen-, oder Mineralreich angehören. Himmel und Erde, Fleisch und Laub, Blumen imd Steine zeigen, so gleichförmig auch ihre Farbe in der Feme erscheinen mag, wenn man sie in der Nähe, besonders aber mikroskopisch betrachtet, eine ver- ständig und harmonisch gemischte Yerschiedenartigkeit von Tönen und Schattirungen. Dieser Umstand ist von grosser Wichtigkeit für den Maler und Gärtner. Weiss und Schwarz werden zwar nicht zu den prismatischen Farben gezählt, wohl aber gelten sie als solche im praktischen Leben. Sie heissen auch äusserste Farben und können mit jeder beliebigen Farbe des Kreises in Verbindung treten und dadurch neue Farbenabstufiingen erzeugen. Durch die Verbindung von Weiss und Schwarz entsteht Grau. Durch die Verbindung der sechs bunten Farben mit Weiss wird der Charakter jener Farben nicht verändert, da Weiss die Eigenschaft besitzt, den Farben einen luftigen Ton zu geben und eben dadurch ihre Lebhaftig- keit zu vermindern, sie also matter zu machen. Die Farben werden durch Bei- mischung von Weiss zwar heller, sie verlieren aber hierdurch ihre Klarheit und ihr Feuer. Schwarz macht alle Farben schmutzig, indem es solche dunkler macht ver- lieren sie ebenfalls ihre Reinheit und ihre Klarheit. Durch die Verbindung der sechs bunten Farben mit Schwarz erhält man die verschiedenen Klassen des Braun und Grau. Durch Verbindung der activen Hälfte des Farbenkreises mit Schwarz ent- stehen die verschiedenen Arten von Braun: das Gelbbraun, Orangebraun, Roth- braun und Purpurbraun, je nachdem Gelb, Orange oder Roth darin vorherrschen. Durch VerWndung der passiven Hälfte des Farbenkreises, namentlich wenn Blau darin vorherrscht, entstehen die verschiedenen Arten des Grau: das Graugrün, das Blaugrau, die Ghocoladenfarben, aber nur in diesen, da es kein Gelb- oder Rothgrau, ebensowenig wie es ein Blaubraun giebt. Alle diese genannten 38 UEBER DIE BEDEUTUNG DER FARBEN FÜR DIE BILDENDE GARTENKUNST. Namen begreifen wiederum eine mizählbare Menge von Interpolationen in sich, und es lassen sich durch solche Zusammensetzungen prachtvolle Farben darstellen. Da wir es aber mit dem Gegebenen zu thun haben, und da man die Farben in der Natur sehr selten in ihrer Reinheit vorfindet, so muss als Regel gelten, dass, um Gontraste oder irgend einen Grad derselben zu erzielen, man bei Zusammenstellung gebrochener Farben hauptsächlich auf die Grundfarben zurückgehen muss. Mit Grün werden daher alle diejenigen Farben eine entsprechende Zusammen- stellung bilden, in denen Roth die Grundfarbe ist, also alle Abstufungen des Roth, Rothbraun etc. Es versteht sich hierbei von selbst, dass die Gontraste am höchsten sind, je mehr die betreflfenden Farben den durch das Prisma erzeugten entsprechen oder sich nähern. Dasselbe lässt sich auf Gelb und Violett, Blau und Orange an- wenden, auch sind hierin die braunen und grauen Farben, in denen Gelb und Blau die Grundfarbe bildet, mit begriffen, also die ganze Klasse der Gelb und Orangebraun, Blau- und Purpurgrau. Den Gontrasten stehen die Schattirungen gegenüber. Diese werden her- gestellt durch verschiedene Abstufungen derselben Grundfarbe, zuweilen mit Bei- satz von Braun und Grau. In den Zusammenstellimgen von Blumen lassen sich, sowohl in den Gontrasten, wie in den Schattirungen, sehr artige Farbenbilder erzeugen, namentlich hat die m neuerer Zeit so beliebte Teppichgärtnerei hierin vielfach den Beweis geliefert, obgleich dieselbe, oft viel zu häufig, auch oft sehr am unrechten Orte angewendet und obgleich viel darin gesündigt wird. Weiss, Schwarz und Grau passen, da sie, wie erwähnt, zu den bunten Farben in einem allgemeinen oder neutralen Verhältniss stehen , auch wieder zu allen Farben, sie verderben nichts und dienen auch wieder zur Grundfarbe und zur Lösung der Disharmonie. Schwarz wird begreiflich die meiste Wirkung thun, wenn man es zu den Farben der activen. Weiss, wenn man es zu den Farben der pas- siven Hälfte des Farbeukreises stellt. Welche trefflichen Effecte farbige Verzierungen auf schwarzem Grunde hervorbringen, dafür liefern die merkwürdigen Wandgemälde von Herculanum und Pompeji (in dem Werke von Wujielm Zahn) den Beweis. Schon aus dieser sinnigen Verwendung der Farben lässt sich wohl mit Recht auf den hohen Gulturzustand der Römer jener Zeit schliessen. Für den Garten und die Landschaft kommt die schwarze Farbe nicht in Betracht, da sie weder in den Blumen noch in den Blättern vorkommt. Ganz schwarze Blumen giebt es nicht, ebensowenig ganz graue; ein reines, vollendetes Schwarz kommt erst an der Grenze der vegetabilischen Welt, an den härtesten Samen, wie an Dictamnus, AUium^ Lilium etc. vor; matter erscheint es bei Iris^ Canna^ Anthericum etc. Auch die Beerenfrüchte einiger Gehölze sind bei UEBER DIE BEDEUTUNG DER FARBEN FÜR DIE BILDENDE GARTENKUNST. 39 vollkommener Reife schwarz, wiei bei einigen Äronia, Cerasus^ Prunus, Sambucvs, Viburnvm, Rosa, Bhamnus etc. Arten. Ein mattes Grau ist eine besonders edle Farbe, es eignet sich vorzugsweise zur Grundfarbe. Auf einer Tapete mit grauem oder weissem Grunde kann man alle Farben anbringen, am schönsten aber nehmen sich die harmonischen Contraste darauf aus, namentlich Roth und Grün, z. B. Epheu und der wilde Wein mit den rothgefarbten Blättern. Wie gut Grün zum Grau steht, sieht man häufig in der Natur an grauen Baumstämmen, welche mit Moos und Schlingpflanzen bekleidet sind, ferner an grauem, verwittertem Gemäuer, an welchem oft Moose, Farne, Ardirrhinum Linaria und andere kleine Kräuter sich angesiedelt haben und mit ihrem lebhaften, frischen Grün wie in den grauen Grund gestickt erscheinen. Ein helles Grau mit einem schwachen Zug in Roth ist auch der beste Anstrich der Häuser, weil diese Farbe zu dem umgebenden Grün des Baumlaubes am besten steht. Die gelbe oder gelb- braune Farbe, welche man häufig zu diesem Zweck verwendet sieht, wird das Auge nie befiiedigen, weil Gelb und Grün zwei zu nahe verwandte Farben sind und deshalb Disharmonie hervorrufen. Weiss ist die beste Mittelfarbe, sie passt zu allen Farben und ist deshalb z. B. für das Arrangement der Blumen die wichtigste Farbe, denn sie löst alle Disharmonie. Man kann die barocksten Zusammenstellungen machen: bringt man Weiss dazwischen, so ist die Sache wieder in Ordnung; denn das eingeschobene Weiss lässt jede andere Farbe selbstständig erscheinen und wirken. Ebenso wie Weiss alle Farben hebt, so ist diese Eigenschaft durch andere Farben auch auf Weiss rückwirkend; es wird wiederum durch andere Farben gehoben, vorzugsweise durch diejenigen der passiven Hälfte des Farbenkreises. Dass dies so sei, erhellt aus einem allgemein bekannten Beleg, nämlich der Schneefiäche, welche die Erde im Winter bedeckt. Beobachtet man diese, so hat man wiederum die Gesetze der Farbengebung in der Natur. Auf Schneeflächen sehen alle Gegenstände gut aus, sie mögen eine Farbe haben, welche sie wollen: grüne Nadelholzwälder, welche in der Ferne ins Bläuliche oder Blaue ziehen, entlaubte Bäume und Gehölze mit grauer oder bräunlicher, roth, gelb, oder braun gefärbter Rinde; Dörfer mit verschieden geßlrbten Häusern etc. Da die weisse Farbe die Gegenstände dem Auge näher führt, so können wir z. B. oft sehr entfernt liegende Gebirgszüge, sobald sie beschneit sind, in ihren Umrissen und Gruppirungeu weit deutlicher erblicken, als dies ohne die erwähnte Farbe des Schnees überhaupt möglich ist. Die am meisten vorherrschende Farbe des Pflanzenreiches und diejenige Farbe, mit welcher die Natur am verschwenderischsten umgegangen, ist Grün. Eine Menge Gewächse, z. B. die Gräser produciren nichts Anderes. Je häufiger die Natur Grün anwendet, desto sparsamer wendet sie das dasselbe ergänzende Roth an, da es unter allen Farben die Sehkraft am meisten angreift und schwächt, 40 UEBER DIE BEDEUTUNG DER FARBEN FÜR DIE BILDENDE GARTENKUNST. da es sich — wie Goethe sagt, — formlich in das Organ einbohrt. Nächst Grün werden die gelbe, die braune und die graue Farbe, — die Farbe des Rau- mes — in der Natur am häufigsten angetroffen. Grün ist vorzugsweise die Farbe des Laubes; Roth, Gelb, Blau, Orange und Violett vorzugsweise die der Blumen. Wie die Natur die reinen Farben aber überhaupt nur selten anwendet, so erscheint auch Grün fast immer gebrochen, in zahllosen Nuancen und in gemildertem Tone, woraus sich seine angenehme contrastirende Kraft gegen die lebhaften Farben erklären lässt. Das Grün hat doppelten Reiz, wenn alles umher weiss und grau ist; deshalb sollte man Nadelhölzer und immergrüne Gewächse, wo es die Oertlichkeit erlaubt, in den Landschaftsgärten häufig anwenden, ohne selbstverständlich in Ueberladung zu verfallen, — und zwar in besonderer Rücksicht auf den Winter. ■ Die Natur belebt namentlich die langen Winter der nordischen Regionen des Con- tinents mit Nadelhölzern und weist uns auf diese Weise selbst darauf hin. Der grosse Anklang, dessen sich unsere Wintergärten erlfreuen, findet wohl hierin seine Erklärung. In den Gärten und Anlagen hüte man sich aber auch hierin vor Ueberladung, wie man dies gegenwärtig leider in der unverhältnissmässig grossen Anwendung der Coniferen im Vergleich zu den Laubhölzern sieht. Die Natur begnügt sich in ihrer Farbengebung nicht damit, dieselbe Farbe und denselben Ton zu produciren und ihn unverändert beizubehalten, sondern sie durchläuft bei einer und derselben Pflanze einen grossen Theil der Farbenscala, und man kann im Allgemeinen sagen, dass sie bei den hellen (activen) Farben anfängt und mit den dunklen (passiven) endet, sei es auch nur, dass sie die hellen Töne derselben Farbe zunächst erzeugt, um mit der fortschreitenden Vegetation immer mehr und mehr in die dunklen überzugehen, bis sie zuletzt in das Farblose zurückkehrt und so den Farbenkreis jeder besonderen Farbe, je nach ihren unendlichen Abstufungen vom Hell zum Dunkel, in sich abschliesst. So beginnt das Grün des Lenzes: das der Saat, des Laubes etc. mit seinen hellen Tinten, wo es sich zum Gelb neigt ; je näher der Sommer kommt, desto mehr zieht es ins Blaue, bis es endlich, nachdem es seine Farben zersetzt hat, ins Gelbe, Braune und Weisse übergeht und — der Winter vor der Thür ist. Diese vor- und rückschreitende Metamorphose der Blätter offenbart uns auch eine andere, nicht minder interessante Erscheinung, nämlich die grüne Farbe der Wiesen und Rasenflächen. Das Grün des Frühlings ist nicht dasselbe, wie das des Sommers und Herbstes, denn so wie überhaupt im Frühling sowohl im Grün der jungen Blätter der Bäume, als in denjenigen der Gräser das G^lb vorherrscht, so ver- schwindet dasselbe immer mehr mit dem Vorrücken der Jahreszeit, die Säfte con- centriren sich, und es entsteht ein grösserer Zug nach Blau. Deshalb ist auch das Grün des Frühlings um so vieles heiterer, belebender und aufregender, weil es einen hellen Ton besitzt und sich der activen Hälfte des Farbenkreises, dem UEBER DIE BEDEUTUNG DER FARBEN FÜR DIE BILDENDE GARTENKUNST. 41 Gelb nähert, während das auf der passiven Hälfte des Farbenkreises befindliclie Blau auch in seiner Vermischung mit Grün seine ernste und beruhigende Wirkung äussert. Dies führt uns auf eine Erscheinung im Gebiete der Farbenwelt, welche uns die entwickelten Grundsätze der Farbengebung im Grossen offenbart und ange- wendet zeigt, welche deshalb fiir das Colorit der Landschaft und somit auch für die bildende Gartenkunst von so grosser Bedeutung ist: — auf die erwachende und sterbende Vegetation, — den Farbenwechsel des Frühlings und des Herbstes. Gerade dieser giebt imserer Zone einen Reiz, welcher den Tropenländern unbekannt ist. Aber nicht allein der Frühling und der Herbst, sondern alle Jahreszeiten erhalten ihren Reiz hauptsächlich durch die Farben, welche die Natur in der V^etation vor- oder rückschreitend allmählich entwickelt. Es ist interessant zu beobachten, wie die Natur, indem sie im Fortschreiten der Jahreszeiten allmählich die verschiedenen Farben entwickelt, zuletzt, wenn die Zeit der Blumen vorüber ist, gleichsam als des Malens mit reinen Farben über- drüssig, in die unbestimmten und gebrochenen Farben übergehend, die schönsten Beispiele der zartesten Uebergänge erzeugend, zuletzt in den dunklen Farben er- stirbt. Denn nicht allein in der Entfaltung der Blumen und Früchte ofifenbart sie uns die Gesetze der Farbengebung, sondern sie führt diese Gesetze mit gleicher Consequenz bei allen ihren Schöpfungen durch. Ebenso wie jeder organische Körper seine Formen im Kleinen wiederholt, — wie man ä. B. an dem Skelett einer Birne oder eines Apfels die ganze Form des Baumes, den Stamm, die Zweige etc. im Kleinen wiederholt sieht, ebenso befolgt sie auch diese consequenten Gesetze in ihrer Farbengebung, und von dem Keimen der Pflanze bis zur Blüthe und Frucht, wird in der Regel der ganze oder der grösste Theil des Farbenkreises durchlaufen. Also nicht allein an den Blumen finden wir dieses Naturgesetz an- gewendet, sondern wir finden es auch in den übrigen Theilen der Pflanze, den Früchten und namentlich auch in den Blättern wiederholt. Nur sehr wenige Früchte bleiben grün , wie bei Orataegua uniß(yra D. iZ., einige gehen durch Grün in Gelb über, wie Orataegua leucophleos Meeh. und Hippophae rhamnoides L.; viele be- endigen ihren Farbenwechsel mit Roth, wie Orataegua coccinea L. und Daphne Mezereum L. Viele haben dunkelfarbige Früchte, wie die der Sorbua apuria Pera. Anfangs grün, gehen sie durch Gelb und Roth in Schwarzviolett über. Ueberblicken wir einen Laubholzwald in seinem Frühlings und Herbstkleide aus einem höheren Standpunkte , so offenbart sich uns die ganze Farbentheoric der Natur — ein ewiger Kreislauf. Vergleicht man den herbstlichen Farbenwechsel mit dem des Frühlings beim Austreiben der Knospen, so findet man häufig, dass die Blätter im Herbste auf dieselbe Farbenstufe zurückgehen, welche sie bei ihrer Entfaltung im Frühjahr zeigten, wenn nämlich in beiden Fällen die Färbung unter normalen Verhältnissen vor sich ging. So sind z. B. die Blätter der Trauerweide 42 ITEBER DIE BEDEUTUNG DER FARBEN FÜR DIE BILDENDE GARTENKUNST. {Salix babylofiica) beim Ausschlagen und beim Absterben gelb; bei dem Flieder {Syrhiga mlgaruf) in beiden Fällen meist orange; bei dem Weissdorn {Craidegus ox^yacantha) und bei den amerikanischen Eichen mit rother Herbstfärbung roth; und das abfallende Blatt des HoUunders (ßambxicus nigra) zeigt dieselbe dunkel- violette Farbe, mit welcliem es gleich nach dem Aufbrechen der Knospe auftrat. Bei der herbstlichen Färbung darf man nicht ausser Acht lassen, dass die Blätter nur so lange Farbe produciren, wie ihre Lebensthätigkeit dauert, hört diese auf, so ist auch die Farbenproduction beendet. Die Meisten verwechseln ver- änderte Blätter mit verwelkten und verwitterten; dies ist ebenso, als wenn man reife Aepfel mit den faulen zusammen werfen wollte. Der Uebergang des Blattes tu einer höheren Färbung ist ein Beweis, dass es bei der Reife angekommen ist, die der Reife der Früchte entspricht. Die Reife, die sich in der Farbenpracht ausspricht, deutet an, dass jedes Blatt die Höhe seiner Entwickelung erreicht hat. Es ist dies eine natürliche Erscheinung, und wir sehen ein solches Absterben mit der Ruhe, mit der man dem Auslöschen eines IJchtes zusieht, welches das Oel seines Lebens verzehrt hat. Es ist auffallend, dass die Farben der Blätter in der Entwickelungsperiode aus dem Grün in einer Stufenfolge hervorgehen, in welcher sie genau die Reihe des prismatischen Farbenbildes einhalten. Viele Blätter haben ihre Lebensthätig- keit schon bei der gelben Farbe erschöpft, wie die der Linden, der Pappeln, des Massholders {Acer campestre)^ der Maulbeerbäume, der Weiden; andere gehen schon bis Orange, wie die des deutschen Ahorns {Acer Psendoplaianus), der Rosskastanie, des Tulpeubaumes ; dann kommt die rot he Farbe, die äusserste nach dieser Seite des Spectrums, wie beim Schneeball {Vibumum Opvlm und LarUana), bei den Sumach- Arten {Rhus coriaria unätyphiiia), beim wilden Wein {Ampdopsis hederacea), bei den Scharlacheichen, deren es eine ganze Klasse giebt, beim Liquidambar dyraciflua u. a. Weit seltener durchläuft dagegen der herbstliche Farbenwechsel die entgegengesetzte Seite des Spectrums und nur bei wenigen Sträuchern, wie bei Liguslrum vulgare und Sambucua nigra, sehen wir das Grün der Blätter durch Blau in Violett übergehen, welches dabei schon in die rothe Farbe zieht, wie bei Cornuii sanguinea, oder ganz in dieselbe übergeht, so dass die letzte Farbenstufe, welche die welkenden Blätter erreichen können, die rothe ist. Es geht daraus hervor, dass die Färbung des Blattes im Herbste den umgekehrten Gang befolgt wie im Frühling, indem sie bei der Entfaltung von einer den Polen des Spectrums näher liegenden Stufe (Orange, Gelb) zum Grün aufsteigt, und beim Welken von diesem auf entgegengesetztem Wege wieder zu der gegen die Pole hinliegenden Farben- stufe zurücksinkt, so dass der Farbenwechsel des Frühlings als eine vorschreitende, der Farbenwechsel des Herbstes als ehie rückschreitende Farben -Metamorphose des Blattes erscheint. In den verschiedenen Jahreszeiten finden wir auch Blumen von allen Farben, doch so, dass bald die eine, bald die andere Farbe vorherrscht. Die ersten Blumen UEBER DIE BEDEUTUNG DER FARBEN FÜR DIE BIIJ)ENDE GARTENKUNST. 43 sind gewöhnlich weiss, wie Hellebw'vs niger, Galanthtis nivalis, Ijcticqjum vernum, BeUis perennis. Im Frühling gelbe und orangefarbene: Narcisms^ Caliha, Prirmdaj RanuncxduSy TroUius etc. Im Sommer kommt Roth, Purpurroth und Blau: Rosa, Paeonia, LUium, Lychnis, Iris, Ddphinium, CampaniUa, Aconitum, Ipomoea etc. Im Herbst kommt wiederum das Grelbe mit seinen Schattirungen bis ins Braun. Der Winter bringt uns wiederum das Weiss. So finden wir bei den Blumen im Allgemeinen den Farbenkreis in den Jahreszeiten nachgewiesen. Diese Erscheinung offenbart sich ims auch in den verschiedenen Klimaten. Die Kälte nimmt die Farbe gefangen, denn zur Entwickelung der letzteren gehört Licht und Wärme. Deshalb finden wir auch im Norden die weisse Farbe vor- herrschend, denn diese deutet auf Erstarrung; und zwar nicht allein bei den Pflanzen, sondern auch bei den Thieren. Im höchsten Norden sind fast alle Thiere, sowie die Blumen, gleich der Erde, weiss. Die grösste Farbenpracht entfaltet sich dagegen in der heissen Zone, wie an allen Erzeugnissen der Tropenländer, seien dies Thiere oder Pflanzen; denn die prächtigen Farben Roth, Purpurroth und Blau bedürfen zu ihrer Entwickelung mehr Wärme und eines veredeiteren Vege- tationsprozesses. Von welcher Bedeutung die Farbe der Früchte für eine Landschaft zu einer Zeit ist, wo die Blumen vorüber sind, darf wohl nicht erst erwähnt werden. Von nicht minder grosser Bedeutung sind auch die Farben der Rinde und die immer- grünen Bäume und Sträucher für den Winter, wo alles um uns her grau und weiss ist. Im abgestorbenen Zustande ist die Rinde weiss an der Birke, weiss- grau am Nussbaum, schwarz am Schwarzdorn, braun an den Spiraeen und vielen anderen; im Leben ist sie gelb bei Salix vitellina^ gelb und gelbroth bei mehreren Salix-Arten, blutroth bei Comus sanguinea und den jungen Trieben der meisten Gehölze; leuchtend roth bei Comvs sibirica^ grün bei Negundo a/seroides, Spartium (Sarothamnus) scopariv/m, vielen Cytisus- und Genista- Arten und den jungen Zweigen von Evonymus eurapaeus. Blau kommt gar nicht vor. Nichts gewährt im ganzen Reiche der Natur mehr Vergnügen, als die Be- trachtung einer schönen Landschaft. Aber unsere Landschaften leiden an Mono- tonie, welche in einer einzigen, alles beherrschenden Farbe, dem Grün, im Herbst vorzugsweise dem Gelb, seinen Grund hat, sie entbehren namentlich die herbstliche Gluth der nordamerikanischen Wälder.* Für eine schöne Herbstfärbung ist die Witterung von grossem Einfluss. Ein mildes, gleichmässiges, weder zu warmes, noch zu kaltes Wetter ist einer gleich- massigen Entwickelung der Färbung, sowie ihrer Dauer am Zuträglichsten. Der Frost macht die Blätter welk, die Hitze bleicht sie; in beiden Fällen entblättern * Vergl. den Aufsatz in der New- Yorker Staatszeitung vom 21. Sept. 1876, dem die folgende Schilderung entnommen ist, soweit sie Nordamerika betrifft. 44 ITEBER DIE BEDKUTUNG DER FARBEN Ft>R DIE BILDENDE GARTENKUNST. sich die Bäume frühzeitiger. Am schönsten wird die Färbung, wenn auf einen feuchten Sommer ein kühler Herbst folgt. In diesem Falle werden aber die Früh- fröste einer schönen Herbstfärbung nachtheilig. Im Ganzen erscheint nur alle 6—8 Jahre eine so vollkommene Herbstfilrbung, wie sie aus dem glücklichen Zusammentreffen aller Umstände hervorgeht. Vor allem von Bedeutung ist, dass die Herbstfärbung in Nordamerika Schritt für Schritt kommt und für jeden Baum und Strauch einige Zeit dauert. Grosse Gruppen folgen auf einander. Löscht eine ihre Flamen, so zündet die andere sie an, als ob die eine von der anderen ihre Gluth entnommen hätte. Stirbt der Rothahorn in seinem Feuerroth und Purpur ab, so bricht sein Verwandter, der Zuckerahorn, in den lichtesten Goldfarben aus; und wenn dieser welkt, kommen die Eichen mit ihren dunkeln und zugleich beständigen Farben, ihrem tiefen Braun, der verschiedenen Nuancen von Roth, von Violett, von Gelb. Der Rothahoni beginnt im August seine Reifezeit, die Eichen beschliessen sie in der letzten Octoberhälfte. Anfang November fiHlt der blendend weisse Schnee auf tiefbraune und rothgeförbte Eichenblätter, die noch nicht verwelkt oder gar bereits ver- west sind. Allmählich ist er gekommen, jeder Schritt hat seine Zeit und seine Zeichen. Der Herbst in Nordamerika ist ein Lächeln, mit welchem die Erde in den Schlaf versinkt, — ein brennendes Abendroth der Natur, das in Wald und Feld dem Winter vorleuchtet. Alles ist heiter und schön. Nächst dem Vorkommen der colorirenden Gehölze ist es aber auch das Klima Nordamerikas, welches die Entwickelung der Herbst&rbung begünstigt; dasselbe hat einen völlig anderen Character, als in europäischen Ländern gleicher Zone. Der Herbst kommt langsamer heran, der Sommer weicht zögernder vor ihm; bei klarem, wolkenlosem Himmel und bei sturmloser Witterung breitet sich noch eine milde, gleichmässige Wärme über die Erde. Die Farbenwandlung des Laubes wird eine weniger übereilte und zugleich mannigfachere Erscheinung, die früher beginnt, sich stufenweise vollendet und nicht rasch im Absterben und Abfidlen der Blätter sich abschliesst. Bei unseren europäischen Gehölzen haben wir meist nur gelbe und braune Herbstfilrbungen und die gelben bleiben bei hellen und bräunlichen Tönen. In Amerika finden wir alle Abstufungen von Gelb, von der Citronenfarbe bis zum tiefsten Gold- und Rothgelb, ferner mannigfaches Roth, Violett, Purpur und herr- liches Braun mit purpurnem tiefem Schein. Diese Aenderuug der Farbe der Blätter dauert vom Spätsommer bis in die letzte Hälfte October, und damit haben alle ihre Farben sich vollständig entfaltet. In Deutschland geht die Veränderung der Blatt&rbuug gewöhnUch schneller vor sich, oft ist sie schon mit dem Blatt- fall selbst verbunden, dem vorwaltenden Erdbraun ist schon viel vom Absterben und Zerfallen selbst beigemengt. Dennoch ist sie auch bei uns ein sehr zu beachtendes Moment für das herbstliche Colorit der Landschaft. UEBER DIE BEDEUTUNG DER FARBEN FÜR DIE BILDENDE GARITSNKUNST. 45 Es giebt viele Kräuter, welche zu irgend einer Zeit im Jahre das Grün ihrer Blätter und Stengel in leuchtendes Roth umwandeln, aber es sind wenige unter der grossen Zahl, welche durch diesen Farbenwechsel bedeutende land- schaftliche Wirkungen hervorbringen, derselbe ist sehr selten allgemein, sondern nach Zeit und Ort zerstreut. Es seien hier die mannigfachen Glieder des Heidel- beeren- und Moosbeeren -Geschlechts (Vaccinium)^ sowie unsere gewöhnliche Heide {Gaüuna vulgaris) genannt, welche zur Spätsommerzeit oft ausgedehnte rothe, tiefbraune und lila Farben in das verwitterte Grün der Wiesen, Moore und Wald- flächen weben. Die grossen Farbenmassen, welche weithin leuchten, werden erst von Bäumen und Sträuchern in die Landschaft gebracht. In den ersten kühlen Nächten des August verwandelt der Sumach sein grünes Kleid in Scharlach und Purpur, er verkündet die Farbenpracht, welche nun kommen soll. Da er bis jetzt noch allein mit diesen brennenden Farben aus dem allerdings schon trüben Grün der übrigen Gehölze hervorleuchtet, mag man ihn aus der Ferne leicht für einen seltsamen Blüthenstrauch halten. Wer je das Gezweig einer vollkommenen Edelkoralle gesehen, wird sich durch die gleiche Verästelung und die tiefrothe Farbe leicht an dieselbe erinnert glauben. Aber bald darauf gesellen sich aus dem übrigen Gesträuch, das mit ihm zu gleicher Zeit und an gleichem Orte vorkommt, reichliche Genossen, purpurne und braune Blätter sondern sich schon da und dort aus dem Grünen. Beim Rothahom (Acer rubrum) sieht man schon die merkwürdige Art des Beginnens im Farbenwechsel. Bald ist ein einzelner Zweig, ein einzelner Ast, bald sind die höchsten Spitzen geröthet. Sumpfiger Boden, den er liebt, lässt den Rothahorn meist bedeutend früher sein herbstliches Kleid anziehen, als höhere, trockene Lagen. Mit unerklärücher Willkür läuft manchmal das Roth in einer schiefen Linie über die Krone, als wenn der Blitz mit seinem Zickzack über dieselbe gefahren wäre; oder scharf abgeschnitten nimmt sie nlir eine Seite, oder die innere oder die äussere Seite des Baumes ein, im ganzen Walde wie an ein- zelnen Bäumen. Bei aller Willkür im Einzelnen, hat indessen die Erscheinung ihre Gesetze. Die Färbung ist im Anfang am tiefsten, ihr Fortschritt ist eigent- lich ein Ausbleichen, das freilich oft noch die herrlichsten Töne hervorbringt. Sie schreitet im einzelnen Blatte von den Adern in das zartere Zwischengewebe, am Baum vom Kronenumfang in das Innere fort. Wie sie oft das einzelne Blatt nicht zu sättigen vermag, bleibt auch das Innere der Baumkrone meist unvollkommener ge&rbt als das Aeussere. Derselbe Baum, derselbe Strauch zeigt, allgemein ge- nommen jedes Jahr dieselbe Färbung, er zeigt sie zu derselben Zeit. Selten sieht man zwei Gehölze, wenn sie auch nahe beisammen stehen, die nicht ein verschiedenes Herbstkleid angezogen hätten. Einige Bäume nehmen ausschliesslich gewisse Farben an, andere tragen ver- schiedene in verschiedener Mischung und Zusammenstellung. So produciren die 46 UEBER DIE BEDEUTUNG DER FARBEN FÜR DIE BILDENDE GARTENKUNST. Buche, die Birke, die Gleditschie, die Pappel, die Maulbeere und der Tulpenbaum nur Gelb in verschiedenen Tönen , bei den meisten tritt dieselbe Farbe nur kurze Zeit, bisweilen sogar nur einen Tag besonders hervor und erblasst allmählich. Nicht immer vollkommen gelb, sonderh meist mit Grün vermischt sind: Ulme, Hickory fCaryaJ^ Nussbaum, ächte und Rosskastanie, Linde, Weissbuche und auch die Wein- rebe und unsere gewöhnliche Esche. In Purpur und Scharlach kleiden sich die weisse und die Scharlach -Eiche, der Sumach, Kornelkirsche, Schneeball, wilde Rebe, Heidel- und Preisseibeere. Alle Töne von Gelb und Roth, Citronengelb bis Purpur erscheinen im rauhfrüchtigen oder Silberahom fA. dasycarponj sowie im gestreiften Ahorn (A, penaylvanieiim). Zerstreutes Gelb und Roth bei vorherrschendem Grün und nur in einzehien Fällen glänzende Gesammtfarbung entwickeln der spitzblättrige Ahorn (Acer plaianoides), Eberesche, W^eissdorn, die Kern- und Steinobstbäume, Brombeersträucher, Erdbeer- pflanzen und einzelne des Rosengeschlechts. Fast unverändert (grün) bleiben von den Gehölzen: Erlen, Robinien, Platanen, Weiden, wiewohl wenigstens bei einem Theil der letzteren die Blätter vor dem Abfallen eine gelbe Färbung annehmen. In ihrer Art einzig und schön ist die Herbstfärbung der amerikanischen Eschen, welche eigentlich in keine dieser Gruppen passen. Indem Purpur sich mit dem lichten Grün ihrer Blätter mischt, erscheint zuerst ein Bronce Ton, dann Chokoladenbraun, das bald mehr und mehr ins Veilchenblau schimmert, um allmählich mehr und mehr in einem röthlichen Gelb zu verbleichen. Wenn dann das Roth verschwindet, erreichen die Blätter in einem verschiedenen Gelb ihre volle Reife und fallen mit denen der anderen Gehölze im November. Leider ist aber gerade die Esche sehr empfindlich und es stört ein Herbstfrost diese schöne Verwandlungsweise in der Färbung schon in ihrem Beginn. FraxinvA arbutifolin, fuglwidifolia, pensylvanica , ptibescens; Orntts ameri^sana und rotwidi- folia zeichnen sich durch ein solches Herbstcolorit aus, sie sind sämmtlich in unseren Baumschulen vorhanden, gegen strenge Winter aber etwas empfindlich. Und welchen Schatz von schönen und merkwürdigen Dingen erschliessen nun im Einzelnen diese herrlichen Zustände? Weit ist hier übertroflfen, was wir an buntblättrigen Pflanzen im Gewächshause sehen. Von der Schönheit der rein gold- gelben, rein Scharlach und purpurrothen Blätter ist nichts weiter zu sagen, als dass sie in reichlichster Fülle vorhanden sind. Aber da sind Reihen von Ahornbäumen, von denen jeder auf jedem Blatt eine pfirsichrothe Zeichnung auf lichtgelbem Grunde trägt , rothe Spitzen oder rothe Adern , auch Streifen , oder mitten im Blatt einen anderen gefärbten Fleck. Und diese Zeichnungen werden kräftiger gegen die Spitze und gegen den Umfang des Baumes , so dass man leicht im Abpflücken von innen nach aussen fortwährend gleichsam alle Entwickelungsstufen der reizenden Verzierung erreichen kann. UEBER DIE BEDEUTUNG DER FARBEN FÜR DTE BIIJ)ENDE GARTENKUNST. 47 Wie schön ist dann der Gesammtausdruck eines solchen Baumes mit röth- lichem Hauch über das Gold imd Gelb hin! Wie überraschend, wenn er etwa zwischen Ulmen steht, die sehr lange grün bleiben, wo er, so ganz verschieden im Kontrast, kaum mehr baumartig aussieht, während ihm doch kein Blatt fehlt oder sonst Zeichen des Absterbens zu bemerken wären! Er lodert ganz auf, wenn die Sonne in ihn hineindringt, so leuchtend sind die herrlichen Farbentöne. Und wie ernst stehen dagegen wieder die Eichen da in ihren gesättigten Prachtfarben. Noch ein anderer Reichthum spricht daraus. Alles geht seinen Weg, alles strebt danacli sommerliches Grün in Gelb, Roth und Braun zu verwandeln, aber wo wird zweimal dasselbe gebildet? Die Mannigfaltigkeit der Farben ist ebenso gross wie die der Blätter, die Fülle der Abänderungen ist gross, sie ist unerschöpflich. Auch sind die Farben immer man möchte sagen pflanzenhaft mild und tief, bei allem Feuer niemals von solch einer mineralischen Härte, die manche Blumen in Masse so unerträglich macht. Landschaftsmaler haben aus diesen leuchtenden Herbstfarben schon manche kühne Inspiration geschöpft. Aber ihre Darstellung der leuchtenden Farben- meere will jenen Augen, denen die Natur in solchem Gewände nur ausnahmsweise einmal nahe getreten ist, nicht recht einleuchten. Wer die Erscheinung jedoch wochenlang vor Augen gehabt, den schönen Wechsel (die Wandelung der Farben) sich hat vollziehen sehen, der kann sich auch im Bilde an diesem Gewände er- freuen, das ihm eines unter den vielen ist, welche die Natur in Wald und Flur im Laufe des Jahres abthut. Die Einförmigkeit unserer deutschen Wälder erklärt sich auch daraus, dass dieselben in der Regel aus einer und derselben Baumart bestehen. Kiefern, Fichten, Tannen, Buchen, Eichen etc. finden wir in grossen Beständen, welche auf den Charakter der Gegend bestimmend einwirken. In Amerika ist dies nicht der Fall. Der amerikanische Wald besteht nicht wie der deutsche vorwiegend aus einer Baumart, man kennt in den vereinigten Staaten weder unsere Buchen- noch unsere Eichenforste, höchstens treten Fichten und Kiefern in compakten Massen auf, seltener Rüstern und Ahombäume; im allgemehien sind die Wälder der Union aus zwanzig bis dreissig und mehr verschiedenen Species zusammen- gesetzt, sie sind deshalb saftfrischer, grüner, im lebhaftesten Farbenspiel leuchtend. Und hieraus erklärt sich mit die grosse Mannigfaltigkeit der Farbengebung der dortigen Landschaften. Die Monotonie in unseren Landschaften hat in der einzigen, alles beherrschenden Farbe, dem Grün ihren Grund. Dieser Monotonie muss die Kunst abhelfen durch Anbringung von Bäumen mit purpurnen, weissen und gelben Blättern, durch Uebergangsfarben des Frühlings und des Herbstes, durch Bäume und Gehölze mit weissen, rothen, gelben und dunkelfarbigen Früchten, endlich durch solche mit weisser, rother und gelber Rinde als Winterzierde. Die Farben der Erde sind vorwiegend neutral, oft düster. Diese Mängel zu ver- bessern, muss die leitende Idee des wahren Künstlers in der Landschaftsgärtnerei 48 UEBER DIE BEDEUTUNG DER FARBEN FÜR DIE BILDENDE GARIIENKUNST. sein. Ist auch ein Stück Land schön von Natur, ein Garten auch vollkommen ausgeführt, so gewähren doch jedes mehr oder weniger Vergnügen, je nach der Geschicklichkeit und dem Geschmack, die bei der Bepflanzung angewendet sind, ebenso wie die Proportionen und die Schönheit des menschlichen Körpers durch die Art der Kleidung gehoben werden. Bäume, Sträucher und Blumen, sie bilden in der That das äussere Kleid der Landschaft, und dieses hat der Gärtner in seiner Gewalt, Jeder denkende Beobachter, welcher unsere Baumscenerie kurz überblickt hat, wird zugestehen, dass die Contraste der Farbe, so schwach und wenig variirt sie im allgemeinen auch sind, ihm eines der anziehendsten Bilder gewährt haben. Wenn also die geringe Variation, welche hauptsächlich auf dem Contraste zwischen hellem und dunklem Grün beruht, als ein Element der Schönheit angesehen wird, dürfen wir da nicht billig folgern, dass wir gewinnen würden, wenn wir die Contraste mannigfaltiger und schärfer machen? Eine grössere Variirung der Farbe wird ohne Zweifel eine Vervollkommnung der Baumscenerie in unseren Gärten und Anlagen mit sich bringen. Wir haben es mit malerischen Bäumen für eine malerische Wirkung zu thun. ITnser Material an Bäumen und Gehölzen ist keines- wegs unbedeutend, es ist besonders in den letzten Jalirzehnten durch die Be- mühungen unserer Pflanzensammler auswärts und unserer Pflanzenzüchter daheim bedeutend gewachsen. Zu den nordamerikanischen Gehölzen, welche unsre Winter ertragen, haben sich Grehölze aus dem inneren Asien, aus China und Japan gesellt, welche zu den werthvollsten zählen, die wir für unsere dekorativen Zwecke ver- wenden. Ebenso sind durch die Kultur schöne Spielarten von Gehölzen mit bunten, purpurrothen, gelben, weissen Blättern, sowie mit Blättern von verschiedenen Schattirungen und mit schönen Blüthen uns zu Gebote gestellt. Unter den hohen Bäumen sind sehr wenige, welche durch schöne Blüthen sich auszeichnen. Die Blüthen der Eichen, Buchen, Ahorn, Birken, Erlen, Linden, Ulmen, Eschen, Gleditschien, Nussbäume, Weiden, Pappeln etc. sind unbedeutend; auch die grünlich gelben Blüthen des Tulpenbaumes sind für die Ferne ohne Bedeutung. Die weissen und rothblühenden Rosskastanien sind mit ihren zalil- reichen grossen Blüthenfackeln von vortrefflichem Effect, ebenso die weiss- und rothblühenden Akazien, die Blüthenesche fOmusJ. Bei den niedrigen Bäumen und bei den Sträuchem finden wir in einzelnen Geschlechtern sehr schön und reich blühende Arten und Spielarten. Schon einzelne Familien wie z. B. die Corylaceen, die Pomaceen u. a. sind so reich an Arten und Spielarten, dass man mit ihnen fast allein arbeiten kann. Das Wie ist freihch die Hauptsache und der Gärtner muss Herr seines Materials sein, er muss eine genaue Kenntniss der Gehölze besitzen, um mit Erfolg wirken zu können. Durch das vorhandene reiche Material an Bäumen und Gehölzen können ^vir uns bleibende und vorübergehende Bilder und passende Uebergänge UEBER DIE BEDEUTUNG DER FARBEN FÜR DIE BILDENDE GARTENKUNST. 49 schaffen, ohue iu ein Haschen nach Effecten zu verfallen, welches, weil fehlerh^, zu vermeiden ist, da es die Einmischung der Kunst verräth. Die bleibenden Bilder sind werth voller, weil sie grössere Dauer besitzen, die Frühlings- und Herbstbilder sind vergänglich, da sie nur in diesen Jahreszeiten gezeigt werden können. Die verschiedenen Farbentöne der sich entfaltenden Blätter einiger Bäume gehen im Frühling gewöhnlich schnell in das allgemeine Grün über, und die glühenden Farben der Belaubung anderer Bäume im Herbst fallen vor dem Frost und den Winden in dieser Jahreszeit bald ab. Dennoch sind beide wünschens- werth, sie sind schön zu ihrer Zeit, sowohl einzeln, als in Verbindung mit einander betrachtet. Die warmen rothen und gelben Töne der sich entfaltenden Blätter erfreuen besonders in den kühlen Tagen des ersten Frühlings, und es sollte bei Anpflanzungen reichlich auf sie Bedacht genommen werden. Die Pracht der nordamerikanischen Wälder im Herbst ist ein Thema, bei welchem die Reisenden mit Vorliebe stehen geblieben sind, wir haben sie aus der obigen Schilderung kennen gelernt. Diese uordamerikanischen Bäume sind bei uns längst in Cultur, sie sind auch bereits häufig mit bestem Erfolg in unseren Anlagen angewendet, sie sollten aber besonders bei Verbesserung unserer Landschaften im grossen Styl, also auch an geeigneten Orten in den Forsten angewendet werden, namentlich die Scharlacheichen, welche schnellwüchsiger als unsre emheimischen Eichen, guten Ertrag an vorzüglichem Holz und Gerberrinde geben, zumal Samen und junge Pflanzen billig zu beschaffen sind. Wie unsre Eichen vertragen sie auch sehr gut den Hieb, und sind deshalb zur Niederwaldwirthschaft ebenfalls zu verwenden. Bleibende Bilder werden durch immergrüne Gehölze aller Art hergestellt. Unter ihrer grossen Zahl sind die Coniferen oder Nadelholzbäume die bedeutendsten. Sie verleihen auch unseren Winterlandschaften einen grossen Reiz. Da dieselben vorzugsweise in den verschiedenen Nuancen von Grün variiren, so kann man sehr artige Zusammenstellungen dadurch erzielen, dass man ihnen Gehölze mit schön gefärbter Rinde entgegen setzt, wie wir oben bereits gesehen haben. Ebenso thun Gehölze mit zierenden Früchten hier ihre Wirkung. Bei Anwendung der Nadel- und immergrünen Hölzer hüte man sich vor Ueberladung. Die zu häufige Anwendung derselben ist durchaus zu tadeln, sie verleiht den Anlagen im Sommer ein düsteres, monotones Ansehen. Als Kern von Laubholzpflanzungen, oder sporadisch in die letzteren vertheilt, hie und da eine Einzelgruppe derselben, werden sie immer von guter Wirkung sein. Die meisten Fruchtsträucher stellen auch im Frülyahr schöne Blüthensträucher dar, wie die Mispel- und Dorn -Arten, die wilden Aepfelgehölze, die Sorbus und andere Pomaceen. In firüherer Zeit war die Zahl der bunten Gehölze sehr beschränkt, die Anlagen in England wie in Deutschland wurden mit gewöhnlichen Gehölzen und die Haupteffecte durch Mischung von Laub- und Nadelholz hergestellt. Pbtzold, LandscJiüftRgärtnerei. 4 50 ITEBER DIE BEDEUTUNG DER FARBEN FÜR DTE BILDENDE GARTENKUNST. Die Gehölze, wo die Blätter nur zum Theil, entweder am Rande oder in der Mitte, nicht selten auch in der Form von Streifen, Flecken etc. eine andere Färbung haben, und welche buntblättrige oder panachirte heissen, ist in neuerer Zeit, wo man sie sehr liebt, ziemlich gross geworden. Es giebt wohl kaum ein bei uns einheimisches oder im Freien ausdauerndes Gehölz, von dem man nicht eine Form von panachirten oder bunten Blättern hätte. Diese buntblättrigen Gehölze sollte man vorzugsweise in kleinen Anlagen und in Gärten, sowie bei grösseren Anlagen im Pleasureground, mehr in der Nähe der Wege verwenden; im dichten Gehölz und in der Feme verschwinden sie zu sehr für das Auge. Diese bunt- blättrigen Gehölze sind selten sehr schön, durch zu häufige Anwendung können sie sogar störend wirken, man vermeide also das Zuviel. In dem Vorstehenden habe ich mich bemüht zu zeigen, dass die Materialien in Bezug auf die Farbe zur Verbesserung unserer Landschaften vorhanden sind; ihre Combination bleibt dem Scharfsinn und dem Fleiss eines cultivirten Geschmacks überlassen. Aus alle dem Gesagten geht wohl zur Gentige hervor, dass die Farbengebung in der Natur, obgleich in ihrer Mannigfaltigkeit unerschöpflich, auf einfache Gesetze zurück zu führen ist, welche sich im Regenbogen, in den Jahreszeiten, im Thier-, Pflanzen- und Mineralreich, in den verschiedenen Klimaten, in der Farbengebung der Blätter, Blumen und Früchte — in allen sichtbaren Gegenständen — wieder finden lassen. Mit Eecht sagt Goethe (Gespräche mit Eckermann): Das ist eben das Grosse in der Natur, dass sie so einfach ist und dass sie ihre grössten Erscheinungen stets im Kleinen wiederholt. Dasselbe Gesetz, durch welches der Himmel blau ist, (indem die Finsterniss durch ein erleuchtetes Trübe gesehen wird) sieht man ebenfalls an dem unteren Theil einer Kerze, am brennenden Spiritus, sowie an dem erleuchteten Rauch, der von Dörfern aufsteigt, hinter welchen ein dunkles Gebirge liegt.* * In den Beiträgen zur Landschaftsgärtnerei: „Zur Farbenlehre der Landschaft/' Jena, findet man das hier Angedeutete weiter ausgeführt I V. Linear- und Luft-Perspektive, Mit vier erläuternden Figuren und drei Ansichten. Die Landschaftsgärtnerei tritt nirgends in nähere Beziehung zur Landschafts- malerei, als in der Anwendung der Perspektive, d. h. der Berücksichtigung des Unterschiedes zwischen wirklicher und scheinbarer Grösse, die von den verschiedenen Entfernungen abhängt, aus welchen wir einen Gegenstand sehen. Ohne Beobachtung der Perspektive werden sowohl die Dimensionen als die Entfernungen der in einer Gartenanlage angebrachten Gegenstände anders, als man beabsichtigt, ja in manchen Fällen ganz verwirrt erscheinen. Für jeden bildenden Künstler ist die Kenntniss der Perspektive unentbehrlich, da jeder Gegenstand sich dem Beschauer perspektivisch darstellt und alles, was wir überhaupt mit unserem Auge wahrnehmen, nach bestimmten Gesetzen der Perspektive gesehen wird. Ganz besonders braucht der Maler die genaue Kenntniss der Perspektive; für den Gärtner ist dieselbe zwar auch wünschenswerth, er kann sie aber nicht in der Weise verwerthen wie der Maler, weil er mit der Natur selbst arbeitet. Wir werden uns deshalb auf einige allgemeine Grundsätze zu beschränken haben, und nur soviel davon geben, als der Gärtner wirklich davon verwenden kann. Die wahre Grösse eines Gegenstandes nennen wir die geometrische, die scheinbare die perspektivische Grösse. Die geometrische Zeichnung einer senkrechten Fläche, z.B. eines Gebäudes ist der Aufriss; die einer wagerechten der Grundriss oder Plan z. B. eines Gartens oder Feldercomplexes. Ein in Gedanken durch einen Gegenstand z. B. einen Berg, ein Gebäude geführter senk- rechter Schnitt, giebt uns den Durchschnitt desselben. Der Aufriss einer senk- rechten Fläche, auch der Durchschnitt, in sofern hierbei nur die Umrisse des durchschnittenen G^enstandes in Betracht kommen, ergiebt das Profil. Die Perspektive lehrt uns das Verhältniss, in welchem sich die Körper scheinbar verklemem, je grösser die Entfernung wird, in welcher wir sie sehen. 4* 52 LINEAR -PERSPEKTIVE. Gegenstände von konstanter Grösse, wie Menschen, Thiere, einstöckige Wohnhäuser, die ja in der Regel nach einem allgemeinen Maassstabe aufgeführt sind, werden, perspektivisch gesehen, uns nicht leicht über ihre Grösse täuschen; anders ist dies beim Anblick von Bäumen, Hügeln, Wasserflächen, Gebäuden von grösseren Verhältnissen, z. B. Thürmen, Schlössern, Brücken u. s. w. Bei diesen wird es uns schwer werden , das Verhältniss der scheinbaren Grösse zur wahren richtig zu beurtheilen. Befinden sich aber G^enstände von konstanter Grösse in der Nähe, weidet eine Heerde auf der am Fusse eines Hügels gelegenen Wiese, ergehen sich Menschen in der Nähe eines Schlosses, so giebt uns die bekannte Grösse der Menschen, des Viehes, den Maassstab für die Höhe des Schlosses oder Hügels. Die Perspektive ist die Wissenschaft, Gegenstände nach gegebenen Verhält- nissen zu zeichnen, wie sie von einem gegebenen Standpunkte aus nach ihrer Grösse, Gestalt und Farbe erscheinen. Je nachdem sie die Form oder die Farbe zum Gegenstand hat, wird sie Linear- oder Luftperspektive genannt. Die Linearperspektive wird zur Geometrie gerechnet, da sie beim Zeichnen der Form eines gegebenen Gegenstandes eine Anordnung der Linien und Winkel nach geometrischen Grundsätzen erfordert. Die Luftperspektive ruht zwar zuletzt auf den Lehren der Optik, für die Praxis muss aber hier die Beobachtung leiten, dass je nach der grösseren oder geringeren Entfernung eines Gegenstandes vom Auge, und nach der grösseren oder geringeren zwischen beiden liegenden Lüft- masse, die Form und Farbe der Gegenstände unbestimmter erscheint, also verändert wird. 1. Die Linear -Ferspektive lehrt beliebige Gegenstände so auf eine Ebene zu zeichnen, dass sie in Betracht ihrer Lage, Entfernung und Grösse dem Auge hinter dieser Ebene wirklich vor- handen zu sein scheinen. Das Auge wird also getäuscht, der Beschauer glaubt die Figuren erhaben, in grösserer oder germgerer Entfernung zu sehen. Der Maler erreicht dies durch verschiedene Mittel; er zeichnet entferntere Gegenstände mit geringerer Deutlichkeit in schwächeren Zügen; wendet er Farben an, so lässt er diese nach dem Hintergrunde zu verschwimmen und sie üeber- gänge zur Färbung der Luft und des Himmels bilden. Hiermit wird uns später die Luft- oder Farben-Perspektive beschäftigen. Durch die Linear-Perspektive versichert man sich der Richtigkeit und Anmuth der Umrisse, sie leitet nur die Zeichnung und Komposition; erst aus ihrer überlegten Verbindung mit der Luft-Perspektive entsteht ein Gemälde als treue Nachahmung der Natur. LINEAR -PERSPEKTIVE. 53 Die Perspektive ist für den Maler eine der nothwendigsten Wissenschaften, aber sie ist auch jedem bildenden Künstler von grösstem Nutzen. liEONARDO da ' Vinci, der sie — gleichzeitig mit Albrecht Dürer — zuerst zur Geltung brachte, nennt sie den Wegweiser zu einer guten Tlieorie des Malens und vergleicht alle Künstler, welche sich ohne sie behelfen, mit Schiffern, welche sich ohne Kompass und Segel auf das Meer wagen, und vom Zufall abhängig sind. Die Perspektive in ihrer Anwendung auf die Praxis gewährt dem Auge wie dem Verstände das grösste Vergnügen; es muss jedem denkenden Menschen Freude machen, die Ursachen zu kennen, warum jeder Punkt und jede Linie gerade diese Lage haben muss, und bei einer falsch ausgeführten Zeichnung augenblicklich die Fehler zu finden, und die MögUchkeit anzugeben, sie zu verbessern. Die Alten wandten die Perspektive zuerst bei der Ausführung der Dekorationen ihrer Schaubühnen an; sie sprachen vom Grundriss, vom Aufriss, von der Aussicht. Der Grundriss ist nach ihrer Ansicht eine vermittelst Zirkels und Lineals verjüngt ausgeführte Zeichimng, welche die Einrichtung der Grundfläche eines Gebäudes zeigt. Der Aufriss zeigt die verjüngte Abbildung der errichteten Fronte nach allen Verhältnissen des auszuführenden Gebäudes. Die Aussicht zeigt die ausgeführte schattirte Zeichnung der Fronte und der abgehenden Seiten, deren Linien in einem Augenpunkte zusammenfallen. Wenn wir aber auch nichts Bestimmtes darüber wissen, ob die Alten mit den Regeln der Perspektive bekannt waren, so bürgt uns dafür das schöne Eben- maass ihrer Bauten und Skulpturen, wie die hohe Verehrung, die sie für geome- trische Kenntnisse hegten. Bei der Darstellung einer perspektivischen Zeichnung hat der Zeichner auf drei Punkte zu achten, über die er sich völlig klar sein muss: Grundriss, Profil, Körper. Der Grundriss ist eine Linearzeichnung und zeigt uns den Raum, den ein Körper auf dem Erdboden einnimmt; er stellt stets das Bild einer horizontalen Fläche dar, mag er geometrisch oder perspektivisch gezeichnet sein. Das Profil ist der vertikale Riss eines Objektes, dessen Ansicht er im Durchschnitt zeigte wobei alle Formen auf eine Fläche aufgetragen sind. Der Körper ist der nach Länge, Breite und Dicke dargestellte Gegenstand. Bei einer Zeichnung unter Anwendung der perspektivischen Regeln sind drei Linien festzusetzen: 1) Die Grundlinie. Sie ist die Linie, auf welcher das Objekt steht und die niedrigste Linie des Gemäldes; sie läuft der Horizontale parallel. 2) Die Horizontallinie. Sie wird stets in der Höhe des Auges der betrachtenden Person angenommen. 54 LINEAR- PERSPEKTIVE. Steht diese erhaben, so ergiebt sich die hohe Horizontale, und der Zwischen- raum zwischen ihr und der Grundlinie ist dann am grössten; steht sie in der Ebene, so ist die Entfernung zwischen ihr und der Grundlinie gleich der Höhe des Auges von der Fusssohle, und es ergiebt sich der gewöhnliche Horizont; liegt die betrachtende Person am Boden, oder steht sie in einer Vertiefung, die ihrer Höhe bis zum Auge gleichkommt, so entsteht der niedere Horizont, welcher mit der Grundlinie zusammenfallt. 3) Die Vertikallinie. Sie theilt das Gemälde in zwei gleiche Theile und schneidet die Horizontale im rechten Winkel, auf der Grundlinie endigend. jRmimmtamnU \ JwmMmkJi y / • \ 1 J \ • / il \\ # • 1 * *• 1 • • ■ « ■ • .^ i \ Xt-Ä / '^/ \, 4 / SK-f^ FeräärmiunHiiie '-^ i^ ry vy V ^DidanmimMlA» ;5: .•■ 1: QrwiutlmiB 1 Fig. 1. Die Gesichts linien sind diejenigen Linien, welche von zwei willkürlich angenommenen Punkten im Umriss des Objektes, z. B. den Endpunkten einer geraden Linie, nach dem Auge gezogen, gedacht werden. Der Winkel, den sie mit dem Augenpunkte bilden, heisst der Gesichtswinkel; die Linie, welche denselben in zwei gleiche Theile theilt, in der vorhergehenden Figur log, nennt man den Mittelstrahl. Ist das Objekt eine Linie, so sind nur zwei Gesichtslinien vorhanden und bilden mit demselben ein Dreieck; ist es eine Fläche, so vereinigen sie sich über derselben im Augenpunkte und umschreiben die Form einer Pyramide, deren Basis das Objekt ist. Zieht man von den äussersten Punkten a und b nach den Distanzpunkten c und d die Diagonalen a d und b c, so ergiebt die Verbindung der Durchschnittspunkte der Gesichtslinien a o und b o die Verkürzungsliuie e f. Aus der Schneidung der Vertikallinie und der Horizontale ergiebt sich der Augenpunkt o. Er befindet sich also nothwendig am Ende des senki'echt aus dem Auge nach dem Schnittpunkt der Vertikalen und Horizontalen schiessenden Strahles. Auf dem Augenpunkte, dem Distanz- oder Fernpunkte und den zu- fälligen Punkten beruhen alle perspektivischen Zeichnungen. Der Distanzpuukt UNEAR- PERSPEKTIVE. DO ist derjenige Punkt auf der Horizontalen, in welchem alle Distanz- oder Weiten- linien zusammenstossen, der Punkt c oder d. Er wird der Vertikale zur Rechten oder Linken angemerkt. Viele Maler nehmen diesen Punkt auf der idealen Ver- längerung der Horizontale ausserhalb des Gemäldes an und bestimmen seine Entfernung nach der Grösse des Abstandes der Füsse des Betrachters und der Grundlinie; betrüge diese 20 oder 30 Fuss, so würde derselbe in der gleichen Entfernung zur Rechten oder Linken des Gemäldes gedacht werden. Die Diagonallinien bilden einen Winkel von 45® mit der Grundlinie und enden in den Distanzpunkten. GesUÜmniBi Fig. 2. Fig. 3. Die zufälligen oder Accidentalpunkte sind abhängig von der Lage der Objekte; sie entstehen durch Schneidung der Horizontale und derjenigen Linien, welche weder senkrecht noch diagonal mit ihr sind. 56 LINEAR - PERSPEKTIVE. Alle unterhalb der Horizontale befindlichen Gegenstände sehen wir von oben, die über ihr liegenden von unten, die rechts oder links der Vertikale gestellten von der Seite. Deckt der Umriss eines Gegenstandes den Schnittpunkt der Vertikale und Horizontale, so sehen wir ihn als Fläche, er erscheint nicht perspektivisch. Je mehr sich also der Winkel, der vom Augenpunkt ausgeht, über den Horizont erhebt, desto mehr wird man von den oberen Begrenzungsflächen eines Körpers sehen, und umgekehrt, je mehr nach rechts oder links er sich von der Vertikale entfernt, desto breiter wird die linke oder rechte Begrenzungsfläche dem Auge erscheinen. Der sichtbare Horizont eines Gemäldes wird stets in der Höhe der Horizontal- linie liegen und muss auch dann in dieser Linie gedacht werden, wenn er durch Abhänge, Gebäude und Bäume verdeckt wird. Was die Wahl des passendsten Standpunktes für das Anschauen eines Objektes betrifft, so müssen wir berücksichtigen, dass dasselbe uns um so grösser erscheint, je grösser der Gesichtswinkel ist, in welchem wir es sehen. Gegenstände von gleicher Ausdehnung in verschiedener Entfernung gesehen, werden uns deshalb in verschiedener Grösse erscheinen, weil sich mit der Entfernung auch der Gesichtswinkel ändert, und zwar nimmt die Grösse derselben in dem Verhältniss ab, als die Entfernung vom Standpunkte des Beschauers zuninunt. Dagegen haben Gegenstände verschiedener Grösse, welche so gestellt sind, dass wir sie unter gleichem Gesichtswinkel sehen, für unser Auge gleiche Grösse. (Siehe die Figuren 2 und 3). Der grösste Gesichtswinkel, wobei das Auge aber nur mit Anstrengung deutlich sieht, beträgt für ein Objekt 90^; er entspricht der geringsten Entfernung des Auges vom Objekte; der kleinste Gesichtswinkel für ein Objekt beträgt 30® und entspricht der grössten Entfernung zwischen Auge und Objekt für den deutlichen Ueberblick. Die Erfahrung hat gelehrt, dass eine Neigung des Gesichtswinkels von 60° den bequemsten Standpunkt flir die deutliche üebersicht eines Körpers ergiebt. Natürlich gelten die angegebenen Winkelgrössen nur für einen einzigen Gegenstand, und fassen wir ein Landschaftsbild ins Auge, so gilt das Gesagte für dieses in dem Sinne, als sähen wir die dasselbe bildenden Bäume, Berge, Wiesen oder Wasserspiegel als Einheit. Wir wollen nun noch kurz den Unterschied erläutern zwischen dem geometrischen und perspektivischen Grundriss. Im geometrischen Grundriss sehen wir eine Fläche so, als befände sich unser Augenpunkt in dem Lothe, welches wir im Mittelpunkte der gegebenen Fläche errichtet denken; ist dieselbe ein Quadrat, so 'erscheint uns jede Seite gleich lang, jeder Winkel als rechter Winkel, oder mit andern W^orten, wir sehen die Fläche in ihren wirklichen Verhältnissen. UNEAR-PKRSPEKTIVE. 57 Der perspektivische Grundriss zeigt uns eine Fläche in allen ihren Theilen in der Richtung von der Grundlinie nach dem Horizont verkürzt; nehmen wir wieder das Quadrat an, so erkennen wir seine Seiten- und Winkel Verhältnisse nicht mehr wieder. Sobald wir einen Körper als solchen perspektivisch betrachten, haben wir es nicht mehr allein mit den begrenzenden Linien und Flächen zu thun, es tritt auch die Wirkung des Lichtes ein. Wir können uns einen Körper nur aus einer Materie bestehend denken, und diese wird uns sichtbar durch die Wirkung des lichtes. Das Licht pflanzt sich von einem leuchtenden Körper geradlinig fort, bis es auf seinem Wege einen undurchsichtigen Körper trifft (denn nur mit solchen können wir es hier zu thun haben), der seinen Fortschritt hemmt. Der Körper zeigt sich auf der dem Lichte zugewendeten Seite erleuchtet, die entgegengesetzte zeigt Schatten, d. h. Mangel an Licht. Je stärker die Beleuchtung eines Körpers, um so kräftiger ist auch sein Schatten und umgekehrt Ein leuchtender Körper strahlt aber sein Licht nach allen Seiten* aus, er erleuchtet nicht nur die ihm zugewendeten Flächen eines Körpers, sondern auch die Fläche, auf der sich dieser befindet. Der beleuchtete Körper zeigt nicht nur selbst eine Licht- und Schattenseite, er bewirkt auch einen Schatten auf der Fläche, auf welcher er steht, den wir Schlagschatten nennen; derselbe erscheint kürzer oder länger, je nachdem der leuchtende Körper sich höher oder tiefer über der ebenen Fläche befindet; steht derselbe senkrecht über dem erleuchteten Körper, so feilt der Schlagschatten mit der Grundfläche desselben zusammen und bleibt unsichtbar. Wird eine Ebene erleuchtet, welche von Vertiefungen unterbrochen ist, so erscheinen diese erleuchtet auf der vom Lichte entfernten Seite, während die dem Licht zugewendete Seite Schatten zeigt. Die Licht- und Schattenseiten eines vom Sonnenlicht beleuchteten Körpers sind nie konstant, sie wechseln mit der scheinbaren Bewegung der Sonne; dasselbe ist beim Schlagschatten der Fall. Da man diesen Veränderungen auf der Zeichnung nicht folgen kann, so hat man als Regel angenommen, dass das Licht auf eine Zeichnung in der Richtung der Diagonale von der linken Oberecke nach der rechten Unterecke und in einem Winkel von 45*^ einfalle. Der Schatten der erhaben durch die Zeichnung dargestellten Gegenstände wird so nach rechts hinter dieselben, der der vertieften nach links fallen. Die Begrenzungsflächen eines Körpers erscheinen verschieden beleuchtet in dem Grade, als das Licht in mehr oder weniger schrägem Winkel einfeilt; am hellsten ist die Fläche erleuchtet, auf welcher der Einfallswinkel des Lichtes dem rechten Winkel am nächsten kommt, so wie die entgegengesetzte Fläche den tiefsten Schatten hat. Die Uebergangs- flächen zeigen auch die üebergänge vom Licht zum Schatten. Der Schlagschatten zeigt die Form des Körpers, der ihn wirft, die aber nach der Grösse des Einfallswinkels des Lichtes, nach der ebenen oder unebenen Öö MNEAH-PGRÖI'KKTIVE. Gestalt der Hache, auf die er fallt, verschieden ist. Auch die Tiefe des Schiag- schattens uinimt nach seinen Grenzen hin ab, am stärks^n ist er au seiner Basis. Bei KöriHJrn, die von geradlinigen Flächen begrenzt sind, erscheinen dieselben ziemlich gleichniässig beleuchtet; doch bemerkt mau, dass die Flächen an den dem Beschauer zi^ewendeten Kanten das grellste Licht und den tiefsten Schatten zeigen, das Liclit verdunkelt sich allinälig, der Schatten verblasst nach der entgegengesetzten Richtung. Bei Köri>ern mit gewölbter Oberfläche ist der Ueber- gang vom Licht zum Schatten ein ganz allmäliger. — Bild I. Baflula iKuidh&ua. Vorder -Anilalit. In der Entfernung wird die Gestalt der Gegenstände kleiner, die Farben bhisser, die Ecken stumpfer, die kleineren Theile undeutlicher; ein langer Gang schmälert sich in der Entfernung immer mehr, so dass die beiden Seiten endlich in einen Punkt zusammen zu laufen scheinen. „Nicht wie er ist, sondern wie er uns erscheint, beurtheilen wir einen Gegen- stand",* denn jeder Gegenstand erscheint anders als er ist, je nachdem man ihn von der einen oder anderen Seite, von der Höhe herab oder umgekehrt sieht, denn das Bild des Gegenstandes hängt von dem Standpunkt des Auges ab. Sieht das Auge hoch, so sieht man mehr auf die Flächen, die Gegenstände werden sich mehr entwickeln, sie erscheinen deutlicher und auseinander gesetzter; befindet sich dagegen das Auge auf einem niedrigen Standpunkte, so erscheinen die Gegenstände • Fürst PCcKLER-ML'SKiu .jAiiJcutungen über Lands chaftsgürtiierei." r.lNEAk-PEK«PKKTIVE. 09 mehr anetnaudcr gerückt, weil sie sich gegenseitig deckeu. Aus diesem Grunde koDD man ebene Flächen aus einem holien Standpunkte besser übersehen als aus einem niedrigen. Alles, was über dem Auge liegt, wird von unten gesehen, und es stellen sich daher die Ansichten ganz anders als im vorigen Falle. Alle aufrecht stehenden Gegenstümie, wie Häuser, Bäume, Felsen etc. erscheinen zwar immer aufrecht stehend, sie mögen in der Nähe oder in der Ferne gesehen werden, dagegen ändern sich ihre Seitenansichten, je nachdem man sie von dem einen oder anderen Standpunkte aus sieht. Es kann ein Gegenstand von einer Seite schön, von der anderen hässlich erscheinen, denn jedes Bild hat seine Kehrseite. Bild Q. BkfiMla T*Tidhmiii. Beilen -ijulobt. Bauwerke werden erst malerisch durch perspektivische Zeichnung, deshalb muss man, die volle Vorderansicht vermeidend, immer eine Seitenansicht zu ge- winnen suchen, wenn nicht im erateren Falle die Silhouette schon eine schöne Linie giebt. Zur Erläuterung des Satzes dienen die zwei Zeichnungen von Rafeel's Landhaus. Innerhalb des Bereichs der Villa Borghese gelegen wurde es im Jahre 1848 bei der Belagerung von Rom vernichtet Bild I zeigt die vordere Ansicht des Gebäudes, mit der dasselbe umgebenden Pflanzung und Bild II dasselbe Haus und dieselbe Pflanzung in einer perspektivischen Seitenansicht. Am besten kann man einen Gegenstand übersehen, wenn man sich in «äne zwei- bis dreimal so grosse Entfernung stellt, als dessen Höhe beträgt. Steht man z. B, bei Gebäuden zu nahe an denselben, so ist die Ansiebt deslialb un- vortheilhaft, weil die perspektivischen Linien zu schnell fallen, während durch einen entfernteren Standpunkt ein massigeres Fallen der Linien eintritt. 60 lil NEAR - PERSPEKTIVE. Diese Regeln bei allen Gregenständen der Landschaft in der Natur anzu- wenden ist zwar unmöglich, allein man muss sie hei der Führung der Wege z. B. für die Hauptsachen doch möglichst berücksichtigen. Besser ist es jedenfalls, grosse Massen mehr im Mittelgrunde sehen zu lassen, als zu nahe. Sie erscheinen zwar durch die Entfernung kleiner, verkleinern sich jedoch nicht allzusehr und erscheinen dann natürlicher. Nackte Berge, welche einer Landschaft ein ödes Ansehen geben, müssen be- pflanzt werden; keinesfalls aber darf dieser Grundsatz besonders in gebirgigen Gegenden auf alle nackten Berghöhen angewendet werden. Es verstärkt nicht nur die malerische Gesammtwirkung des Gebirges, wenn sich aus seiner Mitte nackte Bergspitzen in malerischer Form erheben, sondern es giebt auch der ganzen Land- schaft ein grandioseres Ansehen. Unbepflanzte Berge erscheinen auch höher als bepflanzte, und Ruinen, die auf einer nackten Bergspitze stehen, haben ein impo- santeres Ansehen, als wenn ihre Umgebungen bepflanzt sind. Die hier angeführten Regeln der Linien-Perspektive sollen nur ganz allgemein einen Blick in dieselbe gestatten; es kann hier nicht der Ort sein, dieselben zu detailiren, sondern es sollte nur gezeigt werden, wie sie sich in der Natur dem Menschen aufdrängen, welcher daran gewöhnt ist, mit Nachdenken zu beobachten. In der Praxis des Landschaftsgärtners kommen die Regeln des Sehens be- sonders zur Geltung bei der Wahl der An- und Aussichtspunkte, und da, wo es gilt, die Mängel eines Landschaftsbildes, sei es durch Pflanzungen oder den Ge- brauch der Axt, zu beseitigen; auch die dem Garteukünstler erlaubten Täuschungen beruhen meist auf der wohl überlegten Anwendung der perspektivischen Regeln. Bei der Wahl eines Aussichtspunktes beachte man die Erfahrung, dass eine Ebene um so übersichtlicher und grösser erscheint, je mehr man sich über sie erhebt. Gegenstände, welche auf derselben zusammengedrängt erscliienen oder sich gegen- seitig deckten, entwickeln sich vor unseren Augen, wir können deutlicher die näheren und entfernteren unterscheiden; das Landschaftsbild, welches sich vor uns ent- wickelt, erhält Tiefe. Um die Grasflächen grösser erscheinen zu lassen , hat man in England eine angenehme Täuschung dadurch hervorgebracht, dass man in der Aussicht vom Hause kleinere Arten Vieh auf denselben weiden liess. ♦ 2. Die Luft- oder Farben -Perspektive. Erst wenn der Maler die Regeln der Luft- und Farben -Perspektive, mit denen der Linear -Perspektive verbunden, anwendet, wird es ihm gelingen, ein vollständig harmonisches Gemälde zu erzeugen;, er wird im Stande sein, alle ver- schiedenen Entfernungen der darauf angebrachten Gegenstände dem Auge deutlich zu machen und die Lokalfarben auf allen Gründen des Gemäldes zu bestimmen. LUFT- ODER FARBEN- PERSPEKTIVB. 61 Luft -Perspektive nennen wir sie als Wirkung der Alles umgebenden Luft, welche sich in mehr oder weniger dicken Schichten zwischen die verschieden ent- fernten Objekte lagert. Die Luft ist nämlich nur in dünnen Schichten für unser Auge völlig durchsichtig, in dickeren Schichten erscheint sie auf dunklem Hinter- grunde von blauer Farbe, die in ihrer grössten Reinheit sich an hellen Tagen im Blau des Aethers wiederspiegelt. Dieser blaue Farbenton der Luft legt sich auf alle innerhalb des Gesichtskreises befindlichen Gegenstände und schwächt ihre Färbung und Umrisse in um so höherem Maasse ab, je mehr sie sich vom Be- schauer entfernen. Nur durch treue Beobachtung dieser Einwirkung der Luft wird ein Gemälde naturwahr. Je nachdem die Landschaft bei klarem oder bedecktem Himmel, bei reiner oder wässriger Luft gesehen wird, erscheint dieser blaue Duft modificirt in der Färbung, oder wird bei grösserer oder geringerer Entfernung deutlich; am herr- lichsten zeigt er sich in der schönen reinen Luft, unter dem wolkenlosen Himmel Italiens. Italien ist das Land, wo der Maler das Kolorit der Landschaft studiren muss; er wird in aridem Gegenden grossartigere Formen, eine üppigere Vegetation finden, der Zauber der Farbe wird ihm nur dort zum klaren Bewusstsein kommen, nur dort wird er einen firuchtbaren Boden für seine Studien finden. Die Farben in der Landschaft erscheinen uns wegen dieser Einwirkung der Luft nur rein und saftig in grosser Nähe, der blaue Duft der Luft schwächt bald ihre Wirkung ab. Man hat beobachtet, dass dies Abschwächen der Farben in vertikaler Entfernung vom Erdboden weniger auffallend stattfindet, da die Luft nach dieser Richtung an Dichtigkeit abnimmt; deshalb erscheinen uns die Gipfel entfernter Gebirgsketten bisweilen deutlich am Horizont, während der Fuss im Nebel verschwindet; darum täuschen wir uns auf Gebirgsreisen so oft über die wahren Entfernungen, weil wir daran gewöhnt sind, die Entfernungen nach der abschwächenden Wirkung der dickeren Luft der Ebene zu taxiren. Für ein Gemälde ist es, ganz abgesehen von seiner künstlerischen Bedeutung, nicht gleichgültig, ob man es mit oder ohne Rahmen sieht. Ohne Rahmen erscheint das Büd haltlos, durch den Rahmen erhält es Abgeschlossenheit. Ebensowenig ist es gleichgültig, welche Farbe der Rahmen und das Zimmer haben, welche ein Bild umgeben, Gold t. B. passt zu allen Farben, in denen Grau und Blau enthalten ist. Grau und Rothbraun verbinden sich harmonisch mit Grün. Für eine Gemälde- gallerie hat man die Wahl zwischen dner unentschiedenen Farbe, da die Farbe der Wand das Auge nicht mehr auf sich ziehen darf, als die Färbe der Gemälde selbst, und einer überwiegend dunklen z. B. einem stumpfen Dunkelroth, weil dasselbe gegen die lebhafteren Farben der Gemälde ebenfalls zurücktritt. Wie mit einem Gemälde, so verhält es sich auch mit einem wirklichen Landschaftsbilde; es ist ein grosser Unterschied, ob man eine Gegend frei vor 62 LÜPT- ODER PARBEN-PER8PEKTIVE. sich hat oder ob man sie unter den Kronen der Bäume, aus einer Säulenhalle oder aus dem Fenster eines Salons sieht. Linear- und Luftperspektive wirken hier zusammen, um das Bild zurück zu treiben und ihm Tiefe zu geben. Die Richtigkeit des Angeführten beweist die folgende Ansicht der Wartburg (Tafel II), welche zugleich an die Hand giebt, wie es vortheilhaft ist, grosse Massen im Mittelgrund zu zeigen, da man in der Nähe zwar die Details der Burg sehen würde, jedoch ohne ein malerisches Bild zu erhalten. Grosse Gemälde sind mehr auf die Ferne berechnet, deshalb müssen sie mehr in Massen gehalten werden, um deutlich zu sein, da die Einzelheiten in der Ferne entweder ganz verschwinden oder das Bild undeutlich machen. Kleine Gemälde betrachtet man mehr in der Nähe, weshalb sie im Detail mehr ausgeführt werden müssen; ein Satz, der auch für die Landschaftsgärtnerei seine volle Giltigkeit hat. Auch auf die Beleuchtung der Landschaft durch die Sonne kommt Vieles an. Liegt eine Landschaft gegen die Sonne, so sieht man wenig, liegt sie der Sonne abgekehrt, so kann man sie immer sehr deutlich sehen, sie hat aber zu wenig Schatten, weil jeder Gegenstand ganz oder doch grösstentheils seinen eigenen Schatten bedeckt. Gegen Abend gelegene Ijandschaftsbilder wird man daher am besten des Morgens, und gegen Morgen gelegene am besten bei Abendbeleuchtung sehen. In der Regel hat es auch einen gewissen Reiz, eine Landschaft an einem duftigen Morgen gegen die Sonne zu sehen; unter diesen Umständen kann eine an sich hässliche Landschaft sogar schön erscheinen, besonders wenn die Silhouette der Gegenstände schön ist. In der Dämmerung erscheinen alle Dinge grösser, als sie sind, weil sie dichter als die Dämmerung sind. Dasselbe ist es mit dem Sonnenlichte , was man nament- lich beim Auf- und Untergange der Sonne wahrnimmt; dieses erscheint grösser als seine Umgebungen, weil es heller ist. Die Schönheit der Formen des Wassers, sowie namentlich auch der Reflex desselben, gründet sich ebenfalls auf die Gesetze der Perspektive. Je breiter und tiefer eine Wasserfläche, je weniger abschüssig ihr Bett ist, desto besser spiegeln sich die Gegenstände darin ab; je schneller es läuft und durch seine eigene Be- wegung aufgerührt wird, desto weniger kann es eine vollständige Abspiegelung bewirken. Es ist schon oben das Beispiel von fernliegenden Gebirgszügen angeführt, wenn sie beschneit und nicht beschneit sind, — wir kommen hier wieder darauf zurück, da dies ein treffender Beleg für die Luftperspektive ist. Die Berge erscheinen blau, denn indem wir sie in einer solchen Ferne erblicken, dass wir die Localfarben nicht mehr sehen und kein Licht mehr von der Oberfläche der Gegenstände auf unser Auge wirkt, gelten sie als ein rein finsterer Gegenstand, der durch die dazwischen tretenden Dünste blau erscheint. — Schnee und Eisberge erscheinen dagegen in grosser Entfernung noch immer weiss, und eher gelblich, weil sie durch den Dunstkreis immer noch hell auf unser Auge wirken. LUFT- ODER FARBEN -PERSPEKTIVE, 63 Die Wirkung der Luft -Perspektive auf die Farben wird uns deutlich, wenn wir den Farbenkreis zu Hülfe nehmen und Weiss und Schwarz, als den Inbegriff und den Mangel der Farben, einreihen. Die Farben ordnen sich dann in der .Reihenfolge: Weiss, Gelb, Orange, Roth, Grün, Blau, Violett, Schwarz. Weiss reflektirt die meisten Lichtstrahlen und fernt deshalb am wenigsten; wir täuschen uns deshalb auch leicht über die Entfernung von Gegenständen , die diese Farbe tragen, z. B. bei Gebäuden, die uns immer näher gerückt erscheinen werden, als ihre Umgebung; das Gleiche ist mit W^asserflächen der Fall, die wir, wenn uns ihre Begrenzung versteckt ist, stets näher glauben, als sie wirklich sind; darauf beruhen auch die Täuschungen, zu denen sich der Landschaftsgärtner bei künstlichen Wasseranlagen oder bei Benutzung schon vorhandener Wasserspiegel genöthigt sieht. An das Weiss schliesst sich Gelb an, das in grellem Licht blasser erscheint, in gedämpftem aber lebhafter. Es folgt Orange mit seinen Uebergängen in Roth, dann Grün, Blau und Violett, das dem Schwarz am nächsten steht. Gelb ist die nächste Farbe am Licht, es wirkt in seiner Reinheit und in hellem Zustande angenehm und erfreulich. Sehr unangenehm ist seine Wirkung, wenn es beschmutzt und ins minus gezogen wird. Orange ist eine stets hervortretende Farbe, indem es die Eigenschaften der beiden Primairfarben, Roth und Gelb, aus denen es gebildet ist, in sich ver- einigt Es ist wie alle activen Farben, heiter und belebend. Hat Orange einen Zug in Roth, so erhält es den Namen Scharlach, Feuerfarbe etc. Orange wirkt so kräftig auf das Auge, dass es in grossen Entfernungen sichtbar ist, es hat den Farbenton und zum Theil die Lebhaftigkeit des Sonnenlichtes, sowie der dasselbe bildenden Farben Gelb und Roth. Während dem Blau die Eigenschaft der Kälte vorzugsweise zukommt, hat Orange vorzugsweise die Eigenschaft der \^^rme. Die active Seite des Farbenkreises ist hier in ihrer höchsten Energie und es ist des- halb, wie Goethe bemerkt, kein Wunder, dass energische, gesunde Menschen sich besonders an dieser Farbe erfreuen. Nach den genannten Farben kommt in der Farbenperspektive das Roth, dessen zweifache vor- und rücktretende Kraft hier von der grössten Wichtigkeit ist. In Verbindung mit Gelb erzeugt es das secundäre Orange und das mit ihm verwandte Scharlach, und ist deshalb vorwiegend hervortretend; in Verbindung mit Blau dagegen erzeugt es das sekundäre Violett (Purpur), und das mit diesem verwandte Carmoisin. In diesem Falle ist es kalt und zurücktretend. Roth steht zwischen Gelb und Blau und ist deshalb die zweite Primairfarbe. Sie nimmt auch diese Stellung zwischen Schwarz und Weiss ein. Wegen allen diesen Eigenschaften^ behauptet Roth als Farbe einen hohen Rang. Roth ist die schreiendste aller Farben, daher die Vorliebe, die rohe Völker in allen Zonen dafür haben. Wir finden diese Vorliebe bei den alten Völkern Asiens, bei Griechen und Römern, 64 LUFT- ODER FARBEN -PERSPEKTIVE. auch war sie nebst Hochgelb die Farbe des Adels im Mittelalter. Nicht minder wichtig ist seine contrastirende Kraft mit dem in der Natur vorherrschenden Grün, das in der perspektivischen Scala nunmehr an die Reihe kommt. Aus diesen Kräften erklären sich die angenehmen Wirkungen der rothgefarbten Blumen, Früchte und Blätter, gegen das Grün der Rasenflächen, und der grünen Belaubung der Bäume und Straucher, sowie der rothgefarbten Hölzer der Comus u. a. gegen immergrüne Gehölze und Rasenflächen. Grün ist in seiner Neigung zu Gelb eine hervortretende (warme), in seiner Neigung zu Blau eine zurücktretende (kalte) Farbe, und diese Eigenschaften sind flir die Luftperspektive von der grössten Erheblichkeit. Es versteht sich hierbei von selbst, dass das relative Verhältniss, welches zwischen allen Farben und Farbenabstufungen herrscht, auch auf Grün seine vollkommene Anwendung findet. Bringt man namentlich lebhaftere Farben als: Weiss, Gelb, Orange, Roth vor Grün, so ist das Letztere gegen jene eine zurücktretende, in der Zusammenstellung von Blau, Violett, Schwarz und Grau eine vortretende Farbe. Dasselbe relative Verhältniss tritt auch unter den verschiedenen Nuancen des Grüit ein, was in der grösseren oder geringeren Neigung zum Gelb oder Blau seinen Grund hat. Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass sich hieraus der Reiz des Baumschlages erklärt, und die vortrefflichen Wirkungen, welche man durch eine geeignete Zusammen- stellung der Gehölze im Grossen wie im Kleinen erzielen kann. Am AuflFallendsten werden wir hierüber durch die Nadelhölzer und immergrünen Pflanzen überhaupt belehrt. Immergrüne Bäume und Gehölze haben im Allgemeinen wegen ihrer Neigung zum Blau einen dunklen Ton, während die sommergrünen oder Laub- hölzer im Allgemeinen wegen ihrer Neigung zum Gelb einen hellen Ton haben. Diese Eigenschaften sind die Ursachen, dass die ersteren gegen die letzteren, wenn sie belaubt sind, zurücktreten, während sie, nachdem die Entlaubung erfolgt ist, also im Herbst und Winter, auch wenn kein Schnee liegt, gegen die' grauen Aeste und Stämme mächtig hervortreten. Wegen seiner Verwandtschaft zum Schatten saugt Blau viel Licht ein, weshalb es bei starker Beleuchtung am kräftigsten hervortritt, während es bei schwacher Beleuchtung neutral und blass erscheint. Violett ist wegen seiner nächsten Verwandtschaft zum Schatten, vermöge deren es wenig Licht zurückstrahlt, die am meisten zurücktretende Farbe. Violett fernt um so weniger, je mehr es sich dem Blau nähert; es passt zwar, wie alle Farben, zu Grau, verschwindet aber um so mehr, je dunkler der Ton des Grau ist. Pflanzt man z.B. Veilchen auf ein Beet so weitläufig, dass die Erde hindurch sieht, so werden die Blumen, ungeachtet der sie umgebenden grünen Blätter, auch wenn der Flor noch so reich ist, doch in einer gegebenen Entfernung nicht zu sehen sein, wenn auch eine Mauer von verwittertem Stein den Hintergrund bildet, weil Grün (das bei den Veilchenblättern ebenfalls zu Blau neigt). Violett LUFT- ODER FARBEN -PEBSPEKTI VE. 65 und Grau kalte Farben siud. Gauz anders gestaltet sich die Wirkung, wenn man zwischen die violetten abwechselnd weissblühende Veilchen bringt; hierdurch wird das Ganze wesenthch gehoben. Wir können uns dies Verschwimmen der Farben nach der Feme leicht verdeutlichen, wenn wir Blau, als Farbe der Luft, den einzelnen Farben als Misch- farbe zugesetzt denken. Das Gelb erscheint demnach in der Ferne grünlich, Orange nähert sich einem schmutzigen Roth, dieses wieder durchläuft alle Nuancen bis zum Violett, weshalb Blau in helleren Tönen auch auf weit grössere Entfernung rein erscheint und nur dunkler wird. Grün durchläuft alle Uebergänge in Blau; desgleichen Violett, das am frühesten in der Farbe des Horizontes verschwindet. Anders verhalten sich Weiss und Schwarz. Das Weiss erscheint in der Ferne nicht bläulich, sondern gelblich, oder zeigt vielmehr einen Stich in Gelb oder Orange, der Komplementairfarbe von Blau; wir können diese Erscheinung deutlich da beobachten, wo der Horizont durch beschneite Berge begrenzt ist. Es ist dies jedenfalls nur eine optische Täuschung; denn sehen wir eine beschneite unebene Fläche im Sonnenlicht, so zeigen uns die Schatten das schönste Blau, wogegen die beleuchteten Stellen wie röthlich (orange) behaucht erscheinen. Bei trübem Wetter, oder wenn die Sonne nur einen Augenblick hinter eine Wolke tritt, wird dieser Eindruck sofort verschwinden. Diese Wirkung der Komplementair- farbe tritt aber nicht nur in diesem Falle ein: Alle erleuchteten G^enstände, von denen wir Schatten- und Lichtseiten sehen, sie mögen eine Farbe tragen, welche sie wollen, zeigen den Schatten in der Komplementairfarbe. Dasselbe gilt vom Schlagschatten; der vom weissen Sonnenlicht auf einer rothen Fläche erzeugte Schlagschatten erscheint grün, auf Gelb violett u. s. w., und ebenso der durch farbiges Licht auf weisse Flächen geworfene Schatten, z. B. wenn das Licht durch gefärbtes Glas gegangen ist. DasVerhalten des Schwarz ist dem der übrigen Farben gerade entgegengesetzt, es wird mit der Entfernung immer lichter, es hat nur den Uebergang in das Blau der Luft mit allen gemein, und wir können in der Feme nicht mehr unterscheiden, ob der blaue Duft der Luft sich auf einem schwarzen oder farbigen Hintergrunde lagert. Schwarze Gegenstände haben noch die Eigenthümlichkeit für das Auge, dass sie kleiner erscheinen, als weisse von gleicher Grösse, oder richtiger gesagt: dunkle Gegenstände auf hellem Hintergrunde erscheinen kleiner, als helle Gegen- stände von gleicher Grösse auf dunklem Hintergmnde. Bei der Bepflanzung von Blumenstücken hat man die Einwirkung der Luft- Perspektive auf die Farbe der Blumen sehr wohl zu beachten. Ein Blumenstück, welches in der Nähe sehr grell und bunt aussieht, kann in einiger Entfemung einen sehr angenehmen Eindruck machen durch das Zurücktreten der einen und das Hervortreten der anderen Farbe. Pbtzold, Landschaftsgttrtnerei. 5 66 liüPT- ODER FARBEN-PERSPEKTIVE. Bepflanzt man ein Oval in der Mitte mit Ddphinium chinense^ umgiebt diese mit Lychnis fidgens^ und bepflanzt den äusseren Rand mit Campanxda cor- pathica^ so macht sich diese Zusammenstellung gut, weil das in Orange ziehende Scharlachroth der Lychnis gegen das dunkelblaue Ddphinium und gegen die blau- graue Campanuta angenehm kontrastirt. Giebt man aber dem Ganzen einen weissen Grund durch Iberis amara^ dergestalt, dass die innere Fläche des Beetes ganz mit Weiss bedeckt ist, aus welchem Ddphinium und Lychnis hervorsehen, gegen den Rand aber Campanula carpaJthica in einzelneu kräftigen blauen Bouquets an das Weiss anlehnt, so ist diese Farbenzusammenstellung, wenn man nahe davor steht, etwas grell, obgleich die weisse Farbe zu den übrigen vortrefflich passt Von einem Standpunkte aus, der 20—30 Schritte entfernt ist und eine mehr seitliche Ansicht gewährt, erscheint das Ganze ungemein zart, und zwar in Folge des Verschmelzens der Farben unter einander und mit dem weissen Grunde. Jede Farbe muss durch ein Licht gehoben werden, und je heller und glänzender die Unterlage, um so schöner die Farben. Man kann auch Blumenstücken dunklen Grund geben und erreicht dies durch lockeres Bepflanzen der aus schwarzer Gartenerde bestehenden Beete, deren Konturen dann so wie der Grund sichtbar bleiben. Solchen Blumenstücken müssen aber sehr helle und lebhafte Farbenzusammenstellungen gegeben werden. Wie angenehm die Verschmelzung der Farben wirkt, zeigt die Seitenansicht einer Blumenaufstellung in Glashäusern oder im Freien. Die Verbindung von Blumensalons mit den Gewächshäusern durch Glaswände oder Glasthüren, durch welche man Seitenaussichten in die letzteren gewinnt, ist eine praktische Anwendung des Gesagten. Ich führe hier noch eine praktische Benutzung der Luft-Perspektive, ver- bunden mit den Regeln der Linear-Perspektive an, die der Fürst Pückler in Branitz ausgeführt hat, und die wiederum eine der unschuldigen Täuschungen ist, die sich der Landschaftsgärtner erlauben darf. Die folgende Stelle ist einem Briefe des Fürsten entnommen , welchen der- selbe an mich richtete, während ich meine Schrift „zur Farbenlehre der Land- schaft" bearbeitete. „Hinsichtlich der Farbenlehre," so schreibt der Fürst, „habe ich diesen Winter auch eine Erfahrung gemacht. Sie werden sich erinnern, dass von den Fenstern, wo ich wohne, der Horizont in ziemlicher Nähe durch einen Kiefernwald begrenzt war, ein kompleter Vorhang von einer Höhe und von einer Farbe. Diesem habe ich nun durch Aushauen von circa 500 Klaftern nicht nur eine sehr malerische gezackte Linie gegen den Himmel, sondern auch ganz verschiedene Farben gegeben, indem die vorderen Gruppen schwarzgrün hervor- treten, die entfernteren lichtgrün erscheinen, und die ganz weiten, die nun erst sichtbar geworden, in verschiedenen blauen Nuancen sich darstellen. Eine ganz kunstgemässe Nuancirung. Und doch ist es nur ein \md derselbe niedrige LUFT- ODER FARBEN-FERSPEKTiyE. 67 Kiefernwald, kein Baum darin über 40—50 Fuss Länge höchstens in der Nahe, und alle von gleicher Farbe." — Da in grösseren Anlagen auch auf die passende Anbringung eines Scheiben- standes Rücksicht genommen werden muss, so füge ich hier zum Schluss des Kapitels noch eine Beschreibung eines solchen bei, wie ihn Fürst Pückler auf sinnreiche Weise in Branitz ausgeführt hatte, zumal die Vorrichtung auch eine praktische Anwendung des Farbenkreises und der Perspektive darstellt. Zugleich liefert der Scheibenstand wiederum den Beweis, wie der Fürst in allen seinen Schöpfungen sich nur durch seinen Schönheitssinn leiten liess, und wie er auch das Zweckmässige stets in schöner Form und in geeigneter Farbe darzustellen wusste. Die Schiessbahn ist Rasengrund, zu beiden Seiten hainartig geschnittene Pflanzungen, der Kugelfang, durch einen Rasenhügel gebildet, ist mit hoher Pflanzung umgeben. Die vier Ecken der vor dem Kugelfang aufgestellten Scheibe sind schwarz. Der äussere Kreis der Scheibe ist leuchtend roth, der zweite grün, der dritte blau, der vierte gelb und der Kern wieder schwarz, — eine durch- aus harmonische Zusammenstellung. Die vier schwarzen Ecken verschwinden in der Feme fär das Auge gänzlich, und da Roth zum Grün im höchsten Gontrast steht, so setzt sich der äussere rothe Kreis von den umgebenden Pflanzungen und der grünen Rasenbahn, sowie dem grünen Kreise der Scheibe sehr lebhaft ab. Der nun folgende blaue Kreis contrastirt ebenfalls mit dem inneren gelben Kreise, und letzterer markirt wiederum sehr scharf den schwarzen Kernpunkt. Die grüne Schiessbahn sowohl, wie das Grün der umgebenden Pflanzungen überhaupt, sind dem Auge sehr wohlthuend, und die harmonische Zusammenstellung der verschiedenen Kreise erweist sich als sehr praktisch, zumal man durch dieselbe dem Auge sehr zu Hülfe kommt. Nebenbei ist eine solche nach den Regeln der Farbentheorie ausgeführte Scheibe auch eine artige Dekoration (Fig. 4.) 1 2 3 4 5 Schwarz. Roth. Grün. *Blau. Gelb. f)* VI. Alter und neuer Styl. Die Geschichte des Gartenwesens zählt ebenso in Frankreich wie in England drei ausgezeichnete Perioden: 1. Die Periode von Carl dem Grossen im achten Jahrhundert, wo die besten Früchte eingeführt und verbreitet, und Obstgärten und Weinberge angelegt wurden. 2. Die Periode von Ludwig XIV. im siebzehnten Jahrhundert, in welcher der durch Le Notre verbesserte und weiter ausgebildete Gartengeschmack aus Italien eingeführt wurde, ein Geschmack, der sich in vollem Ruhm fast ein Jahrhundert lang erhielt, und sich während dieser Zeit über den ganzen Continent und über England selbst verbreitete; 3. Die dritte Periode, welche seit der Revolution zu Ende des achtzehnten Jahrhunderts datirt und sich durch vermehrte botanische und wissen- schaftliche Kenntnisse auszeichnete. In England entbehrte das Gartenwesen vor der letzten Hälfte des sieb- zehnten Jahrhunderts jeglicher Vollkommenheit. Die Einführung des französischen Geschmacks in England bildet die erste Epoche, und diese begann um 1660. Von diesem Jahre bis 1713 wurden beinahe alle Landsitze der vornehmsten Edelleute Englands im alten Styl angelegt. 1750 wurde der neue oder englische Styl durch William Kent eingeführt und mit ihm hebt eine neue Aera an. Die neuste Epoche datirt seit der im Jahre 1805 erfolgten Gründung der Horticultural Society. ÄNDRifi Le Nötre, der Schöpfer der französischen Gartenkunst, ist 1613 zu Paris geboren, wo sein Vater Oberaufseher des Gartens der Tuillerien war. Er war der erste, der sie als freie Kunst ausübte und die anderen bildenden Künste, zu deren Verschönerung sie so lange gedient hatte, zwang, ihr wieder zu dienen. Ein hoher Geist leuchtet aus seinen Werken hervor, und noch jetzt bewundern AI^TER UND NEUER 8TYI.. 69 wir deren ästhetische Gestalt. Le Nötre war Architect und schon 40 Jahre alt, als er sein erstes Werk, den Garten des Vicomte Le Vaux anlegte. Der König, den dieser Prunk entzückte, machte Le Notre zum Generalcontroleur seiner Ge- bäude und zum Gartendirector, überhäufte ihn mit Geschenken, gab ihm ein Adels- diplom und machte ihn zum Ritter des St. Michaelsordens. Le Notre's Hauptwerke sind die Anlagen von Versailles, das nahe an 200 Millionen Franks kostete, von Trianon, Meudon, St. Cloud, Sceaux, Chantilly und die berühmte Terrasse zu St. Germain. Die Gärten der Tuillerien, die Champs Elys6es und viele andere wurden entweder von ihm angelegt oder nach seinen Angaben verbessert. 1668 ging er nach Rom, wo er Pläne zu verschiedenen Gärten entwarf, namentlich zu denen der Villa Pamfili und Ludovisi. In England hatte nach der Restauration unter Carl IL die französische Gartenkunst Eingang gefunden. Le Notre war von diesem König nach England berufen worden, woselbst er Greenwich und St. James Park anlegte. Chatsworth, der prächtige Sitz des Herzogs von DEVONsmRE wurde zu derselben Zeit wahr- scheinlich nach einem Riss desselben Künstlers angelegt. Auch die alten Anlagen im Augarten zu Cassel sind seine Schöpfung; die grosse Wasser anläge hat, beiläufig bemerkt, die Form einer Bassgeige. Le Notre starb 1700. Hirschfeld sagt von ihm: Hätte Le Nötre unter einem anderen Monarchen als Ludwig XIV. gelebt, so würde sein Geschmack aller Wahrscheinlichkeit nach nicht durchgedrungen, noch sein Name auf die Nachwelt gekommen sein. üeber den Ursprung des modernen englischen oder natürlichen Styls herrschen zweierlei Meinungen. Auf dem Festlande behauptet man, dass die Engländer ihn von den Chinesen entlehnten; die Engländer dagegen meinen, dass der englische Gartenstjl als ein nothwendiges Ergebniss des verfeinerten Geschmacks anzusehen sei. Dieses Ergebniss war noch durch die Nachrichten von den chinesischen Gärten zu Ende des 17. Jahrhunderts befördert worden, ebenso wie durch die Beschreibungen von Naturschönheiten bei römischen Schriftstellern und modernen Dichtern. Addison, Pope und Horace Walpole verbreiteten durch ihre Schriften neue Ansichten über das Gartenwesen, und bereiteten für die neue Gartenkunst die feste Basis philo- sophischer Grundsätze vor, doch dlte die Praxis der Theorie voraus, und Kent ist der Vater der britischen Gartenkunst. William Kent, geboren 1685 in der Grafschaft York, war Anfangs (1719) Kutschenmaler, wurde aber durch Unterstützung in den Stand gesetzt, Rom zu besuchen und widmete sich hier der Malerei, bis Lord Burungton, der sein Talent für Gartenverschönerungen bemerkte, ihn veranlasste, zur Baukunst über- zugehen. Kent war 1730 aus Italien zurückgekehrt und wurde von da ab als Maler und Architect verwendet. Bald entwickelte sich sein Genie als Landschafts- gärtner. Mit eines Malers Auge sah er, dass die ganze Natur ein Garten sei. 70 ALTER UND NEUER STYL. Obwohl er nicht ohne Beistand auftrat, waren seine Werke doch nicht fehlerfrei Sein Hauptverdienst ist, dass er die Schranken der Symmetrie durchbrach und den Weg zur freien Manier einschlug. Pope, der sowohl Maler als Dichter war, bildete seinen Geschmack, Claremont und Esher waren wahrscheinlich Kent's erste Werke; auch wurde er in Kensington Gardens verwendet, wo er abgebrochene Baumstämme angewendet haben soll, um die Aehnlichkeit mit natürlichen Wäldern zu erhöhen. Eeitt starb zu Burlingtonhouse den 12. April 1748. Zeichnen und Landschaftsmalen fing zu jener Zeit an zur guten Erziehung zu gehören, hierdurch wurde der Geschmack für Naturschönheiten geweckt und die Einfuhrung des modernen Styls erleichtert. Brown folgte Kent's Fusstapfen, doch waren seine Ideen grossartiger, wie man besonders bei seinen Anlagen in Blenheim sieht; hier warf er einen Damm quer durch das Thal auf, und der künst- lichste See von der Welt ward in einer Woche vollendet. Brown ^ als Küchengärtner in einem kleinen Orte bei Woodstock erzogen, wurde nachmals Obergärtner in Stowe (bis 1750). Sein erstes Werk war die Anlage eines grossen See's zu Wakefield Lodge für den Herzog von Grafton, welche den Grund zu seinem Ruf und Vermögen legte. Dann wurde er königlicher Gärtner zu Hampton Court und Windsor. Er blieb maassgebend bis zu seinem Tode (1768). Repton hat ein Verzeichniss seiner bedeutendsten Werke gegeben. Fürst Pückler nennt ihn"*" den Garten -Shakespeare Englands. Der Orte, die Brown veränderte sind unzählige, Gartenverbesserung war Leidenschaft des Tages, so dass es damals kaum einen Landedelmann gab, der nicht bei vorkommender Gelegenheit sich Raths bei dem königlichen Gärtner er- holt hätte. Brown besass bedeutende Talente, aber nicht den (jeschmack für malerische Schönheit wie Kent. Er entfernte sich nie aus England, aber er sendete Pläne und Schüler nach Schottland und Irland. Pawlowsk, ein Landsitz des Kaisers Paul, soll nach seinen Plänen ausgeführt sein. Brown konnte selbst nicht zeichnen, aber er hatte Gehilfen, welche die Risse nach seiner Angabe machten. Die Aus- führung übernahm er meistens selbst und erwarb sich dadurch ein ansehnliches Vermögen. Die Sucht nach Verbesserungen in den Anlagen war um diese Zeit (1780) so stark in England, dass das Begehren nach Künstlern im herrschenden Geschmack die Zahl der tüchtigen überstieg. Da wurde fälsche Waare zu Markte gebracht und dem Publikum aufgebunden. Dieser falsche Geschmack gab den modernen Verbesserungen einen neuen Charakter, indem er ohne auf Bequemlichkeit und Eleganz genügendes Gewicht zu legen, an der Stelle einer ortsgemässen Ent- wickelung imd Darstellung der Natur ein wahres System von stets wiederkehrenden Formen setzte und so die ft'eie Kunst in eine mechanische verwandelte. Das System * „Briefe eines Verstorbenen." Bd. 3. pag. 272. ALTER UND NEUER STYL. 71 war in der That noch förmlicher als der alte Styl, weil es weniger Theile hatte. Während der alte Styl Alleen, Gänge, Sterne, Fächer, quadrat- und kreisförmige Massen, doppelte und einfache Streifen, Reihen, sämmtlich von Baumschlag gebildet enthielt, bot der gesunkene moderne Styl eigentlich nur drei Formen: Die Gruppe, den Saum und den einzelnen Baum. Bringt man den Saum rings herum, die Gruppe und den Baum innerhalb an, so ist alles gethan, was den Baumschlag betrifft. Diese Aulagen hatten alle einen und denselben Charakter, und die Kunst war dergestalt in Verfall gerathen, dass jeder den vom Professor anzugebenden Plan errathen konnte, ehe man ihn rief. Die allgemeine Stimme erhob sich bald gegen dergleichen eintönige Arbeiten, die Eigenthümer wurden ausgelacht, dass sie lediglich der Mode zu liebe unmässige Summen daran wendeten, um alte Alleen und Wälder nieder zu hauen und statt deren junge Baumgruppen anzupflanzen. Stifter einer besseren Schule waren Payne, Knight, Sir Uvedale Price und vor allem der talentvolle Repton. Repton war ein guter Planzeichner, und theilte jederzeit ausser Plänen und Ansichten seine in wohlger^elter Form niedergeschriebene Meinung in einem Manuscript-Bande mit, den er „das rothe Buch des Ortes" nannte. Er übernahm niemals die Ausfährung seiner Entwürfe, auch ist er niemals ausserhalb Englands zu Rathe gezogen worden. Repton's Geschmack ist in gothischer Architektur, in Terrassen und kleinem Bauwerk sehr elegant. Seine glänzenden Werke und seine ausgebreitete Praxis unter den ersten Ständen haben den Credit Englands im Geschmack von Garten- anlagen wesentlich gefestigt. Unter den von Repton im Druck veröflFentlichten Werken über Landschafts- gärtnerei sind seine „Observations on the Theory and Practice of Landscape Gardening" (1803) das beste. In demselben legte er seine aus der Natur ent- nommenen Grundsätze für die Landschaftsgartenkunst nieder. Dieselben sind von bleibendem Werth, da sie unumstösslich sind. Die übrigen Schriften über denselben Gegenstand, namentlich seine „Fragments on the Theory and Practice of Landscape Gardening" (1816) enthalten zwar auch viel Gutes, sie behandeln aber mehr die verschiedenen Orte und Lokalitäten, wo er diese Grundsätze angewendet hat. Da alle diese lehrreichen Schriften im Buchhandel nicht mehr zu haben waren, so erwarb sich Loudon, dessen Angaben ich bei diesen Mittheilungen im Wesentlichen gefolgt bin, das grosse Verdienst, eine neue Ausgabe in einem Bande mit unver- ändertem Text zu veranstalten, und zwar unter dem Titel: „The Landscape Gardening and Landscape Architecture of the late Humphry Repion Esq. By J. C. London 1840." Die Benennung „Landschaftsgärtner" wurde zuerst von Repton angewendet. Unglücklicherweise sind die bleibenden Werke des Landschaftsgärtners nicht denen des Baukünstlers gleich, welche für künftige Zeiten leben und eine dauernde 72 ALTER UND NEUER STYL. Erinnerung des Geschmacks und des Geistes ihrer Urheber sind. Die Zeit richtet eine unbarmherzige Verwüstung mit Zeichnungen an, welche während der ersten zehn oder zwanzig Jahre ein ungetheiltes Vergnügen gewährt haben. Junge Bäume haben ihre Stellung überwachsen, während alte durch den Zahn der Zeit oder durch Zufall entwurzelt sind; Blumengärten, welche ihren Reiz der ununterbrochenen Pflege ihrer Parterres verdanken, kommen in Verfall oder werden durch ihre Be- sitzer vernachlässigt, während die Leichtigkeit, mit welcher eine Veränderung bewirkt werden kann, die den meisten Menschen eigene Liebe zur Abwechselung unterstützt, so dass im Verlauf der Jahre keine Spur von der Meisterhand zurück- bleibt, die zuerst den Grund der künftigen Verbesserung gelegt hat. Deshalb kann Repton's wohlverdienter Ruf nur durch seine im Druck erschienenen Werke richtig gewürdigt werden. Die gründliche Kenntniss der verschiedenen Style oder Schulen der bilden- den Gartenkunst ist für jeden ihrer Jünger von der grössten Wichtigkeit, weil er nur hierdurch befähigt wird, sich ein richtiges Urtheil über den einen oder den andern dieser Style zu bilden, und bald von dem einen, bald von dem anderen derselben, bald von beiden, je nach dem es die verschiedenen Lokalitäten ver- langen, Gebrauch zu machen; denn die allgemeinen Regeln der Kunst werden durch Studium erworben, aber die Art der Anwendung kann nur durch die Praxis erlernt werden. Man kann nicht sagen, der eine oder der andere sei gut oder nicht gut, da beide ihre Vorzüge haben und da es Orte und Lagen giebt, wo nur der französische, andere, wo nur der engUsche Styl, wieder andere, wo der französische den üeber- gang vom Hause oder Schloss in die Landschaft macht. Le Nötre ging so weit, ganze Gegenden unter symmetrische Formen zu zwingen; Andere nach ihm be- gingen noch gröbere Fehler gegen den guten Geschmack. Kent und Brown setzten ihre Gebäude in die Mitte eines Grasflecks, ohne irgend eine Vermittelung her- • zustellen; Brown's Schüler begingen sogar die grössten Ungereimtheiten. Der Erste, welcher beide Style vereinigt anwendete und jedem seine passende Stelle anwies, war Repton. Die REPTON'sche Schule besteht in einer Vereinigung von Allem, was in den vorigen Schulen als ausgezeichnet betrachtet werden kann, auch einer Vereinigung künstlerischer Kenntniss über den Gegenstand mit gutem Geschmack und gutem Sinn. In der passenden Vereinigung beider Style liegt das Geheimniss, einen Ort mit dem grösstmöglichen Effiekt darzustellen, und in einer gründlichen Kenntniss derselben wird es in der Praxis möglich, den Styl oder die Schule anzupassen, welche filr die jedesmalige Lage, das Klima und die Umstände berechnet ist, oder solche Theile beider Style anzunehmen, die unter der vorliegen- den Lokalität die passendsten sind. Die gründliche Kenntniss der verschiedenen Schulen ist zugleich das wirksamste Mittel, das Einerlei, die Anwendung nur eines Styls, oder nur einer Schule besser als sonst zu verhindern, und ihn in jeder Lage, ALTER UND NEUER STYL. 73 obwohl unter sehr veränderten Umständen, anzuwenden. Die Kenntniss der ver- schiedenen Schulen oder Style der Gartenkunst ist endlich auch der einzige Schutz gegen die Fortdauer dieses Systems hauptsächlich unter den Gärtnern, wodurch die Idee, dass der eine Styl besser sei als der andere, neutralisirt wird, und die wahre Kunst, Anlagen zu machen, scheint in der Wahl und Anwendung einer Schule oder eines Theils der verschiedenen Schulen, der verschiedenen Lokalität angepasst, zu. bestehen. Kunst und Natur werden auf diese Weise mehr harmonisch vereinigt werden. Der alte Styl, d. h. derjenige, welcher von Le Nötre in der letzten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts in Versailles eingeführt wurde, bestand aus geraden Linien, regelmässig korrespondirenden Formen, in geometrischen Figuren, und steht der Kunst näher als der Natur. Er zeichnet sich durch Alleen und einzelne Baum- reihen aus, die sich in einer grossen Entfernung weit über die wirkliche Grenze des Ortes auszudehnen scheinen. Die grösste Arbeit bestand darin, alle Uneben- heiten des Bodens zu beseitigen, welche die Natur diesem Geschmack entgegen- gestellt hatte, da sein Effekt meistentheils von einer ganz ebenen Pläche abhing. Diese Bodenfläche war auch in sanfte Abhänge, Amphitheater genannt, kegelförmige Erhöhungen, die man als Berge bezeichnete, abgetheilt, sowie auch das Wasser genöthigt wurde eine geometrische Form anzunehmen. Man war weit entfernt, nach der Natur zu fragen, und ihr zu folgen; man betrachtete es als den Haupt- zweck der Kunst, den Triumph über die Natur offen darzulegen. Malerische Schönheiten oder auch Mängel einer geeigneten Lage waren ohne Einfluss, wo es Mode war, die natürlichen Gegenstände durch Mauern abzuschliessen, welche man noch mit kostbaren Vasen, eisernen Thoren und Pallisaden verzierte, um sie recht in die Augen jEeülend zu machen. Alles dieses hatte seine grossen Verehrer, und kam so sehr in die Mode, dass zuletzt jeder Garten, gross oder klein, verurtheilt ward, sich diesen Regeln zu unterwerfen, bis jener Geschmack endlich von den Verehrern natürlicher Reize als lächerlich bezeichnet wurde. Dem alten Styl schroff gegenüber steht der neuere, so wie er von Brown in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts eingeführt worden ist. Statt die Mittel an die Hand zu geben, durch welche die Kunst über die Natur triumphiren konnte, schien er sich zu dem Motto zu bekennen: «rArtis est celare artem.» Das Haupterforderniss war ihm, die natürliche Landschaft zu studiren und Schönheiten zu entfalten, sowie die Mängel jeder Lage zu verbergen. Die Natur wurde das Vorbild für die Kunst, der wir folgen, die wir aber nicht ängsthch kopiren dürfen ; sie soll uns zwar Fingerzeige und Motive geben , nicht aber mit knechtischer Aengstlichkeit nachgeahmt werden. Die Landschaftsgärtnerei nach dem neueren Styl muss sich zwar befleissigen, die Grenzen zu decken, aber doch dabei den Anschein von Grösse zu bewahren wissen. Sie muss streben, die Einmischung der Kunst zu verbergen, selbst wenn 74 ALTER UND NEUER STYL. die dadurch zu bewirkende Verbesserung der Sceiierie mit pekuniären Opfern ver- bunden wäre, denn das Ganze soll nur als ein Erzeugniss der Natur erscheinen. Alle Gegenstände des blossen Komforts oder der Bequemlichkeit, insofern sie nicht als Zierde aufgestellt oder benutzt werden können, oder als passende Theile der allgemeinen Scenerie erscheinen, sind zu entfernen oder wenigstens zu verbergen. Wie aber der Mensch so gern von einem Extrem zum anderen übergeht, und wie die Menschen überhaupt geneigt sind, Veränderungen auch für Verbesserungen zu halten, so wurde nach Einführung des neuen Styls jede Linie gekrümmt gelegt, und um die Natur der Kunst gegenüber zu stellen, behauptete man, dass nur die Schlangen oder Wellenlinie die wahre Schönheitslinie sei, dass die Natur eine gerade Linie verabscheue. Man vergass dabei gänzlich, dass in den erhabensten Werken derselben die gerade Linie vorherrscht, wie wir es z. B. an dem sichtbaren Horizont des Meeres gewahren. Geistreiche Männer haben beobachtet, dass ohne gerade Linie keine Annmth der Schönheit bestehe, und dass diese Regel sowohl bei der Gartenkunst, wie bei der Malerei Anwendung finde. Das Wahre aber ist, dass eine Linie an sich weder schön noch unschön ist, sondern dass sie das Eine oder das Andere erst durch gewisse Bedingungen wird. Diese Schlangen- oder Wellenlinie wurde so beliebt, dass sie fast überall vorherrschte, so in der Richtung einer Strasse, eines Weges, eines Kanals und der Umzäunung einer Pflanzung. Dadurch wurde sie so monoton wie die gerade Linie. Jeder Platz, gross oder klein, von der bescheidenen bürgerlichen Villa mit einer Strauchpartie und einem Schlangenweg umgeben, bis zum Park eines grossen Grundl)esitzers, der mit einer gi'urtelartigen Umpflanzung und einem sich schlangen- förmig hiudurchwindenden Weg versehen war, erschien gleich und wurde durch dieses stete Einerlei abgeschmackt. Für den gewöhnlichen Beobachter galt der Uebergang von geraden zu bogen- oder schlaugenförmigen Linien als der deutlichste Unterschied zwischen dem BROAVN'schen neuen und dem symmetrischen Styl der Gärten von Le Notre. Man war der Meinung, der gute Geschmack der Landschaftsgärtnerei bestehe darin, alle geraden oder parallel laufenden Linien zu meiden und Formen anzunehmen, die mit der Natur übereinstimmender erschienen, ohne dabei in Betracht zu ziehen, welches natürliche, und welches künstliche Gegenstände waren. Zu dem geringen Interesse, welches sich uns darbietet, wenn wir auf einem langen gekrümmten Wege zwischen zwei breiten Rasenrändern, entfernt von Blumen und Sträuchern, gegangen sind, gesellt sich die falsch angewandte Bepflanzuugsweise, welche Bäume aller Arten unter einander mischt, ohne die eine oder die andere vorherrschen zu lassen, so dass hierdurch kein Theil des Gartens von dem anderen sich unterscheidet. Noch giebt es Pleasuregrounds dieser Art, die mit Wegen von so langweiliger Ausdehnung versehen sind, dass man bei deren Besichtigung ein Grauen empfindet, sobald sie nicht als verbindende Linien mit ALTER UND NEUER STYL. 75 anderen Gegenständen erscheinen. Mancher ehr>¥ürdige und prächtige Baum, der Stolz unserer alten Paläste, ward nur aus dem Grunde geopfert, weil er mit seinen Zeitgenossen und Begleitern in gleicher Linie stand, und weil diese ehr- würdigen Veteranen nicht gleich einem Regiment Soldaten dem neuen System von Taktik zugeführt werden konnten. Es geschah aber nicht, um Scenerie zu entfalten, sondern nur, um die gerade Linie zu brechen, und einige von ihnen in Gestalt von Pelotons zu behalten, was man das Vertheilen einer Allee in Klumps nannte.* Wir finden diese Klumps umhergestreut, gleichsam wie die früher vorhandenen, jetzt aber decimirten Alleen, oder wie Biesen, welche nicht unterjocht werden konnten. Oft wirken diese so zerstreut stehenden Bäume recht nachtheilig, und es stellt sich die Nothwendigkeit heraus, noch an einige von ihnen die Axt zu legen, wenn auch dadurch das Gemüth mit Schmerz erfüllt werden sollte; denn ein dem Auge naher Ast kann eine Gruppe von zwanzig Bäumen, und ein einziger Baum oft einen ganzen Hain verbergen. Wenn wir auch den gänzlich freien Gebrauch der Axt hier empfehlen, so bekennen wir uns doch nicht zu einem System, welches Kahlheit und Nacktheit charakterisiren, überhaupt aber weder zu Le Nötre noch zu Brown, sondern wir wählen uns von jedem Styl das Schöne und Passende aus, von letzterem die Anmuth, welche die Reize der natürlichen Landschaft hervorruft. Jeder der beiden Style hat seine Vorzüge, und der gute Geschmack wird die Mode als etwas dem gesunden Sinn Untergeordnetes betrachten. Ohneüebereinstimmung des Styls und des Charakters, und ohne Harmonie der einzelnen Theile mit dem Ganzen, wie verschieden auch die Art und Weise sein mag, diese Harmonie auszudrücken, kann keine Komposition als vollkommen erscheinen. In der Gartenkunst wird dies oft wenig oder gar nicht verstanden, so dass wirkliche Harmonie oft falschlich fiir Symmetrie oder Uebereinstimmung der ähnlichen Theile gehalten wird. In den Werken der Kunst bei dem alten Styl des Gartenwesens war die Symmetrie, welche sich innerhalb geschlossener Mauern oder Räume entfaltete, vollkommen gerechtfertigt und der engen Abschliessung alter Grösse gemäss. Bei einer solchen Anlage lag die Absicht vor, den ganzen Plan mit einem Blick zu übersehen, was dem Auge durch die einander gegenüberstehenden Formen sehr erleichtert wurde. Der Zweck des Künstlers war, sein Werk zur Schau zu stellen, * Die alten Gärten waren oft mit Beziehung auf militärische Dispositionen angelegt, oder Bäume waren zuweilen der Ordnung gewisser Schlachten übereinstimmend gepflanzt. So war z. B. zu Blenheim, ehe Bbown hinkam, der viereckig bepflanzte Platz die Nachahmung der berühmten Schlacht, von welcher der Ort seinen Namen erhielt. Auf einer alten Karte eines Palastes in Suffolk, welche, wie wir glauben , von Lb Nötbb entworfen war, waren die Namen der Regimenter den vier- eckigen Klumps oder Pelotons ertheilt, welche auf dem Papier an die Stellungen einer Armee erinnerten. In einigen alten Gärten war auch die menschliche Gestalt nachgeahmt; Alleen, ähnlich den Armen und Beinen, entsprachen einander, der grosse Mittelweg stellte den Rumpf des Körpers dar. 76 ALTER UND NEUER STYL. und die Anstrengungen zu zeigen, welche er filr erforderlich hielt, die Natur zu übertrelTen, und dies konnte nicht deutlicher geschehen, als in Gestalten, welche am wenigsten natürlich erschienen. Aus solchen Ansichten und Bestrebungen stammt die glatte, kahle Terrasse, der vier- und achteckige Teich und alle jene geometrischen Formen, womit man Kontraste hervorzurufen gedachte, um die Natur nur nirgends nachzuahmen. Die Liebe zur Ordnung und Symmetrie scheint dem Menschen angeboren zu sein; denn wir finden, dass schon das Kind auf seiner Schiefertafel korrespojidirende Theile zu einem Hause zeichnet; wir finden gleichfalls da, wo noch kein ausgebildeter Geschmack vorherrschend ist, und wo er sich gleichsam noch in der Kind- heit befindet, dass der Regelmässigkeit und der Symmetrie Aufmerksamkeit geschenkt wird , wenn sich auch keine Kenntniss von Uebereinstimmung der Theile zum Ganzen kundgiebt. Die zahlreichen Beispiele schlechten Geschmackes, welche wir so oft in der Nähe grosser Städte finden, wo eine griechische Villa ihre kleinen gothischen Flügel ausbreitet, oder wo sich dem rothen von Backsteinen erbauten Schlosse griechische Pavillons anreihen, beweisen dieses hinlänglich. Es ist jedoch nicht zu verkennen, dass in neuer Zeit auch hierin ein besserer Geschmack zur Geltung gekommen ist. Da, wo Symmetrie dem Ganzen zum wirklichen Vortheil gereicht, erscheint sie auch angenehm; wo sie aber nutzlos ist, wirkt sie störend, indem sie die Mannig- faltigkeit entfernt. Nach einander folgende Gegenstände müssen Veränderung dar- bieten, damit sich unser Gemüth beim Anschauen derselben nicht belästigt fahle; was wir aber mit einem Blick überschauen, sollte symmetrisch geordnet sein. Denn wir überschauen die Fronte eines Hauses, ein Parterre, einen Tempel mit einem Blick, und wegen der Leichtigkeit, mit welcher sie überblickt werden können, erscheint die Symmetrie dem Gemüth wohlgefällig. Aus diesem Grunde lässt sich die strengste Symmetrie beobachten bei einem kleinen Blumengarten, welcher neben einem Gewächshause oder der Orangerie, oder in sonst einem von der allgemeinen Scenerie abgeschlossenen Theile der Anlage liegt, und die Terrassenmauern bei Palästen mit entsprechender Höhe und Form, gleich den alten hängenden Gärten von Frankreich und Italien (welche zu- gleich auch architektonischen Werth haben), verleihen dem Hause vielleicht mehr Würde, als irgend eine Verbesserung der neueren Gärtnerei darzustellen vermag. Für diese Würde und Grösse der Scenerie würde es sehr günstig gewesen sein, wenn viele solcher stattlichen Terrassen bei einem Palaste auf solche Art erhalten worden wären. Ein Haus ist ein Produkt der Kunst, und der es umnittelbar umgebende Boden kann an demselben Charakter theilnehmen, deshalb ist die von Brown eingefllhrte Sitte, ein Haus mit blossem kahlen Grasfeld zu umgeben, als abgeschmackt zu verdammen. Effekte muss man durch Kontraste hervorbringen, wenn es nicht durch Grösse (Unendlichkeit) geschehen kann. Vor und nalie der Fronte eines ALTER UND NEUER STTL. 77 regelmässigen Hauses ist also Symmetrie nicht nur gestattet, sondern sogar ge- boten, weil sonst da, wo das Haus seine korrespondirenden Theile entfaltet, seine Stellung verdreht oder verschoben erscheinen würde, wenn es mit nicht korrespon- direnden Theilen in Berührung käme. Es darf jedoch diese Symmetrie sich nur auf eine entsprechende Entfernung ausdehnen, und nur von solchen Gegenständen b^renzt sein, die sich augenscheinlich als Werke der Kunst zum Ge- brauche der Menschen, darstellen, wie Fahr- und Fusswege, oder auch eine verzierte ümfriedigung; ein Weg ist ebenso gut eine künstliche Anlage als ein Haus oder eine Brücke, denn letztere ist nur ein Weg über eine Schlucht oder ein Wasser, welches ohne dieselbe nicht zu passiren sein würde, ünnöthig ist es dagegen, dass sich Symmetrie auf Pflanzungen in der Anlage, auf Wasser oder die Gestalt des Bodens ausdehnt* Der Künstler ohne Geschmack und Erfahrung beschäftigt sich bei Entwerfung eines Verschönerungsplanes oft damit, wie sich Cirkel, Vierecke und dergleichen Figuren auf dem Papier am besten ausnehmen, ohne zu beachten, dass diese Figuren nur dann vor andern den Vorzug verdienen , wenn sie für die Zwecke, für welche sie angewendet werden sollen, auch passend sind. W^o noch Alles unkultivirte Natur ist, und folglich alle Linien unregelmässig sind, wird man geometrische Linien und Formen als verfeinerte Kunst bewundern, und dieses ist das Princip, auf welches sich der architektonische Styl der Gartenkunst gründet. Der Natur zu genügen und sie zu regieren, würde auf diese Weise nicht die Vollkommenheit der Kunst eines Landschaftsgärtners sein; sie würde dagegen mehr in dem Bewältigen der Natur und dem Bestreben erscheinen, sie jenen Formen und Anordnungen zu unter- werfen, welche den Wohlstand, die Kraft und die Civilisation der Menschen bekunden. Verlangen wir auch keine offenkundige Symmetrie auf beiden Seiten einer vom Maler dargestellten Landschaft, so ist doch eine versteckte Symmetrie, ein gewisses Gleichgewicht in der Komposition erforderlich, ohne welches das Auge nicht befriedigt wird, denn ohne Gleichgewicht wird das Bild schief. Dem Landschaftsgärtner kommt nicht leicht ein Geschäft vor, welches schwieriger wäre und grösserer Ueberlegung bedürfte, als Plätze umzuformen und anzulegen, die nach dem alten Geschmack in geraden Linien und dergleichen Formen bestehen, weil jede Regel dieses Geschmackes dem neueren schroflF gegen- über steht. Alte Alleen sind oft so schön, dass Muth dazu gehört, sie zu entfernen, obgleich sie geradezu die Landschaft störend durchschneiden und die schönsten Aus- sichten verdecken. Bei einem in der Nähe einer volkreichen Stadt gelegenen glänzenden, prächtigen Palaste, welcher bereits Hunderte von Jahren bestanden, und an welchen * Ausgenommen natürlich da, wo das Wasser kanstlich dargestellt werden muss; alsdann erscheint ein schlangenförmig geformter Kanal ebenso ungereimt als eine schlangenförmige Garten- mauer oder Brücke. 78 ALTER UND NEUER STYL. sich Boden, Bäume und Wasser anreihen, die so gewaltsam unter der Kontrole der Kunst gestanden haben, dass sie ebenso wenig als Gregenstände der Natur betrachtet werden können, wie die Steine und das Mauerwerk eines Hauses als natürliche Felsen, würde es unpassend erscheinen, grosse Veränderungen und Umgestaltungen vorzunehmen. Man würde einem solchen Orte die Hälfte seines Interesses und seiner Schönheit rauben, und ganz ungereimt möchte es erscheinen, ein solches Gebäude in die Mitte der Besitzung gestellt erscheinen zu lassen, wo alles Leben, ausser den Thieren des Forstes, verbannt ist. Ein solcher Ort muss gleich den königlichen Residenzen alter Schlösser, welche die Zufluchtsörter des Hofes in der Nähe der Hauptstadt bilden, wie Versailles, Kensington, Schön- brunn und Sanssouci, behandelt werden. Die Gärten können sich hinter der Ein- gangsfronte des Palastes befinden, jedoch dem Publikum geöffnet sein, und der Eingang zum Park kann nicht als Grenze betrachtet werden. Würden wir den Zutritt des Volkes nicht gestatten, das überall Leben hervorruft und namentlich zur Belebung und Staffage eines solchen Bildes gehört; würden wir statt dessen den Charakter einer natürlichen Landschaft annehmen: so würden wir eine düstere, freudenlose Einöde darstellen, welche mit ihren Baumreihen das Gemüth nicht versöhnen könnte. Sehr richtig hat man bemerkt, dass Symmetrie, nach einem kleinen Maass- stab ausgeftlhrt, miss&llt; wo aber der Gegenstand zu gross ist, um auf einmal gefasst zu werden, steht die Symmetrie dem Auge in der Entwickelung aller seiner Theile bei. Der Reichthum eines symmetrisch angelegten Parterres ist hier weit angemessener, als eine grosse Rasenfläche, welche zu klein ist, um den weidenden Thieren Zutritt zu gestatten oder ökonomisch genützt zu werden, zu gross aber, um als Bowlinggreen betrachtet zu werden. Ist ein Platz bereits gegen Osten und Westen von einer geraden Linie ehr- würdiger, schöner, alter Bäume begrenzt, die dem Gebäude den Charakter von Alterthum und Würde verleihen und das Zeugniss ablegen, dass sie schon vor Einführung des neuen Gartenstyls bestanden haben, so würde es unverantwortlich sein, sie zu opfern. Und hier wird die Beibehaltung des alten Styls eine ge- nügende Entschuldigung finden. Hier können die Wege als ein Theil des ursprüng- lich künstlichen, aber wahrhaften Prachtstyls der früheren Zeiten, wo man die Werke der Kunst auch als künstlich anerkannte, betrachtet werden. Nach dem Gesagten lassen sich beide Style, der alte symmetrische oder architektonische Gartenstyl, wie der neue oder englische Landschaftsgartenstyl, jeder in vier Grundsätze zusammen&ssen, welche einander schroff gegenüber stehen. Die Grundsätze des alten Styls smd folgende: 1) Die natürlichen Schönheiten oder Mängel einer Lage haben keinen Einfluss auf die Anlage, wo es die Mode erheischt, durch hohe Mauern jeden Gegenstand der Umgebung auszuschliessen. ALTER UND NEUER STYL. 79 2) Diese Mauern wurden nie als Fehler betrachtet, sondern sie wurden im Gegentheil mit Vasen verziert und mit kostspieligen eisernen Thoren versehen, um sie mehr sichtbar darzustellen. 3) Um die Gärten von der natürlichen Erscheinung fern zu halten, wurde jedes Mittel gebraucht, die kostspieligen Anstrengungen der Kunst zu entfalten, wodurch die Natur unterdrückt wurde: der Boden wurde in Wage gelegt, das Wasser in viereckige oder überhaupt regelmässige Bassins eingeengt; die Bäume, wenn sie nicht zu einer künstlichen Gestalt geschnitten waren, wurden wenigstens in einer Linie und in gleicher Entfernung gepflanzt, damit die regelmässige Hand der Kunst nirgends missverstanden werden konnte. 4) Die zum Haushalt gehörigen Gegenstände waren dem Hause so nahe als möglich angebracht; die Ställe, Scheuem und Küchengärten gehörten zu den Ver- zierungen des Platzes, während es gleichgültig war, ob man die ausserhalb der Mauer befindlichen Gebäude oder Gegenstände sah oder nicht. Die Grundsätze des neuen Styls sind: 1) Muss er die natürlichen Schönheiten entfalten und die natürlichen Mängel jeder Lage verbergen. 2) Muss der Anschein von Grösse und Freiheit durch sorgfältige Verkleidung oder Verbergung der Grenzen gegeben werden. 3) Muss er jedes Eingreifen der Kunst geflissentlich verbergen , selbst wenn es sich als kostspielig darstellte, wenn dadurch die Scencrie verbessert wird, indem das Ganze nur als Erzeugniss der Natur erscheint. 4) Müssen alle Gegenstände von blosser Bequemlichkeit und Komfort, insofern sie nicht als eine Zierde dargestellt werden können oder als passende Theile der all- gemeinen Scenerie zu verwenden sind, entfernt oder verborgen, das Noth wendige und Nützliche aber muss in schöner Form und in passender Umgebung gegeben werden. Es ist vielfach die Frage aufgeworfen worden, ob der Fürst Pückler der Begründer eines neuen, ihm eigenthümlichen Gartenstyls gewesen sei, der seine Anlagen von denen seiner Vorgänger auf diesem Felde, sowohl der englischen als deutschen unterscheidet? Dem ist aber nicht so. Das ganze Geheimniss seines Styls beruhte auf dem Studium der Natur und auf einem hohen Verständniss für dieselbe. Er studirte die Eigenthümlichkeiten jedes Terrains, brachte die Vor- züge desselben zur Geltung und liess sich niemals beikommen, die Natur neu schaffen zu wollen. Auf diese Weise erhielten seine Anlagen bei aller Einfachheit stets das Gepräge des Natürlichen und Grossartigen — einen grossen Zug — dem man es gleich ansah, dass hier ein und derselbe Geist gewaltet habe. Aus der Natur hat er stets seine Motive genommen, wie es bei jedem bildenden Künstler der Fall sein muss. Nirgends darf sich die Kunst verrathen; wo es aber nicht zu ver- meiden ist, muss dieselbe ungezwungen sein, sich gleichsam von selbst ergeben, 80 ALTER UND NEUER ST7L. und das Nützliche stets in schöner Form erscheinen. Dieses Studium der Natur und das Zurückfuhren auf ihre Gesetze war es auch, was den Fürsten an Repton so sehr befriedigte und anzog und weshalb er ihn so hoch stellte. „Eepton", sagte er, „ist der Heros unserer Kunst, die wahre Bibel des Landschaftsgärtners." Der Fürst hat also gar keinen neuen Styl erfunden und wollte auch keinen erfinden. Seine grosse Einfachheit, Ruhe und Entschiedenheit in der Darstellung natürlicher Scenerie, gestützt auf das Studium der Natur, das war sein Styl; in allen seinen Schöpfungen handelte er naturgemäss und liess die einzelnen Elemente der Landschaft sich immer einfach und naturgemäss entwickeln. Hierin war er vollkommen selbst ständig. Die Gartenkunst der Engländer schätzte er im Allgemeinen, doch unter- scheidet er sich von ihnen, obschon sie auch nach der Natur gearbeitet haben, im Wesentlichen dadurch, das er das Manirirte in ihren Schöpfungen vennied, dass er die entfernteren Partieen des Parks, welche in den grossen englischen Parks sehr im Rohen gelassen sind, sorgOütiger behandelte, und dass er in seinen Schöpfungen bei aller Einfachheit namentlich durch die Bepflanzung eine grössere Mannigfaltigkeit herzustellen wusste, als im Grossen und Ganzen bei den Engländern zu finden ist Als er das letzte Mal in England gewesen war (1851), that er den inter- essanten Ausspruch: „In England geht der Gartengeschmack zurück, während er in Deutschland im Fortschritt begriffen ist." Er tadelte die Vernachlässigung der Landschaft gegenüber der übertriebenen Bevorzugung der Blumenparterres und der Teppichgärtnerei, sowie der übertriebenen Anwendung der Goniferen und immergrünen Pflanzen. Ganz besonders ist es die Art der Gruppirung und Pflanzung, welche ihm eigenthümlich ist. In dieser Art der Behandlung der Pflanzungen unterscheidet er sich auch von ScKELL und Lenne. Er liess in der Regel in den grösseren Pflanzungen, je nach der Beschaffenheit des Bodens, eine Baumart dominiren, während sonst stets gemischt gepflanzt wurde, und nirgends findet man ein ängstliches Abschneiden und Absetzen, weil dies in der Natur nicht begründet ist. Allerdings trifft man hier und da eine Gruppe oder ein Wäldchen von derselben Baumart gepflanzt; allein die massen- oder truppweise Anwendung auch niederer Baum- oder Strauch- arten, welche von gleicher Höhe bleiben, und das daraus hervorgehende und sich stets fortsetzende Absetzen und Trennen erklärt er als das dem landschaftlichen Effect Widerstrebendste, was man sich denken kann. Gerade in diesen Ueber- gängen, und da, wo die Natur so zu sagen im Detail arbeitet, giebt sie uns selbst die besten Lehren durch die reizendsten Zusammenstellungen von Laub- und Nadelholz, von Bäumen und Sträuchem.* * In dem soeben erschienenen Werke: „Gartenkunst und Gärten sonst und jetzt von H. Jaeobr, Berlin", ist ein reiches Material für das Studium der Gärten und eine anschauliche Darstellung der Entwickelung der Gartenkunst gegeben. VII. Landschaftsmalerei und Landschaftsgärtnerei Alle praktischen Künste stehen in Wechselwirkung, sie unterstützen und er- gänzen sich gewissennassen gegenseitig. So hat die Gartenkunst dem Studium der Malerei ihre Fortbildung zu danken, sie ist eine verkörpernde Malerei, ein Malen in der Natur und beruht auf denselben Principien wie die Malerei. Es be- durfte lange Zeit, ehe sich die Gartenkunst zur freien und schönen Kunst erhob. Die Malerkunst steht der Gartenkunst am nächsten, die Schönheit beider ist be- dingt durch die Form und das Licht; das letztere ist die Mutter der Farben. Landschaftsmalerei und Landschaftsgärtnerei sind einander verwandte Künste, doch nicht in dem Grade, als gewöhnlich angenommen wird; sie sind, wie Repton sagt: nicht Schwesterkünste eines und desselben Stammes, sondern mehr gleich- artige Naturen, die wie Mann und Frau sich verbunden haben. Haben wir auch früherhin geglaubt, dass eine grössere Aehnlichkeit zwischen diesen beiden Künsten stattfinde, so sind wir doch durch praktische Erfahrung anderer Ansicht geworden, weil Alles, was den Menschen betrifft, dessen Besitz- thum und Bequemlichkeit, nicht weniger Gegenstände der Beachtung und des guten Geschmackes sind als malerische Schönheit, welche zwar eine reiche Quelle unseres Entzückens, doch weit entfernt ist, die einzige zu sein. Eine schöne Gartenscene, welche sich auf der Leinwand nicht gut ausnimmt, ist deshalb nicht fehlerhafter als ein Gedicht, welches weder ftir den Maler noch Musiker eine seiner Benutzung werthe Beachtung darbietet. Landschaftsgärtnerei sollte vielleicht passender Gemälde- oder Maler-Gärtnerei genannt werden, und dennoch sind Ländschaft in einem Bilde, und Landschaft in der Natur sehr verschiedene Dinge. Man macht keine Anlagen wegen der Darstellung auf einem Gemälde, sondern wegen ilu-es Gebrauchs und ihres Genusses im prak- tischen Leben, und ihre Uebereinstimmung mit jenen Zwecken ist das, was ihre Schönheit ausmacht. Rauhheit und durch Kunst hervorgebrachter Komfort sind sich einander schroff gegenüberstehende Charaktere; beide sind in der Landschaftsgärtnerei Pktzold, Landachaftsgirtnerei. 6 82 land8chafi^smaij':rei und landschaftsoärtnerei. anwendbar, ein jedes muss dem (Jeiste des Ortes angepasst werden; der Landschafts- gärtner muss aber immer eingedenk sein, dass ohne Hülfe der Kunst die roman- tischste und malerischste Scenerie in der Natur eine Wildniss, und nur für den Aufenthalt wilder Thierc passend ist, und dass in der Nähe der menschlichen Wohnung Nützlichkeit und Bequemlichkeit, nicht malerischer Effekt den Vorrang haben muss. Wir würden gewiss Unrecht thun, wollten Avir die Bequemlichkeit eines schönen Kiesweges , die Aussicht von einem steilen Hügel herab nur deshalb verschmähen, weil sie Gegenstände sind, welche sich nicht dazu eignen gemalt zu werden. Schon Dr. Burgh sagte: „Eine ländliche Sccne auf der Leinwand und eine ländliche Scene in der Wirklichkeit sind nicht ein und dasselbe", ein Satz, welcher des Beweises nicht bedarf; und Gilpin bewies sehr scharfsinnig, dass ein Gemälde nicht einmal eine genaue Nachahmung der Natur sein könne und dürfe, wenn es in uns nicht einen gewissen Widerwillen hervorrufen solle. Eine Landschaft lässt sich vom Maler nicht nach einem Maassstabe behandeln, solcher kann nur bei geometrischen Figuren angewendet werden; die Theile desselben Gegenstandes sind entweder horizontal wie auf einer Karte, oder perpendikulär wie bei der Höhe eines Gebäudes. Ist die Fläche uneben, so ist sogar in diesem Falle der Maass- stab unrichtig; so auch, wenn die Theile perspektivisch dargestellt werden. Un- möglich ist es daher, bei einer Landschaft einen Maassstab anzuwenden, da sie so unzählige Theile, und diese in so verschiedeneu Entfernungen dem Auge vorführt. Erscheint es daher schon fest unmöglich , die Natur in einem Gemälde kühn nachzuahmen, um so viel lächerlicher muss es erscheinen, ein Gemälde dreist in der Natur nachahmen zu wollen, eine Nachahnmng, welche, um vollendet zu werden, während eines halben Jahrhunderts dem langsamen Process des Zufalls und der Vernachlässigung überlassen bleiben uiüsste. Wirkliche Landschaftsscenen, oder solche, wie sich die Gartenkunst zu schaffen bestrebt, lassen sich nicht immer auf dem Papiere oder der Leinwand deutlich darstellen, wenngleich hierzu gute Regeln in den Werken über Malerei gefunden werden mögen; es ist daher ein grosser Irrthum, wenn behauptet wird, dass eine Scene in der Natur nicht eher ausgeführt werden solle, bis sie vorher gemalt worden sei, und zwar aus folgenden Gründen: In einer künstlichen Landschaft ist das Wichtigste die Behandlmig des Vorder- grundes; denn einige der schönsten Gemälde von Claude Lorrain bestehen in einem grossen Vordergrunde mit einer sehr kleinen OeflFnung nach den entfernten Gegenständen. Dieses darf aber nicht bei der Hauptaussicht aus den Fenstern eines grossen Hauses nachgeahmt werden, weil diese ihren Etfekt nur aus einem der Fenster bieten kann, und die andern diesem einzigen Gegenstande geopfert werden müssten. Bei einem Gemälde ist das Auge innerhalb gewisser Grenzen beschränkt, und die Einigung ist durch künstliche Mittel gewahrt, die unfähig sind. LANDSCHAFTSMALEREI UND LAND SC HAFTS GÄRTNEREL 83 in der wirklichen Landschaft in der Ausdehnung, wie sie Girardin empfielüt, an- gewendet zu werden. Unter Landschaft versteht man im Allgemeinen eine Ansicht, die föhig ist, durch die Malerei dargestellt zu werden, und zwar gehoben durch zwei, drei oder mehrere gut markirte Entfernungen, welche durch einen ungesehenen Kaum getrennt werden, den sich die Phantasie mit Schönheiten auszufüllen ver- gnügt, die wahrscheinlich gar nicht in der Wirklichkeit bestehen. Der Landschaftsmaler betrachtet alle diese Entfernungen genauer innerhalb der Macht seiner Kunst; seine Komposition muss aber einen Vordergrund haben, und sollte solcher nur aus einem einzigen Baum oder Barriere, oder einer ge- brochenen Strasse bestehen; er ist fiir des Malers Landschaft unbedingt nöthig. Die dem Landschaftsgärtner zu Gebote stehenden Mittel sind dagegen sehr verschieden; seine Scenerie muss allerdings auch in deutliche Theile gesondert werden, weil das Auge nie lange befriedigt wird, wenn die Einbildungskraft nicht auch Antheil an seinem Genüsse nehmen kann; denn eine unsichere, unterbrochene üebersicht, eine Verwickelung der Theile erhöht die Befriedigung, sie giebt der Phantasie Spielraum. Klassifizirt aber auch der Landschaftsgärtner seine Distanzen in drei sich deutlich unterscheidende Charaktere, so sind sie doch sehr verschieden von denen des Malers. Der erste fasst den Theil der Scene in sich, dessen Ver- besserung in seiner Macht steht; der zweite denjenigen, wo es ihm unmöglich wird, Verbesserungen anzubringen, ohne zu verletzen; der dritte deiyeuigen, wo es weder in seiner noch in eines Andern Macht steht, weder zu verbessern, noch zu ver- letzen. Von letzterer Art ist an vielen Orten die Linie des Horizonts. Der Theil, welchen der Maler seinen Mittelgrund nennt, ist oft derjenige, welcher sich jensdt seiner Macht befindet, und des Malers Vordergrund kann selten in der Komposition von des Gärtners Landschaft wegen der Fronte eines Hauses oder anderer Umstände eingeführt werden; denn die besten Landschaften Claude's haben ihre Schönheit dieser Art dem Vordergrunde zu verdanken, der nur an einem besonderen Fenster angewendet werden könnte und alle Aussicht jener Angrenzung ausschliessen würde. In der Landschaftsgärtnerei werden die Materialien im Grossen und Ganzen von der Natur selbst geboten, der Gartenkünstler muss sich mit dem Grade des Ausdruckes begnügen, welchen die Natur nun eben bietet. Bei der Land- schaftsmalerei dagegen steht dem Maler die Auswahl der Gegenstände zu Gebote, welche er darzustellen beabsichtigt; er kann nach seinem Beheben den Ausdruck und die Ausdehnung, welche er zu übertragen beabsichtigt, mehr oder weniger verstärken. Bei der Landschaftsgärtnerei giebt es der Materialien oft wenige, und diese wenigen sind so schwerfalliger Art, dass der Gartenkünstler sich oft mit den Re- flexionen begnügen muss, die sich an die ihm zur Verfügung stehenden kärgUchen und halsstarrigen Materialien der Natur anknüpfen lassen. Für den Maler besteht der Ort, von wo aus er eine Ansicht nimmt, aus 84 LANDSCHAFTSMALEREI UND LANDS CHAFTSGÄRTNEREL einem festen Standpunkte; der Landschaftsgärtner aber kann seine Scenen nur be- trachten, wenn sie in Bewegung sind; er betrachtet sie von den verschiedenen Fenstern des Wohnhauses derselben Fronte und die Gegenstände in verschiedenen Stellungen. Wollte man daher ein vollständiges Bild von des Gärtners Anlage er- halten, so würde jede Aussicht aus jedem Fenster, ja sogar bei dem geringsten Wechsel der Stellung in der Auffahrt und den Wegen um jeden Ort, ein besonderes Bild verlangen. Die Grösse der Aussicht und des Gesichtsgebietes ist weit grösser, als ein Gemälde wiederzugeben vermag. Das feinste Gemälde von Claude oder Poussin besteht selten aus mehr als einem Fünftel von dem Gesichtsfeld, welches das Auge mit Ruhe, ohne eine Bewegung des Kopfes, etwa 20® von 90®, erblicken kann, und wir können hinzufügen, dass ohne Bewegung des Körpers unser Gesichts- kreis sich bis zu 180® ausdehnt. Der Malerei ist es unmögüch, die Aussicht von einem steilen Hügel herab, die doch so oft die angenehmsten Gegenstände natürlicher Schönheit uns vor Augen fiihrt, zu fixiren. In der Landschaft fehlt der Vordergrund, welcher zur Einrahmung des Gemäldes durchaus nothwendig ist, oft gänzlich, oder er ist mangelhaft, oder selten so, wie sich ihn ein Maler zum Vorwurf auswählt; denn ein sauberer Kiesweg, oder der kurzgemähte Rasen würden die Stelle eines abgestorbenen Baumes, einiger Stauden Kletten oder anderer grossblättriger, wuchernder Unkräuter, oder eines holperigen unfahrbaren Weges, der an einem mit Brombeeren, Nesseln und stacheligem Gestrüpp bewachsenen Abhänge wegführt, schwerlich ersetzen. Dennoch ist das Einrahmen der natürlichen Ijandschaft für den Landschafts- gärtner von wesentlichem Belang, hierdurch erhält sein Bild erst Abgeschlossen- heit. Es ist ein grosser Unterschied, ob man eine Gegend frei vor sich sieht, oder ob man sie unter den Kronen der Bäume, aus einem Fenster, einer Säuleu- halle u. s. w. zeigt. Linear- und Luft-Perspektive wirken hier gemeinschaftlich, um das Bild zurückzutreiben und ihm Tiefe zu geben. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Malerei und Gartenkunst besteht endlich vorzugsweise in der Benutzung des Lichts oder in der Beleuchtung. Der Landschaftsmaler hat das Licht in seiner Gewalt, es ist ihm die Haupt- sache; die richtige Vertheiluug und Führung des Lichts und des Schattens bedingen hauptsächlich den Effekt des Bildes, oft kann er sogar uninteressante Formen durch eine • gute Beleuchtung interessant machen. Der Maler kann das Licht von irgend einem Punkte des Umkreises aus anbringen und weiter fiihren, wie es ihm passend erscheint, und das Licht in einem Gemälde kann nur durch den Kontrast des Schattens stark hervortreten. Dem Landschaftsgärtner ist das Licht untergeordnet, weil es sich verändert, da es von der Tageszeit und von einem bewölkten oder klaren Hinuuel abhängt. LANDSCHAFTSMALEREI UND LANDSCHAPTSGÄRTNEREL 85 In der Natur kann jeder Gegenstand stark beleuchtet werden, ohne zu verletzen, und ohne die Komposition zu stören oder deren Haltung zu vernichten. Die Form (^ie Profilirung des Terrains) ist dem Landschaftsgärtner die Hauptsache, weil durch diese der Effekt, also Licht und Schatten bedingt wird, er muss das zu bearbeitende Terrain in bestimmte, und um Unruhe zu vermeiden, entschiedene Formen bringen. Die glückliche Vertheilung von Licht und Schatten, Leichtigkeit und Schwere bestimmen den Charakter des Bildes. Das Licht des Landschaftsgärtners sind: Rasen, Wasser, Fluren; der Schatten: Wald, Felsen, Gebäude; Felsen und Gebäude reflektiren aber auch das Licht und sind oft von pikanter Wirkung, während Wald und Bäume das Licht einsaugen. Nachdem wir in dem Vorhergehenden bemüht waren, den Unterschied zwischen Landschaftsmalerei und Landschaftsgärtnerei zu zeigen, werden wir in dem Folgenden bemüht sein, den Beweis zu führen,, in welchen Grundsätzen beide verwandte Künste tibereinstimmen. 1) Die Landschaftsmalerei wie die Ijandschaftsgärtnerei können ihrer Phantasie nicht allein folgen, sie müssen zur Komposition ihrer Schöpfungen die Motive aus der Natur entnehmen, ohne sie ängstlich zu kopiren. Ein gewissenhaftes Studium der Natur ist ftlr den Maler wie für den Garten- künstler unbedingt noth wendig, hierdurch werden sie Meister des Materials, und erst dann können sie mit ihrer Phantasie nachhelfen und ihrem Werke das Gepräge ihres Geistes aufdrücken. Für den Gartenfreund geben uns die alten Anlagen Englands hierzu den besten Beleg. Dadurch, dass sie so einfach, in grossen Zügen und Linien gehalten siiid, liefern sie den Beweis, dass die alten Meister die Natur studirt haben. 2) Grosse Massen muss der Maler sowohl wie der Gärtner mehr im Mittel- grunde zeigen, als zu nahe; sie werden zwar durch die Entfernung kleiner, verkleinem sich jedoch nicht allzusehr und werden natürlicher. Ueberhaupt sind grosse Gemälde mehr auf die Ferne berechnet, deshalb müssen sie auch mehr in Masse gehalten werden, um deutlich zu sein; Einzelheiten verschwinden in der Entfernung entweder ganz, oder machen das Bild undeutlich und unruhig. Kleine Gemälde betrachtet man mehr in der Nähe, deshalb müssen sie, ebenso wie der Pleasuregroxmd einer Anlage aus dem Zimmer des Hauses gesehen, auch mehr im Detail ausgeführt sein. Grosse Massen geben dem Bilde Ruhe, leicht vertheilte Gruppirungen einen heiteren Charakter. Bäume und Sträucher entweder in Gruppen oder einzehi und passend gestellt, dienen sowohl in der Landschaftsgärtnerei als in der Landschaftsmalerei dazu, schwere Massen leicht zu machen, oder sie zu vermitteln. 3) Stehende Wasserflächen üben in beiden Künsten, besonders durch passende Gruppirung der Baummassen an den Ufern, eine ruhige Wirkung; fliessendes Wasser giebt Leben und Bewegung durch sein glitzerndes Licht, und für den 86 LANDSCHAFTSMALEREI UND LANDSCHAFTSGÄRTNEREL Landschaftsgärtner noch besonders durch sein Bauschen, seine Musik, womit es die Stille der Natur unterbricht. 4) Ebenso wie es in der Baukunst und im alten fraii?ösischen Styl die Symmetrie ist, welche dem Auge wohlthut und welche das Auge verlangt, ebenso ist es in der Landschaftsmalerei und Landschaftsgärtnerei das Gleichgewicht — eine versteckte Symmetrie — welche jedes Landschaftsbild verlangt und ohne welche es schief werden würde. Das Gleichgewicht kann entweder in der Linie oder in der Masse liegen. Die Linie ist die Silhouette gegen die Luft, oder der Kontur, welcher durch Bergzüge, Baummassen, Felsen oder Gebäude gegeben ist, entweder für sich allein, oder eines mit dem andern verbunden. Bei flachen Gegenden kann man nicht Rücksicht nehmen auf die Silhouette; sie erhält ihr Gleichgewicht und ihre Abwechselung durch die glückliche Stellung der Bäume im Grundriss. Zuweilen muss zur Herstellung des Gleichgewichts Beides benutzt werden, indem man einem Berg- oder Höhenzuge Baummassen entgegensetzt. Ein Bild ohne Gleich- gewicht kann nur Bedeutung erhalten durch den Kontrast, nämlich wenn man einem Bergzuge eine grosse Ebene entgegensetzt, der perpendikulären Linie eine horizon- tale Linie.* Schwere Massen, wie Felsen, grosse Gebäude müssen durch Lichtpunkte (Bepflanzung) leicht gemacht werden, und hochschaftige Bäume sind besonders da anzuwenden, wo man eine vortheilhafte Benutzung der Ferne beabsichtigt. Sind aber auch die Hauptprincipien aller schönen Künste im Wesentlichen dieselben, sollte insbesondere die Ausbildung des Landschaftsmalers wie die des Landschaftsgärtners im Wesentlichen dieselbe sein, und müssen wir Gärtner auch ebenso gut wie die Maler die Natur mit dem Auge des Künstlers studiren und auffassen, so folgt ungeachtet der gleichartigen Natur beider Künste daraus immer noch nicht, dass der beste Landschaftsmaler auch der beste Landschaftsgärtner sein müsse, und umgekehrt. Immer aber muss, wie schon erwähnt, der Landschaftsgärtner bei Ausübung seiner Thätigkeit mit eines Malers Auge sehen, ganz besonders auch, wenn er in die Lage kommt, mit dem eisernen Zeichenstift, der Axt, zu arbeiten und zu schaffen. Mit der grössten Gewissenhaftigkeit muss er diese Art seiner Thätigkeit selbst leiten und überwachen, denn bei Hauungen begangene Fehler lassen sich nicht wieder rückgängig machen. * Vergleiche hierüber auch: Beiträge zur Landschaftsgärtnerei von E. Petzold. Weimar, Hoifmann & Sohn. VIII. Park, Pleasuregroimd und Garten. Mit einer Ansicht. Unter Park verstand man in früherer Zeit eine grosse, mit Bäumen be- pflanzte, mit Alleen und Wald abwechselnde, eingeschlossene, zum Hegen des Wildes bestimmte Erdfläche. Schon die alten Römer hatten an ihren Villen solche Parks, um das Vergnügen der Jagd recht ungestört gemessen zu können; unter diesen waren die des Plinius, Pompejus und Hortensius die berühmtesten. Später dehnte man den Begrifi" von Park auf jeden Thiergarten aus, wo Wild eingehegt war; in der neueren Zeit aber, wo die Engländer ihre Parks sehr erweiterten, indem sie ganze eingeschlossene Gegenden landschaftlich behandelten und ihnen eine hohe malerische Vollkommenheit verliehen, begreift man darunter eine grosse landschaftliche Gartenanlage, welche die Ausfuhrung des zu Grunde gelegten Planes darstellt, und bezeichnet nach der Definition des Fürsten Pückt^r alle landschaft- üchen Anlagen mit dem Worte „Park", um so lieber, als man in Deutschland eigentlich kein entsprechendes Wort dafür hat, indem alle unsere Ausdrücke, nament- lich das Wort „Landschaftsgarten", viel zu lang und auch nicht bezeichnend genug sind. Ein Park hat einen von einem Forste sich sehr unterscheidenden Charakter; denn wenn wir auch die romantische Wildniss der freien Natur bewundern, so dürfen wir doch nie vergessen, dass der Park dem Aufenthalte der Menschen und nicht den Thieren des Waldes gewidmet ist. Parkscenerie verhält sich zur Forstscenerie wie ein historisches Gemälde zu einer Landschaft; denn in beiden muss immer die Natur vorherrschen. Das aber, was den Menschen speciell angeht, sollte in der Scala der Kunst eine höhere Stelle einnehmen. Wälder durch Gebäude bereichert, Wasser durch Gondeln belebt, tragen gleichfalls bei, einen sichtbaren Unterschied zwischen sorglicher Scenerie eines Parkes und der eines abgelegenen Waldes empfinden zu lassen, obwohl beide Bäume, Wasser, Grasflächen und Wild gemein haben. Ein anderer Unterschied, der sich zwischen Park und Forst herausstellt, sind die Wege. Gute, mit Kies überdeckte Fahr- und Fusswege gehören in den Park, wenn auch Einige sie ganz entfernt 88 PARK, PLEASUREGROUND UND GARTEN. haben wollen; Rasenwege bieten gewiss eine grössere Unbequemlichkeit dar. Will man den Park als einen zur Wohnung gehörigen Platz betrachten, so wird man über diesen Gegenstand gewiss nicht mehr in Zweifel sein. Immer muss der Park den Charakter der freien Natur tragen ; die Kunst darf, ausser an den gut unter- haltenen Wegen , nicht sichtbar sein ; Leben und Mannigfaltigkeit muss ihm auf alle Weise verliehen werden, optische Täuschung* ist aber überall gestattet. Einheit zeige sich in jeder Weise, doch hat man sich vor dem Fehler der üeberladung und der Verwirrung zu hüten. Die Hauptschönheit des Parks besteht in seinem schönen Grün, seinem bewegten Terrain, die mit einander und mit der Mannig- faltigkeit der Form abwechseln, in Bäumen, die so gruppirt sind, dass sie Licht und Schatten in mannigfaltiger Abwechselung auf der Oberfläche des Bodens dar- stellen, und in ungetheilten Basenflächen. Fälschlich versteht mau so oft unter dem Park auch die Pleasuregrounds** und die Gärten. Der Begriff des einen wird mit dem des andern oft vermengt; aber Gartenscenerie, Parkscenerie und Forstscenerie sind ebenso sehr unter ein- ander verschieden, wie Gartenkultur, Agrikultur und unkultivirte Natur. Pleasure- grounds und Gärten sind künstliche Anlagen, und machen nur in sofern Anspruch darauf natürlich zu sein, als das Wachsthum der Pflanzen, die zu ihrer Verzierung bestimmt sind, in Frage kommt. Ihre Vertheilung, ihre Kultur, Alles muss das Werk der Natur sein. Nach einer vieljährigen Erfahrung bin ich zu der Ueber- zeugung gelangt, dass die Mode, künstliche und natürliche Scenerie zu vermischen, den Geschmack oft sehr irre leitet; wenn man selbst auch eine Verbindung der zwei Worte «Landschaft und Garten» zugestehen will, so sind sie doch an und fiir sich zwei zu unterscheidende Begrifiie, wie bei einem Gemälde Bild und Rahmen. Die Scenerie der Natur, Landschaft genannt, und die Scenerie des Gartens sind ebenso verschieden, wie ihr Gebrauch; die eine stellt sich dar, um das Auge zu ergötzen, die andere, dem Menschen Bequemlichkeit und Nutzen zu schaffen; die eine ist mehr wild .und den Thieren zum Gebrauch bestimmt, während die andere dem Menschen auf der höchsten Stufe der Civilisation und Verfeinerung gewidmet ist. Man wird gegen diese Ansicht vielleicht einwenden, dass da, wo wir mit den Materialien der Natur arbeiten, auch das Erzeugniss natürlich sein solle; wir * Die Täuschung muss aber vollständig sein, wenn sie erlaubt sein soll; denn es ist die Aufgabe der Kunst, zu täuschen. ** Das Wort „Pleasureground" ist schwer durch einen deutschen Namen zu ersetzen, daher ich die englische Bezeichnung beibehalte. Der Pleasureground vermittelt den Blumengarten mit dem Park; er hat mit dem ersteren zwar den kurzgeschorenen Rasen gemein, ist aber in der Anordnung und in der Bepflanzung einfacher gehalten als dieser. Dies ist die eigenste Erklärung des Fürsten Pückleb, und deslialb habe ich mich nicht entschliessen können, die Bezeichnung Pleasureground durch ein deutsches Wort, z. B. Parkgarten oder Schmuckraum, zu ersetzen, wie von mehreren Seiten gew(lnscht wurde. PARK, PLEASÜREGROUND UND GARTEN. 89 könnten dann auch mit gleichem Rechte verlangen, dass ein von Stein erbautes Haus eine Felsenhöhle bilden müsse. Nach der BROWN'schen Methode stellte man in der früheren Zeit ein grosses Haus frei auf einen Rasenplatz , ohne irgend eine sichtbare Trennung zwischen dem Boden, der dem weidenden Vieh preisgegeben, und dem, der dem Hause zunächst gelegen war, welcher letztere im besondern Bereiche der Kunst stand. Da eine Trennungs- Linie gestattet, ja zur Befriedigung des Auges geboten ist, um den Rasen mit Blumen und blühenden Sträuchern zu schmücken, so entstand, um dem Hause jenen Charakter, nämlich den grösserer Sorglichkeit zu verleihen, die- jenige Gartenanlage, die jetzt allgemein „Pleasureground" genannt wird. Der Pleasureground ist also nichts anderes, als ein geschmückter Garten, der die Nutzen bringenden Gegenstände ausschliesst; in dem ihn umgebenden Park ist nicht nur der Name „Garten", sondern auch sein Charakter verloren gegangen. Die Principien, die dem Pleasureground und dem Garten zu Grunde liegen, sind also von denen des Parks wesentlich verschieden, denn ein Garten ist ein Werk der Kunst, wo von den Materialien der Natur der passendste Gebrauch gemacht ist* Er ist daher ein dem Nutzen und dem Vergnügen der Menschen gewidmeter Gegenstand, und sollte durch die Kunst mit solchen Gegenständen bereichert werden, die die Natur der Gegend versagt hat. Seine Behandlung ist künstlich, und so darf er auch erscheinen, ohne dass ihm der Vorwurf gemacht werden kann, fehler- haft zu sein. Da es in der Kunst, im Vergleich mit der Natur, so viel kleinliches Wesen giebt, das sich nicht gut verwischen lässt, so ist es stets zu wünschen, dass die äussere Umgebung eines Gartens der Parkscenerie oder der natürlichen Landschaft ähnlich dargestellt werde; das Innere kann dann mit aller Mannig- faltigkeit und Laune angelegt sein, um für das Auge angenehme Gegenstände zu bieten. Gärten verschiedenen Styles und aus verschiedenen Zeiten, verschiedene Charaktere und Dimensionen können gegeben werden, ohne deshalb dem Tadel unterworfen zu sein. Wir finden ja auch die Werke eines Rapael und eines Teniers in einem und demselben Kabinet aufgestellt, ebenso geistliche und welt- liche Bücher in derselben Bibliothek. — Der von einem Garten entlehnte (Jenuss hat eine Aehnlichkeit mit seinen vergehenden, aber wieder hervorsprossenden Be- wohnern; wir sehen aber deshalb doch einen Kranz schnell dahinwelkender Rosen mit weit miehr Vergnügen an, als einen dergleichen von Immortellen. Edle und * In England war es noch zu Repton's Zeit Sitte, den Pleasureground nur an der einen Seite an das Wohnhaus herantreten zu lassen, während dieses mit der andern Seite im Park stand. Das weidende Vieh konnte auf diese Weise z.B. Ms unter die Fenster gelangen, ein Uebelstand, den der Fürst Pücjclbb mit Recht gerügt hat. In allen Anlagen des Fürsten umgiebt daher der Pleasureground rings das Schloss oder Haus: er ist ebenso, wie der Blumengarten, sichtUch abgegrenzt. 90 PARK, PLEASÜREGROUND UND GARTEN. weise Menschen haben zu ajlen Zeiten ihre reinsten und unschuldigsten Oenüsse in einem Garten gefunden, schon von der Zeit an, wo der Urvater aller Menschen in einem Garten geschaffen wurde. Es ist ebenso natürhch wie schön, dass der- jenige, welcher sich oft in einem Garten vergnügte, zuletzt noch den Wunsch hegt, sich auch in einem Garten begraben zu lassen. In der Forstscenerie spüren wir die Skizzen Salvator Rosa's und Riedinger's, in der Parkscenerie Landschaften von Claude, Poussin und Preller (Gärten der Ivirke, Odyssee) und Wilhelm Schirmer in verschiedenen seiner Gemälde; in der Gartenscenerie ergötzen wir uns an der reichen Ausschmückung der Gemälde Watteau's, wo die Natur durch Kunst geschmückt, nicht aber von ihr entstellt ist, wo die künstliche Dekoration der Architektur und Skulptur durch natürüche Begleitung der Vegetation verschmolzen werden. Also die möglichste Mannigfaltigkeit darf hier stattfinden. Der Garten ist daher gewissermaassen eine im Freien fortgesetzte Wohnung, und da die Pracht und Eleganz eines Hauses ebenso von der Anzahl, als der Grösse und Inneren Einrichtung seiner Zimmer abhängt, so kann die Aehnlichkeit zwischen dem Hause und dem Garten auch auf die Dekoration des letzteren fortgesetzt werden. Die Gärten oder der Pleasureground bei einem Hause können, wie die verschiedenen Zimmer in seinem Innern, die der Rang, der Komfort und das Vergnügen des Besitzers erheischen und bedingen, behandelt werden und der Besitzer kann hier* seinem Geschmack und seiner Laune fi*eien Spielraum lassen. Ein grosser Rasen- platz missfeilt, gleich einem grossen und unmöblirten Zimmer, weit mehr, als ein kleiner. Ist ein Zimmer nur zum Tlieil oder gering möblirt, und ein Gurten nur spärlich dekorirt, so verlassen wir beide mit Missbehagen; und wäre das Zimmer auch mit den feinsten Tapeten ausgeschlagen und der Rasen vom ausgesuchtesten Grün, so sähen wir uns doch in dem einen nach dem Teppich und in dem anderen nach den Blumen um. Fände sich zufeUigerweise in einem unmöblirten Zimmer ein Spiegel, so würden sich doch nur die blossen Wände darin abspiegeln. In ganz gleicher Weise würde eine Wasserfläche ohne umgebende Pflanzung oder andere Gegenstände nur eine kahle Scene reflektiren. Dieser Vergleich liesse sich noch auf alle andern Gegenstände, die sich zum Nutzen und zur Zierde eines Zimmers vorfinden, sowie auf die für einen Garten passenden Ruhesitze, Gebäude und andere Verzierungen ausdehnen; denn Mannig- faltigkeit und eine Reihenfolge interessanter Gegenstände sind es," die einer Gartenscene erst ihren Werth verleihen, nicht blos die Länge und Breite der W^ege. Ohne den Charakter der Grösse zu gefölirden, können wir durch mancherlei Veränderungen, durch Kontraste und durch Neuheit uns Genuss bereiten, kurz der gute oder schlechte Geschmack des Besitzers wird sich in der Ausschmückung und Anlage seines Pleasuregrounds und seiner Gärten ebenso kund geben, wie bei der Dekoration und Einrichtung seiner Zimmer. Der Rasen des Pleasuregrounds PARK, PLEASUREGROUND UND GARTEN. 91 sei ein sauberer Teppich mit Blumen gestickt; die seltensten und schönsten Gewächse, die in dem Boden nur gedeihen, mögen hier ihre passende Stellung finden. Jeder Bezirk der Gärten sei durch eine leichte Umfriedigung getrennt und bilde gleichsam ein besonderes Zimmer, und diese verschiedenen Blumen, sowie Orangerie, Treibhäuser, Gemüse- und Obstgärten, seien je nach dem Bedürfiiisse des Besitzers und wie es die Oertlichkeit gestattet, mit Lauben- gängen, Strauchpartien und dergleichen verbunden. Leichte ümfriedigungen von Draht eignen sich hierzu am besten, da sie Abschluss geben, ohne den Blick ins Freie zu hindern, weil sie in der Ferne für das Auge verschwinden. Passend angebrachte versenkte Umfriedigungen (Haha's) und andere, leichtere oder massivere, bilden die Grenze zwischen Pleasureground und Park; sie ver- hindern das Herzutreten des im Park weidenden Viehes oder Wildes, und scheiden die zum Mähen bestimmte Wiese von dem kurzen feinen Rasen des geschmückten und gartenähnUchen Theils. Das Auge erfreut sich zuerst der Ausschmückung in der Nähe, und schweift dann erst über dessen Grenze zu der damit verbundenen Parkscenerie, zu der freien Landschaft und ihren schön gruppirten Bäumen. Durch diesen Kontrast freier Natur und künstlicher Zierde wird der Genuss erhöht. Eine geniale Leistung dieser Art sind die durch Paxton hergestellten Um- gebungen des Crystal Palace in Sydenham bei London mit seinen Museen, Kunst- schätzen und Sammlungen aller Art. Der sehr reich geschmückte, sich weit aus- dehnende Pleasuregroimd umgiebt den auf einer Anhöhe befindlichen Glaspalast. Das sanft abfallende, bewegte Terrain vor demselben geht in die freie Natur über und gewährt ein reiches landschaftliches Bild, was ihm eine bedeutende, aber nur scheinbare Grösse verleiht, denn das zum Crystal Palace gehörige Terrain endet sehr bald mit dem Pleasureground, dessen Abgrenzung nicht sichtbar ist Noch günstiger gestaltet sich die Lösung der Aufgabe, wenn die die Anlage um- gebende Landschaft ein schon fertiger Park mit bewegtem Terrain ist, auf welchem sich bereits schön gruppirte Bäume, Pflanzungen und Waldflächen im Mittelgrunde vorfinden, die den Uebergang zu einem das Landschaftsbild begrenzenden mächtigen Gebirgszug bilden Ist man in der glücküchen Lage, ein solches Terrain zu bear- beiten, wo die Natur schon selbst als Künstlerin geschafien und den eigentlichen Park in grossartigster Weise hergestellt, benützen und auf dasselbe durch passende Ueber- gänge verbessernd einwirken zu können, so ist das eine sehr dankenswerthe Auf- gabe. Hier hat der Landschaftsgärtner die beste Gelegenheit, die Natur zu studiren und aus ihr zu lernen, wie dies bereits im ersten Kapitel weiter ausgeführt wurde. Eine solche glückliche Aufgabe wurde dem Verfasser bei Beginn seiner künstlerischen Laufbahn zu Matzdorf in Schlesien gestellt, ohne Zweifel einem der schönsten Punkte dieses an landschaftlichen Schönheiten so reichen Landes. Der Ort, wo das Schloss erbaut wurde, war damals ein mit einer Mauer umgebener Obstgarten. Vor dem Schlosse, auf der Südseite, senkt sich sanft das 92 PARK, PLEASÜREGEOUND UND GARTEN. Terram und geht in den schön gruppirten Mittelgrund über, den Schluss des Landschaftsbildes macht der Kamm des Riesengebirges in seiner ganzen Ausdehnung, von der schwarzen Koppe und der Schneekoppe bis zur Tafelfichte, — mit seinen Vorbergen. Diese ganze Partie wurde durch eine Lindenallee, welche sich an der Aussenseite der Gartenmauer hinzog, vollständig verdeckt. Da die Entfernung bis zum Fuss des Hochgebirges von hier aus etwa vier Meilen beträgt, so ist dasselbe dem Auge nicht zu nahe gerückt, macht aber gerade deshalb einen mächtigen Eindruck. Nach Osten hat man ebenfalls ein schön gruppirtes Thal, welches durch die Falkenberge bei Fischbach und weiter durch den Gebirgszug nach Landeshut mit den Friesensteinen begrenzt wird. Nach Nordosten zu schliessen sich die in schönen Linien gezeichneten Berge der hohen Golie an, und den Schluss des grossartigen Rundgemäldes bildet im Norden der Basaltkegel des Spitzberges von Probsthain. Verfolgt man den etwas ansteigenden ümfahrungs- weg vom Schloss nach Nordosten, so &llt das Hochplateau der Anlage sehr bald steil ab, man hat nun unter sich das romantische Boberthal mit der schönen Wasserzeichnung des Flusses; gruppirt von fi-eundlichen Dörfern und gegenüber reich bewaldete Berge; — ein landschaftliches Material, wie es sich wohl selten so glücklich vereint wieder finden dürfte. In der That war hier nur nötliig, den Vordergrund nach Beseitigung des Obstgartens durch einfache, der grossartigen Natur angemessene Uebergänge zu vermitteln, was auch durch Beseitigung der Lindenallee, von welcher nur einzelne Bäume in Gruppen gestellt- beibehalten werden konnten, mit bewirkt wurde. Wie diese Aufgabe gelöst worden ist, zeigt die beifolgende Aussicht von dem Schlosse zu Matzdorf (Tafel HI). Der nach Westen gelegene Gutshof wurde durch Pflanzungen gedeckt und die weiteren Partien des grossen Naturparks, namentlich auch der nach Südosten gelegene bewaldete Grund der „Harthe" mit seinen schönen Felsenpartien, durch gut geführte Wege zugängHch gemacht und auf solche Weise eine einheitliche Verbindung des Ganzen hergestellt. Noch bedeutender tritt die grossartige Schönheit des Gebirges in dem am Fusse desselben gelegenen, durch den Grafen von Reden zu Anfang dieses Jahr- hunderts genial angelegten Park zu Buchwald bei Schmiedeberg auf, wo an manchen Stellen die Koppe, bis zu ihrem Fuss sichtbar, im Garten zu stehen scheint. Diese grandiose Natur, wie sie uns hier sowohl wie in Matzdorf in ihrer ganzen Erhabenheit entgegen tritt und durchaus dominirend ist, lässt wenig kleine Object- Anlagen zu, da die Koppe so zu sagen alles verschlingt, und es würde durchaus fehlerhaft sein, wollte man Partien, welche im flachen Lande, wie z. B. in Muskau so schön und nothwendig sind, hier zur Anwendung bringen. Die Gärten der Engländer sind von der mannigfaltigsten Art. Unter ihnen nehmen ausser den gewöhnUchen Blumengärten noch amerikanische Gärten, zur PARK, PLEASUREGROUND UND GARTEN. 93 Aufetellung der feineren amerikanischen Gewächse, chinesisclie Gärten, worin China's Pflanzen Platz finden, Felsengärten, das Rosarium und dergleichen ihren Platz ein. Blumengärten, in kleinerem Maassstabe angel^, können nach dem Geschmacke des Besitzers r^elmässig und künstlich sein, stets verlangen sie aber Sorglichkeit und die sauberste Unterhaltung, wie denn Sauberkeit in allen Gärten und Parks eine Hauptzierde derselben ist. Verwerfen wir gleich bei den Wasseranlägen in einem Park, wo Alles natürlich ist, die geradlinigen Umrisse in der Form, so müssen wir in einem Blumengarten an der Seite einer geradlinigen Mauer, wo Alles künstlich ist, auch den natürlichen ümriss aus gleichem Gnmde verwerfen. Wasser gewährt im Blumengarten, wie überall, besonderes Interesse; ein künstlich dargestelltes Bassin oder ein Fischteich kann daher dort an seinen Ufern mit den merkwürdigsten und seltensten Pflanzen ausgeschmückt werden. Ein Blumengarten, gross oder klein, natürlich oder regel- mässig angelegt, muss, abgesehen von der bereits erwähnten sichtbaren Abgrenzung, stets einen von der allgemeinen Scenerie des Parks abgesonderten Theil bilden und durch eine dichte Umfriedigung vor dem Zutritt schädlicher Thiere gesichert sein. Innerhalb dieser Umzäunung können seltene Pflanzen jeder Art, mit Beachtung der für sie passenden Bodenarten, ihren Platz finden. Rhododendren und iVzaleen werden in Moorbeeten, Wasserpflanzen in den Bassins oder in dergleichen Wasserbehältern, Felsen- und Alpenpflanzen an Steinen, Schlingpflanzen an Stützen und Gestellen tler mannigfachsten Art ihren Platz finden; alle gewähren grosses Interesse. Wünschenswerth dürfte noch erscheinen, den Blumengarten, wenn er nicht mit dem Hause verbunden ist, von der Strasse sowohl, als auch von den gewöhnlichen Wegen der Anlagen aus, nicht sichtbar erscheinen zu lassen; dann kann er auch ganz verschieden vom Charakter der übrigen Scenerie erscheinen, und seine Dekoration sowohl der Kunst, als auch der Natur angehören. Mannigfaltigkeit und Kontrast gewähren uns das grösste Interesse; deshalb verdienen diese bei Anlage eines Blumengartens die grösste Beachtung, und bilden einen wesentlichen Bestand- theil der allgemeinen grossen Scenerie. Bildet der geschmückte Boden einen Theil von den Aussichten der Fenster, vorzüglich ftir die Hauptzimmer, so lasse man ihn in seiner Haltung und in seiner Verzierung künstlich erscheinen, und betrachte ilm mehr als einen reichen Rahmen zur Landschaft, denn als einen Theil derselben. Die Küchengärten sind, wo es die Lokalität gestattet, in unmittelbarer Nähe der Wirthschaftsräiune und Ställe an der Hinterseite des Hauses anzulegen und durch Pflanzungen zu verdecken. Es ist diese Einrichtung in vieler Hinsicht die bequemste, nicht nur wegen des Verbrauchs der Küche aus diesen Gärten, sondern auch des in denselben benöthigten Düngers wegen. Die zu grosse Entfernung der Küchen- und Obstgärten vom Hause fiihrt mancherlei Schwierigkeiten und Unan- nehmlichkeiten mit sich; dahin gehört, dass das zu liefernde Obst und die Gemüse einer sorgfiQtigen Verpackung bedürfen, und dass der nach den entfernt liegenden 94 PARK, PLEASUREaBOUND UND GARTEN. Gärten zu transportirende Dünger für die Parkwege einen grossen Uebel- stand darbietet. Der in der Nähe und im Schutze des Wohnhauses gelegene Küchengarten bietet noch den Vortheil dar, dass er auch ohne Treibhäuser eine weit wärmere Lage als die anderen Theile der Anlage gewährt. Wir haben im Winter oft Tage, wo ein warm gelegener, trockener Weg imter dem Schutze der gegen Osten oder Norden gelegenen Mauer der schönsten, aber frei gelegenen, den Winden und der Zugluft ausgesetzten Landschaft vorgezogen wird. Im Frühling, wo die Alles belebende Natur wieder zu athmen beginnt und sich der kalten Umarmung des Todes allmählich entzieht, werden an der südlich gelegenen Rabatte eines mit Mauern umgebenen Gartens die ErstUnge der Blumen und Gewächse das Auge erheitern und das Gemüth erfreuen. Und wenn in unserem Küma auch noch im März und April die Pflanze entweder durch die scharfen und schneidenden Nordost- winde in ihrer Entwickelung zurückgehalten wird, oder der Frost des lauernden Winters die jungen Triebe wieder zu nichte macht, so werden jene geschützten Lagen einen um so angenehmeren Aufenthalt gewähren. Ein Treibgarten, wo Mauern in einer solchen Entfernung von einander auf- gestellt sind, dass ein Weg an den Bäumen und an den für frühe Gemüse bestimmten Rabatten entlang geführt werden kann, gewährt als Wintergarten gleichfalls grosse Annehmlichkeiten. Der nach Süden gelegene Theil der Mauer ist mit Spalierobst, Pfirsichen, Wein, Aprikosen und dergleichen bepflanzt, der nach Norden gelegene mit Schattenamarellen und Immergrünem, wie Rhododendren, Kirscldorbeer und dergleichen. Ein passender Theil der Mauer kann auch zu Häusern für die Treiberei von allerlei Obst und Gartenfrüchten benutzt werden. Wenn auch der Anblick der schrägen Glasflächen nicht gerade zu dem Schönen gerechnet werden kann, so können wir doch in der Zeit, wo die Vegetation im Freien durch die eisige, rauhe W'interluft gehemmt ist, uns des Anblickes der durch die Kunst geschützten Pflanzen erfreuen, ohne dass wir gegen die Mittel, durch welche sie geschützt werden, einen Widerwillen empfinden. Auch ein guter Obstgarten verlangt Schutz, wenn seine Erzeugnisse im Herbste die möglichst frühe Reife erlangen sollen. Und dieser Schutz erhöht zugleich den Komfort des Besitzers in der Nähe des Wohnhauses zur Winter- zeit, wo ein von den Strahlen der Sonne beschienener Weg an einer südlichen Mauer entlang oft mehr Genuss verschaff't, als der Anblick der schönsten Landschaft und der noch so romantischen Gegend. Ein solcher Garten gehört zu den haupt- sächlichsten Annehmhchkeiten eines Winteraufenthalts, und sollte nie zu fern vom Wohnhause gelegen sein, wenn auch der Anblick der rothen Backsteinmauem, mit welchen dergleichen Gärten gewöhnhch eingeschlossen sind, nicht zu den angenehmsten Ansichten gehört. Ist der Garten in Terrassen abgetheilt, so können diese mit gezierten Pfeilern und Bogen für den darein zu stellenden Spalierbaum oder die daran anzubringende Schlingpflanze versehen werden. In der Sommerzeit, wo Alles PARK, PLEASUREGROUND UND GARTEN. 95 um uns blüht, wo das ganze Land einem Garten gleicht, sind wir für diese Reize weniger empfanglich, da sie uns überall in grosser Fülle geboten werden; befindet sich aber die Natur in ihrem Schlafe und steUt sich uns ein todter Anblick dar, so ist ein Ort in der Anlage, mit Pflanzen umgeben, die uns bei aller Strenge des Winters anlächeln und uns ein Bild der heitersten Jahreszeit inmitten der Trauer und Oede geben, immer etwas unaussprechlich erheiterndes. Bei der Länge unserer Winter erscheint es wünschenswerth, auch für jeden Monat einen besonderen Garten zu besorgen, und dadurch unseren Sommer über die Grenze des unbeständigen Klimas hinaus künstlich zu verlängern. Einen Garten anzulegen, welcher durch keine Veränderung der Jahreszeit, des Bodens oder der Lage berührt würde, einen Garten zu bilden, der mit den Erzeugnissen aller Klimaten bereichert wäre, wo man sagen könnte: „Hie ver assiduum, atque alienis mensibus aestas !" würde der Stolz des Gartenkünstlers sein. LandwirihBChaft und Park als getrennte Gegenstände. Man hat vielfach die Idee gehabt, das Oekonomiegut mit flem Parke zu ver- einigen und so ganze Feldmarken parkähnlich auszuschmücken. Nach verschiedenen Versuchen und Bestrebungen sind wir jedoch zu der üeberzeugung gekommen, dass beide getrennte Gegenstände sind und auch bleiben müssen. Ein jeder dieser beiden Gegenstände nehme daher auf einem Besitzthum seine passende Stelle ein; denn verschmähen wir auch nicht die uns zum Nachtische gebotenen Pfirsichen, so umpflanzen wir doch die Mauern, an denen und imter deren Schutz sie erwachsen. Die Meierei gehört zu den Genüssen des Landlebens; wir schliessen sie keineswegs aus, wenn wir sie auch nicht in unsere ruhige Parkscenerie auf- zunehmen gedenken; wir protestiren also nicht gegen das Vorhandensein von Genuss und Ertrag mühsamer Anstrengung, sondern nur gegen die Vereinigung mit unserer Kunst. Die Schwierigkeit der Vereinigung besteht hauptsächlich darin, dass der Park ein Gegenstand der Schönheit ist, die Landwirthschaft aber Erträge geben soll, wenn auch die Scenerie beider aus Land, Bäumen, Wasser und Thieren, welche jedoch in beiden sehr verschieden geordnet sind, besteht. Liefert der Park emen zu geringen Ertrag, so verringere man lieber seine Grösse, vorausgesetzt dass es Charakter und Styl des Hauses gestatten; man wird dann weniger bereuen, der Schönheit den Gewinn geopfert zu haben. Die Formen der Getreidefelder mit ihren geraden Linien und Ackerfurchen sind so gänzlich mit dem Begriff'e von malerischer Schönheit unverträglich, dass man nicht wagen darf, die Gegenstände der Feldwirthschaft als Zierden aufzuführen; aber 96 PARK, PLEASUREGROUND UND GARTEN. deshalb kann immer ein Unterschied zwischen dem Besitzthum eines Landwirthes von Beruf, der von jedem Stückchen Land Gewinn ziehen muss, und dem eines wohlhabenden Mannes, der die Landwirthschaft nur zum Vergnügen betreibt und das Land zu Versuchen verwendet, bestehen. Wenn auch in einigen Gegenden, wo die Landwirthschaft mehr der Viehzucht und des Milchertrages wegen betrieben wird, die Grasländereien umzäunt sind, so werden sie doch stets einen störenden Anblick gewähren, immer den Betrieb der Land- wirthschaft verrathen und nie das Ansehen eines Parks bekommen. Hierin besteht der Unterschied zwischen der Wohnung eines Gutsbesitzers und der seines Pächters. Da die Schönheit eines Pleasuregrounds und die eines Oekonomiegutes nicht zu vereinen sind, so wird es als das Zweckmässigste erscheinen, wenn Geschmack und Nachdenken das letztere verbergen und den Vordergrund so begrenzen, dass Parkscenerie ohne Verwüstung und Verschwendung nutzbaren Landes erhalten werde. Das Schönste auch zum Einträglichsten zu machen, liegt ausser unserer Macht; denn ein gepflügtes Feld und ein Rasenplatz sind ebenso verschiedene Gegenstände, wie ein Kartoffelland und ein Blumengarten. Der Unterschied zwischen einem Oekonomiegut und einem Park besteht nicht nur in der Zahl seiner Umft-iedigungen imd Unterabtheilurigen, sondern auch in der Behandlung der Linien, mit denen die llmfriedigungen eines jeden geftlhrt werden. Ferme orn6e ist also ein Widerspruch. Die Landwirthschaft ist ein Gegenstand von hohem Interesse und aller Beachtung würdig, sie bedarf der fremden Hülfe nicht, um durch malerischen Effekt Aufmerksamkeit zu erregen. Sie ist selbst noch mehr als ein Gegenstand der Schön- heit, sie ist der Segen der Menschheit. Bei Verfolgung unseres Vergnügens ist es aber keineswegs unumgänglich, die Grenze des Parks zuweilen zu verlassen, um den Fleiss zu bewundern, mit welchem der Landmann seine Erzeugnisse hervorbringt. — Wenn man auch den hier ausgesprochenen Ansichten Repton's, dass es immöglich sei, zwei Gegenstände zu vereinen, die so unverträglich sind wie land- schaftliche Verschönerung und Ertrag, im Wesentlichen und in den meisten Fällen beipflichtet, so kommt doch auch Alles darauf an, wie man es behandelt, dem Xützhchen also eine schöne Form giebt. In unserer Gegend, der Lausitz z. B., wo die Natur so wenig bietet, wo das Land auch wenig W'erth hat, muss man sich bei den Anlagen durch Grösse und Ausdehnung zu helfen suchen. Die Auffahrt und der Umfahrungsweg in Branitz, welche auch in dem Kapitel „Alleen" erwähnt sind, mögen hierzu den Beleg liefern. Grössere und kleinere Pflanzungen wechseln mit Baumgruppen zu beiden Seiten der Wege ab, es sind nur da Oeffnungen und Aussichtspunkte gelassen, wo sich dem Auge ein interessanter Gegenstand, ein Gebäude, eine Fernsicht u. s.w., bietet. Auf solche Weise gewahrt man von der eigentlichen Oekonomie, welche ungestört betrieben wird, sehr wenig und nur so viel, als man eben davon zeigen wiD, und in diesem Sinne kann man sagen, dass Ferme om6e kein Widerspruch sei. IX. Gebäude. Gebäude sind in Parkanlagen von bedeutender Wirkung, ja sie sind hier ganz unentbehrlich, weil ihr Vorhandensein darauf hinweist, dass der Mensch hier weile, dass seine schaiTende Hand hier thätig sei. Denn kann auch eine ländliche Gegend ohne Gebäude reizend sein, so wird doch die Idee der Belebung und des Bewohnt- seins durch Gebäude, die dem Charakter der Gegend entsprechend angebracht sind, im Kontrast mit der Einsamkeit und Stille, den Eindruck ihrer Schönheit erst vollenden. Die schönsten Naturscenen können überraschen und uns eine Zeit lang entzückcui, sie werden aber bald ihr Interesse verlieren, wenn sie nicht bewohnt gedacht werden können. Bei der Aufführung von Gebäuden in Parks und Gartenanlagen müssen Land- schaftsgärtnerei und Architektur, diese beiden Schwesterkünste, Hand in Hand gehen. Der Landschaftsgärtner ist bemüht, jede Spur seiner Thätigkeit zu verbergen, er will die Natur verschönem; sein Werk soll aber erscheinen, als sei es nur die Natur, die hier thätig gewesen. Der Architekt zeigt in dem von ihm aufgeführten Gebäude ein Werk seiner Kunst, er will nur die Kunst daran bewundert sehen. Beide, das Gebäude wie die umgebende Natur, können sehr viel thun, um ihren Effekt gegenseitig zu erhöhen, beide, ohne Rücksicht auf einander behandelt, können aber auch das Gegentheil bewirken; nur wo die umgebende Scenerie nicht ohne das Gebäude, und dieses nicht ohne jene gedacht werden kann, wo eine völlige Harmonie in den Beziehungen beider herrscht, haben der Architekt und der Gartenkünstler ihre Aufgabe mit Glück gelöst. Aus diesem Grunde ist es nöthig, dass der Landschaftsgärtner auch nicht ganz fremd sei im Gebiet der Architektur, da die Gartenkunst der Baukunst zur Verschönerung ihrer Werke bedarf. Die Baukunst ist zwar die Mutter der bildenden Künste und hat bis jetzt auf einer höheren Stufe ihrer Vervollkommnung gestanden als die Gartenkunst, es folgt aber hieraus noch keineswegs, dass ein Baumeister mehr Achtung verdiene als ein Gartenkünstler. Nur das grössere oder geringere Petzold, LandschafUg&rtnerei. 7 98 GEBÄUDE. Verdienst um die Vervollkommnung seiner Kunst bestimmt den individuellen Werth des Künstlers, nicht aber die höhere oder niedere Stufe, auf welcher seine Kunst steht. Es ist daher ein Irrthum, zu glauben, das Studium der Baukunst erfordere einen höheren Grad von Bildung als das der Gartenkunst. Im Interesse der Landes- verschönerung ist zu wünschen, dass auch die Architekten sich die Kenntniss der Grundsätze der Landschaftsgartenkunst mehr aneigneten, als dies im allgemeinen bis jetzt der Fall ist. Wenn auch jeder Handwerksmann sich anmaasst , Pläne für Gebäude zu liefern, so ist es doch sehr schwer, diese Kunst zu erlernen, und die Vollkommenheit darin ist nur auf wenige Männer beschränkt, die sich mit angeborenem Talent und guter Ausbildung einen guten Geschmack angeeignet haben. Denn es giebt zwar viele Baumeister, aber wenig Architekten, ebenso wie es viele Gärtner aber wenig Landschaftsgärtner giebt. Es ist zwar ein Verdienst, geräumige Bauten aufzuführen, aber ein noch grösseres, die inneren Räume hinsichtlich ihrer Bestimmung mit dem Aeussern in Einklang zu bringen , und dies kann nur der künstlerisch ausgebildete Architekt. Er allein vermag aus den vorhandenen Rohstoffen ein Gebäude zu schaffen, bei welchem alle Umstände sich zu einem harmonischen Ganzen vereinigen. Wie es die Aufgabe des Landschaftsgärtners ist, bei seinen Anlagen im Charakter der Gegend zu schaffen und die Vorzüge und Eigenthümlichkeiten derselben zur Geltung zu bringen, so sollte es auch Aufgabe des Architekten sein, die Wahl des Baustyls dem Charakter der Gegend anzupassen, wie das in England geschieht, wenn er eine har- monische Wirkung erreichen will. Hierin liegt, wie bereits erwähnt, eine Hauptursache der landschaftlichen Schönheit Englands. Diesem Grundsatz huldigte auch Fürst Pückler, welcher den hohen Werth der Architektur für die Landschaftsgartenkunst immer anerkannt hat und mit den bedeutendsten Architekten stets in Verbindung stand. Mit Sciunckel war er innig befreundet , auch von Persius , Heidelofp und Anderen hat er sich Pläne für seine projectirten Parkbauten entwerfen lassen. Den Baustyl accommodirte er immer der Gegend; wo auch ein Bauwerk errichtet werden sollte, die Bestimmung desselben musste schon in seiner äusseren Erscheinung kenntüch sein. Seine Gebäude befinden sich in sinniger Beziehung zu iliren Umgebungen, sie haben auch immer einen bestimmten Zweck. Eine üeber- füUung der Landschaft mit Gebäuden oder architektonischen Verzierungen hat er stets vermieden. Vieles von seinen beabsichtigten Bauten ist leider Projekt gebüeben. Bei Entwürfen für Neubauten sowohl, als auch namentlich bei Restauration alter Schlösser und Häuser, sollte man sich nur an geschickte Architekten wenden, weil man sonst Gefahr läuft seine Architekturen zu verballhornisiren, wie dies theils aus Unkenntniss, theils aus übel angebrachten Erspamissrücksichten öfter geschieht Zu dem Berufe des Landschaftsgärtners gehört vorzüglich die richtige Beurtheilung des äusseren Theiles der Architektur, oder die Kenntniss der Wirkung, GEBÄUDE. 99 welche Gebäude auf die umgebende Scene ausüben. Derjenige, welcher die Bearbeitung des Bodens oder die Pflanzung anordnet, sollte wenigstens die Lage, wenn auch nicht die Gestalt und Form des Gebäudes selbst bestimmen. Vor Allem ist es daher das Studium des Charakters, sowohl des Gebäudes als auch der dasselbe umgebenden Gegend, das dem Landschaftsgärtner obliegt; denn er hat den Efiekt von Natur und Kunst vereint in Betracht zu ziehen. Die im Bereich seiner Anlage gelegenen Gebäude müssen für die An- und Aussicht von Werth sein, sie verleihen denselben Abwechselung, auch wenn ihre Grösse und Form nicht ganz befriedigen sollten; ver- mag ja schon ein einfaches kleines Gebäude die Düsterheit eines einsamen Ortes zu verscheuchen und erheiternde Geflihle zu erregen. Die untergeordneteren architektonischen Verzierungen solcher Gebäude bestimmen nicht die Wirkung derselben, erläutern aber den Ausdruck ihres Charakters, und ein Gebäude, welches schon an sich eine Zierde ist, kann in seiner Wirkung durch dieselben besonders für die Ansicht noch bedeutender werden. Ein Tempel bewirkt den Eindruck der Würde, eine Hütte verstärkt die Ein- fachheit einer ländlichen Scene nur noch mehr. Thürme, durchsichtige Rotunden und Säulenreihen sind in ihrer Wirkung zu selbständig und bedeutend, als dass man sie zu den architektonischen Verzierungen rechnen könnte. Ein grosser, glänzender Palast im Kornfelde oder von Hütten umgeben, in denen die Armuth wohnt, oder inmitten einer kleinlichen vernachlässigten Parkscenerie wird uns ebenso unpassend und widersinnig erscheinen, wie ein einfaches, geschmackloses Haus als Hauptgebäude einer schönen, in grossartigen Verhältnissen angelegten Parkscenerie. Gebäude müssen sowohl für die Ansicht, als auch ftir die Aussicht, welche man aus den Zimmern geniesst, berechnet sein. Gebäude in schlechtem Geschmack, oder in zu grossem oder zu kleinem Maass- stabe ausgeführt, können, selbst wenn sie wirkliche Kunstwerke wären, am unge- eigneten Orte aufgerichtet, nur entstellen. Eine einfache Hütte kann eine Zierde der Umgebung sein, die ein korinthischer Tempel entstellen würde, und umgekehrt. Was die Ansicht der Gebäude betrifft, so können sie zwar, von vom gesehen, durch die Schönheit und Symmetrie ihrer Formen imponiren; einen angenehmen Eindruck gewähren sie aber mehr von der Seite gesehen, besonders wenn die Beleuchtung zu Hilfe kommt, so dass wir die eine Seite im Schatten, die andere beleuchtet sehen; die Plastik des Gebäudes tritt so weit schärfer hervor. Durch angenehme Unterbrechung der Linien mit bedeutenden Schattenparthien, durch kräftige Vorbauten imd Details wird die perspektivische Wirkung erhöht und die Uebersicht der verschiedenen Theile des Gebäudes ergänzender genossen. Ein der- artiges Bauwerk gewährt dann in seinen Einzelheiten angenehme Ruhepunkte für das Auge und steht somit in Uebereinstimmung mit der Landschaft. In dieser Hin- sicht hat die sonst den bildenden Künsten angehörende Baukunst Verwandtschaft mit der Poesie und Musik, deren Reiz ebenfalls aus einer Folge von P^indrücken 7* 100 GEBÄUDE. lind Empfindungen l)esteht, die, nach einander genossen, zum richtigen Verständ- niss führen. Wenn oben bemerkt wurde, dass die angenehme Wirkung der Gebäude in der Landschaft zum Theil darauf beruhe, dass sie Zeugen der Menschennähe sind, so ist dies nicht so zu verstehen, als sei es nöthig, dass jeder Tlieil eines Parkes Gebäude enthalte, dass jeder Blick, der sich uns öffnet, durch Gebäude Ausdruck erhalte. Vor solcher Ueberladung kann man nicht genug warnen, und nichts schwächt den Ein- dnick einer an und für sich schönen Anlage so sehr ab , als eine grosse Anzahl von Gebäuden, für deren Vorhandensein man vergeWich einen Grund sucht; sie würden kein gutes Zeugniss ablegen für den Geschmack des Schöpfers solcher Scenerie. Am leichtesten verfallen diejenigen in den Fehler der Ueberladung, denen zur Dekoration ihrer Schöpfimgen reichliche Mittel zu Gebote stehen, wo diese mangeln, verbietet sich der Missbrauch derselben von selbst. Die Wirkung eines solchen Landschafts- gartens ist nicht unähnlich der Einrichtung der Wohnungen vieler Repräsentanten der Geldaristokratie, deren besonders die grösseren Städte Nordamerikas viele Beispiele aufweisen, wo unl)edeutende Gemälde in prachtvollen Goldrahmen, die schreiendsten Farbenkontraste schwerer seidener Vorhänge, mit Seidenpltisch überzogener Divans und Stühle, den Fussboden bedeckender Teppiche, wetteifern die Geschmacklosigkeit der Besitzer gerade durch diese verfehlte Pracht zu kennzeichnen. Wie ganz anders ist dagegen der Eindruck eines einfach aber sinnig und geschmack- voll meublirten Zimmers, in dem man sich sofort heimisch und behaglich fühlt Man führe also nur wenige Gebäude auf, diese aber in gefalligem StyL Ebenso wesentlich ist es, dass die verschiedenen Gebäude einer Parkanlage in einem Style aufgeführt sind, wenn die Harmonie aller Theile derselben als die höchste Anforderung an die Kirnst gilt. Nichts ist widersinniger, als wenn der Blick von dem gothischen Wohn- hause auf einen korinthischen Tempel, von da auf einen chinesischen Aussich tsthurm geführt wird, wenn ein Pavillon im Rococostyl und eine indische Pagode oder Moschee in nächster Nähe von einander aufgestellt sind, mögen auch die einzelnen Bauwerke an sich in edlem Styl aufgeführt sein, wie z. B. in Schwetzingen. Hier findet man eine wunderbare Zusammenstellung von Werken der Baukunst in den verschiedensten Baustylen auf kleinem Raum beisammen, das Ganze lässt aber unbefriedigt, weil jede Harmonie fehlt. Dieses Verpflanzen türkischer, indischer, chinesischer etc. Gebäude auf einen Boden, auf dem sie nie als heimisch erscheinen können, ist eine gefthrliche Klippe für den Gartenktinstler. Aus diesen Gründen dürfen sie- in den Naturgärten des grössten Theils von Europa keine Anwendung finden und sind aus denselben zu ver- bannen. Wo aber eine solche Verschiedenheit im Baustyle stattfindet, die besonders bei den Villen der Umgebung grösserer Städte uns häufig auffallt, da sollte es wenigstens vermieden werden, die verschiedenartigen Formen gleichzeitig dem Blicke zu bieten; nicht weniger unpassend würde es sein, in einem vollkommen ebenen Park die Gebäude im Styl der Schweizerhäuschen aufzuführen. Naturwahrheit GEBÄUDE. 101 lind Harmonie würden in gleichem Maasse durch solclie Verirrungen beein- trächtigt werden. Tempel, Monumente und ähnliche Bauwerke können einen Platz finden, ihre Anwendimg muss aber stets motivirt sein ; auch darf ihnen wahrer Kunstwerth nicht mangeln. Mit Inschriften und anderen Ergiessungen sei man sehr vorsichtig, ebenso mit Aufstellung von Statuen, besonders wenn sie mythische Personen darstellen. In jedem Falle müssen sie ebenfalls Kunstwerth haben; sie werden am geeignetsten nicht fem vom Hause ihren Platz finden, gewissermassen als Uebergang zur Architektur. Inschriften sollen der Kegel nach nur Belehrungen enthalten, sie sind in den Gärten nur da nothwendig, wo der Zweck eines Kunstwerks einer Erläuterung bedarf, z. B. eines Denkmals, oder wo ein Gegenstand durch die Bekanntschaft mit seiner Beziehung auf eine Person oder Handlung an Interesse gewinnt. Sie müssen deshalb auch jedem Einheimischen verständlich und deshalb nicht in einer todten oder fremden Sprache abgefasst sein. Aus demselben Grunde ist nicht allein sinnreiche Kürze, sondern auch allgemeine Verständlichkeit ein wesentliches Erforderniss. Wer bei Abfassung einer Inschrift sich der Kürze befleissigt, thue es wenigstens nicht auf Kosten der Deutlichkeit, vor allen Dingen veniieide man jeden Anlass zu Missdeutungen. Unter allen Gebäuden, welche die Parkanlage umschliesst, ist die Wohnstätte das Hauptgebäude, sei es Palast, Schloss, Villa oder ein einfaches Haus; es verdient deshalb unsere besondere Beachtung. Sein Aeusseres muss dem Stande des Besitzers entsprechen; das mit Thürmen versehene Schloss verkündigt den Sprossen eines alten adeligen Geschlechts,* es muss den Charakter der Festigkeit und Dauer an sich tragen. AlterthümKche, ehrwürdige Gebäude, die an längst vergangene Zeiten erinnern und darum, schon wegen ihrer historischen Bedeutung unsere Verehrung beanspruchen, sollten möglichst er- halten bleiben; es wäre ein Vandalismus, wollten wir ein solches Gebäude nieder- reissen, um ein modernes an seiner Stelle aufzuführen, welches vielleicht weniger geschmackvoll und nicht einmal dem Orte angemessen wäre. Selbst Trümmer solcher Gebäude sind als Zeugen der Vorzeit gewissenhaft zu bewahren und vor weiterem Verfall zu schützen, und wo eine Restauration derselben nöthig wird, sollte der ur- sprüngliche Charakter des Gebäudes beibehalten und jede Vergrösserung in diesem Sinne ausgeführt werden. Für einen reichen Privatmann, einen Kaufmann oder Fabrikbesitzer, wird das Wohnhaus weit passender in einem reichen, Freundlichkeit und Anmuth ausdrückenden Villenstyle gehalten werden. * Das Schloss in Krasyczynin Galizien, im romantischen Thale des Sanflusses gelegen und dem Fürsten Sapibha gehörig, hat vier Thttrme von verschiedenen Dimensionen und je nach ihrer Bestimmung auch im Aeusseren mehr oder weniger architektonisch reich gehalten. Der erste Thurm (erklärte der Fürst), ist der Thurm Gottes, er enthält die KapeUe. Der zweite der Thurm des Pabstes, der dritte ist der Thurm des Königs, der vierte der Thurm des Edelmannes. 102 GEBÄUDE. Die Arbeiten des Landschaftsgärtners, so weit sie auf die Gebäude Bezug nehmen, lassen sich in drei verschiedene Abtheilungen bringen: 1) wo die Umgebung einem bereits vorhandenen Hause angepasst wird; 2) wo Häuser durch Anbauten und Zufügungen ihren ursprüngUchen Charakter verändern; 3) wo der Platz für das Gebäude erst ausgewählt und das ganze Arrangement (Gebäude mit Umgebung) erst geschaffen werden soll. Unter diesen drei Veränderungen verlangt die zweite die meiste und genauste Beachtung, denn sie muss den Zwecken und dem Charakter, der hier anzunehmen, entsprechend sein , damit man nicht bei dieser Veränderung in imlösbare Schwierig- keiten verwickelt werde und Ungereimtheiten begehe. Es ist viel leichter, den Plan zu einem neuen Gebäude zu entwerfen, als ein altes Gebäude zu restauriren und die Veränderungen dem Ganzen richtig anzupassen. Zu solchen Ungereimtheiten gehört das allzu rasche Verfahren bei Entfernung alter Mauern, die oft Gegenstände verbargen, welche nun weit störender wirken, als vorher die Mauer, die durch SchUngpflanzen oder auf andere Weise bekleidet werden kann , so dass ihr Anblick das Auge nicht beleidigt. Es ist nicht möglich, die Lage eines Hauses zu bestimmen, ohne gleichzeitig auch die Art des Hauses, die fttr die Lage passend erscheint, festzustellen; der Architekt muss daher diese Lage kennen, ehe er es unternehmen kann, eine Zeich- nung zu entwerfen; der Unterlassungsfall würde zu grossen Missverständnissen fuhren, so dass z. B. die Wirthschaftsgebäude dahin verlegt würden , wo sich gerade die schönsten Aussichten auf die Umgebung befinden. Die natürlichen Formen des Bodens sind konvex oder konkav, eben oder geneigt-eben. Mit Ausnahme sehr romantischer Lagen sollte vor der Front des Gebäudes, nach welcher hinaus die Fenster der Wohnzimmer gehen, eine sanft abfallende Plattform vorhanden sein. Ist der Boden, der zur Errichtung eines Wohnhauses ausersehen wurde, konvex, d. h. hat er die Gestalt eines kleinen Hügels, so muss die Grösse des Hauses dem Hügel angepasst werden; möge aber die Lage sein, welche sie wolle, der Boden muss nach allen Seiten hinlänglich abgeböscht werden, um dem Hause die schädliche Feuchtigkeit durch Ableitung des Wassers zu entziehen. Ein lang gestrecktes Gebäude wird in vielen Lagen tadelnswerth erscheinen, am Fusse eines Hügels muss der Eindruck der Einförmigkeit und Langweile durch Steigung des Bodens beseitigt werden. Die Gestalt des Bodens muss mit dem Gebäude übereinstimmen, denn kein Gebäude kann errichtet werden ohne vorhergegangene Störung des Bodens durch Vermittelung der Kunst. Deshalb müssen wir, um den Boden dem Hause anzupassen, überlegen, wie derselbe, ohne uns an die Idee eingebildeter Aehnlichkeit mit der Natur zu binden, auf die schicklichste Weise zum Nutzen und Ansehen des Hauses verändert werden könne, denn da jedes Gebäude ein Produkt der Kunst ist, so muss GEBÄUDE. 103 letztere auch allenthalben zu erkennen sein. Ich bin der festen Ueberzeugung, dass der alte Gartenstyl mit seinen geraden Linien und seinem künstlich geformten Boden, mit richtigem Geschmack und gehöriger Berücksichtigung der Grösse des Charakters angewendet, weit geeigneter war, sich einem Palast anzuschUessen, als die krummen linien und das wellenförmige Terrain der modernen Gartenkunst. Errichtet man Gebäude nur der Aussicht oder Ansicht wegen, so würde der beste Landschaftsmaler auch der beste Landschaftsgärtner sein; allein ausser dem malerischen Effekt werden auch noch andere Rücksichten verlangt., um einen Platz auch zu allen Zeiten den Bedürfiiissen der Bewohner gemäss bequem und ansehnUch zu machen. lieber die Wahl der Lage und Stellung für ein Wohnhaus herrschen verschiedene Meinungen, und es wird kaum einen mit der Landschaftsgärtnerei verbundenen Gegen- stand geben, worüber die Ansichten so getheilt sind. Viele nehmen irriger Weise an, daas ein hochgelegener Platz mit schöner Fernsicht am geeignetsten sei, zur Errichtung des Wohngebäudes zu dienen, — als wenn die einzige Benutzung desselben darin bestände, sich von den Fenstern aus umzusehen — und sie sind zu dieser Meinung verführt durch die hohe romantische Ijage vieler Ruinen, welche sich allerdings oft durch herrliche Fernsichten auszeichnen. Die Gründe, welche die Erbauer jener alten Burgen für die Wahl dieser Plätze bestimmten, waren aber das Verlangen nach Sicherheit und ihre mög- lichst leichte Vertheidigung, die Schwierigkeit ihres Zuganges war ein Vorzug derselben. Die Unbequemlichkeiten , denen ein Haus auf einer hohen Stelle ausgesetzt ist, haben oft zur Reue bei Denen geführt, die voreilig bei der Wahl des Bauplatzes waren, indem sie später gern die Aussicht gegen Schutz und Schatten vertauschten. Nach langjähriger Erfahrung bin ich zu der Ueberzeugung gekommen, dass die Lage für ein Haus in einer Zeit bestimmt werden sollte, in welcher das Wetter für die Fernsicht ungünstig ist, es entgehen uns dann, nicht so leicht wesentlichere Bedingungen, die einen Ort für imsern Zweck geeignet machen ; denn die Bequemlich- keit der Wohnung darf nicht dem Glänze eines Sommertages geopfert werden. Bei ungünstigem Wetter lernt man auch die Nachtheile des Ortes am besten kennen. Es ist in Betracht zu ziehen: 1) die natürüche Scenerie der das Haus umgebenden Landschaft; 2) der Styl, Charakter und die Grösse des Hauses; 3) die Himmelsgegend und der Schutz vor den in der Gegend herrschenden Winden; 4) die Form des Bodens; 5) die Aussicht aus den verschiedenen Zimmern; 6) die verschiedenen Gegenstände der Bequemlichkeit, wie ein trockener Grund, genügender Vorrath guten Wassers und hinlängliche Wirthschafts- räume, nebst allen Erfordernissen für ein Haus auf dem Lande, welche in der Stadt oft entbehrlich sein können. Oft kommt es vor, dass diejenigen, welche zu bauen beabsichtigen, sich bei 104 GEBÄUDE. Vielen Baths erholen und sich verschiedene Pläne entwerfen lassen, woraus sie dann dasjenige, was ihnen zusagt, entnehmen, in der Meinung, hieraus einen vollkommenen Plan bilden zu können ; oder sie nehmen auch irgend einen fertigen Plan an, von dem sie glauben, dass er einer Lage angepasst werden könne. Aus einer solchen Ver- fahrungsweise können nur grobe Fehler entstehen. Die Wahl der Himmelsgegend für die Richtung der Hauptfront des Hauses ist für die Bequemlichkeit der Bewohner desselben weit wichtiger, als jede Aussicht und verdient die vollste Beachtung. Hätte man beim Bau eines Hauses nur eine Seite zu berücksichtigen, so würden alle Schwierigkeiten bald gehoben sein; allein die Liebe zur Veränderung verlangt Aussichten nach jeder Richtung hin, und daher muss man den Effekt von jeder Seite aus besonders in Betracht ziehen. 1) Die Lage gegen Norden ist düster und unfreundlich, da die nach dieser Seite gelegenen Zimmer keinen Sonnenschein bekommen und kalten Winden ausgesetzt sind. 2) Die Lage gegen Osten ist besser, jedoch nur in den ersten Morgenstunden, und die trockene, schneidende Kälte des Ostwindes im Winter macht sie besonders für diese Jahreszeit unpassend. 3) Die Lage gegen Westen wird dadurch lästig, dass das Auge während des grössten Theiles des Tages durch den Sonnenschein zu leiden hat^ und da aus dieser Himmelsgegend die meisten Regenschauer kommen, so laufen bei jeder Witterungsveränderung die Fenster an. 4) Die südliche Lage belästigt uns nur wenig und nur einen kleinen Tlieil des Tages, da die Sonne im Sommer hoch steht und nicht in die Zinmier zu dringen vermag, im Winter aber während ihres niedrigen Standes ein gerngesehener Gast in den Zimmern ist. Hieraus ist zu ersehen, dass ein Gfebäude, dessen Stellung den Himmels- gegenden entspricht , eine gute, eine mittelmässige und zwei schlechte Ijagen besitzt. Legt man die Hauptfacjade des Hauses gegen Südost, so liegt Nordwest gegenüber, eine Lage, die weit besser ist als die nördliche und westliche, weil etwas Sonne gewonnen wird und ihre Strahlen weniger störend einwirken als von Westen ; auch zeigt die Landschaft, gegen Nordwesten gesehen, eine sehr günstige Beleuchtung. Die Richtung der Hauptfront nach Nordost ist gleichzeitig den kalten Nord- und Ostwinden ausgesetzt; dass sie im Sonuner in den ersten Morgenstunden die Sonne hat, wiegt diesen Nachtheil nicht auf. Demnach ergiebt sich die Lage gegen Südost als die beste. Oft können jedoch Fälle vorkommen, wo man sich genöthigt sieht, dennoch anders zu verfahren: es kann die Gegend gerade nach einer sonst verwerflichen Richtung so ireizend sein, dass man sie ungern vermisst, die Hauptstrasse kann gerade in einer solchen Richtung vorbeiführen und dergleichen; dann muss die ungünstige Lage durch schützendePflanzungen und andere Hilfsmittel verbessert werden. GEBÄUDE. 105 Die Versoi^ung mit gutem Trinkwasser ist ebenfalls ein Gegenstand, der in ernste Erwägung zu ziehen ist; dieselbe ist bei hoher I^age oft äusserst schwierig zu bewerkstelligen, und doch ist das Wasser nicht nur eines der nothwendigsten Erfordernisse der Wirthschaft, sondern auch bei Feuersgefahr und bei grosser Trockenheit im Sommer ist es von grosser Wichtigkeit, solches rasch und leicht zur Hand zu haben, weshalb wenigstens ein grösseres Wasserreservoir in der Nähe des Hauses sein sollte. Ein Haus auf dem Lande verlangt ganz andere Berücksichtigungen als ein solches in der Stadt. Der Erbauer muss auf jede Jahreszeit Bedacht nehmen, seine Aufmerksamkeit muss auf passende Verbindung der Wirthschaftsgebäude und Stallungen mit dem Wohnhause gerichtet sein, ohne dass dieselben für die Ansicht lästig werden dürfen; an diese mag sich der Küchengarten anschliessen, der dem Hause nicht nahe genug sein kann, wenn er nur dem Blick möglichst entzogen ist. Bei der Aussicht vom Wohnhause sollte man weniger eine ausgedehnte Fern- sicht im Auge haben, als schöne Blicke in die nähere Umgebung, weil diese auf die Dauer fesseta, während jene der Deutlichkeit entbehren und ihr Genuss von der Reinheit der Atmosphäre abhängig ist. Ausserhalb des Wohnhauses werden sich, besonders in Gebirgsgegenden, ausgedehnte Fernsichten an vielen Punkten der umgebenden Anlagen darbieten. Die Ansicht des Wohnhauses oder Schlosses steht, wie billig, der Aussicht aus den Zimmern überall nach, während bei den übrigen Parkgebäuden gewöhnlich der imigekehrte Fall eintritt. Mit grosser Genialität hat Fürst Pückler bei seinen Schöpfungen in Muskau und Branitz auch diese Aufgabe gelöst. Aus jedem Fenster des Schlosses hat man eine andere Aussicht, eine fortlaufende Gallerie schöner Laiidschaftsbilder, immer neu und immer schön, grossartig und voller Harmonie. Diese Bildergallerie setzt sich durch den ganzen Park fort. Das Fenster, durch welches die Aussicht genossen wird, ist, obwohl von Wichtigkeit, nicht immer gehörig beachtet worden; die Stellung der Querhölzer des Fensterkreuzes stört oft die Aussicht vom Zimmer auf die Landschaft und sollte so berechnet sein, dass weder eine am Fenster sitzende, noch eine stehende Person durch dieselben behindert würde. Auch durch Veränderung eines Fensters kann zuweilen sehr viel für die Landschaft gewonnen werden. Sind die Himmelsgegenden bei dem Wohnhause gehörig berücksichtigt worden, so wird man finden, dass es nicht praktisch ist, wenn der Haupteingang auf der Seite, wo sich die vorzüglichsten Zimmer befinden, angebracht ist und dass er also, nehmen wir die Südost- und Südseite als die passendste an, an der Nordwest- oder Westseite anzubringen wäre. Das Streben des gebildeten Architekten muss stets auf Erreichung des Ideals gerichtet sein, das ihm bei dem Entwurf eines Bauwerkes nach den unterstellten Bedingungen zur Verwirklichung des Zweckes vorschwebt und an welches er durch 106 GEBÄUDE. die Einwirkung der Natur, der Kunst oder des Bedürfnisses gebunden ist; er wird dies Ideal durch seine geistige Produktivität zu einem organischen Ganzen gestalten und im richtigen Verständniss seine Aufgabe zu erfüllen streben. Die harmonische Durchführung eines derartigen Baues und die Charakteristik desselben zur Gegend muss noth wendigerweise im Ideale vereinigt sein, und es bleibt deshalb nur zu erläutern übrig, in welcher Weise die baulichen Anlagen dem Charakter der Land- schaft zugewendet werden können. Es kann unmöglich die Absicht sein, hier eine geschichtliche Entwickelung der Baustyle vorzuführen, die bis auf unsere Zeit gekommen sind; denn es können im Allgemeinen so viel eigenthümliche Style oder Bauarten in der Baukunst unter- schieden werden, als es Nationen gegeben hat, die diese Kunst ausübten. Für vorliegenden Zweck genügt die Veranschaulichung der in der Neuzeit am meisten zur Ausführung kommenden Style der griechischen und römischen, sowie der romani- schen (byzantinischen) und gennanischen (gothischen), desgleichen der modernen Architektur. Obgleich es zweifelhaft ist, ob der Kunstsinn und die Geschicklichkeit der Völker sich zuerst an den Wohngebäuden oder an den Monumenten erwiesen, so steht es doch fest, dass das Bedürfniss der Menschen es ist, dem die Baukunst ihren Ursprung verdankt; es zeigte sich aber bei denjenigen Völkern, die eine hohe Kunstbildung erlangten, ein frühes Streben nach dem Ruhm, öffentliche Monumente zu besitzen. Bei diesen Völkern wurde erst in der Zeit der Verfeinerung der Privat- besitz dem öffentlichen Leben vorgezogen, und die Ueberlieferungen geben das Zeugniss, dass der Tempel des einen und die Kirche des anderen Baustyles auf die Wohnungen der Menschen übertragen worden sind. Jeder dieser obengenannten Baustyle hat seine besondere Beachtung in der Gruppirung landschaftlicher Scenerien, jedoch ist vor der Anwendung derselben wesentlich zu berücksichtigen, in wie weit die betreffenden Charaktere mit denen der Landschaft oder der Gegenden und vornehmlich auch mit den klimatischen Verhältnissen inUebereinstimmung stehen. Die Gebäude des griechischen Baustyles mit ihren strengen, geradlinigen Formen sind der Umgegend schwer anzupassen, denn es ist ihnen eine strenge Symmetrie eigen, und diese Symmetrie muss in der Umgebung des Bauwerkes streng beachtet werden. Die Liebe für Symmetrie ist dem Menschen so natürlich, sie ist ihm, möchte man sagen, angeboren; wir bemerken schon bei dem Kinde, dass es korrespondirende Linien zeichnet, wenn es ein Haus auf die Schiefertafel malt. Die schönen symmetrischen Formen der griechischen Baukunst erscheinen in ruhiger, freundlicher Gegend weit angenehmer als die Unregelmässigkeiten des späteren gothischen Styls. Der griechische Baustyl findet seinen eigenthümlichsten Ausdruck im Portikus (Halle, Säulengang), der mit grossem Vortheil verwendet werden kann, weil bei diesen Gebäuden die genauste Uebereinstimmung ihrer Seiten verlangt wird. GEBÄUDE. 107 Der römische Baustyl, welcher nur eine feinere Durchbildung des griechischen ist und durch Erfindung des Bogens einen reicheren und ebenso konstruktiven als dekorativen Charakter ausdrückt, eignet sich bei der grösseren Mannigfaltigkeit seiner Formen besonders für imposante Anlagen. Der romanische und germanische, oder byzantinische und gothische Baustyl ist dagegen zur Wiederherstellung alter Gebäude, selbst wenn sie keinem bestimmten Baustyle angehören sollten, weit geeigneter als der griechische und römische, indem er mehr Unregelmässigkeiten gestattet, einer natürlichen Anlage leichter anzupassen ist und sich auch für unser Klima besser eignet. Halb verdeckte, hinter einander geschobene Gebäude, gross und klein, seitwärts angebrachte Thüren, vor- und zurückspringende Winkel , einzelne Thüren und Vorsprünge und unsymmetrisch ' angelegte Söller (Erker) sind, wenn auch keine unharmonischen Unregelmässigkeiten vorkommen dürfen, doch grosse Vortheile dieser Bauart. Die Gebäude sind im Allgemeinen von beträchtlicher Grösse. Die Alten bauten von Innen nach Aussen; je nach dem Bedürftdss erweiterten sie die Räume durch Anbauten für ihre ver- schiedenen Zwecke, und hierdurch entstanden diese unregelmässigen, malerischen Gebäude von oft poetischem Werth. Die Neueren bauen von Aussen nach Innen, und daher diese langweiligen Fanden und weniger wohnlichen inneren Einrichtungen. Der Charakter gothischer Gebäude ist ernst und würdig, daher Gebäude dieser Art in romantischen Gegenden, in denen sich Felsen finden, wo ein Bergstrom tiefe schattige Schluchten durchrauscht, von vorzüglicher Wirkung sind. Der aristokratische Thurm, die infiilirte Abtei, umgeben von den gewölbten Kronen mächtiger Bäume, zeigen den Ausdruck dieses Styles und werden immer von Wirkung sein. Unter den alten gothischen Gebäuden zeichnete sich vornehmlich das Scliloss (Burg) und die Kirche aus. Der Zweck des Schlosses war die Vertheidigimg gegen Feinde, deshalb fand man überall nur kleine Oeffnungen zu Thüren und Fenstern, dagegen grosse, feste Mauermassen, wodurch düstere Räume in seinem Innern entstanden. Diese mussten natürlich in der Weise verändert werden, dass sie unseren Ansprüchen auf Bequemlichkeit genügten. Die Kirche (der Dom) zeigte grosse Fenster; das Gemäuer, die Strebepfeiler waren mehr schlank als massig, und um ein feierliches Halbdunkel in dem inneren Räume zu verbreiten, fiel das Licht durch farbige Glasscheiben, die später durch werthvoUe Glasmalereien ersetzt wurden. Das Innere war ein grosser, zusammenhängender Raum; das ihn überspannende, aus kühnen Spitzbögen gebildete Gewölbe wurde von Reihen mächtiger Pfeiler gestützt. Diese Bauart war, ohne Gefahr zu laufen, den allgemeinen Charakter zu stören, für Wohngebäude nicht anwendbar. Um die Mängel beider Gebäudearten in Betreff der Wohnlichkeit zu beseitigen, entstand in England im 16. Jahrhundert ein Styl dieser Art, der sich vor der Privatarchitektur aus jener Zeit in Deutschland besonders hervorthat, obschon auch dieser in Deutschland sich immer mehr Geltung 108 GEBÄUDE. verschaflFte. Man nannte ihn Elisabethstyl , weil er unter der Regierung der Königin Elisabeth eingeführt wurde; er ist noch jetzt in England sehr verbreitet. Das gothischc Haus, nicht das Schloss oder die Abtei, gestattet es, seinen Charakter auch mit innerem Komfort zu verbinden, und es dürfen bei dem Bau eines gothischen Gebäudes die jetzigen Bedürfnisse des Lebens, obwohl ohne Verunstaltung seines ursprünglichen Styles, nicht vernachlässigt werden. Durch Zufügungen, die jedoch den Charakter der schon vorhandenen Theile annehmen müssen, können gothische Bauten nur an Ansehen gewinnen, was bei der griechischen Baukunst kaum ohne Verunstaltung möglich sein würde, und dies erscheint als Vorzug, da man sich hierbei Freiheiten in den Formen erlauben darf, ohne gerade ganz willkürliche •Unregelmässigkeiten zu begehen. Die architektonische Schönheit wird durch den Zweck bedingt, das Nützliche und Zweckmässige mit dem Wohlgefälligen zu verbinden. Andere Zeiten führen andere Bedürfnisse mit sich, und so wird es gewiss nichts Auffälliges haben, wenn einem alten Gebäude Zufügungen aus der neueren Technik mit Anwendung des Eisenbaues, vielleicht eine Veranda oder ein Wintergarten (Conservatorium) bei- gesellt würden, wodurch ein solches Gebäude nur gewinnen könnte; denn ich bin der Ueberzeugung, dass die Alten ganz anders gebaut haben würden, wenn sie den Gebrauch des Eisens zu diesem Zwecke gekannt hätten. Immer ist beim Errichten neuer Gebäude in Ueberlegung zu ziehen, ob die modernen Erfordernisse der äusseren Richtigkeit des Styles in den Details geopfert werden sollen, oder ein Styl geduldet werden kann, welcher auch im Innern die meisten Baulichkeiten darbietet und nur im allgemeinen den Umriss und den Effekt eines alten gothischen Gebäudes annimmt. Ein Palast sollte nie einzeln als ein grosses Gebäude dastehen, er muss unter- geordnete Gebäude zur Seite haben; diese müssen aber auch stets in untergeordneten Verhältnissen, sowohl was Form als was Grösse anbelangt, aufgeführt sein, damit man sich nicht über ihren'Zweck täuschen kann. Der modernen Architektur des Mittelalters in Italien, in deren Anlage, insbesondere des Landhauses, sich das ganze Genie des Baumeisters entwickelt, ist in Deutschland nur erst seit neuster Zeit mehr Aufmerksamkeit geschenkt worden. Bei diesen Villen ist die Wahl des Platzes glücklich, die Benutzung des Terrains mannigfaltig, und die Schönheiten der Natur werden in den Bereich gezogen. Selbst die Elemente werden gezwungen, in die allgemeine Harmonie einzustimmen, das Wasser fliesst in Kaskaden, Fontainen, Bassins, bis es sich als freier Bach wieder der Natur einverleibt. Dieser heitere und belebende Styl ist bei koupirtem Terrain wohl meist mit Vortheil zu verwenden , da sich die ganze Fülle und der Reichthum , den wir in den italienischen Gärten erblicken, wenn auch mit Modificationen, wiedergeben lässt. Dabei ist jedoch nicht aus den Augen zu lassen, dass derartige regelmässige Anlagen GEBÄUDE. 109 sich nur in der Umgebung des Gebäudes finden dürften, welche dann den Anschein gewähren, als seien sie ein Theil vom Gebäude, der den Uebergang der Natur zur Kunst vermitteln soll. Eine Villa muss stets einen heitern Charakter tragen und bedarf, da sie nur im Sommer bewohnt wird, anderer Berücksichtigungen als das Wohngebäude; für sie passt der griechische Baustyl besser als der gothische. Eine Villa im gothischen Style ist in ihren Konturen nicht wichtig genug, um den Ernst und die Würde des gothischen Charakters, der ja auch nicht bei ihr gesucht wird, zur Schau tragen zu können. Der gothische Baustyl sollte deshalb nur bei weitläufigen Gebäudecomplexen und in grossen Formen angewendet und im Sinne seiner ursprünglichen Bestimmung ausgeführt werden. Der Zweck des Schlosses war, wie wir gesehen haben , die Ver- theidigung gegen Feinde, auch die Klöster des Mittelalters mussten sich gegen äussere Feinde schützen. Die Zinnen und Schiessscharten, mit welchen diese Gebäude gekrönt waren, waren deshalb auch so gross gehalten, damit ein geharnischter Mann bei der Vertheidigung dahinter Schutz finden konnte. Muss uns nicht ein lÄcheln beschleichen, wenn wir bei den häufigen Nachäffungen des gothischen Styls an unseren Wohnhäusern diese Miniaturzinnen angewendet finden, welche uns an das Spielzeug der Kinder erinnern? ' Abgesonderte Gebäude können, wie das Hauptgebäude, reich verziert werden, wenn dies nicht mit ihrem Zwecke im Widerspruch steht; Tempel, Theater, Museen verlangen, je nach ihrem Charakter, den edelsten Styl. Bei Wirthschaftsgebäuden dagegen genügt es, wenn sie nur den Charakter der Zeit des Hauptgebäudes an sich tragen und ohne kostspielige Ornamente erscheinen, mit welchen das Haupt- gebäude reich genug versehen ist. Liegen Gebäude versteckt, wie vielleicht eine Pächterwohnung, eine Förster- wohnung, ein Haus für das Federvieh, eine Fasanerie und dergleichen, so können sie einen andern, einfacheren Charakter annehmen als das Hauptgebäude; wird aber ein solches Gebäude auch aus der Ferne sichtbar angelegt, so muss es zwar seinem Zwecke und seiner Benutzung entsprechend, aber auch so dekorirt werden, dass es mit den übrigen sichtbaren Gebäuden harmonirt, weil es durch seine freie Lage in der Scenerie der Landschaft wirksam ist und seine Wirkung die der übrigen Scenerie unterstützen muss. Bei dem Eingange zu einem Parke verlangt das Thor selbst mehr Beachtung, als das ihm zur Seite stehende Haus des Parkthor Wärters; es muss mehr mit dem Charakter des Wohnhauses in Einklang stehen. Geht die Auffahrt durch den Park und nicht unmittelbar in den Hof, und liegt das Parkthor in genügender Entfernung vom Wohnhause, so darf weder das Wohnhaus vom Parkeingange, noch dieser von jenem gesehen werden. Was das Parkthor anlangt, so kann dasselbe, neben einer modernen Eingangs- cottage, von Eisen leicht konstruirt sein, und nach einer geschmackvollen Zeichnung 1 10 GEBÄUDE. ausgeführt, sich zwischen zwei Pfeilern von Backsteinen oder Sandsteinen bewegen; neben einer ansehnlichen gothischen Cottage niuss dasselbe in demselben Style und in schwerer Form von eichenem Hobse angefertigt und mit massiven Thür- angeln versehen sein und den Eindruck machen, als sei es zugleich mit dem Hause aufgeführt. Nichts erscheint unpassender und auflfallender, als wenn sich an der Grenze eines Parkes ein Bogenthor hoch in die Luft erhebt, an welches sich zu beiden Seiten eine ümfriedigung von Pfeilern (Pallisadenumfriedigung) anschliesst. Ein solches Eingangsthor erscheint ohne allen Werth und könnte mit einem Loche in einer Hecke verglichen werden, Diffcli verzierte Ruhesitze, Badehäuser, Volieren, Geflügelhöfe, Blumenhäuser, Fasanerien, Meiereien und dergleichen kann in ausgedehnten Parks, wenn man sich vor Ueberladung hütet und bei Anbringung derselben mit Geschmack verfahrt, Reichthum und Abwechslung geschaffen werden. Alle diese Gebäude können ein- fach, dürfen aber nicht ärmlich gehalten sein. Auf dem Gipfel eines frei liegenden Hügels, der nach allen Seiten eine freie Aussicht beherrscht, kann ein überdeckter Sitz oder ein Pavillon aufgestellt, auch, wenn ein architektonischer Schmuck passend erscheint, ein runder Tempel mit Kuppel, ähnlich dem von Tivoli, errichtet werden, in welcher Lage dergleichen Bauten sich besonders dadurch sehr gut ausnehmen, dass sich ihre Konturen gegen den Hintergrund des Himmels zeichnen. Als sehr gelungenes Beispiel möchte hier der Apollotempel in Schwetzingen zu erwähnen sein. Die Ansicht desselben ist besonders schön, wenn hinter demselben gerade die Sonne steht, so dass der Sonnen- gott in seinem Elemente sich zu befinden scheint. In wild romantischer LcOge, auf einem Waldhügel oder auf einem Vorsprung am Saume eines Waldes, kann eine ländliche Hütte, mit Stroh oder Rohr bedeckt und bis zum Dachgiebel von Epheu, wildem Wein und anderen Scldingpflanzen umrankt, einen passenden Platz finden. p]in Obelisk oder eine Säule, als Monument irgend einer historischen Begebenheit oder dem Andenken berühmter Männer errichtet, würde auf einer Anhöhe oder Insel an ihrem Platze sein. Trauermonumente sind zwar auch anzuwenden, können aber nur an ihrem Charakter entsprechenden Plätzen eine Stelle finden, denn sie dürfen nie als in die Augen fallende Gegenstände erscheinen, und von ihrer Anwendung ist nur mit grosser Vorsicht Gebrauch zu machen, auch muss ihre Bepflanzung ihrem Charakter entsprechend sein. Statuen sollten nur in symmetrischen Gärten oder in Rotunden, Tempeln oder ähnlichen passenden Gebäuden aufgestellt sein. Solche von kolossaler Grösse, z. B. Reiterstatuen, passen am besten auf grosse, symmetrisch angelegte Plätze, und müssen so aufgestellt sein, dass sie vortheilhaft in die Augen fallen; besonders kommen hierbei die Regeln der Perspektive in Betracht. GEBÄUDE. 111 Uebrigens sind auch Statuen, wenn sie nur in grösseren Dimensionen aus- geführt sind, und wenn sie, vielleicht durch Blumenparquets und dergleichen, passend mit der landschaftlichen Umgebung vermittelt sind, oft von sehr guter Wirkung, immer aber sollten sie einen Hintergrund haben. Aus diesem Grunde scheint auch die Wahl des Standortes des an sich so herrlichen Denkmals der Germania auf dem Niederwald, kein glücklicher zu sein, da es unmöglich ist, einen Standpunkt zu gewinnen, von welchem aus dasselbe gut überblickt werden kann. Steht man in der Nähe, so hebt sich dasselbe von dem dahinter liegenden Walde gut ab, das Plateau um da£ Denkmal ist aber zu klein, man steht zu nahe, die Linien des mächtig emporstrebenden Kunstwerkes fallen zu steil. Vom Thal oder vom Rhein aus gesehen, fehlt der Hintergrund ganz, das Monument steht frei gegen die Luft und es erscheint deshalb und wegen der grossen Entfernung zu dünn und unbedeutend, es fehlt ihm der massige Unterbau, welcher z. B. bei der Statue des Herkules auf der Wilhelmshöhe bei Cassel von so bedeutender Wirkung ist. Um in der Nähe eine gute Ansicht zu gewinnen, sollte das Plateau wenigstens dreimal so gross sein, als die Höhe des Denkmals beträgt, was indessen wegen des sehr steil abfallenden Berges wohl kaum ausführbar sein dürfte. Die Standbilder König Friedrich Wil- helm's HL und der Königin Louise im Thiergarten bei BerUn wird Niemand unbeftiedigt verlassen; besonders schön sind sie in einiger Entfernung über den nahen Wasserspiegel gesehen; von dort aus zeichnen sich die weissen Marmorgebilde vortheilhaft auf dem grünen Grunde, und das zugleich sichtbare Spiegelbild kann den Eindruck nur erhöhen. Bei Bronzestatuen darf die umgebende Pflanzung nie zu hoch werden, ihre dunkeln Umrisse würden ndt dem grünen Laube verschwimmen, sie müssen auf hellem Grunde gesehen werden. Ein guter Geschmack bekundet sich in der Harmonie auch der kleinsten Theile, und es kann durch ungeschickte Färbung eines Gegenstandes der Effekt der gelungensten Zeichnung vernichtet werden, und das geschmacklos erscheinen, was Anspruch auf Schönheit machen darf. Auch die Farbe des Gebäudes darf aus diesem Grunde nicht gleichgültig sein, weshalb die Anwendung des farbigen Materials zu Gebäuden besondere Beachtung verdient. Mit Kalk geweisste Häuser beleidigen das Auge und blenden im hellen Sonnenschein; wird aber der Tünche etwas Schwarz und Gelb mit einem matten Zug von Roth zugesetzt, so entsteht eine Färbung, ähnlich der des natürlichen Sandsteins, eine Färbung , die bei massiven Bauten nie unpassend ist und auch immer gut mit dem Grün der umgebenden Pflanzung harmonirt. Geschmacklos sind grelle Farben- zusammenstellungen, z. B. ein Rohbau aus rothen und gelben Backsteinen, oder farbige Backsteine unterbrochen von weissem Sandstein u. s. w. Den gelben Anstrich der Häuser sollte man ebenfalls vermeiden, weil diese Farbe, als mit dem umgebenden Grün der Pflanzung und des Rasens zu nahe verwandt, einen disharmonischen Contrast hervorruft. Die Front eines Gebäudes darf auch keine gemalten Licht- und 112 GEBÄUDE. Schattenpartien, sondern nur die natürlichen Schatten zeigen, welche durch die hervorspringenden Simse oder durch Zurücktretungen entstehen. Ganz besonders unangenehm und störend wirken die grellrothen Ziegeldächer der Gebäude. Brown behauptete, sie erweckten in ihm das Gefühl, dass die Gegend fieberkrank sei. Soll ein Gebäude wahrhaft malerisch erscheinen , so muss es von wildem Wein, Epheu und andern Schlingpflanzen umrankt sein; es werden sogar Häuser, welche ohne diese Bekleidung Mängel haben, dadurch interessant Der schönste Farbenton wird den Gebäuden, besonders den im Rohbau auf- geführten, durch die Einwirkung der Zeit und Witterung gegeben ; dieses unbestimmte Altersgrau, hinter dem sich jede ursprüngliche Färbung verbirgt, passt zu jeder Umgebung, namentlich zum Grün. Häuser, welche im Walde versteckt liegen, wie Jagdhäuser, müssen immer eine lichte, freundUche Färbung tragen, um den düstern Charakter ihrer Umgebung zu mildern. Malerisch wird ein Gebäude erst durch seine Umgebung mit Bäumen; zwischen den ungezwungenen Formen derselben kommt ihr Charakter zum deutlichen Aus- druck, und wir wiederholen hier, dass der griechische Baustyl, da hier die Horizontal- linie vorherrscht, durch spitzkronige und Pyramidenbäume gehoben wird, der gothische aber solche mit schweren, runden Kronen und mit dunklem Laube verlangt, wie Linden, Eichen, Kastanien, Ulmen. Eine sehr grosse, e])ensogut den Architekten wie den Landschaftsgartner angehende AnnehmUchkeit für eine Wohnung ist das Konservatorium oder Gewächs- haus, welches so angelegt werden sollte, dass es mit den Wohnzimmern durch eine Vorhalle oder einen bedeckten Gang" verbunden wäre; eine direkte Verbindung ist zu vermeiden wegen der Feuchtigkeit und Ausdünstung der Gewächse. Das Gewächshaus soll uns im Winter die gute Jahreszeit ersetzen , und nie werden wir mehr erfreut durch den Anblick frischen Grüns und farbiger Blüthen, als wenn die Natur den Todesschlaf schläft Die Liebe für natürUche Landschaft hat ihre Bewunderer oft über die Grenzen der Verbesserung gefiUirt und sie vergessen lassen , dass bei der Verschönerung eines Wohnsitzes durch Parkanlagen der erste Gegenstand der Beachtung Bequem- lichkeit, der zweite erst malerische Schönheit ist So sind oft geradlaufende Terrassen nur darum zerstört worden, weil sie ein Ueberbleibsel der symmetrischen Gartenkunst des vorletzten Jahrhunderts waren. Eine Terrasse ist ein Gegenstand von so grossem Komfort und hebt oft die malerische Wirkung eines Gebäudes so vortheilhaft, dass es unverzeihlich wäre, sie nur aus dem Grunde zerstören zu wollen, weil der geradUnige Weg nicht mehr Mode ist. Wir würden dadurch nur anerkennen, dass die Landschaftsgärtnerei imter der Herrschaft der Mode und Willkür stehe, müssen aber dagegen prot^stiren, weil die Landschaftsgärtnerei, wie jede andere Kunst, ihre Gesetze hat Bei GEBÄUDE. 113 Einführung des neuen Gartenstyls in England zu Anfange des vorigen Jahrhunderts, wurden oft die schönsten und stolzesten Terrassen nur deshalb zerstört, weil sie nicht mehr Mode waren, und ohne dass man etwas Besseres an ihre Stelle setzen konnte. Mit Recht wurde diese Modesucht von den Einsichtigen verlacht. Wirkt eine Terrasse als Gegenstand der Ansicht störend auf die allgemeine Scenerie des Platzes ein und zerstört durch ihre geraden Linien die Komposition der natürlichen Landschaft, so dürfte ihre EÄtfemung zu entschuldigen sein ; bildet sie aber nur einen Vordergrund oder einen Rahmen zu einem angenehmen Gemälde, das eine mannigfaltige und interessante Aussicht darbietet, so müsste der Beschauer sehr von Vorurtheilen befangen sein, wenn er sich mit Widerwillen wegwenden wollte, weil eine geschnittene Hecke oder ein breiter gerader Weg im Vordergrunde sichtbar ist. Eine schöne Scenerie wird dadurch nicht verlieren , dass wir sie, anstatt von einem freien Höhenpunkte oder aus dem Fenster des Wohngebäudes, von einer künstlichen Terrasse aus übersehen. Diese kann an heissen Sommertagen den Zwecken der angrenzenden Zimmer und Salons dienen, wenn dort Gesellschaft ver- sammelt ist, der es ein grosses Vergnügen machen wird, auf einer solchen Esplanade zu lustwandeln. Die Würde des Charakters eines alten Wohngebäudes kann durch die zu grosse Nähe eines geputzten, netten Gartenweges verletzt werden, die Terfasse aber vermittelt und ist gleichsam eine Verlängerung des Hauses in den Blumen- garten. Wo die Terrasse im Landschaftsbilde stört, kann dieser Eindruck leicht beseitigt oder gemildert werden durch passende Bepflanzung ihrer Aussenseite; l)esonders sind hierzu immergrüne Gewächse zu empfehlen, da die Terrasse auch zu Promenaden an schönen Wintertagen, an denen wir das natürliche Grün so gern sehen, ganz besonders geeignet ist. Wir dürfen also die Terrasse nicht verbannen; ihre Vortheile sind so über- wiegend, dass die schwachen Einwendungen, welche man gegen ihr Beibehalten er- heben könnte, keine Beachtung verdienen, und der Komfort, den sie im Winter mit ihrer immergrünen Umgebung bietet und der es den Hausbewohnern möglich macht, auch in dieser Jahreszeit den Reiz der freien Natur auf ihren geschützten Wegen zu gemessen, wird es nicht bereuen lassen, sie beibehalten zu haben. Ruinen sind die Ueberreste von Burgen, Schlössern, Kirchen, Abteien u. s. w. und ursprünglich durch die zerstörende Hand des Menschen, dann durch die Ein- flüsse der Zeit und Witterung in den Zustand des Unbewohntseins und Verfalls gerathen. Sie sind meist Denkmäler wichtiger geschichtlicher Begebenheiten aus der Vorzeit; und abgesehen von dem malerischen Werth, den sie in der Regel für die landschaftUche Scenerie haben , erfordert es die Pietät für das Andenken unserer Vorfahren, dass wir diese Zeugen ihres Wirkens in Ehren halten. In diesem Sinne sind sie auch von poetischem Werth, ihre Geschichte ist im Munde des Volkes, die Bewohner der umliegenden Orte wissen zahlreiche Sagen zu erzählen, welche sich an diese Trümmer knüpfen, die sie mit abergläubischer Verehrung betrachten. Haben Pktzold, LaudBchaftegärtnerei. 8 114 GEBÄUDE. diese Sagen auch nicht immer historische Wahrheit, so verleihen sie doch den Gegenständen, auf die sie sich beziehen, einen romantischen Reiz und sind stets die treusten Spiegelbilder des Volkscharakters. Ist uns eine Ruine durch den Mund des Volkes bekannt geworden, haben wir in den Kinderjahren mit geheimen Grauen von ihr erzählen hören, so ist der Eindruck derselben ein ganz anderer, als wenn sie dieses poetischen Schmuckes entbehrt; unsere Phantasie bevölkert die Balkone mit schönen Frauengestalten und wir hören noch das Klirren der Waffen,' das Stampfen der Rosse in den düsteren Höfen. Ihre Wirkung in der Landschaft ist sehr ähnlich derjenigen einzelner malerischer Felsengruppen, die sogar oft, in einiger Entfernung gesehen, täuschende Aehnlichkeit mit Ruinen haben, wie z. B. die herrlichen Felsengebilde zu Kleinskal bei Turnau in Böhmen. Dem entsprechend sollte auch ihre Umgebung behandelt werden. Wo die Ruine eines Schlosses den Gipfel eines Hügels krönt, wo die lachende Aussicht, welche sich nach allen Seiten eröffnet, uns nicht Zeit lässt, uns schwermütliigen Betrachtungen über die Vergänglichkeit des Irdischen zu überlassen, da kann auch die vegetative Dekoration der Ruine einen heiteren Charakter tragen. Blühende Sträucher, Syringa, Sambucus, Cytisus, können den Fuss der morschen Mauern umgeben und sie gleich einem blüthenreichen Kranz umschlingen; die Balkone und Altane können mit Schlingpflanzen bekleidet werden , die sich über ihnen zur Laube wölben und den Genuss erhöhen , den sie durch die freundlichen Fernsichten bieten. Ein passender Beleg für das Gesagte sind die Ruinen des Heidelberger Schlosses. Es ist sehr fraglich, ob die geplante Restauration desselben der landschaftlichen Wirkung, die es in seinem gogenwärtigen Zustande ohne Zweifel behauptet, forder- lich sein wird, wenn sie sich weiter erstrecken sollte, als auf die Erhaltung des Vorhandenen. Tiefer gelegene Ruinen, z. B. solche von Abteien, tragen einen schwermüthigen Charakter; dem entsprechend sei auch die Umgebung, in welcher Coniferen und Hängebäume dominiren können. Auch hier sind Schlingpflanzen, besonders Epheu, ein wesentlicher Schmuck, und wo em Wasserspiegel in die Scenerie gezogen werden könnte, wäre dies ein grosser Gewinn. Wasserflächen, seien es Seen oder Teiche, sind auch hier sehr wohl motivirt, da dieselben gewissermassen Attribute der Klöster und Landsitze geistlicher Herren darstellen. Ein guter Beleg hierzu ist das alte Schloss Schön- berg in Westpreussen, bei Rosenberg; ein ehemaliger Sitz der Bischöfe von Culm. Ein See, dessen Ufer mit Gruppen alter Eichen bestanden, tritt fast an den Fuss des noch ganz im mittelalterlichen Styl erhaltenen und mit Zugbrücken versehenen Schlosses. Wir verglichen die landschaftliche Wirkung der Ruinen mit der einzehier Felsgruppen; sie haben mit diesen auch gemein die Sucht ihrer Verehrer, Konter- feis zu schaffen (da, wo die Originale fehlen), die oft Nichts weniger als eme Verschönenmg der Landschaft sind. GEBÄUDE. 115 Eine künstliche Ruine schaflFen zu wollen, bleibt stets ein widersinniges unternehmen, und es ist äusserst schwierig, einem solchen Mauerwerk den Schein des Alters zu geben und aufmerksame Beobachter zu täuschen; die wenigen gelungenen Exemplare künstlicher Ruinen vermögen diese Behauptung nicht um- zustossen, die durch zahllose nichtgelungene Nachbildungen dokumentirt wird. Der Hauptschmuck der Ruine, der Sagenkranz, der ihre Geschichte durch- webt, der poetische Reiz, der ihr erst Interesse verleiht, fehlt; und ist es nur darum zu thun, einer romantischen Gruppirung ein passendes Relief zu geben, so bietet die Baukunst uns anderweitige Mittel genug diesen Zweck zu erreichen, auch ohne die künstliche Ruine, denn diese ist eine historische Lüge. Nur in einem Falle lässt sich die Nachbildung entschuldigen, nämlich dann, wenn ein Ort reich ist an historischen Erinnerungen und die Grundmauern eines alten Gebäudes noch vorhanden sind, an welches sich die Sagen knüpfen; hier kann der Wunsch leicht rege werden, der Erinnerung durch Vervollständigung jener Rudimente zu Hilfe zu kommen, aber auch dann sollte man sich streng an diese binden und bei der Restauration wo möglich mit historischer Treue verfah- ren. Bestimmte Regeln lasseli sich natürlich für die Aufführung solcher Mauern nicht aufetellen, nur das Eine ist zu beachten, dass sie möglichst von der Wit- terung ausgesetzt gewesenem Gestein aufzuführen sind und alle Zuthaten, wie Mörtel u. s. w., durch nichts an ihre Entstehung erinnern dürfen, sondern dass die Täuschung eine möglichst vollständige sei. Auch für die Anlage der umgebenden Scenerie lässt sich hier nichts Bestimmtes sagen , sie muss sich nach den lokalen Egenthümlichkeiten und Verhältnissen richten. Im Allgemeinen sollte man die Sorgfalt für Ruinen und alte Gebäude darauf beschränken, dass man den unmalerischen und das Besehen^derselben erschwerenden Schutt aufräumt. Vorhandene alte Bäume und Baumgruppen sind selbstverständlich ebenso sorglich zu erhalten, wie die aus dem Gemäuer emporgewachsenen Schling- und Wucherpflanzen. Auch ein schöner, den Boden bedeckender Rasenteppich trägt zur Hebung des Ganzen wesentlich bei. Als Vorbild einer solchen Behandlung kann die herrliche Klosterruine Paulin- zelle, zwischen Ilmenau und Schwarzburg in Thüringen gelegen, mit Recht an- geführt werden, von welcher hier eine Abbildung folgt (Tai. IV). Im 12. Jahrhundert im romanischen Styl erbaut, soll sie lebhaft an den herrlichen Dom von Monreal auf Sicilien erinnern. Die bis auf unsere Zeit in selten schöner Art erhaltenen grossartigen und ehrwürdigen Reste der Kirche haben verhältnissmässig nur wenig Beschädigungen erlitten. Es haben, und hier mit Recht, Reparaturen an den Arkadenmauern statt- gefunden, um den durch Einsturz drohenden Verstümmelungen der Ruine vorzu- beugen und dem kunstsinnigen Fürsten Georg zu Schwarzburg-Rudolstadt gebührt dafür der Dank aller Gebildeten. 8» 116 GEBÄUDE. Die Ruine liegt in der Stille eines von Waldbergen umgebenen fruchtbaren Thaies, inmitten schöner Gruppen alter Bäume. Dichter Rasen bedeckt den inneren Raum der ehemaligen Kirche und verläuft in den anstossenden Wiesengrund. Hier- durch ist eine freie Ansicht von allen Seiten ermögUcht. Einige Grabsteine, welche früher auf dem Boden lagen, hat man, um sie vor Zerstörung zu bewahren, zweck- mässig an die eine Mauerwand angelehnt. Die höchst malerischen aus dem Gemäuer hervorgewachsenen Bäume und Gesträuche, sind, wo sie nicht allzu- grossen Schaden drohten, in richtiger Würdigung des hohen W'erths, den sie für das Gesammtbild an sich tragen, an ihrem Standorte sorglich belassen worden. X. Wasser. Mit vier Ansichten Mit einer reichen Vegetation wetteifert das Wasser, um einer Landschaft die höchsten Reize zu verleihen. Wasser, sei es als See, Teich, Fluss, Bach, ist die Seele der Landschaft; es wirkt erfrischend auf die umgebende Vegetation und schmückt sich dadurch mit einem üppigen Kranze lebendigen Grüns, das auch der Dürre des Sommers widersteht, während deren alle Pflanzen, welche seiner er- quickenden Nähe entbehren, die verschmachteten Blätter senken. Das Wasser zieht die Aufmerksamkeit des Menschen mit unwider- stehlicher Gewalt auf sich. Wen entzückte nicht der Spiegel des ruhig schlum- mernden Sees, das Rauschen des Flusses, das Murmeln des Baches, das Tosen des Wasserfalles? — Indessen dürfen wir uns nicht verhehlen, dass, wo Wasser mangelt, nichts schwieriger ist, als eine Wasserfläche in natürlicher, ungezwungener und dabei geschmackvoller Form zu schaffen, und man sollte lieber von derartigen Schöpfungen ganz absehen, wo man ihres Erfolges nicht gewiss ist; denn vermisst man auch Wasser nur höchst ungern in Landschafts- gärten, zu deren Verschönerung es so vieles beiträgt, so ist es doch nicht unumgänglich erforderlich und mag lieber unsichtbar bleiben, als in unschöner Form gezeigt werden, üeberflüssig ist es nie, und die Gestalt seiner Ufer ist der höchsten Schönheit fähig, weshalb sich der Landschaftsgärtner glücklich schätzen kann, den es in seinen Bemühungen, eine Gegend zu verschönern, unterstützt Die Anlage von Wasserflächen ist jedoch schwer, und es begehen die tüchtig- sten Männer hierin zuweilen Fehler. Selbst der vielerfahrene, berühmte Meister der Landschaftsgärtnerei, Brown, der so viele Beweise seines guten Geschmackes und seiner richtigen Urtheilskraft gegeben, ist nicht freizusprechen von Fehlern, die er durch unnatürliche Verwendung des Wassers begangen hat. So versuchte er zu Chatsworth die Derwent, einen reissenden Bergbach, der 118 WASSER. ein felsiges Thal durchfliesst, in einen langsam fliessenden Fluss zu verwandeln, und verfehlte seinen Zweck vollständig. Täuschung ist dem Landschaftsgärtner auch bei der Benutzung des Wassers gestattet, sogar oft nöthig; nie aber darf die Art und Weise, wie sie bewirkt wurde, das Gefühl des Getäuschten verletzen, wenn er sich der Täuschung bewusst worden ist. So steht die Wirkimg einer Wasserfläche nicht immer im Verhältniss zu ihrem Flächengehalt; ein grosser See kann einen sehr unbefriedigenden Eindruck machen, wenn seine Gestalt die Wirkung der Grösse nicht unterstützt. Wo die Gestalt der Ufer mangelhaft ist, kann der Landschaftsgärtner zu Hilfe kommen und durch passende Veränderung derselben, durch Bildung von Landzungen oder Buch- ten, durch Anlegen von Inseln die Gesetze der Schönheit zur Geltung bringen. Eine Wasserfläche oder ein Wasserlauf von solcher Bedeutung, dass die Garten- anlage nur als die Verschönerung eines Theils ihrer Ufer betrachtet werden kann, ist kaum wünschenswerth, da der Anlage jede Abwechselung fehlt, wenn nicht die äussere Umgebung derart ist, dass sie der Anlage eine scheinbare Grösse verleiht Dies ist z. B. der Fall in Neuenhof bei Eisenach, einer Schöpfung des Herrn Landmarschall Freiiierrn von Riedesel zu Eisenbach. Die Anlage ist ein schmaler Streifen längs des Ufers der Werra, eigentlich nur eine Ausschmückung der Ufer des Flusses. Dieselbe erhält aber Be- deutung durch das Hereinziehen des ganzen Werrathales, welches durch den gegenüberliegenden bewaldeten Höhenzug des Kühlforstes in schönen Linien begrenzt wird. Das Wasser bietet sich in verschiedener Form zur Benutzung: es sei stehend: der See, Teich (Weiher), oder fliessend: der Strom, Fluss, Bach. In den meisten Fällen sind die dem Landschaftsgärtner gebotenen Wasserflächen zu unbedeutend, als dass sie in ihrer ursprünglichen Form benutzt werden könnten; er muss ihnen den Schein von Wichtigkeit verleihen und erreicht dies am besten durch sorg- fältiges Verbergen ihrer Grenzen. Die Phantasie des Beschauers muss immer rege bleiben und ihn in dem Glauben erhalten, als böte sich dem Auge nur ein Theil des Wasserspiegels. Die Gestalt, nicht der Umfang muss in solchen Fällen den Unterschied zwischen See und Teich bestimmen, denn dem Auge fehlt der Maass- stab für die Grösse der Wasserflächen. Man nimmt im gewöhnlichen Leben an, dass Wasser von einiger Ausdehnung sich nur auf tiefgelegenen Stellen sammele. Diese Annahme ist nur dann richtig, wenn man die Ebene im Auge hat; in Gebirgen findet man Wasserbecken in be- deutender Höhe, gebildet durch die umgebenden, für das Wasser undurchdring- lichen Felsenschichten, zwischen denen sich das durch atmosphärische Niederschläge gebildete Wasser angesammelt hat. Diese Gebirgsseen bilden die Reservoirs für eine grosse Zahl von Bächen und Flüssen, die ihr Wasser in die Ebene führen, Leben und Fruchtbarkelt spendend, wohin sie kommen, bis ihre Fluten aufgenommen WASSER. 119 werden von dem unendlichen Becken des Meeres und aus diesem als Dünste aufsteigen, ihren Kreislauf von neuem beginnend. See und Teich sind sich sehr ähnlich, beide haben ruhige Wasserflächen, deren Form durch die umgebende Bodenbildung, durch die Form der Ufer, be- dingt ist; sie haben selten Abfluss, sondern dem durch Quellen bewirkten Wasser- zufluss wird durch die Verdunstung das Gleichgewicht gehalten; wo ausserdem ein Abfluss ihres Wassers stattfindet, ändert er ihren Charakter nicht. Der See unterscheidet sich vom Teiche durch grössere Ausdehnung, offiene Lage und freien Horizont, wenigstens an einer Seite, durch tiefe Einbuchten und oft kühn hervor- tretende Ufer und Landzungen, während der Teich den Charakter der Ruhe und Abgeschlossenheit zeigt und von schattigen Ufern umgeben ist, welche in ihren Linien einfacher gehalten sind. Den See umgeben einzelne hohe Bäume, wechselnd mit dichtem Wald und niederem Gebüsch; Gebäude können sich in seiner von Gondeln belebten Fläche spiegeln, was seinem Charakter einen höheren Reiz verleiht. In der Natur bildet sich ein See dadurch, dass sich entweder in einem quellenreichen Terrain das Wasser sammelt, indem es durch die beckenartige Form desselben verhindert wird abzufliessen; oder es ist der Lauf eines Baches oder Flusses durch ii^end ein Hindemiss, eine undurchdringliche Felsenschicht u. s. w. gestört, und das Wasser sammelt sich nun, bis es diese Hemmung überstiegen oder sich einen andern Ausweg gesucht hat, um seinen Lauf, dem Fall des Bodens folgend, fortzusetzen. Es sei uns dies ein Fingerzeig bei der Anlage eines Sees. Erforschen wir vorher das gegebene Terrain mit allen Vertiefungen und Erhöhungen, so werden wir bald die tiefgelegenen Stellen finden, die einer natürlichen Ansammlung des Wassers zum Bett dienen würden; sie würden zugleich im Wesentlichen die Form des zu bildenden Sees angeben, die dann nur entsprechend modificirt, sowie die Tiefe des herzustellenden Beckens bestimmt werden dürfte. Durch dies einfache Verüähren kann man viele Arbeit und Kosten ersparen. Bisweilen können zwei getrennte Wasserflächen benutzt werden, deren Ver- einigung aber wünschenswerth ist. Haben diese beiden Wasserflächen verschiedenes Niveau, so ahmen wir die Natur nach, die in gebirgigen Gegenden Wasserbecken in verschieden hoher Lage dadurch verbindet, dass von dem höher gelegenen nach dem zweiten ein Abfluss stattfindet, der nicht selten die ansprechende Gestalt eines Wasserfalles annimmt. Natürlich könnte dies Verfahren nur eingeschlagen werden, wo genügender Fall vorhanden ist und wo das höher gelegene Becken gehörigen Zufluss, das andere hinreichenden Abfluss hat. Beabsichtigt man die Verbindung durch einen Wasserfall herzustellen, den man durch Zusammenschichten von Felsstücken bildet, so dürfen auch diese nicht den Eindruck machen, als wären sie absichtlich hierher gebracht. Hat man 120 WASSER. Felsenpartien in der Nähe, so muss dasselbe Gestein dazu verwendet werden, und die zerstreuten Blöcke müssen den Eindruck machen, als ständen sie mit einer unter der Oberfläche des Bodens sich fortziehenden Felsschicht in Verbindung. Nichts ist widersinniger als ein, vielleicht an und für sich gelungener Wasserfall, der mit seiner Umgebung nicht harmonirt. Mit vielem Glück hat Repton dies Verfahren bei einer Brücke zu Harewood angewendet, und Fürst Pückler hat bei der Schöpfung des Schlosssees und Eichsees im Muskauer Park, in dessen Umgebung nirgends Felsen anzutreffen sind, ein sehr sinniges Aushülfismittel mit dem besten Erfolge angewendet, indem er das Wasser über Anhäufungen jener erratischen Gesteine gleiten liess, die wir über das ganze nordöstliche Deutschland und Mittelrussland zerstreut finden, so dass ihre Anwendung durchaus nichts Befremdendes hat. Er motivirte dieselbe dadurch, dass diese Steinmassen durch ein Naturereigniss zusammengehäuft sein könnten. In Gayhurst hat Brown mehrere getrennte Wasserflächen auf scharfsinnige Weise scheinbar vereinigt; vom Wohnhause gesehen ist ihre Wirkung die eines einzigen grossen Wasserspiegels. Repton that ein Gleiches mit glücklichem Erfolge zu Tatton Park. Zwei kleine Seen oder grosse Teiche lagen so, dass ihr Anblick einen unbefriedigenden Eindruck machte. Terrainschwierigkeiten machten es unmöglich, beide Wasser- flächen in eine zu verschmelzen. Repton bediente sich folgenden Ausweges: der dem Hause näher gelegene Teich erhielt auf der rechten Seite eine Landzunge, um welche sich die Wasserfläche in einem weiten Bogen zog, und welche das dahinter liegende Ufer dem Auge verbarg. Zwischen den auf der Landzunge an- gelegten Pflanzungen gewahrte man das Glitzern des entfernteren Wasserspiegels und fühlte sich veranlasst, zu glauben, dass es die Fortsetzung der hinter der Landzunge verschwindenden Wasserfläche sei. Die Möglichkeit einer solchen Täuschung beruht auf der Erscheinung der Farbenperspektive, dass weisse (lichtvolle) Gegenstände dem Auge näher erscheinen, als sie es in Wirklichkeit sind. Am Abhänge eines Hügels erscheint Wasser wider- natürlich und sollte deshalb vermieden werden. Wir finden uns aber oft bewogen, dergleichen unnatürliche Anlagen beizubehalten wegen der allgemeinen Befriedigung, welche der Glanz des Wassers dem Auge bietet, zumal eine solche Ausnahme sich entschuldigen lässt durch den Hinweis auf die Lage vieler Gebirgsseen, wenn auch hier die Ansammlung des Wassers, wie wir oben sahen, ihren natürlichen Grund hat. In solchen Fällen vermeide man aber eine zu künstliche Behandlung, was durch eine passende Umpflanzung zu erreichen ist. Jede künstUch angelegte Wasserfläche, wenn sie uns als W^eiher erscheinen soll, verlangt dicht umpflanzte, schattige Ufer, welche ihr allein den Charakter der Abgeschiedenheit verleihen und ihre Schönheit erhöhen. Der Reiz einer kleinen Wasserfläche beruht vorzüglich auf einer schönen Spiegelung. WASSER. 121 Li dem das romantisch gelegene Jagdschloss bei Muskau umgebenden Hoch- walde ist das Wasser eines unscheinbaren Grabens in einem künstlich angelegten Becken gesammelt, und bildet einen Weiher, umgeben von riesigen Rothtannen, Kiefern, Eichen und einzelnen Birken und Weiden, deren Aeste die Stämme decken und bis zum Wasser herabreichen. Das verschiedenfarbige Grün dieser Umgebung, im Verein mit dem dunkleren Spiegelbilde , und die tiefe Ruhe des Hochwaldes geben diesem Orte einen wahrhaft poetischen Reiz. Diese Anlage ist eines der gelungensten Werke des Fürsten Pückler. Der Herthasee auf der Insel Rügen, ein unscheinbarer dunkler Wasserspiegel, erhält erst seine Bedeutung durch den Saum des herrlichen Buchenwaldes, der seine Ufer umschliesst. So schön ein abgeschlossener Teich ist, so hat er doch für die I^andschaft im Grossen fast gar keinen Werth, weil er nur in der Nähe sichtbar ist und genossen werden kann ; wo es die Ausdehnung des gebotenen Wasserspiegels irgend gestattet, gebe man ihm daher die Gestalt und den Charakter des Sees; als solcher muss er, wenn irgend möglich, vom Wohngebäude sichtbar sein und wird ungemein dazu beitragen, die Aussicht zu verschönern und zu beleben. Repton hat uns in seinen geistreichen Schriften Skizzen hinteriassen, in denen er auf geniale Weise das Bild eines seeartigen Wasserspiegels dem Leser vor Augen fuhrt und zugleich lehrt, wie in ähnlichen Fällen zu verfahren ist: „Zu Beaudesert war man der Meinung, dass der Grösse des Platzes nur ein Arm des Meeres angemessen erscheinen könnte; wir hielten es aber für genügend, dass man dem im Thale fast unbemerkt dahinfliessendcn IVentflusse die Grösse und Gestalt eines Sees verliehe. Ein in der Tiefe sichtbarer Wasser- spiegel würde den erwünschtesten Zug der Landschaft bilden und ihr den Charakter hoher Schönheit verleihen. Da sich nun in der tief gelegenen Wiese vortheil- hafter Weise eine Anzahl Wässerchen vereinigen, so könnte durch Aufführung eines Dammes ein See von solchem Umfange gebildet werden, wie für den gegebenen Fall genügen würde, besonders da die Beschaffenheit des Bodens die Verbergimg seiner Grenzen begünstigte. Der auf diese Weise gebildete See bietet uns einen herrlichen Prospekt von jedem Punkte aus dar, und da das Wasser stets die beste Scheidungslinie zwischen Park und Ackerland bildet, so wird derselbe eine sehr passende Begrenzung des Parkes gegen Osten bilden. „Zu Woburn Abbey befand sich vor der Front des Hauptgebäudes ein grosses W'asserbecken, das mit seiner kahlen Umgebung mehr als ein Gegenstand der Grösse als der Anmuth erschien. Ohne einen bedeutenden Aufwand von Mühe und Kosten war es nicht möglich, dem Blick ein ansprechenderes Bild zu bieten. Am nächsten lag der Gedanke, diese Wasserfläche in der Weise abzuändern, dass sie die Gestalt eines Flusses erhielt, der das Thal langsam durchflösse; die Boden- bildung gestattete aber die Ausführung dieses Planes nicht, und es mussten andere 122 WASSER. Hilfsmittel ergriflfen werden, den ungünstigen Eindruck zu verwischen, den die Wasserfläche in ihrer bisherigen Gestalt bot und zugleich den Schein zu ver- meiden, als sei die Kunst hier thätig gewesen. „Den Teich umgab ein Danmi von fast kreisrunder Form und von bedeutendem Umfange, den das Auge in seiner ganzen Lange überblickte. Von dem Balkon des Wohngebäudes konnte man zugleich bemerken, dass jenseit des Teiches der Boden sich senkte. Es wurde, um den Damm möglichst zu verdecken, eine Land- zimge auf der entgegengesetzten Seite des Teiches aufgeworfen und diese Absicht durch weitere Anlegung einiger Inseln vollständig erreicht, und nicht nur der Damm, sondern auch das dahinterliegende tiefere Terrain entgmg der Auf- merksamkeit." Der sclilechte Geschmack, den Brown's Schüler bisweilen bei Wasseranlagen an den Tag legten, wurde oft lieblos und unverdientermaassen Brown selbst zur Last gelegt, und doch hat sich derselbe zu Blenheim Park, dem Stolz der Gegend, ein bleibendes Denkmal gestiftet. Er konnte nicht nur den neugeschaffenen See, sondern auch den unterhalb des Wasserfalls sich hinwindenden Fluss mit Triumph betrachten. Diese Anlage überrascht durch ihre Schönheit, die Ufer sind mit ungemeiner Sorgfalt behandelt und lassen den Beschauer lange in Zweifel über die wirkliche Ausdehnung des Sees, und der wohlthuende Eindruck wird nicht verwischt, nachdem man erfahren, dass dieser reizende Wasserspiegel dadurch gebildet wiurde, dass Brown den Lauf eines kleinen Flusses hemmte. Je grösser ein Park, desto mehr Licht und Leben erfordert er, und Nichts gewährt ihm dies in höherem Grade, als W^asser in ansprechender Form. Zuweilen wird es vorkommen, dass ^eine Wasserfläche, sei sie qatürlich oder künstlich, die Grenze des Pleasuregrounds und Blumengartens, oder die deutliche Linie der Trennung des geschmückten und kurzgemähten Rasens vom eigentlichen Parke, der oft durch Wild, Rinder oder Schafe belebt ist, bildet, wie dieses in den meisten englischen Parks der Fall ist. Ein solches Wasser ist aber nicht immer eine genügende Umfriedigung; denn ist es nicht von hinlänglicher Tiefe, so werden die Thiere hindurchwaten, das Wild wird sogar tieferes Wasser durchschwimmen. Um dies zu verhüten, findet man oft eine Mauer von hinlänglicher Höhe errichtet, um die Thiere vom Betreten des jenseitigen Ufers abzuhalten. Im Winter besonders würde Wasser gar nicht schützen, und ein einfallendes Rudel Hirsche wäre im Stande, in einer Nacht die Resultate der Mühe und Arbeit vieler Jahre im Pleasureground oder Blumengarten zu vernichten. Repi'On, bei der Umgestaltung von Dagenham in Essex zu Rathe gezogen, gab sehr zweckmässige Hilfsmittel an zur Beseitigung der erwähnten Nachtheile, ich erlaube mir, sie hier mitzutheilen. Die Landschaft zu Dagenham bestand aus einem hinlänglich bewaldeten Park und gewährte dem Auge schöne Femsichten. Ein auffallender Theil der Anlage WASSER. 123 war ein grosser kreisrunder Teich, von dessen kaMen Ufern die weidenden Thiere durch einen Hordenzaun abgehalten wurden. Wenn der Anblick eines Hordenzaunes schon an sich störend ist, so war er es hier doppelt, da auch das Spiegelbild desselben im Wasser sichtbar blieb. Zur Beseitigung dieses Missstandes wurden verschiedene Vorschläge gemacht; man dachte sogar an die Beseitigung der Wasserfläche. Repton, um diese zu retten, bepflanzte das Ufer, zu welchem den Thieren der Zutritt freistand und verbarg den Hordenzaun in der Pflanzung; einzelne Stellen Hess er frei, um den Thieren Zutritt zum Wasser zu verschafien und das Bild dadurch wechselvoller zu machen, verhinderte aber die Thiere am zu weiten Vordringen dadurch, dass er an diesen Stellen den Hordenzaun unter dem Niveau des Wassers durch eine Reihe von Pfählen fortsetzte, die durch Ketten verbunden waren. So erhielt das Ufer einen Schmuck durch die Umpflanzung, der unschöne Horden- zaun wurde verdeckt und dadurch, dass die Thiere nicht völlig vom Wasser abgehalten wurden, bildeten sie eine gern gesehene Staffage, ohne Schaden anrichten zu können. Ebenso wichtig zur Verschönerung der Landschaft, als der Wasserspiegel selbst, ist die Gestalt und Behandlung semer Ufer und die Unterbrechung des- selben durch geschmackvoll angelegte Inseln. Bei den Ufern ist es nicht allein die Schönheit der Linien, durch welche sie die Wasserflächen begrenzen, die sie bald in der Gestalt von Landzungen in dieselben hineinragen lassen , bald Buchten bilden, indem das Ufer zurücktritt; es ist auch das Profil der Ufer, welche die Wirkung des Sees steigern sollen. Bald können Ufervorsprilnge in der Gestalt von Fels- stücken (wo das Terrain dies gestattet) sich im Wasser verlieren, bald die Ufer in Ge- stalt schön gewölbter Rasenabhänge aus demselben aufsteigen, bald Hängebäume ihre graziösen Formen spiegeln, und wiederum dichte Pflanzungen die Ufer beschatten. Durch solche Mannigfaltigkeit der Ufer kann ein anziehender Wasserspiegel nur gewinnen. Seine Schönheit wird noch erhöht, wenn man seine Tiefe wie seine Oberfläche belebt durch Fische und Wasservögel. Besonders sollte der stolze Schwan nicht fehlen; die Anmuth seiner Gestalt und seiner Bewegungen, wie das reine Weiss seines Gefieders, machen ihn gleich geeignet, eine Zierde des Wassers zu sein. Ausserdem sorgen aber Wasservögel und Fische auch dafür, den Wasser- spiegel rein zu erhalten und machen sich dadurch nützlich, dass sie ihn von Algen und Lemna- Arten befreien, die ihnen zur Nahrung dienen und die jedes stehende Wasser mehr oder weniger verunstalten. Oft genügt aber ihre Thätig- keit nicht, das Wasser rein zu erhalten, und soll ein Wasserspiegel eine Zierde bleiben, so verlangt er gleiche Aufmerksamkeit, wie ein Kiesweg oder ein Rasen- teppich; die seine Oberfläche verunzierenden Wassergewächse müssen von Zeit zu Zeit beseitigt und die sich ausbreitenden schilfartigen Gräser von Kähnen aus abgemäht werden. Dieses Abmähen muss unterhalb des Wasserspiegels und früh im Jahre, etwa im Juni geschehen, wo die Halme und Schosse noch weich sind. 124 WASSER. Auf diese Weise vertilgt man auch am besten das an den Rändern stehender und fliessender Gewässer häufig vorkommende und wegen seiner kriechenden Wurzeln sich stark vermehrende Schilfrohr (Phragmites vulgaris L.) denn dadurch, dass das Wasser in die krautartig -röhrigen Halme hineinläuft und Fäulniss erzeugt, wird die Vegetation derselben zerstört. Wenn nöthig, muss diese Arbeit öfter wiederholt werden. Schritte man nicht in dieser Weise ein, so würde nicht allein die Oberfläche des Wassers verunstaltet und jede Spiegelung zur Unmöglichkeit werden, das Wasser würde auch versumpfen xmd durch übelriechende Ausdünstungen lästig und der Gesundlieit nachtheilig werden. Wo ein regelmässiger Zufluss und Abfluss stattfindet, ist dieser Uebelstand nicht zu fürchten. Künstliche steinerne Uferbekleidungen sind möglichst zu vermeiden, besonders solche von Ziegelsteinen nie anzuwenden ; wo sie aber der Haltbarkeit der Ufer w^en unentbehrlich sind, dürfen sie nicht über dem Wasserspiegel sichtbar werden. Die am See augebrachten Landzungen müssen bald lang, bald kurz und mehr spitz als rund sein, zuweilen können sie ganz allmälig in den Wasserspiegel übergehen; einzelne Baumgruppen auf ihnen angebracht, zwischen denen man den- entfernter liegenden Wasserspiegel gewahrt, sind von guter Wirkung. Flache, ganz unmerklich ansteigende Ufer haben keinen malerischen Werth, lassen aber die W^asserflächen grösser erscheinen und gestatten dem Wasserspiegel eine grössere Lichtmasse zu reflektiren, indem die ganze Breite der Wasserfläche, auf welcher sonst das Spiegelbild des hohen oder umpflanzten Ufers erscheinen würde, nun den Theil des Himmels reflektirt, welchen dieses verdeckt haben würde. Wo diese Täuschung beabsichtigt ist, müssen deshalb auch einzelne hohe Bäume in der Nähe des Ufers oder andere hohe Gegenstände vermieden werden, weil diese sie vernichten würden. Die Regeln der Perspektive gewähren in solchen Fällen die wirksamste Unterstützung, und wo man sie mit Verständniss befolgt, wird man stets zum Ziele kommen. Mit grosser Meisterschaft hat Sckell an einem ITieil des grossen Sees im englischen Garten bei München eine solche Scenerie geschaffen. Wird die beim Ausgraben eines Sees gewonnene Erde zum Aufwerfen von Hügeln an dessen Ufer verwendet, so nmss die Gestalt derselben mit der Umgebung harmoniren und motivirt werden, und das Auge des Kritikers darf aus ihrer Form nicht auf die Art ihres Entstehens schliessen können. Die wasserleere Fläche eines ausgegrabenen Sees erscheint stets grösser, als wenn sie mit Wasser gefüllt ist; der Grund dieser Täuschung liegt darin, dass das Auge beim Ueberblicken des leeren Bettes die Konkavlinie verfolgt, welche die entgegengesetzten Ufer verbindet; ist nun das Becken mit Wasser gefüllt, so verschwindet jene, und an ihre Stelle tritt das kürzere ebene Niveau des Wassers. Sogar grössere Gartenkünstler haben, durch diese Täuschung veranlasst, schon Fehler in den Proportionen begangen. Bereits oben wurde im Allgemeinen der Wahl des Terrains zur Bildung eines Sees und der demselben zu gebenden Form WASSER. 125 gedacht; einige bei der praktischen Ausfuhrung zu beachtende Einzelheiten dürften, als der Beachtung werth, noch zu erwähnen sein. Ist das Terrain bestimmt, so steckt man die Konturen des Beckens mit Mahlen ab. Das Bett (die Sohle) muss eine zweckmässige Neigung erhalten in der Richtung der Abzugsschleuse, damit das Wasser abgelassen werden kann. Ein in der Mitte des Bettes gezogener Graben erleichtert diesen Zweck sehr, er verschafft die Ueberzeugung , dass das Wasser nirgends stehen bleiben kann, und verringert zugleich die Arbeit des allmäligen Vertiefens des Beckens nach der Mitte hin. Eine Tiefe von 3 — 4 Fuss ist zur Spiegelung für einen künstlichen See voDständig genügend, sie schützt vor der Gefahr des Ertrinkens und vergrössert nicht unnützerweise die Kosten der Ausfiüirung. In gleicher Weise verfahrt man bei der Anlage von Kanälen und Teichen, nur mit dem Unterschiede, dass man ihre Ufer den Zwecken entsprechend ver- ändert. Der See kann dem Wohnhausc möglichst nahe liegen, muss aber hinreichend entfernt sein, um dem Mauerwerk nicht zu schaden. In der Gestalt des Flusses oder Stromes ist das Wasser nicht weniger an- ziehend, besonders wenn diesen eine reiche, wechselnde Vegetation begleitet Ein Fluss, namenthch ein solcher, der in bergigen Gegenden entspringt, zeigt an seiner Quelle und Mündung einen wesentlich verschiedenen Charakter. Mit jugendlichem Ungestüm wälzt er sich über sein felsiges Bett, nach und nach verlöscht das Feuer der Jugend, er macht sich den Menschen nützlich, treibt Mühlen und Fabriken, trägt Lasten und vermittelt den Verkehr des flachen Landes mit dem Meere, in dem er endlich sein rastloses Wirken beschliesst. Der Fluss ist aber nicht allein verschieden in den verschiedenen Stadien seines Laufes, er ist es auch zu verschiedenen Zeiten. Wir kennen ihn, wie sein feuchtes Element anspruchslos zwischen seinen Ufern dahingleitet, sehen ihn aber andererseits, wenn der Schnee im Gebirge schmilzt, oder heftige Regengüsse ihn anschwellen, sich über seine Ufer ergiessen, jedes Hinderniss mit unwiderstehlicher Gewalt beseitigen und Schrecken und Verwüstung über weite Strecken verbreiten. Der Fluss sucht sich stets ein ThaJ, in dem er seinen Weg verfolgt und dessen tiefete Stellen ihm sein Bett bieten. Dies ist nie geradlinig, unaufhörlich nöthigen ihn Hindemisse, seine Richtung zu verändern, und treiben ihn bald auf diese, bald auf jene Seite des ihm angewiesenen Terrains. Ein voUer Strom be- sitzt mehr Gewalt als Lebhaftigkeit; bei dem kleinen Bach erscheint das Ungestüm seines Laufes natürlich. Bei der Nachbildung eines Flusses muss man seine Eigenthümlichkeiten wohl berücksichtigen. Um einen reissenden Gcbirgsfluss zu schaflfcn, was überdies nur auf kurze Strecken möglich wäre, würde man ein felsiges Bett herstellen müssen, weil das gewaltsam hinabfliessende Wasser jede andere Bodenart allmäldich 126 WASSER. hinwegspülen und seine Ufer zerstören würde. Einem solchen Unternehmen würde auch eine Stauung des oberen Flusses, also die Bildung eines kleinen Sees vor- hergehen müssen , um den nöthigen Fall zu bekommen, ohne den die beabsichtigte Wirkung nicht möglich ist. Repton hat dies Verfahren zu Thoresby mit glücklichem Erfolge eingeschlagen: er hat die Bildung eines Sees mit dem Schauspiel eines reissenden Flüsschens vereinigt, dessen Bett er in der Weise bildete, wie in symmetrischen Gärten die regelmäÄsigen Cascaden gebaut werden. Er erhöhte den Eindruck dadurch, dass er das zur Bewässerung dieses Flüsschens dienende Wasser vom See aus eine Strecke imterirdisch führte imd es erst in der Nähe des Wohnhauses zum Vorschein kommen, das stufenförmige Terrain herabeilen liess und es in ein Bassin leitete, welches sich zwischen zwei unmittelbar vor dem Wohnhause gelegenen Brücken ausbreitete und imterhalb der letzteren seinen Abfluss hatte. Dieser Eingriff in die Natur liess sich um so eher entschuldigen, da Thoresby nicht fern von Derby- shire, der romantischsten Gegend Englands, liegt, wo Felsenstücke mit den darauf gewachsenen Pflanzen leicht aus den malerischen Scenerien der Creswell-Felsen zu beschaffen sind. Durch solche Benutzung der natürlichen Mittel können wir die angenehme Täuschung hervorrufen, dem Beschauer die eigenthümlichen Schönheiten eines Gebirgsstromes zu veranschaulichen, und selbst das Auge des Sachverständigen wird eine solche mit Beifall betrachten. Die Ufer eines natürlichen Flusses laufen nie parallel; bald erreicht das Bett des Flusses eine bedeutende Breite, bald wird es durch Bodenhindernisse zu- sammeugezwängt. Durch diese angenehme Unregelmässigkeit unterscheidet er sich vom künstlichen Kanal, dessen parallele Ufer sich in ermüdender Einförmigkeit hinziehen; auch diese Eigenschaft des Flusses muss bei der Nachbildung beachtet werden. Am wirksamsten wird einer künstlichen Wasseranlage der Charakter des Flusses und dem Flusse selbst Bedeutung gegeben durch die Aufführung einer Brücke, besonders wenn diese aus mehreren Bogen besteht; es wird durch sie die Unmöglichkeit angedeutet, das Wasser auf andere Weise zu überschreiten, und der Glaube hervorgerufen, dass das Wasser seinen Lauf noch weiter verfolge und dadurch der Uebergang nothwendig geworden sei; natürlich muss das Ende des Wassers dann sorgfältig verborgen werden, damit diese Illusion nicht gestört werde. Wird eine Besitzung von einem natürlichen Flusse bewässert, so kann aus diesem günstigen Umstände der grösste Vortheil gezogen werden, besonders wenn der FIuss durch Inseln und schönbewachsene Ufer Mannigfaltigkeit erhält. Aber nicht immer zeigt er sich in dieser anmuthigen Gestalt; oft sind seine Ufer ver- nachlässigt, nur mit Weiden und Sumpi^flanzen bestanden, und erscheinen dadurch morastig und steril. Durch Abzuggräben und Bodenerhöhung ist eine solche Ufer- beschaffenheit leicht zu verbessern, und die Bepflanzung derselben mit Erlen und WASSER. 127 anderen Baumarten und Gesträuchen genügt, dem Boden mehr Festigkeit zu geben und den Morast zu verdrängen. Zu Frorae House führte Repton eine solche Arbeit mit sehr günstigem Er- folg aus. Das Terrain in seiner früheren Beschaffenheit zeigte von der südöst- lichen Front des Wohnhauses unansehnliche Scheunen, einen Wiesengrund, unter- brochen und unzugänglich gemacht durch Wassertümpel, hier und da eine geköpfte Weide, das Ganze ein Mittelding zwischen Land und Wasser. Durch das Graben eines Flussbettes erhielten diese Pfützen Abflugs und es bildete sich ein Wasserspiegel von bestimmter Form. Derselbe wurde so geführt, dass er zugleich die Grenze des Blumengartens um das Wohnhaus bildete und das Bild erhielt noch mehr Abwechselung und der Fluss Bedeutung durch mehrere über den Wasserspiegel geführte Brücken. War das geschaffene Landschaftsbild auch nicht romantisch, so war es doch malerisch. und interessant und licss den trostlosen Sumpf nicht ahnen, der früher diese Fläche einnahm. Wir haben bisher den ruhenden, ausgebreiteten See, den verborgenen Weiher, den lebendigen Fluss in ihrer eigenthümlichen Schönheit betrachtet. Wir kommen nun zum murmelnden Bach. Der Bach kann uns weniger als wesentliches Moment im Landschaftsbilde gelten, dajms die verhältnissmässig hohen Ufer seinen Wasserspiegel, wenn von einem solchen überhaupt die Rede sein kann, verbergen, und nur seine treuen Begleiter, die Erle und Weide, werden seinen Lauf andeuten. Der Bach will in der Nähe genossen sein ; er kann die Wirkung nicht üben, die dem Wasser eigen- thümlich ist, das sich vor dem Auge als Fläche ausbreitet; hier ist von Spiegelung und Lichtwirkung keine Rede. Wir sehen in das durchsichtige Element hinab, das den Kiesgrund seines Bettes uns nirgends verbirgt und das sich nur durch seine Musik, die hüpfenden Wellen und das saftige Grün der Uferbekleidung ver- räth. Indessen ist er ein durch nichts zu ersetzender Schmuck einer felsigen Scenerie. In solcher Umgebung zeigt ihn uns auch die Natur am liebsten. Selten werden die Vorberge der Gebirge von Thälem durchfurcht sein, die nicht das Wasser in dieser lieblichen Form belebte. Von einem Stein des Gerölles, welches sein Bett erfüllt, zum anderen hüpfend, steigert es sein Murmeln zum Plätschern und bildet eine unendliche Folge kleiner Cascaden, einen Genuss für Auge und Ohr, hier und da Verstecken spielend unter den graziösen Wedeln der Farren- kräuter oder den Schatten spendenden Blättern des Petasites. In dieser Gestalt wird es uns selten vergönnt sein, den Bach zu zeigen, während die ruhigere Form, in der er uns im mehr ebenen Terrain erscheint, in vielen Fällen nachgeahmt werden kann. Von besonderem Interesse ist der Bach da, wo man sein Ergiessen in ein Wasserbecken oder einen Fluss beobachten kann. 128 WASSER. Den ersteren Fall hat Repton auf scharfsinnige und ansprechende Weise versinnlicht. In Adlestrop versorgte eine ergiebige Quelle einen nahe gelegenen Teich mit Wasser. Durch diesen in der Nähe des Wohngebäudes befindlichen Teich ward der Platz insofern unansehnlich, als der Blick durch denselben abge- zogen wurde von der Betrachtung des umgebenden Terrains, ohne dass derselbe als Wasserspiegel von besonderer Wirkung gewesen wäre. Repton entschloss sich, den Teich verschwinden zu lassen und das Wasser der Quelle als Bach durch den Blumengarten zu leiten, dessen geneigte Bodenbildung die Ausführung unter- stützte; und nachdem derselbe oft durch Felsstücke gehemmt und zu kleinen Wasserfilllen gezwungen worden war, Hess er ihn in einen weiter vom Wohn- gebäude entfernten und in tiefer Lage gebildeten, aber in voller Sicht befindlichen See münden, so ein schönes und naturtreues Bild bietend. Den zweiten Fall, in welchem der Bach sich in einen nahen Fluss ergiesst, benutzte Repton im Park zu Wentworth. Er liess aus einem hochgelegenen Wasserbassin das Wasser unterirdisch ableiten, an einer geeigneten Stelle zwischen Steinen als Quelle wieder zum Vorschein kommen und auf dem abfallenden Terrain seinen Weg durch ein kleines ITial in den nahen Fluss nehmen. Wo die Bodenbeschaffenheit Hindernisse möglich macht, kann bei Bächen die Richtung des Laufes in vielfach geschlängelter Form sichtbar werden, nur müssen die Krünmiungen sowohl der Grösse des Baches, als der Beschaffenheit der Gegenstände, die ihn zwangen, seine Richtung zu verändern, anbequemt werden; auch den so oft nöthigen Entwässerungsgräben lässt sich in gleicher Weise eine schickliche und geschmackvolle Form geben. Doch darf auch hierbei das Bestreben, Abwechselung und Natürlichkeit zu erzielen, nicht in Uebertreibung ausarten, man soll nicht, wie Fürst Ligne sagt, einen Bach so krumm martern, dass er wie eine Band'schleife aussieht. Auch muss der Grund zu den Krümmungen, ein Felsstück, eine Weiden- oder Erlengruppe, eine Erhöhung des Bodens, immer siclitbar sein. Wo der Bach über bewegtes Terrain geht, zeichnet dessen Be- schafienheit seinen Lauf schon vor. Auch vom künstlichen Bache gilt, wie vom Flusse, dass seine Ufer nie in gleichem Abstände neben einander hinlaufen; wo er einen Abhang hinabeilt, wird die Wassermenge mehr zusammengehalten werden, ebenso in einem tiefgefurchten Thale; in der freien Ebene, auf einem flachen Wiesengrunde wird er sich mehr ausbreiten. In der Anlage und in der Benutzung des Wassers und seiner Umgebung hat auch Fürst Pü(^ki.er Grosses geleistet und ein hohes Verständniss gezeigt, sowohl in Anlage von Seen und Teichen, als in der Benutzung von Flüssen und Bächen. Wie genau der Fürst die Verschiedenartigkeit, in welcher das Wasser in der Landschaft auftritt, studirt hatte, und wie meisterhaft er dieselbe für seine Schöpfungen zu verwerthen verstand, zeigt die Behandlung der Ufer des den WASSER. 129 Park von Muskau durchströmenden Neisseflusses und die Anlage der Brücken, sowie die bis in die kleinsten Details gelungene Leitung eines Armes desselben, den er als „kleines Flüsschen" durch die Anlagen gefuhrt und zur Bildung des Schlosssees und des Eichsees benutzt hat. In wahrhaft grossartigem Style ist sie ausgeführt, überall ein tiefes Verständniss der Natur bekundend: alle von der Natur gegebenen Motive hat er sich völlig zu eigen gemacht. Aber nicht allein die Form des Wassers, die Uferlinie, durch welche das Wasser begrenzt wird, sondern auch die Profilirung der Ufer war ein besonderes Studium des Fürsten, da dieselbe die Wirkung des Wassers steigern soll; nicht minder war auch sein Augenmerk auf die passende Bepflanzung derselben und auf die saubere Unter- haltung der Wasserfläche gerichtet. Wie der Fürst in allen seinen Werken, im Grossen sowohl wie im Kleinen, die Gründlichkeit liebte und nicht eher ruhte, bis jeder Gegenstand als Theil des Ganzen seinem Schönheitssinn vollkommen entsprach, so verwendete er auch ganz besondere Aufmerksamkeit auf den Lauf und die Form der Bäche, die er zum Theil in ihren Linien verbesserte, oder auch neu anlegte, wo sumpfige Wiesen entwässert werden mussten. Ganz besonderen Fleiss verwendete er auf solche Linien, welche von der Höhe herab sichtbar waren. Immer sind diese Formen natür- lich und die Motive für die Biegungen und Windungen sind stets in die Augen springend. Inseln. Inseln, auf einem See oder Strom geschmackvoll vertheilt, tragen ganz besonders zur Verschönerung einer Wasserfläche bei, indem sie ihr Abwechse- lung verleihen. Ihre Anlage muss aber rücksichtlich der ihnen zu gebenden Gestalt wohl überlegt sein, wenn sie einen günstigen Eindruck machen sollen; sie dürfen weder durch eine gesuchte Form, noch durch Widersprüche in derselben mit den nahen Ufern verrathen, dass ihre Bildung durch Menschen- hand geschah. Die natürlichen Inseln eines Flusses entstanden bald dadurch, dass dieser bei einer Ueberschwemmung das Ufer an einer Stelle durchbrach und der dadurch entstandene Arm sich später wieder mit dem alten Bett vereinigte, bald dadurch, dass ein Theil des Ufers, nachdem er lange den andringenden Fluthen widerstanden, endlich getrennt wurde; bald endlich durch eine ursprüngliche Sandbank, also durch eine Anschwemmung bei einem ungewöhnlichen Hochwasser, die durch viel- jährige Ruhe, durch Ansiedelung von Weiden und Erlen, Festigkeit erhielt und im Stande war, späteren Hochwassern Widerstand zu leisten. Derartige Inseln werden stets eine langgestreckte Form zeigen und sich nach beiden Ecken zuspitzen, in langsam fliessenden Wassern auch wohl eine länglich Petssold, LandtiohaftBgftrüierei. 9 130 WASSER. runde Form bilden; sie werden nie gerade in der Mitte des Flussbettes sich befinden, sondern in der Nähe des einen Ufers, besonders da, wo der Fluss eine starke Krümmung macht. In dem FaDe, wo das Hochwasser das Ufer durchbrach und ein ITieil desselben sich ein eigenes Bett suchte, um sich später mit dem alten Bett wieder zu vereinigen, ist eine grössere Mannigfaltigkeit der Form mög- lich; die so gebildeten Inseln sind dann aber in der Regel von grösserer Ausdeh- nung und können in unserem Sinne nicht als solche betrachtet werden, da wir sie als ein Ganzes selten überblicken können. Wo also ein Fluss eine Insel erhalten oder bei dem Ausgraben eines künst- lichen Flussbettes eine solche bleiben soll, muss sie eine der angedeuteten Formen haben. Anders ist es beim See, in welchem die Inseln Erhebungen des früher trocken gelegenen Bodens sind, deren Höhe von dem sich ansammelnden Wasser nicht erreicht wurde ; hier ist man nicht an die Form gebunden, nur versteht sich von selbst, dass dieselbe nicht gekünstelt sein darf und mit dem nächstgelegenen Ufer harmoniren muss. Von dem sehr seltenen Falle, dass eine Insel eine Bodenerhebung durch vulkanische Kräfte ist, können wir fliglich absehen, obgleich dieselben in Gegenden, die oft durch vulkanische Erschütterungen heimgesucht werden, so häufig sind wie plötzlich entstandene Seen. Solche Inseln haben stets eine dom- oder kuppelformige Gestalt oder sind konisch, stets mit fast zirkelrundem Grundriss. Kahle Inseln sind unschön und müssen vermieden werden, während völHg bepflanzte Inseln selten fehlerhaft sind. Auch hierbei muss darauf Rücksicht genommen werden, dass die Vegetation auf der Insel mit derjenigen der Ufer übereinstimme, und wo der Blick mehrere Inseln übersieht, müssen dieselben verschiedene Formen und Schattirungcn der Belaubung zeigen, um dadurch in noch höherem Grade Abwechselung zu bieten. Alle Bäume und Sträucher, welche die Nähe des Wassers heben, können hier verwendet werden, die heb- ten Weiden, die graugrünen Erlen und dunklen Nadelhöbser mit dem helllaubi- gen Taxodium distichum und dem Silber- und rothen Ahorn (Acer daaycarpm und A, rubrum). Auch in der Bepflauzung kann Verschiedenheit herrschen; dieselbe kann bald dicht, bald durchsichtig sein, bald durch Bäume, bald durch Sträucher, bald durch beide vereint gebildet werden. Die Grösse der Insel ist bei der Wahl der Pflanzung maassgebend. Sehr freundUch nehmen sich kleine Inseln aus, deren Bekleidung ein schöner Rasen bildet, unterbrochen von Ziersträuchern. In fiiessenden Wassern dürfen Inseln nur sparsam und mit Vorsicht ange- bracht werden. WASSES. 131 Wasserfälle. Fontainen. Die Wasserfalle, welche die Natur schafft, sind von sehr verschiedenem Charakter, und ihre Nachbildung ist nur in sehr seltenen Fällen möglich. Die grossartigen Fälle der Hochgebirge, welche von Felsen zu Felsen . herabstürzen, immer neue grossartigere Bilder bietend, sind unnachahmbar; solche Scenen kann nur die Natur schaflFen. Sie würden der schönste Schmuck einer Anlage sein, deren Lage so glücklich ist, dass ein solcher Fall in ihre Grenzen gezogen werden kann, wie beispielsweise in den Umgebungen des Schlosses Ambras bei Innsbruck. Aber auch in unserem Schlesien besitzen wir Partien, welche an Tyrol erinnern. Eine solche befindet sich in dem grossen Naturpark zu Klitschdorf- Weh-rau im Queissthale unweit Bunzlau. Unterhalb des auf steilem Felsen er- bauten Wehrauer Schlosses bildet der Queissfluss einen grossen Teich, dessen Wasser durch eine quer durch das enge Gebirgsthal laufende Felswand angestaut wird, üeber und durch Felsen und mächtige Felsblöcke stürzt nun der Fluss in dem bewaldeten Feisthaie seine Wassermassen eine grosse Strecke entlang und bildet dann den schönen Wasserfell, von welchem hier eine Abbildung folgt. (Taf. V.) Die zweite Ansicht ist von dem Punkte unmittelbar unterhalb des Wasser- falls aufgenommen, wo eine Brücke, die Hammerbrücke, die Verbindung zwischen beiden Ufern herstellt. (Taf. VI.) Von der Brücke hat man auf der einen Seite den vollen Anblick des Wasserfells, auf der entgegengesetzten Seite den in das untere Felsenthal mit seinen bewaldeten Ufern; beide, nachdem die An- und Aussichten von den ver- deckenden Bäumen und Gebüschen soweit nöthig befreit und landschaftlich be- handelt sind. Wo der Fluss dann aus dem Walde heraus tritt, erweitert sich das Thal und es sind seine Ufer durch üppige Wiesengründe eingefasst. Im Mittelgrunde, von Schloss Klitschdorf aus gesehen, überschreitet eine lauge Brücke das so erwei- terte Thal, welches mit alten Bäumen aller Art reich ausgestattet ist. Diese Aus- sicht war durch viele dichte Baum- und Strauchpflanzungen und durch einige Gebäude völlig verdeckt, für das Auge also gar nicht vorhanden; sie ist durch eine zweckentsprechende Führung der Axt hergestellt, nur das brauchbare Vor- handene ist benutzt, sehr viele alte und zum Theil sehr schöne Bäume, sowie die störenden Gebäude mussten fallen, auch die Verlegung eines öffentlichen Weges war nothwendig um dieses früher nicht vorhandene Landschaftsbild von den Haupt- zimmem des Schlosses gesehen, überhaupt herstellen zu können, und zwar ohne Hinzufügung neuer Pflanzungen. Dieser so entstandene Blick erinnert lebhaft an die Landschaftsbilder von Claude Lorratn. Andererseits sind sowohl von der Brücke aus, als auch von (uideren entferntereu Punkten der Anlage aus, Ansichten auf das höchst geschmackvoll restaurirte mit einer Terrasse umgebene Schloss ent- standen und die früher ganz verdeckte Hauptfeissade desselben zur Greltung gebracht Die hier beigefügte Abbildung zeigt die frühere Beschaffenheit der Umgebungen des Schlosses. Vrahsra Anuloht vom BohlOBs KÜtatihdort Die zweite Ansicht, von demselben Punkte der neuen Terrasse des Schlosses aus aufgenommen, giebt das Landschaftsbild, wie es nach der Veränderung geworden ist (Taf. Vn.) Diese Veränderungen, zu denen, um consequent durchgeführt zu werden, es eines grossen Entschlusses und grosser Beharrlichkeit bedurfte, sind gewiss ein Beweis von dem hohen Kunstsinn des Herrn Grafen zu Solms. In unseren Parkanlagen sind Wasserfalle von 4—5 Fuss Höhe und ent- sprechender Breite schon genügend, sie bieten ein lebensvolles Bild, erfreuen durch das Rauschen des Wassers und befrietUgeii das Gemüth in jeder Weise, während ein in grossartigen Verhältnissen angelegter Fall mit spärhchem Wasserzufluss einen höchst dürftigen und komischen Anblick gewährt. Es sind schon die klemen Fälle erwähnt, die ein Bach auf abschflsügem Terrain zu bilden pflegt und die, obgleich nur Spielereien, doch einigermassen befriedigen. Die Mittel zu ihrer Darstellung stehen überall zu Gebote. Ebenso liesse sich die Bildung emes Sees durch Abdämmen eines kleinen Flusses sehr vortheilhaft zu demselben Zwecke benutzen, und diese Anlagen sind es, welche schon auf den Namen eines Wasser^lcs Anspruch machen können und welche wir in der Kegel in Parks ausgeführt sehen, sowo! in möglichster Naturtreue, indem sich das Wasser über Felsenanhäufungen stürzt, als in Cascadenform. WASSER, 133 Diese letztere Form finden wir noch häufig, vereint mit Fontainen und regel- mässigen Bassins, als integrirenden Theil alter französischer Anlagen, welche umge- staltet werden sollen. Man würde Unrecht thun, diese mit so viel Fleiss geschaffenen Wasseranlagen zu zerstören, sie werden sich stets mit geringen Veränderungen benutzen lassen und wesentlich zur Zierde der Anlage beitragen. Wir erinnern an die grossen Wasserwerke auf Wilhelmshöhe bei Kassel, an den in römischem Style aufgeführten Aquädukt, an den Steinhöfer'schen Wasserfall und an die grosse Fontaine; auch entschiedene Gegner der französischen Gärten würden diese Kunst- werke nicht vermissen wollen. Für symmetrische Gärten sind derartige Wasserkünste eine Lebensfrage, wie in Versailles und St. Cloud. Hier ist jede Spur von Einwirkung der Natur sorg- fiJtig verwischt, jeder Baum und Strauch seiner natürlichen Schönheit beraubt, in die willkürlichsten, oft lächerlichsten Formen gezwängt, und durch stetes Beschneiden zu widernatürlichen Auswüchsen und Verschlingungen getrieben; es ist Nichts von der Natur übrig geblieben, als das Grün der Blätter, das man nicht beseitigen konnte, aber gleichwohl nicht das schöne duftige Grün, welches uns aus den Kronen der nicht misshandelten Bäume entgegenleuchtet, durch deren lockeres, schöngewölbtes Laubdach das Licht dringt und es in den verschiedenartigsten Schattirungen malt. Die luftigen Zweige, mit deren Blattwerk die bewegte Luft unaufhörlich ihr Spiel treibt und durch die sie säuselnd und rauschend sich ihren Weg bahnt, sind hier verbannt; der wüthendste Sturm vermag diesen starren Formen kein Lebenszeichen abzutrotzen. Erst wenn das Spiel des Wassers beginnt, wenn sein Plätschern die Musik des Windes ersetzt, wenn zahlreiche Gruppen geputzter Menschen auf den geradlinigen Wegen sichtbar werden, kommt Leben in diese starren Bäume, es erscheint uns Alles anders, als zuvor, und wir fühlen uns selbst überrascht durch die Veränderung des Eindrucks dieser Anlagen auf unser Gtemüth. Während vorher die schönen Farben der Blumenparquets kaum unsem Blick zu fesseln vermochten und wir uns aus diesen beengenden Räumen, in denen alles verunstaltet ist bis auf den lichtblauen Himmel, der sich über ihnen wölbt, hinaus sehnten in die freie fröhliche Natur, erwacht dies Geftlhl der Befriedi- gung wie mit einem Zauberschlage in uns, aber es sind nicht die starren Formen, es ist nicht die Symmetrie, der auch das Wasser sich fügen muss, es ist das Leben, welches sich innerhalb der starren Konturen der Fontainen entwickelt, denn diese sind es fast ausschliesslich, welche diesen Eindruck in uns hervorrufen. Eine jede Fontaine erscheint uns als ein selbständiges lebendes Wesen. Wir sind daran gewöhnt, das Wasser seine Bewegung nur in abfallender Richtung nehmen zu sehen, alle Naturerscheinungen zeigen uns das Wasser in dieser Bewegung. Hier dagegen erhebt es sich mit einer bemerkenswerthen Kraft und Schnelligkeit in der ent- g^engesetzten Richtung, und das allmäliche Ermatten, die Rückkehr von dem eingeschlagenen Wege erscheint uns als eine freiwUlige. 134 WASSER. Auch wer die Kräfte kennt, die hier das Wasser steigen und wieder fallen lassen, mag nicht an sie denken, sondern giebt sich gern dem Reiz des Schauspiels hin, welches sie hervorzaubern. Der Eindruck, den das Steigen und Fallen des Wassers hervorbringt, wird noch erhöht durch die beständige Veränderung der Form, die der anfangs kompakte Strahl, je höher er steigt, annimmt, bis er seinen Höhepunkt erreicht und nun sein Spiel mit dem herabfallenden Wasser beginnt, dieses aus seinem Wege schleudernd. Der Eindruck der unaufhörlich wechselnden Bewegung des Wassers wird noch gehoben durch das Spiel des Lichtes in jedem Wassertropfen, deren sich unzählige von der centralen Masse ablösen und selbständig den Gesetzen der Schwere folgen. Bald bricht sich das Licht in dieser Atmosphäre von fallenden Wassertröpfchen in den reinen Farben des Regenbogens, bald löst sich die zer- stäubte Masse in einen Silberregen vor unseren Augen auf, je nachdem die Sonne das lebendige Bild beleuchtet. Bei den komplizirteren Fontainen, die zahlreiche schräg aufsteigende Strahlen aus ihrem centralen Knopf aussenden, gesellt sich zu diesen mannigfaltigen Eindrücken noch das Behagen, welches wir beim Anblick der schönen parabolischen Linien empfinden, in denen sich diese Strahlen bewegen. Das plätschernde, beständig wechselnde Geräusch des fallenden Wassers vollendet diese Reihe von Eindrücken, die nicht unähnlich sind den Träumen während einer schönen Musik, die sich in der uns überkommenden anmuthenden Stimmung kundgeben. Dem englischen Garten gereichen aber Springbrunnen an geeigneten Orten in nicht geringerem Maasse zur Zierde, wenn sie auch kein wesentUches Moment dieser Anlagen sind. Bereits in einem früheren Kapitel wurde auf die kontrastirende Wirkung der vertikal aufsteigenden Wasserstrahlen auf horizontale Flächen hin- gewiesen, und der bei Schloss Babelsberg aus dem Havelspiegel aufeteigenden mächtigen Fontaine erwähnt. Noch schöner ist die Wirkung einer Fontaine, wenn dieselbe auf einer sanft geneigten Rasenfläche sich erhebt, durch die schöne Farben- wirkung des silberhellen Strahles auf dem grünen Grunde, wie beispielsweise in Sanssouci und im herzoglichen Park zu Sagan. Die BUdhauerkunst hat sich die Au%abe gestellt, die Erzeugnisse ihres Fleisses und Geschmackes mit dieser sinnigen Anwendung des Wassers in Wechsel- wirkung zu bringen, und wir sehen öfter wahre Kunstwerke dieser Art Die Vorliebe, mit der jeder für angenehme Eindrücke empfangliche Mensch die Springbrunnen betrachtet, die Kühlung und Erquickung, welche ihre Nähe im Sommer gewährt, machen es zur Pflicht, sie so anzubringen, dass alle Annehm- lichkeiten, welche sie bieten, genossen werden können. Sie gehören vorzugsweise in die Umgebung der Wohngebäude. Sie sind auch eine unersetzbare Zierde öffent- licher Plätze, besonders wenn sie im grossartigen Maassstabe ausgeführt sind, und wer es sieht, wie sich Jeder nach den in ihrer Nähe angebrachten Ruhesitzen drängt, um sich dem Vergnügen ihres Anblickes zu überlassen und die Kühlung zu WASSER, 135 geniessen, welche sie in ihrer Umgebung verbreiten, dem rauss dies als der aus- drucksvollste Zoll der Dankbarkeit des Publikums für das ihm gebotene Vergnügen erscheinen. Der Gartenkünstler beschränkt sich darauf, die Plätze zu bestimmen, an denen dieselben die vortheilhafteste Wirkung ausüben würden. Die zahllosen Formen, welche man das Wasser anzunehmen zwingt, die sinnreichen Skulpturen, mit denen man die Bassins der Springbrunnen zu schmücken versteht, sind Sache des Ge- schmacks der Besitzer. Aber auch bei Anlage von Fontainen sollte man darauf bedacht sein, dass sie nicht in Spielereien ausarten, was leicht geschehen kann, wenn man nicht über eine genügende Wasserkraft verfügen kann. In diesem Falle ist es besser sie ganz bei Seite zu lassen. XI. Felsen Wie das Wasser als ein Vortheil gelten muss, wo es dem Landscliaftsgärtner gestattet ist, dasselbe in den Bereich seiner Anlage zu ziehen, so können in nicht geringerem Grade die Felsen als ein solcher angesehen werden. Der Boden ist nirgends einer grösseren Abwechselung fähig als da, wo felsiges Terrain zu Tage tritt; hier zeigt es sich in den kühnsten Formen, und diese werden noch gehoben durch die verschiedenartige Färbung der Gesteine, die die Vegetation nicht zu überkleiden vermag. Die Vegetation felsiger Gegenden ist auch gewöhnlich eine andere oder erscheint uns auf diesem Terrain anders, als da, wo Felsen fehlen. Wir würden die Fichte, die Eberesche oder Birke, die mit ihren Wurzeln sich an- klammert an diese Gesteine, um auf ihrer gefahrlichen Stellung dem Sturme Wider- stand zu leisten, und die zugleich ihre W^urzelfasem in die Spalten des Gesteins sendet, dort die kärgliche Nahrung zu suchen — wir würden sie nicht wieder- erkennen, sähen wir ihre dürftige Gestalt zwischen den üppigen Schwestern im Thal- grunde; der poetische Reiz, der sie dort oben umgab, ist verschwunden. Farren- kräuter sehen nie schöner aus, als wenn ihre graziösen Wedel sich aus einer Felsenspalte ausbreiten; Schlingpflanzen erhalten erst Charakter, wenn ihre bieg- samen Zweige an steilen Abhängen herabhängen oder an ihnen hinaufklimmen. Jeder unbedeutende Strauch, jedes Rasenbüschel und Moospolster macht sich be- merkbar auf dem grauen oder röthlichen Grunde des Gesteins. Der Landschafts- gärtner hat auch hier nur schöne Vorsprünge, welche durch Vegetation verdeckt wurden, frei zu machen und unschöne Linien zu verbergen; er hat dafür zu sorgen, dass die Wirkung der Felsengruppen möglichst gehoben werde, sei es dadurch, dass eine am oberen Rande der Felsen gefiüui;e Barriere die gefahrvolle Höhe der- selben recht ZOT Anschauung bringe, oder dass er durch entsprechende Bepflanzimg des Thaies dieselbe scheinbar erhöhe. Durch nichts wird die Wirkung der Felsen mehr gehoben, als durch Wasser, mag es als kleiner See den Fuss einer Felswand benetzen, oder in der lebensvollen Gestalt eines Baches zwischen ihren kolossalen Formen seinen Lauf verfolgen. FELSEN. 137 Die künstliche Nachbildung von Felsenpartien, welche oft mit einer wahren Manie versucht wird, kann kein Landschaftsgärtner von richtigem Geschmack und gesundem Urtheile gutheissen. Im günstigsten Falle ist der Eindruck des Komischen und Kleinlichen vermieden, nie aber belohnt der Eindruck, den ein solches Kunst- stück hervorruft, die Opfer, die seine Herstellung gekostet hat. Es wurde der eine Fall, wo die Anwendung der Felsen zu entschuldigen ist, bei den Wasserfallen erwähnt; hier ist es das Wasser, welches das Auge geÜEmgen nimmt; wo aber der Fels durch sich wirken soll, gewahrt man sofort die Mängel einer passenden Umgebung und einer naturgemässen Yermittelung mit derselben. Dennoch haben wir auch recht gut durchgeftlhrte Werke dieser Art, und man muss die Kunst bewundem, mit welcher zuweilen eine Partie künstlicher Felsen angeordnet und ausgeführt ist, wie z. B. diejenige im Palmengarten zu Frankfurt am Main durch Stessmayer, Es gehört Muth dazu ein derartiges Werk in einem ebenen Lande, wo kein einziges Motiv für eine solche Anlage vorhanden ist, zu unternehmen. Aus diesem Grunde ist dieselbe auch als ein in sich ab- geschlossenes Ganze behandelt, mit Recht ist die äussere flache Gegend durch dichte Pflanzungen verdeckt. Aber man muss bekennen, dass die ganze Anordnung: die Felsenpartie selbst, der Wurf des Bodens, die Bepflanzung, die Anlage des Wassers und seiner Umgebungen, mit grossem Verständniss, mit einer Naturtreue, ja mit einer Genialität und Grossartigkeit durchgeführt ist, der wir unsere Anerkennung nicht versagen können, und welche uns diese artige Marotte ent- schuldigen lässt. XII. Wege. Mit zwei Ansichten. Die Wege vermitteln in einer Anlage den Besuch seiner schönsten Partien und Femsichten und vereinigen dieselben zu einem harmonischen Ganzen, dessen Genuss uns durch ihre Benutzung ungemein erleichtert wird. Ihre zweck- mässige oder mangelhafte Führung trägt daher hauptsächlich dazu bei, die Wirkung einer Anlage zu heben oder abzuschwächen, und selbst Fürst Pückler gesteht die Schwierigkeiten einer tadellosen Wegführung ein. Beim Entwurf von Anlagen ist deshalb nächst der Disposition der Gebäude, der Wasseranlagen und Aussichten die Führung namentlich der Hauptw^e mit Berücksichtigung der Bodenbew^ungen festzustellen. Diese Punkte müssen erst bestimmt sein, ehe man die Pflanzungen vertheilen kann. Unter Hauptw^en verstehen wir solche, die hauptsäcUich befehren oder begangen werden sollen, indem sie zu den wichtigsten Gegenständen und schönsten Punkten führen. Ausser ihnen giebt es noch Verbindungswege, deren Anzahl von der Grösse des Terrains, von der zu erzielenden Mannigfaltigkeit der Partien und von anderen zufalligen Bedingungen abhängt. Unter den ersteren, die vorzugsweise zum Befahren ein- gerichtet sind und deswegen auch Fahrwege genannt werden, sind die wichtigsten : die Auffahrt und der Umfahrungsweg. Diese beiden gehören unfehlbar zu einer jeden grösseren Anlage, ausgenommen, wenn das Wohnhaus an der Strasse liegt, wo es freilich keiner Auffahrt in unserem Sinne bedarf. Unter „Auffahrt" versteht man derjenigen Weg, auf welchem der Besuchende direkt zum Wohnhause gelangen soll. So lange der symmetrische Gartenstyl herrschte, nahm man für die Auffahrt, wie flir alle Wege, die gerade Linie als die zweckmässigste an und bepflanzte den so geführten Weg an beiden Seiten mit Baumreihen, welche auf die Hauptfront des Hauses zuführten. Die Einförmigkeit dieser Alleen brachte Le Notre auf die Idee, ihren Lauf durch in der Mitte WEGE. 139 angebrachte Bassins, um welche sie auf beiden Seiten herumgeführt wurden, zu unterbrechen. Indem sich das Gebäude in diesen Bassins spiegelte, gewann zwar die Architektur desselben, die Einförmigkeit des Weges aber wurde dadurch nicht verbannt, da die Aussicht dieselbe blieb. Nicht immer und nicht für alle Fälle ist jedoch diese Ansicht zutreffend, es können sogar solche Auffahrten zu Schlössern sehr gut wirken und dem Auffahrtswege etwas Stattliches und Vornehmes ver- leihen, namentlich in flachen Gegenden, welche wenig Abwechselung bieten, wo man also die schönen Formen und Linien im Terrain selbst schaffen muss. Hier sind die geraden Alleen oft von bedeutender, contrastirender Wirkung, wie z. B. in der Auffahrt zum Schlosse von Altdöbem in der Lausitz. Noch grossartiger ist die zum Schlosse Twickel unweit Hengelo in Holland führende vierfiEtche Allee alter Eichen, von welcher man das alterthümliche , interessante Schloss zunächst in perspektivischer Seitenansicht unter prachtvollen Gruppen alter Bäume höchst malerisch gelegen erblickt. Wir finden in der Anlage einer Auffahrt viel Aehnlichkeit mit der Vorhalle eines Gebäudes. Wie diese mit den 2Smmern, zu welchen sie führt, und mit dem Vorplätze passend verbunden sein und im richtigen Verhältniss stehen muss, ebenso muss die Auffahrt bequem und so ausgeführt sein, dass sie mit dem Charakter und der Lage des Hauses, nämlich mit seiner Umgebung, in anmuthiger Harmonie sich befindet, um dem Fremden, der von ihr den ersten Eindruck emp&ngt, ein günstiges Urtheil abzugewinnen. Die Auffahrt darf nur den Zweck haben, zum Wohnhause zu führen. Form und Richtung derselben hängt von dem Charakter und der Lage des Hauses ab. Gestatten es die natürliche Lage oder sonstige Umstände nicht, dass sie in nächster Richtung geführt werde, so muss es durch die Kunst unmöglich gemacht werden, einen näheren Zugang zu gewinnen. Die künstlichen Hindemisse jedoch müssen sich als natürliche darstellen. Solche Hindemisse sind Wasserflächen, Bodenver- tiefungen oder nicht bequem zu ersteigende Erhöhungen des Terrains, Deck- pflanzungen u. s. w. An dem Orte, wo die Auffahrt von der öffentlichen Strasse ablenkt, darf eine solche Abzweigung nicht im rechten Winkel oder sonst in einer Weise ge- schehen, die den Eintritt seiner Wichtigkeit beraubt, sie muss eine solche Biegung annehmen, dass sich das Thorhaus mit dem Parkthore recht deutlich zeigen kann, und es muss den Anschein haben, als zweige sich die Strasse von der Einfahrt ab. Die Auffahrt darf nicht zu nahe der sichtbaren Parkgrenze fortgeführt werden ; die Parkanlagen würden dadurch den Anschein geringer Ausdehnung bekommen. Das Wohnhaus muss sich da, wo es zuerst sichtbar wird, möglichst vortheilhaft präsentiren, am besten ist, wenn es in einer perspektivischen Seitenansicht gezeigt werden kann. Ist die Entfernung vom B^nn der Auffahrt bis zum Wohnhause nicht gross, so muss man nicht in Versuchung kommen, dasselbe wieder aus den 140 WEGE. Augen zu verlieren, was geschehen würde, wenn der Weg in allzugrosser Krümmung angelegt wäre. In diesem Sinne ist der AuflFalirtsweg nach dem Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Grossherzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach gehörigen Schlosse zu Heinrichau in Schlesien angelegt. Nachdem er sich von der Münsterberger Strasse in entsprechender Breite abzweigt, präsentirt sich bald nach einer Wendung der Auffahrt das imposante Schloss (eine ehemalige Cisterzienser- Abtei) sehr vortheilhaft in einer perspektivischen Seitenansicht, und da der Weg in massiger Krümmung geführt ist, so verliert man dasselbe, wie die nebenstehende Ansicht VIII zeigt, nicht wieder aus den Augen. Der nach den Intentionen der kunstsinnigen hohen Frau angelegte Park ist, dem Charakter der Gegend entsprechend, in einfachen, grossen Linien und in entsclüedenen Formen gehalten; er vermittelt zugleich den Uebergang mit den die Höhenzüge krönenden, grösstentheils aus gemischten Beständen von Laub- und Nadelholz bestehenden herrlichen Waldungen , und bietet von vielen Stellen Aussichten auf das Glatzer- und Eulengebirge und auf dasjenige von Oesterreichisch- Schlesien. Nur wirkliche Hindernisse, wie Wasser oder unzugänglicher Boden, können grosse Krümmungen rechtfertigen. Liegt dagegen das Landhaus oder Schloss tiefer im Parke, so wäre sicherlich nichts unpassender, als den äusseren Prospekt des Gebäudes dem Auge während der ganzen Auffahrt zu öffnen. In der Richtung, welche Auffahrten gegeben wird, bemerkt man häufig die gröbsten Fehler, wenngleich der gute Geschmack oder vielmehr ein unbefangener Sinn uns gebieten, den Weg so leicht als möglich in Uebereinstimmung mit der Gestalt des Bodens und mit der Umgebung zu führen, wo man diese nicht dem Wege selbst anpassen kann. Am besten ist eine leicht und einfach gebogene Linie, welche keinen absichtlichen Umweg zeigt. Bietet die eine Richtung mehr Schönheitspunkte als die andere, so ist selbstverständlich die erstere vorzuziehen, wenn sie auch nicht die nächste ist; dann werde sie aber so natürlich und leicht als mögUch ausgeführt. Prahlerische Auffahrten, welche die ganze Scenerie vor des Fremden Auge gleich einer vorgelegten Karte entfalten, benehmen uns für die Folge den Genuss der Neuheit, der Erwartung und Ueberraschung, der angenehmsten Reizmittel, welche in der Veränderung und Abwechselung bedingt sind. Bei länger dauernden Auffahrten zeige sich das Hauptgebäude wo möglich zum ersten Male, wenn man in den Bereich des Parks kommt, und später dann noch zu wiederholten Malen, unter der Bedingung aber, dass der erste günstige Eindruck nicht durch einen folgenden mangelhaften gesQhwächt werde, und dass man bei jeder neuen Ansicht auch eine Annäherung bemerke. Wenn das Wohnhaus nicht gross und imposant ist, so ist es nicht vortheilhaft, es in grosser Entfernung zu zeigen, damit es nicht noch geringer erscheine, als es wirklich ist. Diese Bedingung war bei An- lage der Auffahrt in Zypendal bei Arnheim in Holland gegeben, das Herrenhaus WEGE. 141 konnte wegen seiner tiefen Lage erst bei einer Wendung des Weges in der Nähe gezeigt werden, wo es sich, umgeben von malerischen Baumgruppen sehr vortheil- haft präsentirt (Taf. DL) Die umfassende Anlage in Zypendal überhaupt, bekundet den feinen Sinn und das Verständniss für landschaftliche Schönheit des Besitzers, Baron von Brantsen, welcher Herr durch sein eigenes Beispiel und durch seine Anr^ung sich mit Erfolg um eine bessere Sichtung für die Naturgartenkunst in den Niederlanden grosse und bleibende Verdienste erworben hat und noch erwirbt Erfreulich ist es zu sehen, wie mehr und mehr die Kunst der Landschaftsgärtnerei auch dort in Aufnahme kommt und besser verstanden wird. Ebenso wenig darf man das Wohnhaus da sehen, wo sich die Weglinie von ihm eben abwendet; auf allen Punkten der Auffahrt, von denen das Wohngebäude sich unschön darstellt, verdecke man die Ansicht diurch Pflanzungen und suche die Aufmerksamkeit in- dessen zu fesseln durch Oeffnung anderer Partien der Anlage oder durch Gruppen schöner Gehölze. Ausser der Auffahrt zum Wohnhause oder ähnlichen bedeutenden Gebäuden ist es der ümfahrungsweg, welcher bei jeder Anlage besondere Berücksich-» tigung verdient; man möchte demselben fast grössere Wichtigkeit zusprechen, als der Auffahrt, da diese doch im Allgemeinen nur den Zweck hat, uns nach dem Wohnhause zu geleiten, während der ümfahrungsweg uns eine Gallerie wechsel- voller und lieblicher Landschaftsbilder vorführen soll, indem er der Reihe nach die interessantesten Partien der Anlage und die schönsten Aussichtspunkte berührt und uns dadurch den vollen üeberblick gewährt. Auf seine wohldurchdachte Führung kommt deshalb ungemein viel an. Hier verfallen jedoch die Gartenkünstler sehr oft in den Fehler, anzunehmen, dass der Um&hrungsweg mit der Ausdehnung an Vollkommenheit gewinne, und befleissigen sich einer möglichst langen Führung auch da, wo eine kürzere Führung mehr Abwechselung bieten würde. Statt ihn ungezwungen auf die interessantesten Gegenstände zu leiten oder die Sceuerie nach demselben einzurichten, fuhrt der Weg oft durch eine saumähnliche Pflanzung, wird durch seine Länge und Ein- förmigkeit langweilig und erweckt das Gefühl von Eingeschlossenheit und Ermüdung, was gerade vermieden werden sollte. Wo aber der UmfaJirungsweg durch eine längere Führung mehr Abwechselung bietet, so ist diese selbstverständlich der kürzeren vorzuziehen. Der Gartenkünstler hat sich zu bestreben, dass die Schönheiten, welche uns die Natur in so reichem Maasse zur Enthüllung und zur Benutzung darbietet, auch sichtbar und geniessbar werden, er muss den Besuchenden mittelst der Wege zu den angenehmsten Stellen, an die lieblichsten Orte ftilu-eu, und seine Aufmerksam- keit auf solche Gegenstände lenken, die wegen ilirer Mannigfaltigkeit, ihrer Neuheit, wegen ihres Kontrastes oder ihrer Harmonie das Gemüth am meisten fesseln und 142 W£GE. ihm Genuss verschaifen; er muss ihm alle Punkte bieten, die entweder eine pano- ramatische Uebcrsicht zulassen oder zur Einrahmung von Ansichten und zum Hereinziehen reizender Femsichten Gelegenheit bieten, und von wo aus einzelne Gegenstände oder Gruppen am vortheilhaftesten gesehen werden. Die hier aufgestellten Grundsätze fanden bei der Führung des ümfahrungs- weges in Twickel ihre Anwendung. Das Areal des 800 Hectaren grossen Naturparks bietet die merkwürdigsten Kontraste. Vor dem alterthümlichen Schlosse breiten sich üppige Wiesengründe aus, auf welchen prächtige Gruppen alter Eichen und Buchen. Begrenzt werden diese durch einen Wald von Eichen und Buchen, eine Seltenheit in diesem Lande, viele Bäume bis in die Kronen mit Epheu umsponnen, als Unterholz Ilex und Rhododendron. Durch diese Wiesengrüude und den Wald ist der Weg geführt. Wo er den letzteren verlässt, überblickt man wieder einen Wiesengrund, wiederum be- grenzt von der überall schönen und mächtig wirkenden Lisiere der entgegenge- setzten Seite des Waldes und nun gelangt man in eine geschlossene Pflanzung junger Laubhölzer. Unmittelbar liinter dieser befindet man sich ohne jede Ver- mittelung auf einer grossen kahlen Haidefläche von Calhma vulgains. Nachdem diese durchschritten, führt der Weg nach einem Hain alter Eichen mit Ilex und Epheu, in welchem ein Bauerngehöft gelegen ist, dessen Gebäude zum Theil mit Epheu bewachsen sind. Vor demselben dehnt sich wieder ein Wiesengrund aus, welcher durch einen gemischten Bestand von Laub- und Nadelholz begrenzt wird, an dessen Aussenseite der Weg geführt ist, um dann eine lange Haidefläche zu durchschneiden. Jetzt öflhet sich ein grosses breites Wiesenthal, welches, wie das vorige mit schönen Gruppen alter Eichen bestanden von einem Bach durchschlängelt, wo mit weniger Nachhilfe der englische Park bereits fertig ist. Am Schluss dieses Thaies befindet sich an einem Teich gelegen eine alte Mühle, höchst malerisch von mächtigen Eichen umgeben. Weiter fiihrt der Weg durch Haide, welche mit Wiesenflächen abwechselt, auf welchen ebenfalls Eichengruppen und solchen von freistehenden alten Kiefern von seltener Schönheit abwechseln, nach einem wiederum in einem Eichenhain gelegenen Bauerngehöft, in dessen Nähe er oberhalb in die früher erwähnte grosse, 2400 Meter lange vierfache Allee alter Eichen einmündet und durch dieselbe nach dem Schloss zurück führt. Da das Terrain keine Femsichten bietet, so mussten die vorhandenen schönsten Punkte und zwar so gewählt werden, dass die vorhandenen herrlichen Baum- gruppen zur Geltung gebracht und deshalb eine längere Wegftihrung, da sie mehr Abwechselung bot, ehier kürzeren vorgezogen werden, zumal auch durch die erstere vermieden wurde, die grossen Haideflächen nicht mehr zu durchschneiden, als dies unbedingt nothwendig war. Wo der Weg durch die Haideflächen führt, ist er als Waldweg behandelt, in der Weise, dass zu beiden Seiten desselben je eine ge- schlossene Pflanzung von 20 Meter Breite angelegt wurde. In diesen Pflanzungen WEGE. 143 sind Bäume der verschiedensten Art, auch Nadelhölzer, bald in grösseren, bald in kleineren Gruppen, bald in grösserer, bald in weniger grosser Entfernung von einander und in den verschiedensten Stellimgen, jedoch so, dass niemals drei Bäume in einer Linie zu stehen kommen, aufgestellt und als Standbäume be- handelt, wo sie dann später eine Art unregelmässige Allee bilden. Die Pflan- zungsfläche zwischen den Bäumen wird mit gewöhnlichem Gehölz, besonders Eichen, dicht ausgefüllt und als Unterholz behandelt, welches in einem Turnus von etwa 10 Jahren auf die Wurzel gehauen wird. Um genügendes Material zur Trockenlegung des Weges sowohl, wie für die Aufhöhung und Wölbung desselben in der Nähe zu gewinnen, werden Gräben nicht, wie dies bei Waldwegen häufig der Fall, unmittelbar zu beiden Seiten des Weges gezogen, da sie unschön und auch fUr das Befahren nicht ohne Gefahr sind, sondern je an den Aussenkanten jener 20 Meter breiten Pflanzungen. Da diese Gräben durch die Pflanzung gedeckt, vom W^ege aus nicht sichtbar sind, kann man sie, je nach dem Bodenbedarf beliebig breit und tief machen. Die wenigen Stellen, wo der Weg das Ackerland durchschneidet, erhalten zu beiden Seiten Rasenflächen von 20 Meter Breite, welche von dem Ackerland durch niedrige Weissdornhecken ge- trennt sind. Auf diesen Rasenflächen werden ebenfalls Standbäume in Gruppen aufgestellt. Die übrigen Wege einer Anlage, mögen es Fahr- oder Fusswege sein, haben zwar nicht die Bedeutung der Aufl'ahrt und Umfahrung, sind aber bedeutend genug, um ihrer Führung alle Aufmerksamkeit zu schenken, denn sie dienen hauptsächlich dazu, die zerstreuten Schönheiten zu sammeln, andere zu enthüllen und alle auf natürliche und ungezwungene Weise zu verbinden; sie müssen in dieser Hinsicht einen gleich zweckmässigen Zusammenhang haben, denn sie sind unsere unsichtbaren Führer. Die Menge und Richtung der Wege hängt von versclüedenen Umständen ab, und darf man dabei nie ausser Acht lassen, dass jeder Weg auch einen besonderen Zweck haben müsse. Die Anlage zu vieler Wege erscheint aus mehreren Gründen fehlerhaft, indem dadurch leicht eine labyrinthische Verwirrung verursacht und so die landschaft- liche Wirkung beeinträchtigt wird. Sie zerstückeln das Terrain und verkleinern es scheinbar; ausserdem erheischt die Herstellung und reinliche Unterhaltung der Wege bedeutende Kosten. Vor allem muss man bei der Anlage dahin streben, dass namentlich von den Hauptansichten so wenige Wege als möglich sichtbar werden, dass sie da, wo dies nicht zu vermeiden ist, die Flächen, über welche sie geführt werden, in möglichst zweckmässigen, gefalligen und malerischen Linien durchschneiden, schöne aber unge- zwungene Formen bilden und zur Charakterisirung der Anlage beitragen. Wege müssen auch bequem zu passiren sein, schroffe Steigungen und jäher Fall deshalb auch möglichst vermieden werden. Da ein Haupterforderniss der Wege Bequemlichkeit ist, so kann man sich bei Anlage von Fusswegen sehr wohl einer Treppe bedienen, 144 WEGE. wenn sie bequemer ist, als ein Weg ohne Stufen. Treppen sind stufenförmige Wege und ein Weg ohne Stufen ist so gut ein Kunsterzeugniss , als eine Treppe. Die letzteren dürfen aber nicht mühsam zu ersteigen, und dürfen auch nicht zu lang sein , sonst sind sie mühsamer zu ersteigen , als steile Wege ohne Stufen. Im Allgemeinen sollten die Wege so auseinandergehen, oder durch Bodenerhaben- heit oder Verpflanzung so vor einander verborgen werden , dass man nie mehr als einen W^ auf einmal sehe. Auf unebenem Boden können mithin die Wege zahlreicher sein als auf einer ebenen Fläche, und wo die Fläche von Baumgruppen vielfEich unterbrochen ist, können auch die Wege einander naher kommen, als wenn dieselbe ein offener Rasenplan ist Die Wahl der Bäume und Sträucher, welche man in der Nähe der Wege zu pflanzen gedenkt, ist, wie schon oben angedeutet, keineswegs gleichgültig, denn da man Gelegenheit hat, sie ganz in der Nähe zu sehen, so müssen sie so mannigfaltig als möglich sein, theils was die verschiedenen Farben ihres Laubes, ihrer Blüthen, ihrer Früchte, ihres Holzes, theils was die Abwechselung ihrer Höhe und Gestalt betrifft und wenn die Art der Bäume nicht besonders wichtig ist, kann man dieselben wenigstens in interessante Gruppen gestellt bieten. Durch die Berücksichtigung aller dieser Eigenschaften und Umstände lassen sich eine unzahlige Menge von Kombinationen und Kontrasten anbringen, wodurch ein Weg, mag er nun einen Namen und Zweck haben, welchen er wolle, mehr als ein einfacher üebergang von einem Ort zum andern wird, so dass er schon durch sich selbst und durch seine Umgebung Bedeutung erhält. Durch aufmerksame und geschmackvolle Benutzung aller gebotenen Vortheile, durch sorgfältiges Verbergen unschöner Stellen, sowie durch Veränderung solcher von gleicher Wirkung wird sich ohne grosse Unkosten die Aufgabe lösen lassen, den Promenirenden den Ge- nuss der Abwechselung, der Schönheit und auch der Belehrung zu bieten. Die Richtung der Wege, mögen sie nun gerade oder krumme sein, muss von der Lage der Gegenstände, zu denen sie fähren, und von der Beschaffenheit des Terrains abhängig sein, auf welchem sie geführt werden. Bei krummen Wegen darf keine Biegung vorkommen, die nicht durch die Disposition der Blumen, der Baum- und Strauchgruppen an ihrem Rande bedingt wäre. Bei geraden Wegen, welche unter Umständen oft sehr schön und durch keine andere Linie zu ersetzen sind, muss auch der Grund vor Augen liegen, weshalb sie eben gerade geführt sind. Der Grad der Krümmung hängt von der Breite des Weges ab; Fahrwege müssen deshalb eine geringere Krümmung erhalten, als Fusswege. Als Regel kajm man annehmen, dass nur eine Krümmung gesehen werden darf, namentlich wenn der W'eg durch Pflanzungen führt; wo eine zweite Krümmung nicht zu umgehen ist, muss sie länger oder kürzer sein als die erste, am allerwenigsten dürfen Krümmungen zwecklose Umwege sein. Die plötzliche Biegung eines Weges, wenn solche gerecht- fertigt ist, bewirkt oft eine malerische Wirkung, darf aber nie auf Kosten der WEGE. 145 Zweckmässigkeit stattfinden. Plötzliche Wendungen ohne genügende Motive sind anstössig, da sie den Begriflf vom Fortgange schwächen. Die Linie muss gekrümmt sein, darf sich aber nicht winden; eine vollkommene Schlangenlinie ist die un- natürlichste von allen. Die Weglinie sollte, wo es nicht durch die Nothwendigkeit geboten ist, nur so viel von ihrer geraden Richtimg abweichen, dass sich die äusserste Aussicht auf den Weg mit jedem Schritte ändert, hierdurch eine Ab- wechselung der Gregenstände veranlasst und das Ende des Weges nirgends erblickt wird. In einem bergigen oder hügeligen Terrain braucht man mehr Wege — weniger Fahr- als Reit- und Fusswege, weil erstere wegen des oft steilen Abfalls und plötzlicher, schroffer Wendungen und Biegungen zu Wagen nicht passirt werden können, — um die vielen schönen Aussichtspunkte, welche sich in einem solchen Terrain bieten, zugänglich zu machen. Hier werden die Wege aber auch weniger sichtbar, weil sie weder von oben noch von unten zu sehen, oder wo dies der Fall, durch Pflanzungen leicht zu verbergen sind. Auf dem Plan nehmen sich solche Wege gewöhnlich sehr sonderbar aus, während sie in der Natur ausgeführt tadel- los und nicht zu entbehren sind, zumal auch alles darauf ankommt, wie man eine Gegend oder einen Theil derselben zeigt oder benutzt. In öffentlichen Anlagen sind bei Fahrwegen plötzliche Biegungen unter allen Umständen zu vermeiden, weil sie hier leicht Unglück zur Folge haben können, indem man die Entg^enkommenden zu spät gewahrt. Aus ähnlichen Gründen ist es bei öffentlichen Anlagen geboten, besondere Reit-, Fahr- und Fusswege anzulegen. Die Motive für die Krümmungen eines Weges müssen immer vorhanden sein und offen in die Augen springen; wo sie nicht sind, müssen sie geschaffen werden. Wo kerne Hindemisse vorhanden sind, oder kein Grund vorhanden ist, dergleichen zu schaffen, führe man die Wege in langen, schlanken Linien. Zweckmässigkeit ist bei der Führung der Wege die Hauptsache; vorzüglich muss man sie bequem passir- bar machen. Eine bequeme Steigung ist einer zu starken Steigung stets vorzuziehen und wo es irgend thunlich ist, sollte man die letztere ganz vermeiden; es ist in diesem Falle besser, die Steigung durch eine verlängerte Weglinie zu umgehen. Trennen sich zwei Wege von einander, so ist es immer erwünschter, wenn ihre Abweichung in verschiedenen Richtungen, wie bei A angedeutet, stattfindet, als die Vermuthung einer Wiedervereinigung wie bei B zu veranlassen; auch Petzold, Landschaftsgärtnerei. 10 146 WEGE. müssen sie sich so bald als möglich von einander entfernen und nicht noch eine Strecke neben einander herlaufen. Die Trennung geschehe nie ohne sicht- lichen Grund. * Kreuzen sich zwei Wege, so sollte dies nicht in Form eines rechten Winkels, sondern in mehr schräger Richtung geschehen, und die Trennung erst nach einer kurzen Vereinigung wieder erfolgen. Wege ohne gegründete Ursache bald breiter bald schmäler werden zu lassen, ist nie statthaft; nur der Vereinigung oder Trennung zweier Wege muss eine ent- sprechende Erweiterung vorher gehen. Bäume dürfen in einem Wege nicht stehen bleiben und Zweige , welche von den nahen Pflanzungen oder Bäumen in den Weg hineinragen und die Fassage hindern, müssen mit Berücksichtigung der natürlichen Formen entfernt werden. Die Breite eines Weges hängt stets von der Bestimmung desselben ab. Fahrwege müssen so breit angelegt werden, dass zwei Wagen bequem einander ausweichen können, wozu eine Breite von 5 — 7 Meter vollständig genügt. Die Breite der AuflFahrt richtet sich nach der Grösse und Wichtigkeit des Herren- hauses. Fusswege sind so breit zu halten, dass mindestens drei Personen be- quem neben einander gehen können, dann wird es bei Promenaden grösserer Gesellschaften nie vorkommen, dass ein Mitglied derselben genöthigt wäre, allein zu gehen. Da die Unterhaltung der Wege immer eine sehr kostspielige Sache ist, so bleibt, wenn sie einmal angelegt werden, eine gute und solide Konstruktion der- selben das erste Erfordemiss. Ist der Boden nass, so muss die Trockenlegung desselben durch Drainage und dergleichen Mittel den übrigen Arbeiten vorangehen. Zuweilen kann dieser Zweck nur durch Führung offener Gräben erreicht werden, obwohl dieselben stets unangenehm ins Auge fallen. Wo sie nicht zu umgehen sind, sollten sie wenigstens in ungezwungenen Windungen, bald sichtbar, bald versteckt den Weg begleiten. Das technische Verfahren bei der Anlage von Wegen ist folgendes: Nachdem die Weglinie auf beiden Seiten bestimmt und genau mit P&hlen abgesteckt ist, wird zuerst die Kante einer Wegseite, welche später den Rasen aufnehmen soll, planirt; dies kann nach dem Augenmaass geschehen, wenn man die Arbeit selbst leitet und geschickte Arbeiter zur Seite hat, vorausgesetzt, dass das Terrain nicht allzugrosse Schwierigkeiten bietet. Hierdurch wird die Weglinie ungezwungener als durch Nivelliren. Nur auf ganz ebenem Terrain, wo man fürchten muss, dem Wasser nicht mit Sicherheit Abzug verschaffen zu können, oder auf sehr bewegtem Boden, auf dem das Auge sich sehr leicht täuscht, stellt man sich mit dem Nivellirinstrument einige Punkte fest. Ist die eine Rasen- kante auf diese Weise fix und fertig hergestellt, so bestimmt man mit der Grund- wage die korrespondirende Weglinie und verfährt auf gleiche Weise; dann erst WEGE. 147 erfolgt die Planade der Wegfläche selbst, sowie die Regulirung der Seitenflächen. Bei Fahrwegen bettet man mit einer 6 Zoll starken Lage von klar geschlagenen Feldsteinen; für Fusswege ist eine 3 Zoll starke Steinlage hinreichend, und sind hierzu Ziegelstücke, wo sie billiger zu haben sind, wohl genügend. Nachdem diese Steinlage gleichmässig aufgebracht ist, wird sie entweder festgestampft, oder mit einer von Menschen gezogenen Walze erst an den Seiten, zuletzt in der Mitte gewalzt und dann mit Kies überzogen, welcher jedoch bindende Theile enthalten sollte; ist dies nicht der Fall, wie besonders beim Wasserkies, so muss eine dünne Lage von Bauschutt oder klarem Lehm auf das Steinlager auj^ebracht und auf diese erst die vier Centimeter starke Kiesschicht gleichmässig ausgebreitet werden. Der auf diese Weise hergestellte Weg muss dann wiederum gewalzt und dies auch später noch öfters wiederholt werden. Die Basenkanten werden am besten einen Fuss breit mit abgeschälten Rasenstücken belegt, welche, nachdem sie gleichfiBdls festgestampft sind, an der inneren Wegseite mit dem Kantenstecher scharf abgeschnitten werden. Dadurch erhält der Weg sogleich ein fertiges und sauberes Ansehen, weil sich die Weg- linie scharf und deutlich zeichnet, besonders dann, wenn die abgeschnittenen Rasenkanten zwei Zoll höher liegen als der Weg, dem sie zur Einfassung dienen. Nach der Mitte hin muss der Weg immer etwas gewölbt sein. Die Höhe dieser Wölbung richtet sich nach der Breite und Frequenz des Weges, und muss dieselbe der Wegfläche gegeben werden, noch ehe das Steinmaterial auf- gebracht wird, um mit diesem zu sparen. Bei Fahrwegen von 5 — 7 Meter Breite genügt eine Wölbung von 20—25 Centimetern vollkommen, bei Fusswegen von 2—3 Meter Breite ist eine Höhe der Wölbung von 8 — 10 Centimetern hin- reichend. Zu stark gewölbte Wege sind für die Passage nicht angenehm. Die übrigen Rasenflächen in der Nähe der Wege können dann nach Belieben entweder gleichfalls mit Rasenstücken belegt, oder mit einer passenden Grasmischung an- gesät werden. Die so konstruirten Wege sind, wenn man für Ableitung des Wassers vorher gehörig Sorge getragen, fest und dauerhaft und trocknen schnell ab. Bei an- haltend nasser Witterung und starker Passage wird ein öfteres Abziehen des Schlammes, und je nach Umständen in ein oder zwei Jahren ein neuer Kiesüber- zug nöthig. Auf diesen Wegen findet sich sehr selten Unkraut; wo dies der Fall ist, muss es mit dem Jätemesser ausgerottet werden. Wird eine Erneuerung nothwendig, so muss das ganze zu reparirende Stück aufeehauen und die Wölbung, wie oben angegeben, mit Benutzung des alten und Ergänzung des fehlenden Materials wiederhergestellt werden. Zum Reinhalten dieser Wege bedient man sich des Besens und zu ihrer Befestigung der Walze; die Behandlung mit dem Rechen ist nicht zu empfehlen, weil beim Gebrauch desselben oft Steine gelockert oder ausgerissen werden und so Unebenheiten in der Wegfläche entstehen. Ordnung 10* 148 WEGE. und Sauberkeit, welche in einem Garten nie vermisst werden dürfen, gereichen vorzugsweise den Wegen zur Zierde. Wo Wege auf abschüssigem Terrain geführt sind, wird es nöthig, das Regen- wasser in Rinnen, welche aus Feldsteinen oder einem anderen, nicht unangenehm auffallenden Material an den Seiten des Weges ausgeführt sind, abzuleiten, weil durch dasselbe der Weg durch Auswaschen des Kiesüberzuges sowohl an Ansehen als an Dauer verlieren würde. Diese Abzugsrinnen können auch in der Weise hergestellt werden, dass die rinnenartigen Vertiefungen an den Wegseiten in Kies ausgeführt und von einem Arbeiter mit Cement ausg^ossen werden, der dann von einem zweiten Arbeiter mittelst einer in die Rinne passenden Walze sofort geglättet wird. Das so* gesammelte Wasser ist auf möglichst wenig sichtbare Weise abzuleiten. Mit der Benutzung neu chaussirter Wege zu warten, bis sie sich durch den Einfluss der Zeit und Witterung gefestigt haben , bedeutet einen Fehlgriff; es ist im Gegentheil besser, dieselben sofort nach der Vollendung zu befahren, nur mit der Vorsicht, dass dasselbe Geleis nicht wieder benutzt wird; besonders sind Räder mit breiten Felgen geeignet, die Wegbahn durch öfteres Befahren bald fest und dauerhaft zu machen. Endlich ist die Farbe des Materials, womit die Wege überzogen werden, nicht gleichgültig. Ganz weisser Sand, Steinkohlenasche, welche man in Er- mangelung besseren Materials an manchen Orten verwendet, sind zu grell; gemahlene rothe Backsteine beleidigen vollends das Auge und werden noch auf andere Weise lästig. Das schönste Material ist ein braungelber Kies mit einem matten Zug in Roth, der zum Grün des Rasens und der Pflanzungen sehr gut steht Wenigstens sollten die Wege des Blumengartens und Pleasure- grounds mit diesem Material ausgestattet sein und mit der grössten Sorgfalt be- handelt werden. Zu entfernteren, weniger besuchten Partien des Parks können auch Lehm- oder Kies -Chausseen, auch Rasenwege angelegt werden. Die ersteren werden einfach so konstruirt, dass man auf das fertige Wegplanum statt der Steinlage bei sandigem Untergrunde eine entsprechende Schicht Lehm, bei lehmigem Unter- grunde eine Schicht scharfen, groben Kies aufträgt. Nachdem die Lehmschicht im ersteren Falle noch mit einer Kiesschicht überzogen ist, lässt man die Walze darüber gehen. Diese Wege sind in der guten Jahreszeit und bei trockenem Wetter, auf welches der Parkbesuch doch vorzugsweise berechnet ist, fest und gut zu befahren; im Spätherbst und Winter, überhaupt bei nasser Witterung, bedürfen sie, besonders die Lehm-Chausseen, der Schonung. Die einfachste Anlage der Rasenwege besteht darin, dass, nachdem dem Grund- und Regenwasser Abzug verschafft und die Wegfläche geebnet und gehörig gewölbt ist, diese gleich den umgebenden Wiesen mit Grassamen überstreut wird. WEOE. 149 Am besten, aber auch am kostspieligsten, stellt man die Rasenwege in der Weise her, dass man ihnen eine 15 Centimeter starke Steinunterlage giebt und diese dann mit Basenstücken belegt, me dies in England geschieht. Ein&cher ist die Ausbreitung einer Schicht lehmiger Erde auf das Wegplanum und das Ansäen derselben mit feinen, aber dauernden Gräsern, besonders solchen mit kriechenden Wurzehi. Auch bei diesen W^en sind die Wegkanten zu erhöhen und scharf abzu- stechen, damit sich die Weglinie deutlich zeichnet. Diese Rasenwege fahren sich sehr gut und sind als Reitwege die besten. M. XIII. Pflanzungen. Mit vierzehn Ansichten. Für die Schönheit einer Landschaft ist die Vegetation ein wesentliches Be- dürfoiss. Die Pflanzenwelt ist im Gegensatz zur Thierwelt der bleibende Träger in der Natur; wo sie fehlt, ist die Gegend starr und todt. Die schönsten Felsen- und Gletscherformen in den Regionen des ewigen Schnees, scheinbar belebt durch das Wasser, welches die Macht der Sonne jenen Eismassen abgerungen und das seinen Weg in die Tiefe sucht, die kahlen Schnee- und Eisfelder der arktischen Zone, die trostlosen Wüsten jenseit des Atlas, das unendliche Meer vermögen durch die Grossartigkeit ihrer Erscheinung eine kurze Zeit zu fesseln, erfüllen uns aber bald mit Ermüdung, Bangigkeit und Grausen. Mit einem Freudenschrei begrüsst der Wüstenreisende die erste Palmenkrone der nahen Oase, welche am Horizont auftaucht, ein Zeuge der Menschennähe und ihm Schutz verheissend vor dem furchtbaren Tode des Verschmachtens. Die Freude des gebildeten Menschen an der Natur beruht fast ausschliesslich auf den Erscheinungen, welche ihm die Pflanzenwelt unter dem Einflüsse der Jahreszeiten und der Naturkräfte darbietet. Die Frühjahrsauferstehung findet ihren Ausdruck im Entfidten der Laubkuospen, im Sprossen der Gräser; erst wenn sie die Erde mit dem grünen Kleide schmücken, werden die Sänger des Frühlings laut; und im Herbst ist es gleichfalls die Welt der Pflanzen, durch welche uns der Winter sein Nahen verkündet; das freudige lebensvolle Grün des Laubes vergilbt, noch einmal zeigt uns die Natur ihre ganze Schönheit im farbenreichen Herbstkleide, ehe die Stürme die stolzen Kronen der Bäume entlauben und das Leben der Pflanze sich vor der erstarrenden Winter- kälte in die geschützten Wurzeln zurückzieht. Die Pflanzenwelt ist aber nicht allein der Träger des Lebens, sondern auch der Erhalter des thierischen Bestehens, und der Gedanke hieran ist es wohl vorzüglich, was, wenn auch unbewusst, unser Gemüth so freudig bewegt, sobald PFLANZUNGEN. 151 wir nach langem Entbehren die erste Pflanze begrüssen. Für den Gärtner aber ist die Pflanzenwelt von ganz besonderer Wichtigkeit, weil sie einen Reichthum und eine Schönheit der Formen besitzt, wie kein anderes Material, welches ihm zu Gebote steht, und weil sie das einzige Material bietet, welches er völlig in seiner Gewalt hat; Felsen, Wasser, Berge und Hügel kann er benutzen, wo er sie findet, das Wasser kann er sogar in der Form verändern, die V^etation einer Gegend kann er aber beliebig in ihrer Form verändern oder ganz verschwinden lassen, wo sie ihm unpassend erscheint, er kann sie schaffen in der Form, in welcher sie seinen Zwecken am besten dient, da, wo diese Form mangelt. Die Vegetation wird vom Landschaftsgärtner sowohl in grossen Pflanzen- massen benutzt, als auch in einzelnen Exemplaren. Bei der ersten Art der An- wendung ist die Schönheit der Form Nebensache, es kommt höchstens die Grösse der verwendeten Pflanzen in Betracht, und danach unterscheidet der Gärtner Wiesen und Rasenflächen, in denen nur krautartige Pflanzen und zwar fast aus- schliesslich die Gräser benutzt sind, Blumenpflanzungen, zu denen Kräuter und Stauden verwendet werden, welche sich durch Grösse und Schönheit der Blüthen auszeichnen, endlich Strauch- und Baumpflanzungen. Bei der landschaftlichen Benutzung einzelner Pflanzenexemplare ist die Schönheit der Form wesentlich, und der Landschaftsgärtner muss in der Kenntniss derselben völlig Herr seines Materials sein. In der Praxis des Landschaftsgärtners kommen zwei Fälle vor, in denen er auf die Vegetation einzuwirken hat: 1) er findet eine mangelhafte Vegetation vor und muss die Pflanzungen erst schaffen, oder 2) die Natur bietet ihm eine Fülle von Vegetation, welche er nur künst- lerisch umzugestalten braucht, um eine ideale Landschaft herzustellen. Im ersten Falle wirkt der Landschaftsgärtner durch den Gebrauch des Spatens, im zweiten durch die Benutzung der Axt. Beide Werkzeuge wollen mit gleichem Verständniss geführt sein, und es ist schwer zu beurtheilen, welches von ihnen in seiner Anwendung wichtiger ist Wir beginnen mit dem Schaffen neuer Pflanzungen, nachdem wir einen kurzen Rückblick geworfen haben auf die historische Entwickelung der verschiede- nen Pflanzmethoden. Plinius spricht zuerst von der in den römischen Gärten angewendeten Methode der Baumpflanzung. Zu seiner Zeit wurden die Bäume in regelmässigen, geraden Reihen in gleichen Entfernungen angepflanzt. Diese Reihen wurden später verdoppelt und zwischen ihnen schattige Wege geführt; bald fügte man noch fernere Baumreihen hinzu und erhielt so eine Pflanzung, aus lauter parallelen Linien bestehend. Die erste Veränderung dieser regelmässigen Form der Pflanzung ist die Dreipflanzung, das Quincunx (nach der Gestalt der römischen Fünf: ®o®)- Di© 152 PFLANZUNGEN. Stellung der Bäume wechselte bei dieser Art der Pflanzung in der Weise, dass ein Baum der zweiten, vierten, sechsten Beihe u. s. w. immer den Mittelpunkt eines Vierecks bezeichnete, gebildet durch je zwei Bäume der ersten und dritten, der dritten und fünften Reihe u. s. w. Durch diese Art der Pflanzungen blieben • die Baumreihen zwar parallel, wurden aber scheinbar verviel<igt Zu Anfange des vorigen Jahrhunderts entstand die Mode, in schon vor- handene Waldungen geradlinige Gassen zu hauen, die, sternförmig sich kreuzend, den Wald durchschnitten und Durchsichten gestatteten; sie dienten zugleich zur leichteren Ausübung der Jagd. Nützlich wurden diese Waldgassen (Schneusen) dadurch, dass sie die Zirkulation der Luft in waldigen Gegenden beforderten. Der Anwendung der geraden Linie überdrüssig, schritt man zur Anwendung der Zirkelform, wagte aber immer noch nicht, sich von symmetrischen Regeln frei zu machen und behielt die gleiche Entfernung der Bäume bei. Die Schlangenalleen datiren von jener Zeit her. Bald genügte auch diese Pflanzungsform nicht mehr, man wagte die regel- mässigen Reihen zu durchbrechen und pflanzte die Bäume in Klumps oder Pelotons (wie sie auf alten Gartenplänen genannt sind). Diese waren bald viereckig, bald rund und begleiteten die Strassenalleen, die Aussichten durch ihre Zwischenräume bietend und unansehnliche Gegenden dem Blicke entziehend. Gegen Ende des siebzehnten und im Beginn des vorigen Jahrhunderts brach sich zuerst die Ansicht Bahn, dass die Natur unser Vorbild sein müsse bei der Anlage von Pflanzungen. Kent, später Brown waren es, welche diese Idee in England zur Geltung brachten; des Letzteren Schüler und Anhänger aber missverstanden ihn völlig: sie bedienten sich der von ihm angewendeten Mittel ohne Verständniss und ohne eine Ahnung des Ideals, welches diesem grossen Meister der Gartenkunst vorschwebte. Sie sahen, dass er die gekrümmten Linien den geraden vorzog, und es entstand der Kultus der krummen Linie, wobei von der Voraussetzung ausgegangen wurde, dass die Natur die gerade Linie verabscheue, unglücklicherweise tauchten zu jener Zeit Hogarth's Ideen einer imaginären Schönheitslinie auf, diese glaubte man in der schlangenformigen oder Wellenlinie gefunden zu haben und nahm sie für die Praxis an. Die gerade Linie wurde völlig verbannt, die Wege nur in Kreisbogen und zwecklosen Krümmungen ihrem Ziele zugeführt, die Pflanzungen zogen sich in endlosen Biegungen an den Wegen hin. Brown hatte die Saumpflanzung (belt) und den Umfahrungsweg (drive) eingeführt; die erstere führte ungezwungen an den Grenzen der Anlage hin, sie dem Blick möglichst entziehend; der letztere begleitete dieselbe und führte zu den verschiedenen Aussichts- und Ansichtspunkten der Anlage, durch den bestän- digen Wechsel des Vordergrundes immer neue Bilder zeigend. PFLANZUNGEN. 153 Beide wurden von seinen Anhängern vielfach falsch aufgefasst. Die Saum- pflanzung wurde in Wirklichkeit ein schmaler Saum, der weder dem Zweck der Verdeckung der Grenzen genügend entsprach, noch den inneren Anlagen zum Schutz diente. Bei der Führung des Um&hrungsweges war die Länge desselben der Maasstab für seine Vorzüglichkeit und man erlangte auf solche Weise sicher, was man durch die Verbannung der geraden Linie vermeiden wolltö, den Eindruck der Ermüdung und Langweile. Allgemeine Segeln für neu zu schaffende Pflanzungen. Bei der Anlage einer Pflanzung stellt sich dem Landschaftsgärtner die grosse Schwierigkeit entgegen, dass er den beabsichtigten Efiekt erst auf die Zukunft berechnen kann; er muss daher mit ganz besonderer Sorgfalt den Plan seiner Anlage durchdenken, um des Erfolges gewiss zu sein. Keine Anlage ist aber auch eine dankbarere als die gedeihende Pflanzung. Die Freude des Schafiiens wiederholt sich in jedem Jahre, das die Schöpfung dem beabsichtigten Erfolge mn einen Schritt näher fuhrt. Jeder andere bildende Künstler schliesst mit seinem Kunstwerke ab, sobald dasselbe vollendet ist; sein Interesse dafür erkaltet ällmälig. Das Werk des Gartenkünstlers ist vollendet und doch nicht fertig, er hat ihm nur Ort und Form angewiesen, aber die unendliche Schöpfer- kraft der Natur hat sein Werk in die Hand genommen, sie entwickelt es gleich einem lebenden Wesen zu immer höherer Schönheit und Vollkommenheit, bis seine Wirkung zur Geltung gekommen ist und die Thätigkeit des Künstlers nöthig wird zur Erhaltung und Verjüngung seiner Schöpfung. Je nach Maassgabe der Bestandtheile, der Stellung und Verbindung der Pflanzungen, sowie nach Maassgabe des zu erreichenden Zweckes, haben wir die verschiedensten Arten von Pflanzungen. Wir unterscheiden Baum-, Strauch-, gemischte Pflanzungen, symmetrische und unregelmässige, geschlossene und ungeschlossene. Die symmetrischen Pflanzungen werden vorzugsweise in Gärten nach dem alten französischen Styl, überhaupt in jeder Anlage angewendet, wo die Hand der Kunst nicht missverstanden werden soll; ihre Anordnung richtet sich streng nach geometrischen Regeln. Die unsymmetrischen oder unregelmässigen Pflanzungen sind Produkte des modernen englischen Gartenstyles ; ihr Zweck ist der, das Eingreifen der Kunst geflissentlich zu verbergen. Geschlossene Pflanzungen bestehen aus vielen Bäumen und Sträuchern derselben oder auch verschiedener Art und können auch nur Baum- oder nur Strauchpflanzungen sein; die sie bildenden Bäume und Sträucher stehen aber so nahe an einander, dass sie in ihrer Vereinigung ein abgeschlossenes Ganzes bilden. Je nach ihren verschiedenen Zwecken heissen sieSchutz- oder Schirmpflanzungen, 154 PFLANZUNGEN. wenn sie vor Zug und Stürmen schützen, Deckpflanzungen, wo sie die Grenzen der Anlage oder unsdiöne Gegenstände und Aussichten verbergen sollen; Saum- oder Gürtelpflanzungen haben theils gleichen Zweck mit den Deckpflauzungen, theils dienen sie zur Bezeichnung der Grenzen, also als Umfriedigung; Klumps sind interimistische Pflanzungen, um später schöne Gruppen unter Anwendung der Axt aus ihnen "ZU bilden. Ungeschlossene Pflanzungen bestehen theils aus einzelnen Bäumen, theils aus Baum- und Strauchgruppen, die, durch kleinere oder grössere Zwischenräume getrennt, je ein selbständiges Ganzes bilden, aber in ihrer Vereinigung betrachtet, mit und zu einander in harmonischer Verbindung und Beziehung stehen. Ihre Form und Stellung muss die grösste Mannigfaltigkeit zeigen, sie bilden die Uebergänge im Landschaftsbilde, vermitteln Massenpflanzungen mit einander und unterbrechen grössere Rasenflächen, überall Abwechselung verbreitend. Feste Regeln für irgend ein System der Anpflanzung aufstellen zu wollen, ist unmöglich. Erstens lässt sich die Natur nicht so genau vorher berechnen, dann aber sind die lokalen Bedingungen so verschiedener Art, dass es unmöglich ist, alle vorkommenden Fälle zu berücksichtigen; oft bringt auch der Zufall die überraschendsten Wirkungen hervor. Jeder denkende Künstler wird die ihm gebotenen Vortheile herauszufinden und zu benutzen, die sich ihm entgegenstellenden Schwierigkeiten zu umgehen oder zu überwinden wissen. Der empirische Gärtner wird seine Pflanzlöcher in gleicher Entfernung, meist in geraden Linien anbringen, wie es beim Gemüsebau übUch ist; er wird sorgfältig vermeiden, zwei oder drei Bäume derselben Gattung neben einander zu pflanzen. Ihm ist nicht begreiflich zu machen, dass solche reihenweise gepflanzte Bäume sich nie gruppiren können, dass drei sich nahe stehende Bäume nie in eine gerade Linie gebracht werden dürfen. Er wird, um bald einen Erfolg seines Schaffens zu sehen, rasch wachsenden Bäumen den Vorzug vor den langsam wachsenden geben, die fast ohne Ausnahme von ungleich höherem landschaftUchen Werthe sind als jene; er wird sich überhaupt so viele unbewusste Verirrungen zu Schulden kommen lassen, dass es nöthig ist, wenigstens diejenigen allgemeinen Regeln, welche unter allen Umständen befolgt werden müssen, hervorzuheben und auf manche Nachtheile aufinerksam zu machen, welche aus ihrer Nicht- befolgung entstehen. Wir haben es hier ausschliessUch mit unsymmetrischen Pflanzungen zu thun und beginnen mit den geschlossenen Pflanzungen. Die geschlossenen Pflanzungen sind Nachbildungen der Wälder. Wir haben zunächst solche Waldungen, in denen meilenweite Flächen von einer und derselben Holzart bestanden sind. Es sind aber nur wenige Baumarten, welche in dieser Weise auftreten; in unserem Klima rechnen wir dazu die Kiefer, die Fichte, die Tanne und die Buche. Auch die Eiche bildet Hochwaldbestände, PFLANZUNGEN. 155 gedeiht aber nur dann üppig, wenn ihr Fuss durch Unterholz geschützt ist, welches in ihrem leichten Schatten sehr gut fortkommt, indem sowohl die grosse Ausbreitung als der geringe Schluss der Krone dem Lichte genügenden Durch- gang gestatten. Hainbuchen, Erlen, Aspen, Silberpappeln, Ahorn, Ulmen, Eschen, Linden kommen bei uns in ausgedehnten, reinen Beständen nicht vor, wohl aber gemischt und in kleinerer Ausdehnung.* ^ In gemischten Hochwaldungen finden wir zusammenlebend: Eichen mit Buchen; Buchen mit Eichen; den Ahorn, die Eiche, die wilde Kirsche (Vogelkirsche), die Hainbuche, die Fichte, Tanne, Lärche und die Kiefer. Dann wiederum: die Fichte, Tanne, Buche; die Fichte, Tanne, Lärche; die Kiefer mit fast allen Laubhölzern, selten aber mit Fichte und Tanne; die Kiefer, Birke, Sohlweide und Aspe (auch auf schlechtem Boden); seltener die Kiefer mit der Erle; Kiefer, Birke, Koth- und Hainbuche; Birke und Erle; Linde, Birke, Silberpappel, Weide und Aspe; Eiche mit Hainbuche, Esche, Uhne, Ahorn, Birke, Linde; endlich Aspe, Sohlweide, Haselnuss und die höher wachsenden Straucharten. Für das gesellige Zusammenleben der Sträucher hat sich keine bestimmte Regel auffinden lassen; die Natur scheint bei ihrer Vertheilung ganz willkürlich verfahren zu sein und nur auf den passenden Boden Bücksicht genommen zu haben. Die Vermischung der Bäume im Waldbestande findet theils gleichmässig statt, theils truppweise (hörst weise), letzteres namentlich bei wechselnden Boden- arten, wo die Mischung der Bäume nicht aus so vielen Holzarten besteht, wie auf gutem, gleichmässigem Boden; und die Erfahrung hat gelehrt, dass gemischte Forstbestände freudiger gedeihen und schneller heranwachsen als solche, die nur aus einer Baumart bestehen. Wo die truppweise Vertheilung der Gehölze vor- kommt, findet die Abgrenzung selten oder doch nie schroff statt, sondern die einzelnen Baumarten gehen allmählig in einander über. Die Natur tritt hier wieder in ihren Kompositionen als unsere Lehrmeisterin auf; sie zeigt uns nicht allein, welche Baumarten in ihrer Vermischung am besten gedeihen, sondern die Er&hrung lehrt, dass ihre Zusammenstellungen auch in der Regel von schöner Wirkung in der Landschaft sind, besonders in unseren modernen Landschaftsgärten, in denen es unser Bestreben ist, die Begriffe schön und natürlich mit einander zu verschmelzen. Wir dürfen uns deshalb nicht streng an die Vorschriften der Natur binden; wir dehnen unsere Pflanzungen ein- mal nie bis zur Grösse eines Forstes aus, dann aber geht bei unserem Schaffen dem Pflanzen eine so sorg<ige Behandlung des Bodens durch Rigolen u. s. w. vorher und unsere Pflanzungen beanspruchen auch später eine so fortdauernde Ueberwachung, dass wir wohl wagen können und es sogar geboten ist, noch grössere Mannigfsdtigkeit in der Zusammenstellung zu erstreben, als sie die Natur bietet, * Vgl. Cotta's „Waldbau" und Härtig'b „Lehrbuch für Förster**. 156 PFLANZUNGEN. die zwar in den Abwechselungen, die sie uns zeigt, stets schön ist, aber in ihrer Wirksamkeit von ganz anderen Beweggründen geleitet wird, als wir bei unserer Thätigkeit. Wir dürfen nicht vergessen, dass es unsere Aufgabe war, Schönheiten, die die Natur auf meilenweite Distrikte vertheilt, auf einem oft geringen Raum zu vereinigen. Bei der Ausfährung einer Pflanzung beginnt man mit dem Abstecken des Grundrisses der zu bepflanzenden Fläche. Dieser Arbeit folgt das Rigolen und Planiren. Da die Pflanzung aber in der Landschaft weniger durch eine schöne Form des Grundrisses, als durch ein schönes Profil wirkt, so ist es nöthig, dies schon bei der Anlage derselben zu berücksichtigen, und sowohl die Punkte^ der Pflanzung, wo diese die bedeutendste Höhe erreichen soll, als auch diejenigen Stellen, wo man eine besonders helle oder dunkele Färbung vorherrschen lassen will, zu markiren, indem man dahin besonders grosse und üppige Exemplare derjenigen Baumarten pflanzt , auf welche man für die Zukunft den Effekt berech- net hat Diese ausgesuchten Baumexemplare sind also zuerst an den für sie geeigneten Punkten zu pflanzen, sie geben in ihrer Aufstellung gleichsam das Skelet der künftigen Pflanzung. Zwischen ihnen vertheilt man dann in bunter Mischung die kleineren Exemplare, welche später den Körper der Pflanzung bilden sollen: Eichen, Roth- und Hainbuchen, Ahorn, Linden, Weiden, Pappeln, Birken, hier und da durchsetzt mit Lärchen, Kiefern, Fichten und Sträuchern, wie Hartriegel, Liguster, Weissdorn, Haselnuss und was man zur Füllung der Pflanzung gerade besitzt. Jetzt kann man das Werk der Natur zur Weiterbildung überlassen; beim Heranwachsen kommen dann oft unerwartete Schönheiten zum Vorschein, auf welche man gar nicht gerechnet hatte, während etwa sich zeigende Disharmonien leicht beseitigt werden können. Was die Wahl der Baumarten anlangt, so muss man zwar in möglichst grosser Auswahl, aber nur solche Arten pflanzen, welche sowohl den zu Gebote stehenden Boden, als auch den Schluss vertragen. Hinsichtlich der Quantität ist es rathsam, nicht zu sparsam zu verfahren. Fünf Pflanzen auf den Quadratmeter sind durchaus nicht zu viel; wo kein Mangel an Material ist, kann man sogar das Doppelte rechnen. Durch dies dichte Pflanzen wird das Gedeihen der jungen Anlage imgemein befördert, die Pflanzen gewähren sich gegenseitig Schutz vor den Winden, die bald dichter werdende Laubbekleidung schützt zugleich den Boden vor dem nachtheiligen unmittelbaren Einfluss der Sonnenstrahlen und die Pflanzung beginnt rasch zur Geltung zu kommen. Die so behandelte Pflanzung bekommt, besonders wo grössere Exemplare unter sie vertheilt sind, sehr bald Schluss, und kann, da der Boden rigolt wurde, wodurch die Pflanzen eine treffliche Bewurzelupg erhalten, dann für längere Zeit gleich einer Baumschule benutzt werden, indem viele Pflanzen, welche bisher nur zur Ausfiillung dienten, nach und nach überflüssig werden und zu weiterer PFLANZUNGEN. 157 VerwenduDg herausgenommen werden können, namentlich die dazwischengeworfenen Straucher, wie Comus, Ligustrum, Berberis u. s. w. Die stehenbleibenden gehen dann, von den benachbarten Bäumen unterdrückt, im Schatten ein, oder können ausgehauen und zu Fassreifen, Brennholz oder auf irgend welche sonstige Weise benutzt werden. Es wurde bereits das Anpflanzen von nur schnell wachsenden Baum- und Straucharten tadelnd erwähnt, weil diese kein hohes Alter erreichen und sich auch in der Regel weniger malerisch entfalten als die langsam wachsenden; hier aber sind sie, gemischt mit letzteren, ganz an ihrer Stelle, indem sie nicht nur den jungen Pflanzungen bald Schutz gewähren, sondern auch dem Ganzen ein voUkommenes Ansehen verleihen. Sie bedürfen jedoch einer besonderen Aufmerk- samkeit, damit sie die besseren, aber langsam wachsenden Gehölze nicht unterdrücken, und müssen zum grössten Theile entfernt werden, sobald diese sich genügend gekräftigt haben, um demjenigen Bäumen, welche später dominiren sollen, Platz zu machen. Es gilt als Regel, bei der Aufetellung und Vertheilung der Gehölzarten die hochwachsenden nach der Mitte hin, oder bei Deckpflanzungen nach der hinteren Seite, die kleineren dagegen nach vorn zu pflanzen; jedoch darf der Pflanzer durchaus nicht zu peinlich in Befolgung derselben sein, da mit zu grosser Genauigkeit in dieser Weise behandelte Pflanzungen leicht ein steifes, koulissen- artiges Ansehen erhalten. Ein oder mehrere kühn aus dem Saum der Pflanzung hervortretende Bäume sind oft von sehr guter Wirkung, da sie derselben ein ungezwungenes, natürliches Ansehen geben. Ebenso pflegt man dunkellaubigen Bäumen ihren Platz im Hintergrund oder im Kern der Pflanzung anzuweisen und die niedrigeren, heller belaubten an den vorderen Saum zu bringen, weil sich letztere auf dem dunkleren Grunde weit besser auszeichnen, als mngekehrt, auch auf diese Weise ein Uebergang zum hellen Grün ties Rasens bewirkt wird. Auch in der Farbenvertheilung braucht man sich nicht streng an diese Regel zu binden und erzielt oft durch Ausnahmen von derselben schöne Eff'ekte. Baum- und Straucharten mit farbigem Holz fallen im Winter angenehm ins Auge und werden am passendsten, und zwar in grösseren Massen, am Rande der Pflanzimg angebracht, wenn sie sich auszeichnen sollen. Besonders schön sind in dieser Beziehung Zusammenstellungen von Hartriegelarten (Comi« alba und C. sibirica) mit der Goldweide, oder mit Schwarzdoru und Immergrün. Bäume und Sträucher mit zierenden Früchten (Sorbus, Crataegus, Berberis) vertheilt man aus gleichem Grunde gern, bald einzeln, bald gruppenweise an die Pflanzungssäume. Die hier angegebene Pflanzmethode bezieht sich auf die Pflanzungen im Grossen, also Massenpflanzungen. Bei kleineren Pflanzungen, namentlich Saum- pflanzungen der Blumengärten und des Pleasuregrounds, findet sie keine specielle 158 PFLANZUNGEN. Anwendung. In diesen abgeschlossenen ITieilen der Anlage verwenden wir auch die Pflanzen anderer Erdtheile, da dieselben sich uns in weit geschmückterem Gewände zeigen sollen, als die Pflanzungen des einfach und natürlich erscheinenden Parks. Hier sind Bäume und Sträucher mit zierenden Blüthen, perennirende und einjährige Blumen in grösster Mannigfaltigkeit zu verwenden und die Farben- zusammenstellung mit dem feinsten Yerständniss ihrer Harmonie auszuführen, nicht allein in Bezug auf die Farbe der Blüthen, sondern auch auf die des Laubes der verwendeten Gehölze. Diese Pflanzungen müssen die grösste und angenehmste Abwechselung nicht allein in Farbe und Gestalt, sondern auch in der Au&tellung zeigen. Die Strauch- partien können am Saume passend mit perennirenden, schön blühenden Stauden- pflanzen durchpflanzt und ganze Vorsprünge von Blumenpflanzungen angebracht sein, doch hüte man sich unregelmässige Pflanzungsränder mit Sträuchem der- selben Art oder mit Blumen -Einfasssungen regelmässig zu umgeben. Dies ist, weil widersinnig, zu verwerfen. Schöne Gruppen von Blattpflanzen, auch Auf- stellungen tropischer Gewächse für den Sommer können die Ausschmückung des Ganzen vollenden; überhaupt darf Nichts gespart werden, um den Blumengarten zum Glanzpunkte der Anlage zu machen ; wobei freilich nicht zu vergessen ist, dass vom Reich thum der Dekoration zur Ueberladung nur ein Schritt ist, und dass, wo der Geschmack in der Anordnung vermisst wird, der grösste Aufwand in der Farbenpracht und Schönheit der Pflanzen diesen Mangel nicht zu ersetzen vermag. Auch der Kontraste in der Zusammenstellung kann man sich bedienen, um die Effekte dieser besonders gepflegten Partien zu erhöhen. Durch Kontrast wirken Gruppirungen von grossblättrigen mit fein-, klein- oder fiederblättrigen, von rundkronigen und pyramidenförmigen Sträuchem und Bäumen, ebenso dunkellaubige Gruppen, z. B. Taxus, gegen heilaubige oder gegen den lichtgrünen Rasen. Pyramidenförmige Bäume oder Sträucher stellt man nicht gern vereinzelt, sondern in Gruppen von einigen Exemplaren, am besten von ver- schiedener Grösse, weil sie sonst zu dünn erscheinen und störend wirken; auch ihrer massenweisen Aufstellung bedient man sich oft mit Erfolg, aber dann muss der Uebergang zu den horizontalen Linien der Umgebung passend vermittelt werden, damit das Auge nicht beleidigt wird. Durch zu häufige Anwendung derselben wird ihre Wirkung sehr geschwächt. Das Pflanzen und Erhalten der Nadelhölzer ist mit grösseren Schwierigkeiten verbunden, als das der Laubhölzer. Einmal gruppiren sie sich weniger gut als diese, weil weitaus die meisten in Form und Farbe grosse Aehnlichkeit mit ein- ander haben; dann vertragen sie nicht den Schluss, sondern verlieren leicht Aeste, die sich nicht wieder ergänzen, und da die Schönheit der meisten Nadelhölzer auf ihrem symmetrischen Bau beruht, wird dieselbe durch solche Verluste bedeu- tend beeinträchtigt. Bei verständiger Benutzung der Verschiedenheiten, die unsere f PFIiANZUNOEN. 159 heimischen wie die eingebürgerten Nadelbäume und Sträucher zeigen, kann man indessen recht artige Effekte erzielen. Man kann die zu erzielende Abwechselung erhöhen, indem man Exemplare von verschiedener Grösse und Nadelbäume mit Nadelsträuchem vermischt anwendet; besonders hat man darauf zu sehen, dass die Pflanzungen sich nicht zu sehr dem W^e nähern und ein Beschneiden der Zweige nöthig wird, welches den ganzen Baum verunstaltet. Aus demselben Grunde dürfen sich die Bäume nicht gegenseitig im Wege stehen, sondern müssen Raum behalten, sich auszubreiten, da ein Haupterforderniss für die Schönheit eines konischen Nadelbaumes ist, dass er vom Boden aus bezweigt und der Stamm nicht sichtbar ist. Zu beachten ist noch, dass Nadelholz keinen Basen aufkommen lässt w^en seines tiefen Schattens und der Uudurchdringlichkeit seiner Bezwei- gung für Thau und gelinden Begen. Durch unsere heimischen Weiss- und Roth- tannen, die gemeine und die Weymouthskiefer, die Schwarzkiefer und Lärche oder Sumpfcypresse {Taxodium didichum\ durch die amerikanischen Kiefern, die kana- dische Hemlockstanne, endlich durch die Taxus- und Lebensbäume, und durch die Wachholderarten können ganz ansprechende ZusammensteUungen erzielt werden. Am besten aber gedeihen Nadelhölzer, wie wir schon bei Erwähnung der gemischten Waldbestände sahen, mit Laubholz vereint, weshalb es zweckmässig ist, auch solche Pflanzungen, die später nur aus Nadelholz gebildet werden sollen, an&nglich mit Laubholz gemischt zu pflanzen, einmal aus dem eben angegebenen Grunde, dann aber auch, um die Zwischenräume auszufüllen, die bei der zerstreuten Pflanzung der jungen Bäume unangenehm auffallen würden. Uebrigens sind Pflanzungen aus Ijaub- und Nadelhölzern gemischt, weit mehr zu empfehlen, als nur aus letzteren bestehende. Die gegenwärtig herrschende Sitte der Verwendung aller möglichen seltenen Nadelhölzer, welche oft in eine wahre Sammelwuth ausartet, ist entschieden zu verwerfen, da durch die Ueberhäufung der spitz- oder einkronigen Bäume und des gleichen Grüns, die Anlagen ein höchst unmalerisches, düsteres und monotones Ansehen erhalten. Das Beschneiden vertragen nur sehr wenige Arten der Nadelhölzer; stehen deshalb zwei oder mehrere Bäume zu nahe an einander und man beabsichtigt nicht, sie, zu einer Gruppe vereint, stehen zu lassen, so thut man besser, die benachbarten Exemplare zu entfernen. Die Nadelholzungen bedürfen einer beständigen Beaufsichtigung und Pflege ; sind sie gestört oder vernachlässigt, so ist eine Regeneration unmöglich. Wenn auch die Nadelhölzer weit weniger malerischen Werth haben als die Laubhölzer, so erfreuen sie uns doch, gleich allen immergrünen Pflanzen, im Winter durch ihr Kolorit; im Sommer wirken sie durch die Kontraste ihrer Form und Farbe. Am wenigsten wirkt die Lärche in landschaftlicher Beziehung, nur im Frühjahr ist sie in ihrer lichtgrünen Belaubung mit ihren leuchtend rothen Blüthenzapfen eine der lieblichsten Erscheinungen der Baumwelt, besonders neben 160 PFLANZUNGEN. Fichten und Tannen; sie ist der einzige heimische Nadelbaum, welcher die Nadeln abwirft. Alte Fichten und Tannen, auch Kiefern, nehmen oft die groteskesten Formen an, namentlich jene, indem sie aus ihren symmetrischen Umrissen heraustreten; auch Windbruch oder Blitzschlag bewirken bisweilen solche Veränderungen, die ihnen sogar zum Vortheil gereichen können; wenigstens zieht der Maler Bäume, die auf solche Weise verletzt sind und deren Lebenskraft diese Verwundung überwand, ihres pittoresken Ansehens wegen allen übrigen vor. Die Nadelbäume sind die Melancholiker der Baumwelt und rufen, wo sie domi- niren, auch in uns eine ernste Stimmung hervor. Sie bilden . deshalb eine passende Umgebung von Mausoleen oder Friedhöfen, dürfen aber eben darum in den Pflanzungen nicht die Wirkung bestimmen, vielmehr sind dazu die Laubhölzer durch ihre wechselnden Formen und Färbungen weit mehr berechtigt. Das Verpflanzen grosser Bäume ist oft sehr wünschenswerth, aber stets ein schwieriges und kostspieliges Unternehmen. In leichtem Boden ist dasselbe weit leichter auszuführen, als in schwerem, fettem Boden; am ungünstigsten ist steiniger Thon. Sir H. Steuakt giebt in seinem „The planters guide" bemerkenswerthe Anweisungen über das Verpflanzen grosser Bäume, und Fürst Pückler hat uns in seinem bekannten und geschätzten Werke: „Andeutungen über Landschafts- gärtnerei" (Stuttgart 1834) hierüber so Vortreffliches mitgetheilt, dass ich darüber nichts zu sagen wüsste, was nicht schon erwähnt wäre, und seit der Herausgabe des zuletzt genannten Werkes hat der Verfasser desselben in seiner langjährigen Praxis in Muskau und Branitz durch Verpflanzen vieler Tausende erwachsener Bäume die Richtigkeit der gegebenen Regeln glänzend bewahrheitet. Das Wesentlichste aus diesem Werke ist folgendes: „Auch ein alter Baum, sobald er die erforderlichen Versetzungseigenschaften besitzt, kann mit mehr oder weniger Kosten möglicherweise so verpflanzt werden, dass er in drei bis vier Jahren wieder seine ganze Schönheit erreicht, ohne einen einzigen Ast seines Laubgewölbes verloren zu haben." Als Haupteigenschaften der zu verpflanzenden Bäume iirerden bezeichnet: „1) langjähriger ft-eier Stand, welcher der Rinde gestattet, sich gegen die Rauhheit der Luft abzuhärten; 2) gleichmässige Entwickelung der Wurzeln nach allen Seiten hin; und 3) gleiche, volle und nach allen Seiten hin ausgebreitete Krone, damit sich diese mit den Wurzeln im gehörigen Gleichgewicht halte, welches zugleich dem Baume eine feste Stellung gegen die Stürme giebt. „Beim Versetzen ist nur darauf zu sehen, dass der Boden, wohin der Baum kommen soll , der Eigenthümlichkeit desselben gemäss, auf das Sorgfilltigste präparirt werde und wo möglich besser sei als der, wo er vorher gestanden. PFIANZUNGEN. 161 und ferner, dass dem Baume, den man im Frühjahr oder Herbst verpflanzt, so viel als nur möglich alle Aeste und alle Wurzeln gelassen werden, zu welchem Verfahren allerdings mehrere technische Kunstgriffe und Mittel nöthig sind, nament- lich die so einfachen als zweckmässigen Wagen zum Transport u. s. w.^^ Die Hauptsache ist also eine gute Wurzelbeschaffenheit; dann braucht die Krone weniger ausgedünnt zu werden. Gestutzt darf dieselbe gar nicht werden, damit der Baum seine Form behalte; nur die beschädigten Wurzeln erhalten einen frischen Schnitt. Der Stamm erhält am besten eine etwas geneigte Stellung gegen die Wetterseite; er widersteht so besser den herrschenden Stürmen und wird von diesen bei längerer Einwirkung allmäJig völlig aufgerichtet. Ob der Baum genau wieder nach derselben Himmelsgegend wie früher zu stehen kommt, ist ganz gleich- gültig. Linden, Akazien, Gleditschien, Pappeln, Ulmen, überhaupt alle Bäume, die ein gutes Wurzelvermögen besitzen, lassen sich noch bei einer Höhe von 12 — 15 Meter mit Erfolg verpflanzen; bei Eichen und Buchen ist ein solches Verpflanzen schwieriger wegen des Mangels an Saugwurzeln. Dass jeder verpflanzte Baum einer gehörigen Einschlämmung bedarf, überhaupt anfanglich öfters zu begiessen ist, ver- steht sich von selbst. Schon öfter verpflanzte und freistehende Bäume vertragen das spätere Um- pflanzen als starke Exemplare am besten. Fürst Pückler hatte sich zu diesem Zweck in Branitz eine Anlage geschaflien, in welche er schon grössere Bäume aller Art in freier Lage und in genügender Entfernung von einander pflanzen liess, wo sie sich nach allen Seiten frei ausbilden und ein vortreffliches Wurzelvermögen er- langen konnten, um sie später je nach Bedarf, also gleich als grosse Bäume in seinen Anlagen zu verwenden. Diese Anlage nannte er, im Gegensatz zu den jüngeren Exemplaren der Baumschule, seine Baumuniversität. Das Verpflanzen alter Bäume ist nicht zu empfehlen und wird selten ohne nachtheilige Folgen bleiben; nur gesunde Exemplare im mittleren Lebensalter sind dazu auszuwählen. Beim Pflanzen derartiger Bäume nehme man auf ihren früheren Stand Rück- sicht: nie setze man einen im ScWuss gestandenen Baum ins Freie, und wo dies nicht zu umgehen ist, schütze man wenigstens den Stamm fiir das erste Jahr durch Umwickeln mit Moos. Das Verpflanzen mit Frostballen kann nur als Nothbehelf empfohlen werden, indem die Wurzeln, ja selbst die Aeste so verpflanzter Bäume gewaltig leiden und sich nur schwer, oft nie völlig erholen. Bäume von mittlerem Alter können an einigen Stellen von Pflanzungen, wo sie zu entbehren sind, oder auch im Wald- bestande, wenn derselbe nicht zu gedrängt, endlich auch an besonders dazu an- gelegten Stellen der Baumschule zur weiteren Verpflanzung vorbereitet werden. Zu diesem Zwecke werden sie vorher erst gehörig ausgeUchtet, so dass die Kronen einander nicht berühren, dann werden sie vorsichtig so beschnitten, dass die Krone Pktzold, I4in- perspektive tritt nämlich nirgends mit solcher Deutlichkeit auf, als wenn der Blick über meilenweite Nadelholzwaldungen schweift. Herrliche Farbenübergänge, vom Dunkelgrün des Vordergrundes zum Blaugrün und zum lichten Blau des Horizontes, entschädigen in den Regionen des Nadelholzes, z. B. in der Lausitz, für den Mangel an landschaftlicher Abwechselung. Nur bei Bäumen mit dichter Belaubung lassen sich die Licht- und Schattenseite deutlich unterscheiden, während locker belaubte Bäume durchgängig gleich beleuchtet erscheinen; kontrastirende Zusammenstellungen mit anderen Bäumen, oder ein dunkler Hintergrund, müssen bei letzteren den Mangel an Schatten ersetzen. 16G PFI.ANZUNOKN. Interessant und beachtenswerth für die Gruppirung sind die Metamorphosen der Laubferbung vom Entfalten der Blätter bis zum Abfallen derselben. Durch ihre Kenntniss lassen sich namentlich im Frühjahr und Herbst herrliche Wirkungen erzielen ohne Beeinträchtigung der Schönheit der Landschaft in den Sommer- monaten, für die die Komposition besonders berechnet ist. Im Frühjahr ist die Färbung in der Regel konstanter als im Herbst, da sie hauptsächlich von der Natur des Baumes abhängt. Im Herbst üben milde oder rauhe, trockene oder feuchte Witterung ihren Einfluss und modificiren dieselbe; was die einzelnen Bäume anlangt, so ist die Sonnenseite lebhafter gefärbt als die entgegengesetzte. Am schönsten ist die Herbstfärbung gegen Mitte und Ende September, wo sie noch nicht in so grellen Tinten auftritt. Die Stämme sind nicht nur nach der Baumart verschieden, sie verändern sich auch in den verschiedenen Stadien des Alters oder durch Zufall. Frei stehende Bäume verzweigen sich bald; solche, die im Schluss stehen, treiben den Stamm kahl bis zu beträchtlicher Höhe, bevor sie sich zur Krone ausbreiten. Die Sträucher zeichnen sich durch völligen Mangel eines einzigen Stammes aus, sie verästeln sich von der Wurzel aus. Von landschaftlicher Bedeutung ist die Art und Weise, wie sich der Stamm des Baumes aus dem Boden erhebt, und der Punkt, wo die Kronenbildung beginnt. Kein Umstand trägt mehr dazu bei, einem Baume den Ausdruck der Stärke und Entschiedenheit zu geben, als wenn er sich von einer sicheren, breiten Basis er- hebt und seine Hauptwurzeln schon über der Erde sich auszubreiten beginnen. Charakteristisch tritt diese Erscheinung erst bei alten Bäumen, vorzüglich schön bei Eichen, alten Weiden, Linden, Ahornen und Kiefern auf, und Maler wählen diese Bäume deshalb besonders gern für den Vordergrund ihrer Landschaftsbilder. Wo Bäume in Gruppen vereinigt dicht beisammen stehen, kommt es vor, dass durch den gegenseitigen Druck die Stämme sich divergirend aus dem Boden erheben. Die Kronen der einzelnen Bäume würden in diesem Falle schlecht im Gleichgewicht stehen, vereinigt aber bilden sie ein herrliches Laubdach, und da sich in Folge der schrägen Stellung der Stämme die äusseren Aeste gewöhnlich senken, so giebt die ganze Gruppe das Bild eines riesigen Strauches und ist von bedeutender landschaftlicher Wirkung. Man kann künstlich einer solchen Gruppenbildung zu Hilfe kommen, indem man zwei und mehr Exemplare in ein Pflanzloch, oder nahe neben einander stellt. Bäume auf Felsenvorsprüngen oder am Ufer haben fast immer geneigte Stellungen, und zwar die letzteren gegen das Wasser liin, während bei frei aber geschützt stehenden die vertikale Richtung normal ist und Abweichungen nie ohne sichtbaren Grund stattfinden. Die Kronenbildung eines Baumes findet ebenfalls am gleichmässigsten in freien aber geschützten Lagen statt. Solche Bäume erscheinen oft fast sym- metrisch, was indessen ihren malerischen Werth nicht erhöht. Bei Sträuchern bildet PFLANZUNfJEN. 167 sich die Form nach gleichen Regeln: freistehend breiten sich dieselben nach allen Seiten aus; gedrückt oder am Abhänge eines Berges, am Ufer wachsend, an einen Felsen, einen Baum gelehnt, bequemt sich ihre Form der Umgebung an. Sie gewähren in ihrer Bildung bei weitem nicht die Mannigfaltigkeit, welche uns Baumformen bieten. Malerisch entfalten sich die Bäume erst, nachdem sie ihren Wuchs in die Höhe beendet haben und nun anfangen sich in den Kronen auszubreiten. Es ist charakteristisch, dass die Bäume, bis sie ihre normale Höhe erreicht haben, die Form des Blattes in der Form des Baumes wieder erkennen lassen. Am Auffallendsten zeigen dies Bäume mit regelmässigen Blattformen, wie die Linde; Bäume mit unregelmässigen, gebuchteten Blättern haben auch unregelmässige Kronen, wie die Eiche; Bäume mit gefiederter, leichter Belaubung bilden auch leichte Kronen. Die Grösse, Stellung und Form der Aeste erleidet bei den verschiedenen Baumformen die verschiedensten Abweichungen. Die wirtelformig gestellten Aeste der Coniferen sind nie von bedeutender Grösse, und besonders spielen sie eine sehr untergeordnete Rolle im Verhältniss zur Höhe und Stärke des Stammes; die Eiche, Kastanie und alle astkronigen Bäume bilden nur eine kurze Hauptachse, mit der die Hauptäste an Grösse wetteifern; der Uebergang zu den Zweigen ist bei ihnen ein ganz allmäliger. Bei einigen Bäumen erscheinen die Aeste in einer regelmässigen und deutlichen Ordnimg vom Stamme aus, bei anderen findet eine wiederholt gabelförmige Vertheiluug des Stammes bis zu den Zweigen statt; diese bilden ihre Krone erst in bedeutender Höhe schirmförmig, bei jenen beginnt die Bildung der länglichen oder ovalen Krone in geringer Entfernung von der Basis; hier treten die Aeste rechtwinkelig aus dem Stamm und neigen sich später gegen den Boden, dort streben sie, in starrer Form vom Stamme abgewendet, nach oben oder drängen sich, die vertikale Richtung verfolgend, an den Stamm an. Die Vertheilung der Zweige ist ebenso verschieden, wie die Art der Einfügung der Aeste in den Stamm, von der regelmässigen Astbildung der pyramidenförmigen Coniferen findet man alle Uebergänge zur verwickelten Verästelung der Eiche; bei einigen Bäumen ist die Zahl der kleinen Zweige gering, wie bei Pappeln, Kastanien, Nüssen; bei anderen sind diese zahllos, z. B. bei der Eiche, Buche, Linde, Birke. Li der Form der Aeste kommen ebenso bedeutende Abweichungen vor wie in ihrer Grösse und Vertheilung, von der starren, besenartigen Verästelung der Pyramidenpappel und mancher Weiden bis zu den schön geschwungenen Astformen der Trauerbäume. Dieselbe Mannigfaltigkeit herrscht in den Strauchformen, nur treten hier noch zwei Formen auf, die den Bäumen fehlen: die Sträucher, deren Zweige am Boden hinkriechen, und die kletternden Sträucher; die Brombeersträucher gehören zu den ersteren, alle liolzigen Schlingpflanzen, z. B. der Wein, Epheu, Clematis, Caprifolium, zu den letzteren. 168 PFLANZUNGEN. Bei jungen Exemplaren und bei solchen, die in gutem Boden wachsen, sind die Eigenthümlichkeiten der Bäume weit charakteristischer ausgeprägt, als bei älteren, weil der Wuchs kräftiger ist. Die in Grösse und Form der Blätter der grössten Mannigfaltigkeit fehige Belaubung hat in Bezug auf diese für die Landschaft keine Bedeutung. Der Kontur der Krone wird sich im Allgemeinen bei grossblättrigen Bäumen, wie bei den Ahomarten und der Platane, dem Tulpenbaume, mehr zackig gestalten. Leichtkronige Bäume mit grossen Blättern, wie die genannten, werden sich denen schwerer Form nähern, diese letzteren wiederum mit grossen Blättern verbinden mit ihrer Erscheinung den Eindruck der Schwerfälligkeit. Im Vordei^unde hingegen kommt die Blattform zur Geltung durch An- wendung von schönblättrigen Sträuchem, sowie von Staudenpflanzen; die letzteren, besonders die Farrenkräuter mit ihren schönen Formen, machen in neuester Zeit sogar den Blumen den Bang streitig. Geschmackvolle Kompositionen schöner Blattpflanzen können mit Recht Blumenarrangements den Rang streitig machen; besonders schön sind aber beide vereinigt. Die richtige Massenvertheilung von Licht und Schatten in der Landschaft ist für den Landschaftsgärtner ebenso wichtig wie für den Maler, für Ersteren aber ungleich schwieriger; er bewirkt sie durch kunstgemässe Vertheilung dunkel- laubiger und helllaubiger und gemischter Massenpflanzungen mit einzelnen Gruppen, und durch den Wechsel der ersteren mit Rasenflächen. Wasserspiegel, wo sie vorhanden sind, bilden die Lichter, Nadelholz die Kemschatten seiner Landschaft. Grossen Lichtmassen, zu denen für uns auch Rasenflächen gehören, müssen grosse Schattenmassen entsprechen; durch wohlberechnete Vertheilung kleiner Gruppen dunkellaubiger Bäume in jenen und passende Durchbrechung der letzteren durch kleinere Rasenflächen und Aufstellung helllaubiger Gruppen, zu welchen sie den Hintergrund bilden, muss dem Bilde die Härte genommen und das Gleichgewicht erhalten werden. Ein Verschwimmen der landschaftlichen Licht- und Schatten- massen beeinträchtigt aber die Wirkung der Aussicht ebenso sehr, als wenn beide zu scharf kontrastiren, und da dieser Mangel an Entschiedenheit in der Beleuchtung mit dem Mangel an Formen sich in der Natur meistens vereint findet, so kann man durch Anbringung schöner Baumgruppen im Vordergrunde oft schon allein diesem Uebelstande abhelfen. Ein richtiger Sinn für das Schöne wird hier stets die geeigneten Mittel ergreifen lassen, so wie er den Gartenkünstler vor Ausschweifungen in der Auf- stellung seiner kleineren Gruppirungen bewahrt, wobei oft arge Missgriffe vor- kommen. Wir müssen beim Betrachten der Landschaft uns befriedigt fühlen, ohne uns des Grundes dieser Einwirkung sofort bewusst zu sein; nicht nur das Auge, auch das Gemüth muss erfreut sein, und dies ist der Fall da, wo das Auge ebenso wenig die Landschaft in einem Moment übersieht und vergebUch PFLANZUNGEN. 169 nach wohlthuender Abwechselung sucht, als da, wo es vor lauter Abwechselung nicht einen Ruhepunkt finden kann, von dem aus es den harmonischen Aufbau derselben mit Wohlgefallen verfolgen kann. Besondere Sorgfalt verlangt die Bepflanzung bewegten Terrains, das die Komposition ungemein erleichtert, bei dem aber auch jeder Missgriff doppelt deutlich hervortritt; eine richtige Verbindung der Konturen der Pflanzungen mit denen des Bodenwurfes lässt hier ohne Schwierigkeiten sehr schöne Linien hervor- treten, indem man die einen allmälig hinter den anderen verschwinden lässt. Man kann dadurch die Bedeutung der Hügel erhöhen oder abschwächen, jenachdem dies Bedür&iiss ist; indem man entweder diese oder die benachbarten Thaler bepflanzt und in einem Falle die Pflanzungslinien am Abhänge hmabsteigen und durch Umsäumung mit niederen Sträuchem in die Linien des Bodens übergehen lässt, oder im anderen Falle die Thalpflanzung passend mit dem aufsteigenden Kontur des Hügels vermittelt. Oft ist es nöthig, Flächen mit Rasen zu bekleiden, auf denen dieser, des sterilen Bodens wegen, nicht aufzukommen vermag. In diesem Falle bepflanzt man am besten die ganze Fläche und bringt später durch die Axt die beabsich- tigte Wirkung hervor, indem man nur Wurzelausschlag aufkommen lässt. Bei der Bepflanzung der Ufer eines Sees ist es uns darum zu thun, ihn so gross als möglich erscheinen zu lassen und ihn, von verschiedenen Seiten gesehen, als stets verändertes Bild zu zeigen. Hierbei haben wir zu unterscheiden, ob der See in der Nähe des W^ohnhauses oder ob er von diesem entfernt liegt. Vorder- und Hintergrund verlangen, dieser Lage entsprechend, besondere Beachtung, ohne dass wir den Umstand vernachlässigen dürfen, dass von der entgegen- gesetzten Seite des Sees aus gesehen sich unserem Blick das Landschaftsbild so gestaltet, dass der frühere Vordergrund zum Hintergrunde wird; die Gruppirung muss also so angeordnet sein, dass alle schönen Aussichtspunkte in der Nähe der Ufer ihre Berücksichtigung finden. Bei der Disposition der Uferpflanzungen verlangen die ffimmelsgegenden besondere Aufinerksamkeit. Auf der Nordseite ist Schutz vor den von dorther streichenden kalten Winden unerlässlich, und wo er nicht durch die Bodenbildung oder schon vorhandene Waldmassen gewährt wird, muss er durch hohe, dicht geschlossene Deckpflanzungen erzielt werden. Für die Südseite eignen sich einzelne grosse Bäume und leichtgebaute Gruppen von solchen; sie gewähren von der Nordseite gesehen durch die Spiegelbilder ihrer beschatteten Seite auf der hellen Wasserfläche schöne Wirkungen. Die Ostseite muss möglichst frei gehalten sein, damit die erquickenden Strahlen der Morgensonne nicht gehemmt werden; schöne Rasenflächen, hier und da von passenden Blüthensträuchern unterbrochen, mögen hier das Ufer bezeichnen. Bei der Bepflanzung der Westseite ist darauf Rück- sicht zu nehmen, dass sie schützen sollen vor der brennenden Nachmittagssonne, 170 PPI.ANZITNGKN. dereu schräg auifallenden Strahlen schwerer zu entgehen ist als denen der hoch- stehenden Mittagssonne, und dass sie uns den herrlichen Anblick des Abendhiininels nicht entziehen dürfen; eine lockere Saunipflanzung dunkellaubiger Bäume, die dabei doch eine durchsichtige Krone zeigen, besonders solcher, deren Profil sich schön gegen den hellen Abendhimmel zeichnet, wie Erlen, unterbrochen von Coni- feren, oder gemischt mit Gruppen von solchen, wird diesen Zweck stets erfüllen, besonders wenn sie sich in einiger Entfernung vom Ufer hinzieht und den Hinter- grund bildet, zu dicht an demselben angebrachten Gruppen von Taxodium oder helllaubigen Trauerbäumen, wodurch sie sich auch in der Morgenbeleuchtung sehr gut ausnehmen wird. Die lokale Bodenbildung wie die Konturen der Ufer bedingen natürlich Modifikationen und verlangen Uebereinstimmung mit der Beklei- dung der ITfer. Wo sich eine Unterbrechung oder Verbergung der Uferlinien aus Schönheitsrücksichten nöthig macht, wird dies am geeignetsten durch dicht bepflanzte Landzungen oder Inseln bewirkt, wie dies schon früher erwähnt ist. Mit Ausnahme der Schutzpflanzungen auf der Nordseite werden zweckmässig Gehölze mittlerer Grösse, besonders Hängebäume, angewendet, wo aber der Wasserspiegel eine geringere Ausdehnung hat, sind Bäume möglichst zu vermeiden und nur passende Sträucher zu verwenden, weil jene die Grösse der Wasserfläche beeinträchtigen imd dieselbe verdunkeln würden. Die Hängebäume, in leicht hingeworfenen Gruppen mit Pyramidenbäumen und weiss- und rothblühenden Sträuchern wechselnd, sind stets wirksam, die erstercn ihrer kontrastirenden Wirkung wegen, alle aber durch die schönen Formen, zu denen sie sich mit ihren Spiegelbildern ergänzen. Die Ufer der in der Nähe des Wohnhauses gelegenen Seen verlangen gleiche Berücksichtigung mit den Blumengärten und Pleasuregrounds in der Ausschmückung. Die nahen Ufer können reich mit Blumen geschmückt werden, auch ganze Blumen- inseln aus dem Wasser auftauchen. Ausser unserer schönen weissen und gelben Seerose {Nymphaea alba imd Nuphar lutea\ welche, maassvoll angewendet, dem Wasserspiegel zur Zierde gereichen, sind imponirende Blattpflanzen, wie die Riesen- dolde {Heradeum pyrenaicum)^ Rhabarberarten, das indische Blumenrohr, die Hemerocallis, die Papyrusstaude, Acarälvm mollisy Calla aeüiiopica^ Tusailago PetusiteSy Iris-Arten, Paeonia officinalw u. s. w. als Uferschmuck an ihrem Platze. Reichblühende Sträucher und andere Blüthenpflanzen, z. B. Syringay Labumum vulgare, Vibm^um Opulvs, Spiräen, Lysimachien, Lytlirum, Rosen, Malven, drei- farbige Winden und eine Menge anderer perenuirender und einjähriger, durch Schönheit der Blüthe ausgezeichneter Pflanzen bilden sowohl als Einrahmung des Ufers, als durch ihre Spiegelbilder, vom entgegengesetzten Ufer aus betrachtet, herrüche Eff'ekte. Die Samen dieser Wasserpflanzen werden, in Thonkugeln ver- packt, in den Schlamm des Bodens eingesenkt, wodurch sie sehr leicht fort- gepflanzt werden. Natürlich können nur die Ufer solcher Wasserflächen in dieser PFLANZUNG KN. 171 Weise behandelt werden, deren Niveau sich stets gleich bleibt, weil ein eingetretenes Steigen des Wassers in Folge von Regengüssen mit einem Male die mit Fleiss angebrachte und gepflegte Dekoration vernichten würde. Was die Wahl der Baumarten für die Ufernähe anlangt, so brauchen wir, mit Ausnahme der Hängebäume, welche unter allen Umständen eine gesunde Ufer- bekleidung bilden, uns nur die Pflanzenaufetellungen der Natur an den Ufern der Flüsse und Seen da, wo sie noch in ihrer Ursprünglichkeit waltet, zum Vorbilde zu nehmen, um nie fehlzugreifen. Bei hoher Uferbildung lässt sich eine grössere Abwechselung erzielen, weil hier auch solche Bäume zu verwenden sind-, die das Grundwasser nicht vertragen, gegen welches ihre Wurzeln durch die Lage geschützt sind. Nachstehende Holzarten vertragen einen feuchten oder ziemlich feuchten Standort sehr gut und bilden eine passende Uferbekleidung: die Hemlockstanne {Tmiga cancLderm^), die Sumpfcypresse {Taxodium distichum\ die Rothtanne {Picea cxcdsa)^ ausserdem Acer da^ycarpon^ A. rubrum^ A. Negundoy Berberis milgarisy Cerasus Padua, Crataegus oxyacantha, 0. punctata, Evonymus europa£a, die Gle- ditschia-Arten, Hippopha^e rhamnoides, die Lonicera-Arteri, Lycium, PhHaddphus^ Prunus spinosa, Pirus ekbeoffrifolia und salieifoliay Rosa, besonders rvbrifolia und vülosa, Rhus, Rohinia, Vibumum Lantana und Opulus, Mespüus pyracanihuj alle Weiden und Erlen, Ulmen und Eschen ; durch Farbenkontraste würden die Silber- pappel und Goldesche, die Sumpfeiche und andere malerisch wirken, auch Gruppen alter Eichen sind von vortrefflicher landschaftlicher Wirkung. Mächtige Baumgruppen dürfen nie zu nahe an. die Uferlinie herantreten, auch kleinere Gruppirungen und Blumendekoratiouen dürfen nie ängstlich dieselbe verfolgen, sondern müssen bald vorspringen, bald zurücktreten, um sie nicht zu deutlich zu markiren. Eine weit weniger gekünstelte und sorgsame Behandlung verlangt ein in einer entfernteren Gegend der Anlage hegender See. Die Aufstellung grösserer Gruppirungen würde dieselben Regeln verfolgen, die detailirte Ausschmückung feilt aber ganz weg. Passend ist es, das eine Ufer des Sees in diesem mit einer geschlossenen Pflanzung zu bekleiden und das andere mehr frei zu halten, so dass die Ansicht eine Schatten- und eine Lichtseite hat; eine solche Ufer- bekleidung hat etwas Ungezwungenes, und durch entferntere Gruppirungen ver- meidet man bei einiger Aufmerksamkeit leicht, dass sich ein Mangel an Gleich- gewicht bemerkbar mache. Eine Fischerhütte an der bewaldeten Uferseitc würde ebenfalls an ihrer Stelle sein. Weiher verlangen Ruhe und Abgeschlossen- heit, ihre schicklichste Uferbekleidung ist eine dicht geschlossene Pflanzung ; jedes Prunken und Haschen nach Effekt ist hier ganz besonders zu vermeiden; nur schmale, schattige Fusswege mögen an ihr Ufer führen. Seerosen, Kalmus, Typha, Sagittaria und andere Wasserpflanzen können sich aus dem Wasserspiegel, Rvbus odoratus^ Peiasites, Solanum dulcamara, Brombeeren und Farren am Ufer erheben. Die Waldrebe, der wilde Hopfen, die Aristolochia können hervorragende Bäume umranken. 172 PFLANZUNGEN. Die Bepflanzung der Flussufer richtet sich mehr nach dem Totaleindruck der ganzen Landschaft; da selten ein grosser Fluss eine Anlage durchfliesst, so macht man seinen Wasserspiegel möglichst sichtbar und bepflanzt gern höhere Ufer, die ihn schon an und für sich dem Blick entziehen würden. Bei Krümmungen bezeichnet man gern die konvexe Uferlinie mit hervor- tretenden Gruppen. Wenn beide Ufer flach sind, ist es uimmgänglich nöthig, die Uferlinien durch passende Bekleidung zu charakterisiren, und man thut dies auch auf die Weise, dass das eine Ufer überwiegend beschattet, das andere überwiegend frei gehalten wird. Erlen und alle Weiden, diese treuen Begleiter der Flüsse, liefern hierzu reiches Material, welches in den meisten Fällen genügt ; auch die Hainbuche, die Eiche, Linde, Ulme, Esche und Silberpappel bilden einen geeigneten Uferschmuck. Was die Bepflanzung der Wege anlangt, so ist besonders die desUm- fahrungsweges für uns von Wichtigkeit. Wir haben in dem betreffenden Kapitel gesehen, dass der Umfahrungsweg nach und nach mit den Schönheiten der Anlage bekannt machen soll; die ihn begleitenden Pflanzungen werden also immer den Vordergrund der uns von ihm aus gebotenen Aussichten bilden und sind demnach zu behandeln. Aussichten sowie Ansichten verlangen einen Rahmen, durch welchen sie erst Schluss erhalten und dem Auge fasslich und ansprechend erscheinen. Diese Einrahmung wird meist durch einzelne Bäume oder Baumgruppen, oft auch an einer Seite durch den Saum einer Deckpflanzung gebildet, welche dann so angelegt sein muss, dass sie, von der ent- gegengesetzten Seite der Anlage gesehen, den Hintergrund bildet. Der Rahmen des Bildes ist in der Regel ein seitlicher; viele Femsichten, vorzüglich ferne Höhenzüge, sind aber auch besonders schön, wenn sie unter dem ausgebreiteten schattigen Laubdache grosser Bäume gesehen werden; der Charakter des Bildes wird sich ganz anders gestalten, je nachdem dies unter den Zweigen von Eichen, von Platanen oder Akazien geschieht oder wir es zwischen dunkeln Nadelhölzern oder Laubmassen geniessen. Auch ein schöngeformter Baum, mitten in den Vordergrund gestellt, hebt die Wirkung einer Landschaft ungemein. Solcher einzelner Bäume und Gruppen kann man daher nicht leicht zu viel in der Nähe dieser Wege anbringen, nur dürfen sie nie in gleicher Entfernung vom Wege stehen und müssen möglichst wechseln in Grösse, Form und Art, sie dürfen überhaupt das Landschaftsbild nicht unruhig machen; dunkellaubige sind natürlich zweck- entsprechender als solche mit hellem Laube. Auch lässt sich mit der Vertheilung dieser Gruppen die Rücksichtnahme verbinden, dass die Sonnenseite überwiegend bedacht ist, damit sie durch ihren Schatten nützen. Dass diese Gruppirungen mit geschlossenen Deckpflanzungen wechseln müssen, versteht sich von selbst; das Auge wie das Gemüth verlangen Ruhe, um für spätere Ueberraschungen empfilnglich zu werden, weil eine fortdauernde Spannung zu bald ermüdet. Ueberdies bedingt die PFLANZUNGEN. 173 ganze Anlage des Umfahrungsweges, dass ihn an seinem äusseren Wegrande die Deckpflanzung, welche zugleich die Grenzen der Anlage bezeichnet, in grösserer oder geringerer Nähe begleiten wird, wo dieselbe nicht interessanter Fernsichten wegen durchbrochen ist oder durch Wasser ersetzt wird. Auch werden lokale Eigenthümlichkeiten der Gegend nöthig machen, dass der Weg streckenweise ganz frei geführt werde, wie überhaupt verschiedene Modifikationen dadurch geboten sein können, deren eingehende Erörterung zu weit fiihren würde. Zweckdienlich wird es sein, wenn derselbe gleich vom Wohnhause ab an beiden Seiten eine Zeit lang von dichter schattiger Pflanzung umgeben ist; der Reiz der sich dann später erschliessen- den Bilder wird dadurch ungemein erhöht. Aus dem Angegebenen ist ersichtlich, dass erst, nachdem die Führung des Umfahrungsweges vollendet ist, die Gruppirung desselben im Allgemeinen, besonders aber an der inneren Wegseite angeordnet und ausgeführt werden kann; dass sie unter allen Umständen die Harmonie der ganzen Anlage nicht stören darf, ist selbstverständlich. Die Auffahrt zum Wohnhause muss möglichst so umpflanzt sein, dass die Scenehe des Gartens dem Blicke sich entzieht und nur das Ziel derselben von Zeit zu Zeit sichtbar wird; die Wirkung des Umfahrungsweges wird dadurch bei dessen späterer Benutzung bedeutend gesteigert. Alle übrigen Wege sind in ihren Beziehungen zu den umgebenden Pflanzungen zu untergeordnet, um einer Erwähnung zu bedürfen. Selbstverständlich können hier überhaupt nur allgemeine Regeln aufgestellt werden, denn jede Lokalität hat ihre Eigenthümlichkeiten und verlangt eine be- sondere Behandlung. Sache des Künstlers ist es, das Gegebene zu benutzen und das Geeignete anzuwenden, was oft durch sehr einfache Mittel, namentlich auch durch eine durchdachte, zweckmässige Bepflanzung geschehen kann. Der Gebrauch der Axt. Die Axt kommt zur Anwendung da, wo der Gartenkünstler schon vorhandene Waldbestände in Parkanlagen verwandehi oder lange Zeit hindurch vernachlässigte frühere Gartenpartien erneuem soll ; femer da, wo die neuangelegte Pflanzung die bezweckte Ausdehnung erreiclft hat, die weitere Vergrössemng ihre Wirkung be- einträchtigen würde und auch die dem Gedeihen der einzelnen Bäume und Sträucher nachtheilige überhandnehmende Dichtigkeit ihr Durchlichten nöthig macht. In beiden Fällen ist die Führung dieses Werkzeuges gleich wichtig. Die Axt, wenn sie mit Geschmack und mit Kenntniss geführt wird, kann oft in einem Monat mehr Wirkung, mehr schöne Naturscenen hervorbringen, als dies junge Pflanzungen in fünfzig und mehr Jahren im Stande sind. Und so wie der Bildhauer seiner Figur durch gestellte Punkte, welche verhüten, dass er nicht zu tief oder zu flach in den Marmor eingreift, ebenso muss der Gartenkünstler seine 174 PFLANZUNGEN. neuen Bilder und Formen nach und nach mit Vorsicht entwickeln und keine unnöthigen Opfer bringen, denn der Axt ist es ein leichtes in einem Tage ein Werk zu zerstören, zu dessen Hervorbringung die Natur ein ganzes Jahrhundert bedurfte. Das Umbilden von Waldpartien in Parkanlagen ist insofern ein dankbareres, als diese Arbeit sich mit einem bei wtem geringeren Kostenaufwande ausführen lässt und die beabsichtigten Resultate überraschend schnell in die Augen springen; es hat aber den grossen Nachtheil, dass begangene Fehler sehr schwer verbessert werden können, was bei neu geschaffenen Pflanzungen so leicht ist, und dass die Freiheit des Handelns dem Künstler weit mehr benommen ist durch das ihm gebotene Material. Nichts aber erschwert dem Landschaftsgärtner seine Pflicht- erfüllung in diesem Zweige seines Wirkens mehr, als das Urtheil des Publikums, ])esonders da, wo es die Unterhaltung der Parkanlage betrifit; denn wo durch die Axt etwas Neues geschaffen werden soll, wird das Gehässige öfi'eutlicher Stimmen bedeutend abgeschwächt durch den Reiz der Neuheit. Der Landschaftsgärtner tritt in seiner Thätigkeit vor die Oeffentlichkeit und muss sich das Urtheil des Publikums gefallen lassen. Gewöhnlich al)er wird von denen am schroffsten kritisirt, die am wenigsten dazu befähigt sind, während es dem Künstler leicht sein wird, sich vor dem Sachverständigen zu rechtfertigen. Diese Stimme des Publikums hat ihre Berechtigung da, wo sie eine Aeusseruug der Pietät ist Jeden denkenden Menschen berührt das zerstörende Eingreifen in die Schöpfungen der Natur unangenehm, und besonders das Fällen grosser Bäume, au deren Anblick sich Erinnerungen aus der Kindheit knüpfen, deren Schatten uns so oft erquickt hat, ruft ein schmerzliches Gefühl hervor, mid den Verlust dieser seiner Lieblinge vennag das Publikum oft nicht zu verwinden, auch wenn der dadurch erreichte landschaftliche Vortheil noch so deutlich hervortritt. Diese Gefühlsregung des Publikums wird der Künstler stets achten, er wird sie berücksichtigen, indem er sein W'erkzeug mit der grössteu Schonung führt; wo er aber überzeugt ist von der unumgänglichen Nothwendigkeit der Anwendung desselben, kann er tadelnde Urtheile und sogar persönliche Anfeindungen ruhig hinnehmen, ohne dass ihn dieselben in der Verfolgung seiner Pläne beirren dürfen, wenn ihm auch die Genugthuung filr das Geschehene erst nach einer Reihe von Jahren zu Theil wird. Die Wichtigkeit der rationellen Anwendung der Axt zur Verjüngung der Pflanzungen ist noch nie in Abrede gestellt worden, und wo dieselbe in Folge irriger Vorurtheile verabsäumt wurde, sind die Nachtheile nie ausgeblieben. Es sei erlaubt, hier aus einem Briefe des Fürsten PCckler au den Ver- fasser eine Aeusserung über die Unterhaltung des Muskaucr Parks einzuschalten, da sie seine eigene Ansicht über diesen Gegenstand klar macht. — ~ — '„Gehauen muss in jeder durch die Kunst behandelten Anlage werden, weil eine solche weniger ist, als immer wird — der grösste Nachtheil PFLANZUNGEN. 175 unserer Kunst im Sinne der Dauer und der Abgeschlossenheit eines Kunstwerks, aber in höherem Sinne auch ganz konform mit den ewigen Gesetzen der Natur und alles Schaffens, immer alt und immer neu. „Nur müsste, um das Gleichniss ganz passend zu machen, aucli immer derselbe Geist einem Werke vorstehen können, wie der liebe Gott der Natur. Dann wäre unser Produkt ein weit höheres, als das des Malers mit Farben; al)er wie es ist, bleiben unsere Werke freilich nur Ephemeren. — „Wenn ich mir denke, dass ich z. B. den Muskauer Schöpfungen hundert Jahre vorstände, so bin ich überzeugt, dass am Ende dieses Säkulums ein total von dem jetzigen verschiedenes Bild, eine gänzlich veränderte Anlage da sein würde, schon im Uebergang jährlich andere Nuancen; dennoch aber zu jeder Zeit ein vollständiges, harmonisches Ganze (meine eigenen gelegentlichen Fehler abgerechnet). „Also Bäume abhauen, verändern ist nöthig, aber das Wie bleibt eine grosse Hauptsache, ideell wie materiell. Sehr oft wird in Beiden gefehlt, zu viel und zu wenig gehauen. Ideell am unrechten Ort, und materiell, dass es nicht wieder wachsen kann." Man ersieht hieraus wohl zur Genüge, dass, wie von Unkundigen öfter behauptet wurde, es durchaus nicht die Ansicht des Fürsten war, das bedeutendste Werk seines Lebens, den Muskauer Park als etwas Fertiges hinzustellen. Denn es ist unmöglich, einen grossen, ausgedehnten Park so zu pflanzen, dass er aus- gewachsen dasselbe Bild wie früher, nur in verändertem Maassstabe biete, und alle Tlieile des Ganzen dann als für immer im rechten Verhältniss zu einander stehend betrachtet werden können. Der Forstmann und der Gartenkünstler fuhren die Axt in ganz verschie- denem Sinn: jener hat eine möglichst hohe pekuniäre Nutzung seines Waldbestandes im Auge, dieser verfahrt dabei nur nach den Regeln der Aesthetik und unter Berücksichtigung des landschaftlichen Interesses; auch die Erhaltung des Wald- bestandes ist demgemäss ganz verschieden von der der Parkpflanzung. Der Forstmann entfernt alle diejenigen Bäume, welche ihren vollen Wuchs erlangt haben und zum sofortigen Verbrauch geeignet sind, sowie die, welche durch zu grosse Nähe sich gegenseitig im Wachsthum hinderlich sind; er will hohe, gerade Stämme ziehen. Deshalb finden wir auch selten im Forstrevier Bäume mit ausgebreiteten, schön belaubten Aesten, wie sie für die Landschaft unentbehrlich sind. Das Auge des Gärtners sucht nach schönen malerischen Baumexemplaren, um sie zur Geltung zu bringen, und ist bestrebt, durch Entfernung alles unschein- baren Holzes in ihrer Umgebung die freie Entwickelung derselben zu begünstigen. Schwierig, ja beinahe unmöglich ist es, über diesen Gegenstand gewisse Regeln aufzustellen, denn die Thätigkeit der Axt in unserem Sinne ist nur eine praktische Anwendung der Gesetze der Schönheit; der sie führte, hat, wenn er 176 PFLANZUNGEN. dies mit Erfolg that, bewiesen, dass er reif war, diese Gesetze zur Anwendung zu bringen. Wo es gilt, einen Wald im landschaftlichen Sinne umzuwandeln, verlangen, wie bei der anzulegenden Pflanzung, Grundriss und Profil gleiche Berücksichtigung. Die praktischen Beobachtungen, welche Whately über diesen Gegenstand machte, und welche die grösste Beachtung verdienen, sind folgende: „Soll sich der Umriss eines Waldes, er mag noch so gross sein, schön dar- stellen, so verlangt er Unregelmässigkeit. Nie wird eine Vermischung von Bäumen und Büschen, von Hochstämmen und Unterholz, die eine gerade Linie bilden, ein natürliches Ansehen gewähren. Anhaltende leichte Windungen, sowie sanfte Ab- rundungen, deren jede den grösseren oder kleineren Theil eines Zirkels beschreibt und sonach vereint die sogenannte Schlangenlinie bilden, sind sogar noch stören- der als die gerade Linie; denn einige Regelmässigkeiten in einer regelwidrigen Weise dargestellt, sind dem Schönen wie auch der Kunst fremd. Die Schönheit des Umrisses besteht mehr in kühnen, oft schroffen Unterbrechungen, als in wellen- förmigen Windungen, mehr in Winkeln, als in Abrundungen, in Abwechselung, nicht in Wiederholungen. Der Umriss eines Waldes ist eine sich fortsetzende Linie, weshalb nur kleine Veränderungen vor dem ermüdenden Eindruck des Einerlei nicht zu schützen vermögen; eine tiefe Bucht, ein kühner Vorsprung bewirken mehr Effekt, als eine Menge kleiner, sich wiederholender Unregelmässigkeiten. Wenn auch die Eine, die fortlaufende Linie unterbricht, so findet doch dabei kein eigent- licher Bruch ihrer Vereinigung statt; immer bleibt die Fortsetzung des Waldes, ihre Form ist nur verändert und die Ausdehnung vermehrt; das Auge wird über das, was einförmig erscheint, schnell hinüber zu dein äussersten Ende schweifen, durch grosse Unregelmässigkeit aber angenehm unterhalten; es wird die Linie in allen ihren Abwechselungen, die das Ganze so interessant machen, verfolgen und von Stufe zu Stufe ruhen, um das Fortschreiten zu verlängern. Deshalb dürfen die Theile nicht so vermehrt werden, dass sie zu klein erscheinen, um Interesse zu erregen, auch nicht zu zahlreich, wenn Verwickelung geschaffen werden soll. Es müssen einige grosse Theile in ihren Formen, ihren Richtungen, ihren Stellungen kräftig hervortreten; man kann sodann jedem dieser Theile wieder untergeordnete Veränderungen geben , und da der W^uchs der Pflanzen schon au sich selbst Unregelmässigkeit schafft, so kann die beabsichtigte Wirkung nicht ausbleiben. „Eine jede Veränderung in der Umrisslinie eines Waldes muss entweder ein Vorsprung oder eine Einbucht sein. Die Breite des einen ist weniger wichtig, als die Länge und Tiefe der anderen. Endet ersterer in einem Winkel, oder ver- mindert sich letztere niu: zu einem Winkel, so werden sie weit mehr Eindruck machen, als eine seichte Einbiegung oder ein kleiner Vorsprung, wie breit der eine oder die andere auch sonst sei. Sie sind grössere Abweichungen der PFLANZUNGEN. 177 fortlaufenden Linien, die sie zu brechen bezwecken, und ihr Effekt ist, dass sie die Masse des Waldes selbst scheinbar vergrössern. „Aehneln sich zwei gegenüberstehende Punkte einer Einbucht, so kann es den Anschein haben, als wenn hier ein Eingang in den Wald gehauen wäre, und da solcher als ein Werk der Kunst erscheint, so wird dadurch die Wirkung ver- ringert werden. Ein geringes Abweichen der Stellung dieser Punkte, ein grösseres Zurücktretenlassen des einen vor dem anderen wird diesen Anschein verhindern, wenn sich auch sonst ihre Formen ähnlich sind. „Andere Punkte, welche die grossen Theile bezeichnen, müssen im Allge- meinen stark markirt werden; denn eine starke Wendung zeigt mehr Kraft als eine langweilige Krümmung, und eine durch Winkel unterbrochene Linie hat eine Bestimmtheit und Festigkeit, welche einer Wellenlinie gänzlich abgeht. Scheint es nöthig, die Winkel etwas zu mildern, so wird die Stellung nur einer Pflanze oft genügend erscheinen, dies zu bewirken; denn werden sie zu sehr gebrochen, so verlieren sie auch ihre Bedeutung; die Natur ist stets geneigt, schroffe Linien abzurunden und zu vermittehi. „Die hier erwähnte Gestaltung der Umrisslinien kann durch Buschholz er- reicht werden; doch kann man eine gleiche Wirkung oft mit noch grösserer Leichtigkeit hervorrufen, wenn man einige Bäume ausserhalb der dichten Pflanzung aufstellt, die zu derselben gehören oder zu gehören scheinen und welche auf diese Weise einen Theil ihrer Figur ausmachen." Ist man in der Lage, durch Entfernung einiger Bäume am Saume eines Waldes seiner Umrisslinie eine bessere Form zu geben, so ist dieses Verfahren empfehlenswerther als die Anpflanzung einiger Gruppen oder Klumps, weil im letzteren Fall die Erzielung des Erfolges noch dazu erst nach Verlauf mehrerer Jahre lediglich im Bereiche der Möglichkeit liegt. Verschiedene Holzarten bedürfen bei gleichen Umständen verschiedener Behandlung. Buchenwaldungen z. B. entlehnen oft ihre Schönheit mehr dem bewegten Terrain, das ihre Grundfläche bildet, als der Grösse der Bäume und der Ausdehnung des Waldes. Die schönen Buchenhame des Harzes und Thüringer Waldes, die herrlichen Uferwaldungen der hügeligen Küsten Dänemarks und Rügens sind hierfür Belege. In der Ebene macht der Buchenhochwald mehr den Eindruck eines grossen Buschholzes und erhebt sich nie zu dem Ansehen eines ehrwürdigen Haines. Diese Waldungen kommen mehr des Nutzens als der male- rischen Schönheit wegen in Betracht, und pekuniärer Vortheil lässt sich selten mit landschaftlichem Werth vereinigen. Bei der Behandlung von Buchenwäldern ist ausserdem in Betracht zu ziehen, dass die Buche nicht gern im freien Stande gedeiht, wenn sie früher im Schluss gestanden, und besonders alte Bäume sind in dieser Beziehung sehr empfindlich. Als Beispiel des Gesagten möge die Art und Weise dienen, wie der Pktzuld, LaudschaftägärtDvrui. 12 1 78 PFLAKZUNOBN. Buchenwald vor Schloss Ettersburg behandelt wurde, um die Aussicht von letz- terem zu verbessern. Durch zehn geradlinige Gassen (Schneusen) ist der grösste Theil des 4000 Morgen grossen Waldes zum regelmässigen Stern geformt. Auf der Süd- seite des Schlosses dacht sich der mit Bäumen und blühendem GehöLs bepflanzte Schlossberg ziemlich steil in guen Wiesengrund ab, welcher letztere vom Walde begrenzt wird. Gerade über vom Schlosse zog sich vordem, den Wald durch- schneidend und höchst unangenehm in zwei Hälften theilend, eine jener breiten zehn Gassen hinein. (Siehe Abbildung). Sohlou BtMrBburg. Fröhco« Aunloht. Die Silhouette des oberen Waldkonturs gegen den Horizont bietet eine ein- förmige Linie. Diese Linie und besonders die Gasse machten eine Aenderung nothwendig, sie waren die Bew^gründe, welche den Fürsten PCckler, einer Aufforderung des damahgen Erbgrossberzogs, jetzigen Grossherzogs K. H. folgend, bei seiner Anwesenheit daselbst im Jahre 1845 bestimmten, durch Anwendung der Axt im Grossen, ein landschaftliches Bild zu schaffen, welches die ganze Genialität des Schöpfers bekundet. Da die einförmige Horizontlinie nicht zu beseitigen war, so niussten, um Abwechselung in die Ansicht zu bringen, schone Formen im Vorder- und Mittel- grunde des Landschaftsbildes geschaffen werden. Es würde das auch weit leichter und einfacher zu erreicheu gewesen sein, wäre die Gasse nicht vorhanden gewesen, man hätte durch Veränderung des Waldrandes, durch Freistellung einiger Bäume und Baumgmppen, eine bedeutende Wirkung hervorbringen können, wie dies auf der Westseite des Schlosses durch Freistellung einer im Walde befindlichen Partie alter Eichen in ähnlicher Welse meinerseits schon früher geschehen war. Da nun aber die Waidmasse durch jene Gasse durchschnitten war, so blieb nichts anderes PFLANZUNGEN. 179 Übrig, als die letztere, soweit sie vom Schlosse aus sichtbar war, ganz zu cassiren. Nachdem dies durch Niederhauen von etwa 40 Morgen Buchenwald bewirkt war, hat sich das beabsichtigte Resultat herausgestellt Die Wiese zieht sich in den Wald hinauf und verliert sich in demselben, ohne dass man ihre eigentliche Abgrenzung überall sehen könnte. Hier und da sind bald schöne, alte Bäume, bald Sträucher und Gruppen auf der Fläche beibehalten, auch wo nöthig noch neue Pflanzungen zugefiigt; sie dienen dazu, die schwere Waidmasse leichter erscheinen zu lassen; andererseits schneiden sie die Fläche fein und geben ihr Abwechselung. Da im Schluss gestandene Buchen das Freistellen nicht wohl vertragen, so geschah eß auch hier, dass viele derselben an den Stämmen brandig wurden und entweder eingingen, oder längere Zeit brauchten, um sich wieder zu erholen. Hierdurch hat aber die Totalansicht keinen Eintrag erlitten, es haben sich im Laufe der Zeit neue Pflanzungsränder gebUdet, die Konturen sind aber in ihrer Entschiedenheit dieselben geblieben, und es ist gewiss von Interesse zu sehen, wie sich jener bedeutende Aushau, welcher damals nicht geringes Aufsehen erregte, nach Verlauf von 43 Jahren immer vollkommener in seinen grossen Linien heraus- gebildet hat. Die hier folgende treu nach der Natur aufgenommene Ansicht ver- anschaulicht denselben. (Taf. X). Eine der schwierigsten Aufgaben für den Landschaftsgärtner ist die, einen eilten französischen Garten mit seinen prächtigen Lindenalleen und Buchenhecken zu modemisiren. Der natürliche Widerwille gegen das Fällen solcher schöner Bäume vermehrt die Schwierigkeit noch, man wird sie möglichst schonen wollen, und der Erfolg wird sein, dass die Linien der früheren symmetrischen Aufstellung sich immer werden verfolgen lassen, auch nachdem die Reihen durchbrochen und die vereinzelten Bäume mit neuen Pflanzungen umgeben und in die neuen An- lagen hineingezogen sind. Die beschnittenen Hecken sind unter allen Umständen zu rasiren, wenn nicht die Harmonie der künftigen Anlage von vornherein zur Unmöglichkeit werden soll. Auch bei noch so gelungenen Veränderungen dieser Art wird jeder ehrwürdige Baum, den die Axt verschonte, vorwurfsvoll aus der neuen Pracht herausschauen; die neue Anlage wird nie das sein, was man von einem Landschaftsgarten verlangt: ein harmonisch entwickeltes Kunstwerk. Ent- sprechen solche Gärten auch nicht mehr dem ausgebildeteren Geschmack unserer Zeit, so sind sie doch in ihrer starren Grossartigkeit ein getreues Abbild des verflossenen Jahrhunderts und bleiben mit ihren herrlichen Bäumen stets eine schöne Reliquie jener Zeit Häufig wird der Fehler begangen, Einbuchtungen in einem Waldsaume mit junger Pflanzung auszufüllen; dies verräth stets einen schlechten Geschmack, denn der Umriss eines Waldes kann nie zu kühne und unregelmässige Linien für seine landschaftliche Wirkung besitzen; jede versuchte Ausgleichung ist eine Schwächung dieser Wirkung und würde ungefähr denselben Eindruck machen , als wenn man 12* 180 PFLANZUNGEN. die Schönheit einer Eiche erhöhen wollte, indem man die malerischen Furchen und Bisse ihrer Binde ausfüllte. Was nun das Profil des Waldes betrifft , so wurde bei Anführung der per- spektivischen Begeln erwähnt, dass die Veränderung des Grundrisses für nicht zu grosse Entfernung auch dieses ändert, sogar bei Bäumen gleicher Höhe. Da es nun nicht darauf ankommt, wie die Gegenstände sind, sondern wie wir sie sehen, so wird in den meisten Fällen eine kunstgerechte Behandlung des Grundrisses auch eine Verschönerung des Profils zur Folge haben, und eine Arbeit hat uns zur Erreichung zweier Zwecke gedient. Der auf die angegebene Weise für die Bildung eines Parks vorbereitete Wald bedarf zu seiner Vollendung der wohl durchdachten Führung von Wegen, welchen die Axt gleichfalls vorarbeiten muss; die bei der Durchliclitung zu be- folgenden B^eln werden am passendsten in dem nächsten Kapitel ihre Besprechung finden. Femer bedarf die noch nicht vollendete Anlage der Bildung von Rasen- flächen, die wir ebenfalls am geeigneten Orte besprechen werden. Unterhaltung der Fflanzangen. Nachdem wir im Vorhergehenden die Umbildung schon vorhandener Wald- partien zu Parks besprochen und noch früher das Verfahren bei neuen Anlagen ausführlich erwähnt haben, gelangen wir zur Ueberwachung der den Regeln unserer Kunst entsprechenden Entwickelung dieser letzteren, zur Unterhaltung derselben und zur Verjüngung der Pflanzungen, welche für unsere Zwecke den höchsten Grad ihrer Entwickelung erreicht haben und sobald sie sich weiter ausdehnen ihrer landschaftlichen Bestimmung nicht genügen würden. Das Weiter- schaffen der Natur muss in gewissen Grenzen gehalten, dem Uebergreifen der Vegetation muss Einhalt geboten werden, soll nicht aus der Anlage binnen wenigen Jahren eine Wildniss entstehen, die auch ihre eigenthümlichen Schön- heiten entfalten mag, aber sie nicht in einer Weise zeigen wird, die unseren Zwecken entspricht. Solche wildschöne Partien bietet jeder Wald, sie verlieren ihren Charakter, sobald sie zugänglich und geniessbar gemacht werden. Zur Unter- stützung seiner Thätigkeit in dieser Beziehung dient dem Landschaftsgärtner gleichjfells die Axt. Wenn man mit dem Lichten der Pflanzungen beginnt, thut man wohl, nicht mit einem Male alles überflüssig erscheinende Holz zu entfernen, weil wir gesehen haben, dass manche Baumarten, welche im Schluss standen, sich schwer an den ungehinderten Zutritt der Luft und des Lichtes gewöhnen, sondern man entferne beim ersten Schlage nur das bereits unterdrückte und das Stangenholz. Es ist oft ein fünf- bis sechsmaliges Durchgehen mit der Axt, je nach den Eigenthüm- lichkeiten der die Pflanzung bildenden Hölzer, nöthig, ehe dieselbe genügend PFLANZUNGEN. 181 gelichtet ist. Es ist ferner nöthig, dass der Landschaftsgärtner die Ausführung dieser Arbeit persönlich leitet, theils um Fehlgriffen vorzubeugen, theils um während des Hauens sich darbietende Vortheile benutzen zu können. In jedem Falle sieht er, wie sich das Ganze gestaltet und kann danach die getroffenen Maassregeln modifiziren. Deshalb ist es auch nöthig, dass er eine nicht zu grosse Anzahl Arbeiter bei dieser Arbeit beschäftige, damit er jeden Einzelnen um so besser beaufsichtigen könne; hier heisst es: selbst sehen, selbst überlegen und selbst handeln. Wie überall so auch ganz besonders hier, muss der Gäxtner mit eines Malers Auge sehen. Nur zu häufig ist immer noch die irrige Meinung verbreitet, dass mit dem Beendigen der Anlage, d. h. der Pflanzungen, dieselbe nun auch für alle Zeiten fertig sei, und dass die Unterh)Edtung oder vielmehr das Erhalten darin bestehe, dass man alles der Natur überlasse. ZuweUen sind es auch Pietätsrücksichten, welche dem rechtzeitigen Zurückweisen der übergreifenden Vegetation in ihre Schranken zur rechten Zeit hinderlich waren. Man sollte hierbei bedenken, dass das Yerhältniss der Bäume untereinander sowohl, wie zum Ganzen ein anderes in der Jugend war und nachdem sie herangewachsen sind. Oft sind mir Anlagen vorgekommen, die seit vielen Jahren die Axt nicht gesehen hatten, für deren Erhaltung; gar nichts geschehen war; die im Schluss aufgeschossenen Holzarten zeigten dann kleine besenartige Kronen bei einer Höhe von 70 Fuss, Unterholz fehlte gänzlich. So entstellte Partien sind nicht mehr zu regeneriren und werden besser gänzlich entfernt und wieder neu gepflanzt, mit Ausnahme der wenigen Bäume, denen vielleicht der Zufall die Entfaltung malerischer Schönheit gestattet hat; der Landschaft können sie nicht mehr ziu* Zierde gereichen. Die Ansicht Tafel XI, dem weimarischen Park in der Nähe des römischen Hauses entnommen, gewährt einen freundlichen, überraschenden Blick in das Ilmthal , welcher wie die schönen alten Bäume, imter deren Kronen er sich darstellt, früher verdeckt wurde durch das überwuchernde Unterhobs und erst durch dessen Entfernung zur Geltung kam. Im Verlauf der Jahre können Pflanzimgen ihren Charakter in das völlige Gegentheil umkehren; sie waren bestimmt, einen freundlichen, erheiternden Ein- druck zu bewirken, derselbe hat sich dann in einen düstern, melancholischen verwandelt. Diese Veränderung wurde nicht allein herbeigeführt durch die zu- nehmenden Grössenverhältnisse der Pflanzung, sondern auch durch die grosse Verschiedenheit der Charaktere alter und junger Bäume gleicher Art. Auch eine im Verhältniss zur Umgebung zu grosse Pflanzung wirkt drückend auf erstere; befindet sie sich in der Nähe des Wohnhauses, so benimmt sie demselben einen Theil seiner Würde, den nahen Wasserspiegel verkleinert sie, indem sie ihn ver- dunkelt durch die Länge ihrer Schatten; sie macht den Ort feucht und ungesund, 18z PtTANZUNÜEN. indem aie Luft uad Licht abhaJt. Durch Verdeckung freundlicher Fernblicke beschränkt sie überdies die Freiheit der Umsidit und ruft das beäugstigende Gefühl des Gefangenseins hervor. Dieser Fall war im grossherzoglichen Park zu Tieffurt bei Weimar eingetreten. Bis gegen Ende des letzten Jahrhunderts waren hier grosse Anlagen entstanden. Der Ort war der Lieblingsaufenthalt der edlen Herzogin Amalla. Hier waltete in geistreicher Umgebung ihr hoher gebildeter Sinn, der die für Weiraar's Ruhm so bedeutsame Periode herbeiführte, hier war es, wo der an Geist und Charakter so hoch stehende Grossherzog Gakl August durch immer belebende Anregung der um ihn versammelten Heroen der deutschen Wissenschaft und Literatur so bedeutend wirkte, dass dieselbe ihm wen^stens mittelbar unendlich viel verdankt Die Namen WtKi.ANn, Herdbh, Goethe, Scuilleb P&rk ao Tittlart. AoMlolit TOm F»Tilloii vor der UrngMUltiiiis. wird die Nachwelt stets mit hoher Bewunderung nennen. Sie bildeten mit anderen geistreichen Männern und Frauen jenen erhabenen und gewählten Kreis, welcher sich Ettersburg, später Tieffurt zu seinen Versammlungsorten ausersehen hatte. Seitdem war die Anlage in Tieffurt eine ReUquie jener Glanzzeit der deutschen Literatur geblieben; an jeden Baum knüpften sich historische Erinnerungen, jedes anmuthige Plätzchen stand in Beziehung zu einem jener grossen deutschen Namen, die der Unsterblichkeit geweiht sind. Dass hier Pietätsrücksichten gegen eine durchgreifende Reform der Anlagen, so dringlich und unabweisbar sich dieselbe auch erwies, laut wurden, war ebenso natürlich als achtungswertb; dem hochseligen Grüssherzoge Karl Friedrich aber gebührt Dank, dass er zur Reoi^anisation dieses reizenden Ortes Befehle ertheilte und die vollständige Durchführung der- selben zu genehmigen geruhte, bevor die Natur das Werk der Zerstörung voll- endete an den Zeugen der grössten Glanzperiode seines Hauses. Die beiden Ansichten, obiges Bild und Tafel XII stellen den Blick vom PFLANZUNGEN, löd Pavillon zu Tieffurt nach dem Park dar, die erstere vor, die zweite nach der von mir in den Jahren 1845—1850 durchgeführten Umgestaltung. Die auf der ersten Ansicht noch vorhandeneu Pappeln, mit ihnen zwei parallellaufende Reihen hober Erlen, welche die Ufer der Dm einfassten, sind entfernt und es ist ein bedeutender Aushau in den gegenüberliegenden, die Anhöhe bekleidenden Laubwald ausgeführt worden; durch diese Behandlung, sowie durch vor den Laubwald gepflanzte I.isieren gelang es, den früheren freundlichen Charakter des Ortes wiederher- zustellen. Eine ähnliche Au%abe war in Brechelshof bei Jauer in Schlesien zu lösen, einer Besitzung der Freiherrhch von RicHTHOPEN'schen Familie. In früherer Zeit war sie Eigeuthum des Cisterzienser-Kloaters zu Leubus, und der Garten war mit einer Klausurmauer umschlossen, welclie ihn von den umgebenden, mit alten FrühszB Auuioht Tom SchlOM lU BrocholBhof. Eicheu und mit Laubholzpflanzm^en bestandenen Wiesengründen um so mehr trennten, als namentlich längs den das Terrain durchfliessenden Mühlbache, an welchem die Mauer entlang führte, eine doppelte Reihe £>len zu beiden Seiten des Baches hoch emporgeschossen waren. Besonders störend war audi ein sehr unschönes altes Mühlengebäude ganz in der Nähe des Schlosses. Dieses alles ver- deckte die Aussicht vollständig (s. Bild oben). Nachdem die Mßhle, die Mauer und die Erlen entfernt, auch die Pflanzungen in den Wiesen, wo nöthig mit der Axt bebandelt sind und eine bessere Form erhalten haben, ist der Blick in die WieseugrUnde und die Aussicht auf den das Landschaftsbild begrenzenden Hess- berg frei geworden, die prächtigen in den Wiesen befindlidien alten Eichen sind zur Geltung gebracht, und es ist durch diese geringen Mittel ein Naturpark im grossartigen Style entstanden, von welchem hier eine Abbildung folgt. (Taf. XllI). In Amtitz unweit Guben war die Hauptaussicht vom Schlosse und unweit desselben durch einen grossen Bestand von hohen Erlen verschlossen, welche 184 PFLANZUNGEN. das Flüsschen „die Lubst" umgeben, und welche der ganzen Partie einen im hohen Grade drückenden und beengenden Ausdruck verlieh, zumal da auch eine Mauer den hier sehr schmalen Garten begrenzte. Zum Ueberfluss befand sich auch noch hinter der Mauer eine russige Schmiede ganz in der Nähe des Schlosses. Nachdem die Schmiede, die Mauer, sowie sämmtliche sehr unschöne Erlen entfernt und nur wenige Gruppen Ulmen, die sich zwischen den letzteren befanden, beibehalten sind, kamen die hinter dem Erlenbestande befindlichen Wiesen zur Geltung. Das Bild wird begrenzt durch bewaldete Höhen von Nadelholz und es wird wiederum getheilt und eingerahmt durch jene Ulmengruppen, welche auch die weniger interressanten Partien der Gegend verbergen. An Stelle des Be- drückenden und Beengenden befindet sich jetzt eine freie Aussicht von bedeutender Grösse und Tiefe. Die ganze Anlage von Amtitz liefert den Beweis dafür, dass auch eine ebene Gegend durch zweckmässige Behandlung gewinnen kann, sie legt Zeugniss ab von dem feinen Verständniss des kunstliebenden Prinzen von Schön AiCH - C arolath. Zuweilen findet man Pflanzungen und Pflanzungsstreifen mit an sich tadel- losen alten schönen Bäumen, welche das Landschaftsbild durchschneiden und in einzelne Abtheilungen bringen, wodurch dasselbe monoton und kleinlich erscheint, weil ihm der Charakter der Grösse benommen und der Zusammenhang des Ganzen verhindert wird; auch werden oft die interessantesten Gegenstände der dahinter liegenden Partien verdeckt. Diesem Missstande kann nur durch das Aushauen grosser Durchsichten wirksam abgeholfen werden, weil, sobald auch nur einige Bäume am unrechten Ort stehen bleiben, der Kontur der Pflanzung, besonders wenn diese heckenartig von gleicher Höhe war, sich verfolgen lässt. Es wird durch dieses Verfahren nicht nur eine Aussicht gewonnen, sondern auch durch das Licht, dem dadurch der Zutritt in den Vordergrund geöffnet ist, eine freundliche Scenerie geschaffen. Durch passende Einrahmung der Femsicht wird auch hier, wie schon öfter erwähnt, die Wirkung desselben erhöht. Die eigentliche Grenzlinie darf aber in diesem Falle nicht in auffallender Weise sichtbar werden. Wiederholen sich diese Aus- sichten nicht zu oft und ist man nicht zu peinlich in der Ausführung, so sind sie eine wesentUche Verschönerung und Verbesserung der Anlage. Besonders wichtig sind sie für ebene Flächen, wo jede Bodenbewegung fehlt, wo man also die schönen Linien und Formen theils durch Bepflanzung, oder wo diese vor- handen, durch Freistellung einzelner schöner Bäume und Baumgruppen schaffen muss. In dem grossen Naturpark zu Twickel in Holland befinden sich ausgedehnte, üppige Wiesengründe, begrenzt durch einen Waldbestand alter Eichen und Buchen mit einer Bodendecke von Hex und Epheu. Diese Wiesengründe waren getrennt durch einen breiten Streifen prächtiger Eichen und Buchen, fast jeder Baum ein PFLANZUNGEN. 186 Vorwurf für dea Maler. Dieser Bestand von an sich sehr werthvoUeD Bäumen hatte jedoch den grossen Nachtheil , dass er wie ein Querstrich durch die Land- schaft das Bild sehr unangenehm in zwei Tbeile zertheilte und ihm dadurch den Charakter der Grösse und Tiefe benahm, auch weil sich bei dem ebenen Boden und bei gleicher Höhe der Bäume, die Horizontallinie des Bodens in der Luft wiederholte. Um diesen Uebelstand zu verbessern, musste ein kräftiger Durchhieb geführt werden, wozu allerdings einiger Muth erforderlich war. Kleinere Oeffnungeu zur Vereinigung beider WiesengrUnde in einen, würden nicht geni^ haben, sie würden lochartig erschienen sein und das Ganze würde den Eindruck einer zer- störten Allee gemacht haben, auch würde man die Horizontallinie in der Luft nicht los geworden sein. Hierdurch wäre ein mai^lhaftes, unfertiges Bild entstanden. Park lu IViokel. Aiuicht einer SaumpfluisuiiK KTOBser B&ume. Das Ganze musste in grössere und kleinere Gruppen geteilt, ihm hierdurch Ent- schiedenheit in der Form gegeben und auch die einzelnen immer noch mächtigen Gruppen und einzelnen schönen Bäume zur Geltung gebracht werden. Es war dies nur möglich durch die Entfernung vieler an sich nicht minder werthvoller Bäume. Nachdem sich der Besitzer, Herr Baron van Heeeerem van Wassenaak von der Nothwendigkeit dieser Operation überzeugt und dazu entschlossen hatte, ist dieselbe in der Weise ausgeführt, wie die nebenstehende Ansicht Tafel XIV anschaulich macht Hierdurch hat das ganze Landschaftsbild eine vorher nicht vorhandene Grösse und Tiefe gewonnen, und es sind auch die freigestellten Bäume und Baumgruppen zur vollen Geltung gekommen, was vorher, als sie im Schluss standen nicht der Fall war; es sind hierdurch schöne Linien und Formen für das Auge geschaffen' worden. Bei Veijüngung grosser Anlagen ist es nöthig, dass die Hauptausstchten zu- erst geöffnet und die Horizontale berücksichtigt werde, dann erst werden Mittel- 186 PFlASZUSaEN. und Vordergrund in Angriff genommeu. Um Aussichten in der früheren Breite wieder frei zu machen, sind oft ganze Pöanzungsflügel wegzuhauen, welche in das Bild hineingewachsen waren. Die Einrahmung darf nie eine von beiden Seiten des Bildes in den Mittelgrund tretende alleeartige Anordnung der Lnuhgrnppirungeii des VordergniDdes sein, noch darf sie den Eindruck eines in die Pflanzung ge- hauenen Loches macheu. Man bemerkt oft sonderbare Mis^^ffe beim Freihaueo von Aussicliten. Der schlimmste ist der, dass die früher den Bhck beschränkende Laubpartie mit der Scheere in einer horizontalen Fläche gerade in der Höhe be- schnitten wird, dass sie die verdeckte Aussicht eben sichtbar macht. Ein in dieser Form gebotenes I^mdschaftsbild ist völlig ungeniessbar. Wo die Pflanzung nicht den Zweck der Deckung verfolgt, wird sie am zweck- mässigsten regelrecht (in unserem Sinne) durchforstet; ist sie zugleich Gürlel- pflanzung, so verfahrt man so, dass man die Pflanzung uacli ihrer Längenausdehnung in halber Breite mit der Axt behandelt und erst, wenn das dadurch erzielte Unter- holz zur Geltung gekommen ist, die zweite Hälfte auf gleiche Weise vornimmt. Sind solche Pflanzungen schmal, so ist ihre Behandlung schwierig, besonders wenn sie unschöiiü Gebäude oder audure mehr in die Augen fallende Gegenstände ver- bergen soUcn. Es muss hier darauf gehalten werden, dass die Silhouette gegen die Luft schöne, abwechselnde Linien bilde, und was die Deckung betrifft, muss jeder Ast geprüft und berechnet werden. Die Bäume müssen in diesem Falle bald höher oder niedriger geköpft, bald zur Verjüngung und Erneuerung des Unter- busches, dessen Aufgabe es besonders ist, den Schluss der Pflanzung zu bilden und sie zur Erfüllung ihrer Aufgabe zu befähigen, bis auf die Wurzel niedei^ehauen l'Cl^NXUNOBN. 187 werden; jedes heckeuartige Behandeln ist hierbei sorg<ig zu venneiden. Ge- mischte Pflanzungen erfüllen liier den Zweck am besten, müssen aber aus Hölzern bestehen, die den Hieb gut vertragen. Wo eine Pflanzm^; durchbrochen und ein ausserhalb der bisherigen Grenze gelegenes Stuck Land in die Anlt^e hinein- gezogen werden soll, ist darnach zn trachten, die alte Grenze vorsichtig und un- gezwungen aufzuschliessen und durch Schaffen eines ansprechenden Vordergrundes die Verbindung beider 'ITieile zu vermittehi. Der Park zu Muskau umgiebt die Stadt auf beiden Seiten ihrer Längenansdeh- nung und wird durch dieselbe in zwei Theile getheilt. Durch ein später erworbenes Park ni Muokou. W^lldboirMbaene steUe DfarparÜB ui d«r NedMa. Grundstück ist die Vereinigung beider Theile möglich geworden. Die gegebenen beiden Ansichten, Bild auf Seite 186 und Tafel XV, zeigen die Art und Weise, wie dies geschehen; die erstere zeigt den Grenzzaun und die Saumpflanzung ausserhalb der frühem Parkgrenze, die letztere veranschaulicht, wie sich das Bild gestaltet, nachdem die Saumpflanzung durchbrochen, der Verbindungsweg nach dem Bergpark hergestellt und der Blick in den Schlosspark geöffnet ist. Das so eröffnete Bild entwickelt sich bei jedem Schritte mehr und mehr. Der Umfahningsweg theilt den Vordergrund und verbindet den etwas entfernten Bergpark mit dem Schlosspark. Die Abbildungen Seite 187 und Tafel XVI, ebenfalls dem Muskauer Park ent- nommen, zeigen die erstere das wildbewachseue steile Ufer der Neisse, die zweite dieselbe Partie, nachdem ein Durchhau den Blick auf den nahen Fluas frei gemacht hat, sie sollen eine Andeutung sein für die Behandlung des Vordergrundes mit der Axt beim Freimachen von Fernsichten. 188 PFLANZUNGEN. Noch folgt hier das Beispiel eines Haues, welchen ich ebenfalls Gelegen- heit hatte auszuführen. Durch Lichtung der Ufer des Ilmflusses wurde es möglich, von der Schillerbank im Park zu A\eimar eine Aussicht auf Goethe's Garten- haus zu gewinnen. Eine prächtige alte Esche {Fraxinus excelsior L.) giebt dem Bilde den Rahmen. (Tafel XVn.) Beim Verjüngen alter Pflanzungen isl endlich noch zu erwähnen, dass man oft genöthigt ist viel mehr wegzuhauen und wiederum durch neue Pflanzungen zu ersetzen, als es der Fall sein würde, wenn man die vorhandenen Stangenhölzer wieder verwerthen könnte. Bei der Operation des Hauens gilt es mit Energie einen Entschluss zu fassen und dann die Arbeit auch consequent durchzuführen. In jedem Falle muss man aber so hauen, und den auf die Wurzel gesetzten Bäumen soviel Luft und Licht geben, dass sie auch wieder einen kräftigen Wurzelausschlag erzeugen können. Bei einem blossen Ausdünnen der Pflanzungen schlagen die Stöcke zwar wieder aus, sie gehen aber aus Mangel an Luft und Licht im zweiten und dritten Jahr wieder zurück und mau schadet durch eine solche Operation mehr als man nützt. Wenn auch der Nutzen bei der Führung der Axt durch den Gärtner in den Hintergrund tritt, so lässt sich derselbe doch vereinigen mit den verfolgten ästhe- tischen Zwecken; unter allen Umständen ist der Hieb so auszuführen, dass er den Pflanzungen statt des gehoflten Nutzens nicht Schaden bringe, sei es ideell oder materiell betrachtet. Wie er dies vermeiden kann, soll im Folgenden erörtert werden. Der Unkundige wird stets nach beiden Seiten hin Fehler begehen, er wird ideell am unrechten Orte, materiell nicht im richtigen Maasse hauen. Das Führen der Axt im ersteren Sinne ist uns aus dem Bisherigen klar ge- worden, im letzteren Sinne führen wir unser Werkzeug auch mit Berücksichtigung der forstmännischen Grundsätze, so weit dadurch die unsrigen nicht beeinträchtigt werden; denn es wird dem Landschaftsgärtner seine Wirksamkeit bedeutend erleich- tern, wenn er die Unkosten, mit denen sein Schaffen nun einmal verbunden ist, durch überlegtes Handeln möglichst reduziren kann, wobei nicht ausser Acht zu lassen ist, dass trotz der allgemein gewordenen Verwendung der Stein- und Braunkohlen und des Torfes als Brennmaterial doch der Werth, besonders des Nutzholzes, durch das frühere schonungslose Behandeln der Waldbestände bedeutend gestiegen ist. Die Lebensdauer der Holzarten ist sehr verschieden. Während die der Eiche auf 900 Jahre festgesetzt ist, indem man annimmt, dass sie 300 Jahre wächst, 300 Jahre in voller Kraft grünt, 300 Jahre zurückgeht (natürlich wird hier von störenden Einwirkungen abgesehen, die einen vernichtenden Einfluss auf ihre Lebenskraft ausüben), bis sie endlich abstirbt, und während Linden, Ulmen, Eschen, Ahorn und andere Bäume ebenfalls ein sehr hohes Alter erreichen: wird das durchschnittliche Alter der Erlen, Pappeln, Weiden, überhaupt der schnellwüchsigen PFLANZUNGEN. 189 und weichen Hölzer , nur auf 50 bis 80 Jahre angenommen. Sehr verschieden ist daher auch die Schlagbarkeit der Hölzer als Hochwald, in welcher Form dieselben zwar den höchsten Nutzholzertrag geben, wo man aber auf Stock- oder Wurzelaus- schlag nicht mehr rechnen kann, und sie steht in der Regel mit der Lebensdauer derselben in der engsten Verbindung. Bei Nadelhölzern, sie mögen jung oder alt sein, ist bekanntlich nie auf Wurzel- oder Stockausschlag zu rechnen. Die Ausschlagsfähigkeit der Holzarten, d. i. das Vermögen, aus Stamm oder Wurzelstock wieder neue, kräftige Triebe zu entwickeln, hängt nicht allein von der Holzart selbst, sondern auch vom Boden und Standort ab. Guter Boden giebt natürlich kräftigen, magerer dagegen nur schwachen Ausschlag. Auf gutem, flach- gründigem Boden wird der Ausschlag in grösserer Masse stattfinden, weil die Wurzeln flach liegen und durch Luft und Wärme gereizt werden, auszutreiben; ein Gleiches geschieht in trockener und warmer Lage, während nass und kalt stehende Bäume diese Fähigkeit nur in geringem Grade besitzen. Auch im Schatten schlagen Wurzelstöcke nur schwer aus, und wenn sie es thun, so sterben die Schossen sehr leicht wieder ab. Die Einwirkung von Licht und Wärme ist daher das erste Bedürfniss. Manche Bäume entwickeln im ersten Jahre nach dem Schlagen nur Augen oder Knospen, und treiben im zweiten erst aus, wie Buchen, Hainbuchen, zuweilen auch Eichen und Kastanien. Nicht minder wichtig ist die Kenntniss, wie die verschiedenen Holzarten ihrer Natur gemäss ausschlagen. Einige thun es vom Stocke (dem abgehauenen Stamme) aus, andere nur aus den Wurzeln, wieder andere setzen Wurzelbrut an, oder liefern Stock- und Wurzelausschlag zugleich. Die Kenntniss des Alters, bis zu welchem man bei aus Samen gezogenen Bäumen noch auf kräftige W^urzelschossen rechnen kann, ist ebenfalls von höchster Wichtigkeit. Solche auf die Wurzel niedergehauene Bäume erlangen gewöhnUch nicht wieder ihre naturgemässe Höhe, bilden aber sehr schöne mehrstämmige Gruppen und besonders schöne Sträucher. Dagegen erreichen solche, die aus Steck- lingen gezogen werden, wie Weiden, Pappeln und andere, dieselbe Grösse wie normale Bäume, wenn man nur einen Haupttrieb aufkommen lässt. Als Anhang zur Be- sprechung der Pflanzungen folgt eine Tabelle, welche mit der Lebensdauer und Haubarkeit der gebräuchlichsten Holzarten bekannt macht. Schon einmal niedergehauene Bäume (der Stockausschlag,) schlagen nach der nächstfolgenden Wiederholung der Operation besser aus, als das erste Mal; doch ist der Hieb stets so zu führen, dass etwas vom jungen Holze verbleibe, weil dieses williger ausschlägt als das alte, und damit der überflüssige Saft durch dasselbe Abzug finde. Sind veredelte Bäume zu hauen und in ihrer Eigenschaft als solche zu erhalten, so muss der Hieb natürlich über der Veredelungsstelle geführt werden. Das Köpfen ist eine nur im Nothfalle zu verrichtende Operation, die aber 190 PFLANZUNGEN. doch oft nicht zu vermeidea ist, weshalb dem Gärtner auch diejenigen Baumarten bekannt sein müssen, welche eine solche Operation ohne Nachtheil vertragen. Bei Nadelhölzern muss sie unmittelbar über einem ihrer Wirtel oder Quirle vorgenommen werden, und die diesen letzteren bildenden Zweige werden in die Höhe gebunden. Die Haupttriebkraft geht zwar sehr bald in einen dieser Aeste über, der dann auch ohne die beobachtete Vorsicht seine Richtung au&trebend nimmt, oder die oberen Aeste theilen sich in die Kronenbildung, die dann in Form eines Kandelabers stattfindet; aber besonders für die erste Zeit wird das Aussehen des verstümmelten Baumes etwas durch das Aufbinden gebessert und den Zweigen auch der Uebergang in die vertikale Richtung dadurch erleichtert. In manchen Gegenden, namentlich in Schlesien, herrscht die Sitte oder besser Unsitte, die Bäume, besonders Eichen, Linden und Pappeln ihrer sämmtlichen Aeste zu berauben, um Futter für die Schafe zu gewinnen. Dem Freunde land- schaftlicher Schönheit sind solche ihres Schmuckes beraubte Bäume, welche, wie Fürst PüCKLEB sagt, ihre nackten Stämme wie um Rache flehend gen Himmel strecken, ein wahrer Greuel, da sie ganze Gegenden verunstalten. Das einzige Hülfsmittel, solchen verunstalteten Bäumen eine neue Kronenbildung zu ermöglichen, ist das Köpfen. Aspen und Birken vertragen das Köpfen gar nicht. In Betreff der Behandlung der lebendigen Zäune und Hecken ist zu bemerken, dass dieselben ein mehrmaliges Schneiden jährlich verlangen, nämlich einen kräftigen Schnitt im Frülyahr vor Austrieb der Blätter und einen dergleichen im Mai, sowie ein leichtes Einstutzen der jungen Triebe im August, damit sie nicht zu sehr von Neuem zum Austreiben wiederum gereizt werden und das Holz noch vor dem Eintritt des Winters seine gehörige Reife erhalte, da der Schnitt sonst, selbst bei unseren einheimischen Hölzern, leicht von der Winterkälte leidet. Besondere Berücksichtigung beim Hauen der Pflanzungen verdient das Licht, welches ftLr die eine oder andere Pflanzenart ein grösseres oder geringeres Be- dürfniss ist und Fingerzeige für den Verfolg dieser Operation geben muss. Denn während einige Bäume, wie die Lärche und das Taxodium (die einzigen Nadelbäume, welche den Rasen aufkommen lassen), den ungehinderten Genuss des Lichtes ver- langen, ertragen andere jahrelang den Schutz und Schatten anderer Bäume, einzelnen ist der Schatten sogar Bedürfniss. Die Erfahrung allein giebt für das grössere oder geringere Lichtbedürfhiss den Anhaltspunkt. Alle Baumarten mit lockerem Kronen- bau und lichten Blättern sind lichtbedürftig, besonders Weide, Birke, Gleditschia, Akazie, Pappel, Esche, Eberesche, Wallnuss und dergleichen; die mit dunklerem Laube und dichter gebauter Krone vertragen den Schatten schon besser, wie die Eiche, Ulme, Kiefer, die Ahornarten, die Platane, Erle, die Pirus- und Prunusarten, der Cratägus, die Linde, Hainbuche und Edelkastanie; die Bäume schwerer Form bedürfen sogar des Schattens, um zu gedeihen, sie sind an denselben gewöhnt durch ihre eigene dichte Beschattung. Als Beispiel sind anzuführen die Rosskastanie und PFLANZUNGEN. 191 Rothbuche, der Taxus und alle übrigen Nadelhölzer, die als lichtbedürftig genannten ausgenommen. Gerade diese letztgenannten Bäume sind die unduldsamsten, sie leiden kein Unterholz, überhaupt keine Vegetation unter sich, mit Ausnahme der schatten- suchenden Moose und Farrenkräuter; wo also Unterholz ein Bedürfiiiss ist, sollte man sie gamicht in geschlossenen Pflanzungen verwenden. Was die Nadelbäume betrifft, so sind sie ebenso empfindlich gegen den Druck, als sie nach Schatten verlangen. Von Jugend auf frei stehende Bäume können hier nicht als Norm in ihrem Verhalten gelten. Ihre Kronenbildung beginnt sehr früh und vollständig und sie vermögen sich durch ihren eigenen Schatten zu schützen. An steilen Ab- hängen stehende Bäume vertragen durchschnittlich von oben her mehr Schatten, sie gemessen Licht und Luft seitlich. Die genannten Bäume wollen ihren Bedürfiüssen entsprechend behandelt sein. Beine Buchenbestände halten sich dicht geschlossen sehr gut und scheiden die un- kräftigen, nicht Schritt haltenden Stämme sehr bald selbst aus. Nach einem Alter von 30—40 Jahren verlangen dieselben eine erste kräftige Durchforstung, welche wiederholt werden kann nach weiteren 40 Jahren; denn das 80ste Lebenswahr nimmt man bei der Rothbuche als dasjenige an, in welchem sie die grösste Längenaus- dehnung erreicht hat und in dem die Ausdehnung in die Breite beginnt Die Eichen stellen sich schon von selbst viel lichter; man durchforstet sie schon in früher Jugend stark; sie gedeihen besonders gut in gemischten Beständen und begünstigen die Entwickelung des Unterholzes, wie schon früher bemerkt, un- gemein, während sie selbst einen warmen, geschützten Fuss lieben. Ulmen, Linden, Ahorn und Eschen gedeihen frei stehend weit rascher als Buchen, während sie im Schluss, jedoch nicht zu gedrängt stehend, mit diesen gleichen Schritt halten. Hainbuchen und Erlen verhalten sich wie die Eichen, und verlangen zeitige und starke Durchforstung; bei letzteren ist dieselbe wegen des bedeutenderen Zu- wachses, und weil das absterbende Holz einem schnelleren Verderben unterworfen ist, öfters zu wiederholen. Ein Gleiches ist bei den Birken der Fall, und diejenigen, die als Ausfüllung in den verschiedenen Pflanzungen dienen, werden, sobald sie die besseren, eigentlich zum Dominiren bestimmten Holzarten belästigen, gänzlich durch Heraushauen entfernt. Sie geben übrigens, wenn sie zeitig zu Busch gehauen werden, einen dichten und kräftigen Stockausschlag, der schon nach Verlauf einiger Jahre gute Böttcherreifen liefert; doch ist dieser Stockausschlag nur von verhältnissmässig kurzer Dauer; sie schlagen nur so lange aus, als die Rinde am unteren Stamm nicht rissig ist. Auch die Lärche verlangt, ihrem Lichtbedürfniss entsprechend, einen frühen und starken Durchforstungsbetrieb. Die Fichte und Tanne verlangen dunkle Durchforstung, d. h. man darf auf einmal nur wenig heraushauen; denn stark durchforstet sind sie wegen ihrer 192 PFLANZUNGEN. windfangenden Aeste und flachen Wurzelbildung (besonders die Fichte, denn die Tanne treibt auch Pfehlwurzeln) dem Wind- und Schneebruche zu sehr ausgesetzt. Selbst in einem hohen Alter erhalten sie sich noch geschlossener als die Buchen, und jede andere Holzart ist verbannt, wo sie dominiren. Die Weymouthskiefer verträgt nur einige Jahre Schatten, die gemeine und die Schwarzkiefer sind noch empfindlicher dagegen. Da die Schönheit der Nadelhölzer vorzüglich auf der vollständigen Beastuug und Bedeckung des Stammes beruht, so muss man, um diese zu erhalten, die voll- ständig bezweigten Exemplare von Jugend auf auch in den Pflanzungen frei stellen. Dieses darf nie versäumt werden und es ist deshalb ein fortwährendes Ueberwachen nothwendig. Haben die Nadelhölzer ihre unteren Zweige einmal durch Absterben eingebüsst, so erhalten sie dieselben nie wieder, weil sie sich nicht regeneriren. Je öfter die Arbeit des Durchforstens vorgenommen wird, desto besser flir das Gedeihen der stehengebliebenen Baum- und Straucharten. Für Parkpflanzungen kann man annehmen, dass ein fünf- bis achtjähriger Turnus vollkommen genüge, vorausgesetzt, dass nicht besondere Umstände eingetreten sind, sondern die Pflanzung sich regelmässig entwickelt hat. Die Beschaffenheit des Bodens und der ursprüng- lich verwendeten Pflanzenexemplare ist übrigens ganz besonders bestimmend für die Dauer des Turnus. Durch die angegebene Behandlung der Pflanzung lassen sich Bäume und Sträucher jeder Grösse erhalten, und dieselbe wird stets Schluss und Mannigfaltig- keit bieten. Pflanzungen im Blumengarten und dem Pleasureground verlangen eine jährliche Durchsicht mit Axt und Messer, wobei man aber mit grosser Vorsicht verfahren muss, damit die Formen dieser Miniaturgruppirungen nicht leiden; die- jenigen Blüthensträucher, deren Blüthenreichthum durch das Verschneiden gefährdet wird, wie Flieder, Exochorda, sind zu schonen, viele derselben treiben aber bei rationellem Beschneiden um so reichlichere Blüthen, wie Rosen, Spiräen und andere. Das Ausdünnen und Entfernen des alten Holzes wird in den genannten Tiieilen des Parkes genügen, wenn es alljährlich wiederholt wird, es darf aber nicht in ein all- jährlich wiederkehrendes Beschneiden und Einstutzen der Gehölze ausarten, man muss dieselben sich frei entwickeln lassen und nur da wo nöthig eingreifen. Selbst- verständlich sind hiervon diejenigen Gehölze ausgenommen, welche alljährlich ge- schnitten werden müssen, wie Rosen, einige Spiräen etc., doch darf auch dieses Beschneiden nicht nach Art einer Hecke geschehen, sondern muss durch Ausheben und Einkürzen des überflüssigen Holzes bewirkt werden. Fangen Schmucksträucher an kahl zu werden, was besonders bei alten Exemplaren häufig der Fall ist, so bleibt das W'eghauen bis auf die Wurzel und die dadurch bewirkte Erzeugung kräftiger Wurzelschossen das geeignetste Mittel zur Abhülfe. Die Konturen einer neuen Pflanzung werden, wenn auch die Anlage mit Sach- kenntniss gemacht wurde, in den ersten Jahren stets hart und erkünstelt, mit einem k. PFLANZUNGEN. 193 Worte arm erscheinen; doch vermittelt die Natur diese Härten sehr bald, und ist erst das Lichten der Pflanzung zulässig, so kann man leicht den Linien den ge- wünschten Schwung geben. Wann eine Pflanzung das erste Mal zu durchforsten ist, hängt von der Beschaffenheit des Bodens und der Art der Mischung der Pflanzung ab. Bei gutem Boden ist diese Arbeit schon nach Verlauf von fünf Jahren mit Erfolg zulässig, nach- dem bis dahin die Pflanzung gleich einer Baumschule benutzt worden ist, indem die- jenigen Pflanzen, welche nur zur Füllung dienten, anderweitige Verwendung fanden. Hat man den richtigen Zeitpunkt versäumt und beginnt das junge Holz bereits, in Folge des allseitigen Druckes stangenartig emporzuwachsen, so ist eine gründ- liche Durchsicht mit der Axt unumgänglich nöthig, weil so behandelte Bäume dann einige Jahre hindurch seitliche Triebe nur schwer ansetzen, wenn es ihnen in diesem frühen Lebensstadium auch endlich doch noch gelingt. Die Versäunmiss des ersten Durchforstungstermins hat aber auch den grossen, später sehr nachtheilig einwirkenden üebelstand, dass die schlank und hoch auf- geschossenen jungen Stämme der Laubholzbäume ihre Kronen, nachdem sie frei- gestellt sind, kaum mehr zu tragen vermögen, und dass sie durch die eigene Schwere derselben, besonders wenn Wind, starker Regen oder Schnee deren Einwirkung noch unterstützen, sehr leicht niedergebogen und geknickt werden können. Dass durch diesen Umstand das Gedeihen der Pflanzung wie ihr Ansehen nicht begünstigt wird, liegt klar auf der Hand, und so straft sich jede Vernach- lässigung, die man sich zu Schulden kommen liess. In dem angegebenen Falle muss man auch darauf sehen, dass diejenigen Stämme, welche in der bezeichneten Weise sich entwickelt haben, beim Durchforsten nicht gleich so vollständig freigestellt werden, dass sie keine Stütze gegen die angegebenen Einflüsse finden, und wo dies dennoch geboten erscheint, sind sie entweder zu pfählen und zwar in der Weise, dass der junge Stamm unmittelbar unter der Krone befestigt wird, oder sie müssen zurückgeschnitten werden. Die Vortheile des wohlüberlegten Wirkens mit der Axt werden sich sehr bald aus dem ganzen Aussehen der Pflanzung ergeben: sie wird sich dichter und voll- kommener gestalten, als olme die Anwendung derselben, und ihre Konturen werden sich doch leicht imd schön bauen; die alte Gärtnerregel, dass, wer einen schönen Strauch erzielen will, erst Bäume pflanzen und dieselben rechtzeitig niederhauen müsse, bewährt sich hier vollkommen. Die VorzügUchkeit gemischter Pflanzungen reinen Beständen gegenüber zeigt sich bei der Erhaltung derselben ganz besonders. Verschiedenartige Pflanzen ent- nehmen dem Boden verschiedene Bestandtheile, die ihnen zur Nahrung dienen, und beeinträchtigen ihr gegenseitiges Gedeihen nicht; indem so eine grössere Holzmasse gewonnen wird, ist das Durchforsten ergiebiger, der Boden wird mehr geschont und geschützt, als bei besonderen Beständen, und namentlich vermeiden Raupen Pktzold, Landsehaftagftrtnoroi. 1 3 194 PFLANZUNGEN. und andere Insekten, die stets eine und dieselbe Baumart mit ihren Verwüstungen heimsuchen, eher gemischte Pflanzungen, weil ihre schädliche Wirksamkeit in den- selben mehr behindert ist als in reinen Bestanden. Wo sie aber wirkUch in Misch- pflanzungen einfallen, werden die Spuren der Zerstörung nie so aufiiallend sichtbar werden, indem sich dieselben auf nur eine Baumart beschränken. Bei Pflanzungen auf sehr dürftigem Boden ist aus anderen Gründen als bei denen auf gutem Boden ein baldiger Abhieb nöthig und es ist dieser oft das einzige Mittel zur Erhaltung. Der sterile Boden bietet wenig Nahrung, der Wurzelstock wird dadurch verhältnissmässig stark entwickelt, indem sich die Wurzelverästelungen weit ausbreiten müssen, um sich die spärhch gebotene Nahrung anzueignen, die dennoch nur eine dürftige Entwickelung des Stammes ermöglicht Solche Pflanzen, welche ein kümmerliches Ansehen bieten, erhalten oft durch Niederhauen auf die Wurzel neues Leben und treiben kräftige Wurzelschossen. Ueber die Zeit, in welcher die Arbeit des Hauens am zweckmässigsten und YortheUhaftesten vorzunehmen sei, ist man sehr getheilter Ansicht; die einzelnen Baumarten verlangen darin ganz verschiedene Berücksichtigung. Für die Mehrzahl der Laubhölzer erfolgt der kräftigste Ausschlag, wenn der Hieb kurz vor dem Steigen des Saftes, bei uns also im Februar und März, vor- genommen wurde. Bei der Buche ist erfahrungsmässig der Hieb im Saft zweck- mässiger als im Herbst oder Winter, dagegen verlangt die Birke den Winterhieb, imd auch die Erle kann zu dieser Zeit ohne Nachtheil gehauen werden. Wo viel zu hauen ist, muss diese Arbeit vom Anfang November an den ganzen Winter hindurch fortgesetzt, nur bei Schnee, der einem guten, tiefen Abhieb hinderlich ist, muss sie ausgesetzt werden. Ist es von Wichtigkeit^ dass der hervorzurufende land- schaftliche Eflekt sich sogleich vor Augen stelle, so ist es am zweckmässigsten, das Hauen im Sommer oder Spätsommer, in welcher Zeit die Bäume noch in vollster Belaubung stehen, vorzunehmen; es lässt sich dann am besten bestimmen, was zu entfernen ist. Bei einigen Holzarten z. B. den Ahomarten, ist der Sommerhieb sogar, wegen des künftigen kräftigeren Ausschlags, zweckmässiger, wenngleich zu dieser Zeit das dadurch gewonnene Holz den germgsten Werth hat. Dass dürres Holz, welches durch Spätfröste oder dergleichen Umstände ent- standen ist, stets entfernt werden muss, sobald es sich zeigt, versteht sich von selbst, ausgenommen die wenigen Fälle, in denen trockene Aeste, wie bei alten Eichen oder Weiden, von malerischer Wirkung sind. Zu diesen Ausnahmen gehört auch das Stehenlassen ganzer Baumleichen, die mit Schlingpflanzen bekleidet oft von hohem malerischen Werth sind. Von den stehengebliebenen Bäumen lasse man keine Aeste, selbst die unteren nicht, wegnehmen, sie schützen den Boden vor dem Austrocknen und verhindern überhaupt den schädlichen Einfluss der bewegten Luft, abgesehen davon, dass diese Behandlung die Bäume ihrer Schönheit beraubt. PFLANZUNGEN. 195 Beim- Fällen grösserer, inmitten einer Pflanzung stehender Bäume ist daher die grösste Vorsicht anzuempfehlen, damit die stehengebliebenen Bäume durch den Sturz derselben möglichst wenig beschädigt werden, weshalb anzurathen ist, vorher die Aeste des zu fällenden Baumes wegzunehmen und den Baum mit Seilen nach der Seite hinzuziehen, wo er keinen oder doch nur geringen Schaden verursachen kann. Stürmisches Wetter macht ebensowohl die Operation des Abhauens als die des Pflanzens grosser Bäume zur Unmöglichkeit, da dieselben dann gar nicht zu regieren sind. Die Arbeit des Hauens darf nur von tüchtigen, gewandten Arbeitern aus- geführt werden; die Werkzeuge müssen gut geschärft sein. Der Hieb muss glatt und schräg, wo möghch von unten nach oben geführt werden, damit kein Regen- wasser auf der Schnittwunde stehen bleibe, und besonders bei Sträuchem und kleineren Bäumen der Wurzelstock nicht zu sehr erschüttert wird. Er darf nicht durch Splittern Holz und Rinde nach unten hin verletzen und ist bei den meisten Holzarten möglichst nahe dem Boden zu führen; die Buche verlangt mindestens drei Finger hoch Holz über dem Wurzelstock. Die Anwendung der Säge ist von Nachtheil ; wo dieselbe aber durch die Be- schaffenheit der Stämme geboten wird, da ist die Schnittfläche noch mit einem scharfen Beil oder Messer möglichst zu glätten, um die leichtere Ueberwellung zu befördern. Nach diesen Grundsätzen ist der Park von Muskau behandelt. Der Fürst PüCKLE», obgleich er selbst die besten Regeln aufgestellt, hat sich doch zum Hauen in seinen Anlagen niemals entschliessen können; er hat zwar hie und da einen Baum, einen Ast weggenommen, eine durchgreifende Operation aber niemals gestattet. Ja, als der intelligente Garteninspector des Fürsten, Rehdek, während dessen mehr- jähriger Abwesenheit im Orient, die Pflanzungen weil sie durchsichtig wurden imd allen Schluss verloren, wenn auch nur im Kleinen verjüngt hatte, war der grösste Undank sein Lohn, der Mann musste unverdienter Weise viel Bitteres erfahren, bis der Fürst sich später überzeugte, dass Rehder doch Recht gehabt hatte. Dennoch bUeb es mit dem Hauen beim Alten. Der Fürst hatte in Muskau 35 Jahre gepflanzt, und es erschien, als ich mit meiner Anstellung daselbst im Jahre 1852 die schwierige Aufgabe erhielt, die grossartigen Anlagen desselben, das bedeutendste Werk seines Lebens, zu erhalten und weiter zu fuhren, zunächst als dringendstes Bedürfhiss das Durchforsten der Pflanzungen, weil sie zu Stangenholz geworden, den Schluss verloren hatten, und viele der früheren Aussichten fast zugewachsen waren. Obgleich dieses Vorhaben selbstverständlich mit Genehmigung des hohen Besitzers des Prinzen Friedrich DER Niederlande geschah, so erhob sich dennoch die Stimme des Publikums, welches sein Verdammungsurtheil darüber aussprach. Man scheute sich nicht, beim Fürsten selbst mich als den Zerstörer seines Kunstwerkes anzuklagen. Und hier 13* 196 PFLANZUNGEN. war er es, welcher mich in Schutz nahm ; und als er später den verjungten Muskauer Park wiedersah, hatte ich, wie früher bei Verjüngung des Parks in Tieffurt, die Genugthuung, dass er alles was ich gethan in vollem Maasse guthiess. Der Muskauer Park, welcher 3000 Morgen Pflanzungen enthielt, ist in 28 Jahren dreimal durchforstet worden, ich habe diese Arbeit stets speciell über- wacht und jeden wegzunehmenden Baum selbst angezeichnet Das Hauen erfolgte in der Art, dass auch in den Pflanzungen die Bäume je nach Individualität oder Bedürfhiss bald einzeln, bald in kleinen oder grösseren Gruppen, und in diesen wiederum so gestellt wurden, dass sie sich frei ausbilden konnten. Auch die zum Theil sehr dicht gepflanzten Baumgruppen auf den Rasen- und Wiesen- flächen sind in gleicher Weise überwacht, die unterdrückten und übrig gewordenen nach und nach mit Vorsicht hinweggenommen worden. Oft hatte der Fürst auch kleinere Schrubbs gepflanzt, um in ihnen schöne Bäume zu erziehen, weil sich im geselligen Beisammenstehen die Pflanzen früher und besser ausbilden. Auch diese wurden, nachdem dieser Zweck erreicht war, vom Unterholz befreit und frei gestellt. Dieser Art der Behandlung, wonach man die Bäume in ihrer malerischen Entfaltung und Ausbildung stets begünstigt, hat der Muskauer Park seine vielen, prächtigen Bäume jeder Art zu danken. Es ist dieses Beispiel hier angeführt als Beweis, dass die Axt das einzige Mittel der Erhaltung und Fortbildung bietet. Wie nöthig es ist, dass der Landschaftsgärtner die Hauungen selbst leitet, weil hierin begangene Fehler nicht wieder gutgemacht werden können, möge folgendes Beispiel lehren. In der Nähe des Schlosses Altenstein in Thüringen senkte sich ein mit Obstbäumen bestandenes Thal herab, welches von Buchenwaldung eingefistöst war. Dieses Thal hatte Fürst Pückler bei seiner Anwesenheit im Jahre 1847 durch Entfernung der Obstbäume geöffnet. Nachdem dies geschehen, stellte es sich heraus, dass diese Oeffnung nicht bedeutend genug war, und da der Fürst diese Arbeit zu beendigen behindert wurde, weil sie» noch weitere Umgestaltungen zur Folge hatte, wurde dieselbe, auf Grund einer Empfehlung des Fürsten an Seine Hoheit den Herzog von Sachsen-Meiningen, mir übertragen. Die Erweiterung oder Verbreiterung des Thaies musste nach der rechtsgelegenen Bergseite erfolgen, da der Waldsaum auch hier eine einförmige Linie bildete, welche dadurch eine bedeutende Abwechselung erhalten sollte, weil sich in diesem Walde und unweit der Grenze desselben zwei isolirte Felskegel befanden, welche durch eine Ketten- brücke — die sogenannte Teufelsbrücke — verbunden waren. Die Felsen an sich waren nicht bedeutend, nicht massig und in der Form auch nicht schön genug, als dass man sie hätte frei hinstellen können. Dadurch aber, dass man einige reich bezweigte Buchen in der nächsten Umgebung stehen, zwischen denen man die Felsen durchblicken Hess, würden sie eine imponirende und schöne Gruppe PFLANZUNÖKN. 197 gebildet haben, welche auch durch ihre Masse für die grossartige Landschaft von Bedeutung gewesen wäre. Diese Arbeit wurde ich behindert selbst auszuführen, weil der Hof gerade anwesend war und seine Hoheit der Herzog nicht wünschte die momentane Un- ordnung zu sehen, welche durch das Entfernen der Bäume bei Veränderung des Waldsaumes entstehen musste. Deshalb erhielt ich den Auftrag die Bäume zu be- zeichnen, damit sie später geschlagen werden könnten, was dann auch geschah. Zu meinem nicht geringen Schrecken fand ich bei meiner nächsten Anwesenheit Alles rasirt, die nackten, an sich unschönen Felsen starrten gespenstisch in die Luft — das ganze Bild war durch diese gewaltsame Operation entstellt, und es hat längere Jahre gedauert, bis eine neu angelegte Pflanzung soweit herangewachsen war um diesen Fehler zu verbessern. Dieses Erlebniss möge zur Lehre dienen, dergleichen Arbeiten, wofür man die Verantwortung übernommen, immer auch selbst auszuführen, und die Ausführung niemals anderen zu überlassen. XIV. Alleen. Mit drei Ansichten und einem Plane. Die Alleen sind eine eigenthümliche Form der Pflanzung, sie wurden schon verschiedentlich als ein üeberbleibsel des symmetrischen Gartenstyls erwähnt, dessen wesentHches Moment sie bildeten. Dass sie sich erhielten, trotzdem jener veraltete Styl zurücktrat, mag uns schon als ein Beweis filr ihre Bedeutung gelten. Das Wort Allee, obgleich französischen Ursprungs, hat sich bei uns ganz eingebürgert. Mit demselben bezeichnet man in Frankreich jeden Weg. Wir aber verstehen unter Alleen Baumreihen, welche einen Weg einfassen und beschatten, daher nach Adelunq Schattengänge, nach Campe Baumgänge, nach Goethe Laub- gänge; einen solchen, mit Baumreihen bepflanzten Weg nennen die Franzosen all6e couverte oder Avenue. Nach der Anzahl der Baumreihen werden die bedeckten Alleen einfache, doppelte oder mehrfache genannt. In der französichen Garten- kunst heisst der mittlere Gang die Hauptallee (Maltresse all^e), die übrigen Gegenalleen (contre-all^es). Nach der Richtung ist die Allee eine gerade, schräge (biaisöe), zirkeiförmige oder schlangenförmige (all6e en zigzag). Nach der BeschaflFen- heit des Weges ist die Allee eine gleiche oder hängende (mit erhabener Mitte), eine Sand-Allee oder Rasen -Allee (gazonn6e); mit Rücksicht auf die Bepflanzung kann sie eine offene oder bedeckte sein, ein Baum-, Hecken- oder Strauchgang. Perspektivische Alleen sind breiter am Ein- oder Ausgang, um hinsichtlich ihrer Länge zu täuschen. Als Avenuen von weitem her haben regelmässige Alleen etwas Stattliches, was sich recht gut mit den landschaftlichen Zwecken vereinigen lässt, wenn die Lokalität es überhaupt gestattet Der Grundtypus einer Allee, welcher Gegen- stand der Zierde einer Parkanlage sein soll, ist strengste Symmetrie; dazu gehört die gerade Linie in ihrer ganzen Ausdehnung; Abweichungen in horizontaler Richtung sind gänzlich unstatthaft, wenn die Allee nicht den Charakter der AIJ^EN. 199 Grossartigkeit und symmetrischen Schönheit gänzlich verlieren soll; Abweichungen in vertikaler Richtung durch wellenförmigen Bodenwurf beeinträchtigen weder den einen noch den andern, wenn nur die horizontale Richtung genau geradlinig ver- folgt ist; Alleen gewinnen sogar durch allmählig ansteigendes Terrain ungemein, wie beispielsweise die Allee von Weimar nach Belved^re. Am meisten sind sie an ihrem Platze als Avenuen zu bedeutenden Palästen, welche in ihrer starren Symmetrie eine solche Auffahrt verlangen, femer auf Promenaden und in Volks- gärten, auch als Verbindung einer Residenz mit ihren Vorstädten, oder als Bepflan- zung der Landstrassen, wo diese in die Residenz münden; hier sind sie ganz an ihrem Platze, denn ihr Eindruck wird bedeutend erhöht durch das rege Leben, welches an den genannten Orten zu herrschen pflegt, im Kontrast ' zu ihrer steifen Grossartigkeit. Es ist auch nicht zu leugnen, dass eine breite Allee, über deren dunklen Laubmassen die glänzenden Zinnen eines fernen Palastes sich erheben, in der Wirklichkeit einen imposanten Anblick gewährt, wenn auch schwerlich ein Landschaftsmaler eine solche Ansicht zum Gegenstande seiner Darstellung wählen wird. Betrachten wir aber die Kehrseite des Bildes, steDen wir uns vor die Front des Palastes, der uns so eben in seinem grossen, dunklen Laubrahmen imponirte, und sehen wir in die Allee in entgegengesetzter Richtung, so finden wir, dass der Ansicht der Schwerpunkt genommen ist. Der Eindruck der Allee ohne imponirenden Schlusspunkt ist ein sehr ärmlicher; dies hat man auch frühzeitig gefühlt und deshalb versucht, durch Anbringung eines Obelisken oder griechischen Tempelchens am entgegengesetzten Ende einen Ersatz zu bieten, der aber in seiner KleinUchkeit den Eindruck der Monotonie nur erhöht Wo die Allee vom Thore der Residenz nach dem Palast fährt und die Häusermassen und Thurm- gruppen der ersteren den Schlusspunkt des Blickes bilden, da ist dem erwähnten Uebelstande allerdings abgeholfen; dieser Fall tritt aber nur sehr selten ein. Solche Alleen müssen stets bedeutende Breite haben und werden von noch bedeutenderer Wirkung sein, wenn sie aus Bäumen ersten Ranges bestehend, an jeder Seite von einer Doppelreihe oder mehreren Reihen von Bäumen gleicher Art ein- gefasst werden, die passend zur Anlage von Reit- nnd Fusswegen benutzt werden können; auch die Endstrecken von Landstrassen, wo diese sich der Residenz nähern, können zweckmässig auf gleiche Weise in Promenaden verwandelt werden. Während bei einer solchen vielfachen Allee die Entfernung der beiden inneren Baumreihen von einander eine bedeutende ist, können die äusseren Reihen so nahe an die entsprechenden inneren sich anschliesscn, dass ihre Aeste sich zum schützenden und erquickenden Laubgewölbe vereinigen. Derartige Anlagen sind eine wahre Wohlthat und aus Gesundheitsrücksichten ein BedürMss für die Bevölkerung grosser Städte. Der Handwerker, wenn er den ganzen Tag in der staubigen Werkstatt angestrengt gearbeitet hat, sucht am Feierabend erquickende Kühle, die ihm die von der Sonne durchglühten Strassen und dumpfen Höfe nicht 200 ALLEEN. bieten; er findet Kühle und Schatten vor den Thoren unter den hohen Bäumen und erquickt und stärkt das ermüdete Auge durch das wohlthuende Grün, welches ihn hier umgiebt. Aus gleichem Grunde sind die Alleen der Promenaden und Volksgärten in gleicher Weise zu behandeln. Recht häufig verfallt man in den Fehler, solche Alleen zu schmal anzulegen, man täuscht sich bei der Anlage durch die Bäume, die man gewöhnlich in jungen Exemplaren anpflanzt. Sobald dieselben aber herangewachsen sind treten andere Verhältnisse ein, die Allee erhält dann etwas Kleinliches^ Drückendes und Beengen- des. Dieser Umstand ist bei der Anlage umsomehr zu beachten, als man später nicht mehr daran ändern kann. Ganz besonders sollte man diesen Fehler da vermeiden, wo -Alleen den Eingang in grosse Städte vermitteln, zumal man hier auch auf den Zuwachs der Bevölkerung Rücksicht zu nehmen hat. Als Beispiel einer solchen sehr gelungenen Anlage und zugleich als ungeMrer Anhaltepunkt für Längen- und Breitenverhältnisse sei hier die bereits oben erwähnte vierfache ausserordentlich stattliche Buchen- und Ulmenallee angeführt, welche die Stadt Haag mit dem „Haagschen Bosch" verbindet. Dieselbe ist 480 Meter lang. Die Mittelallee, zum Fahren und Reiten bestimmt, hat eine Breite von 16 Meter, die Promenadenwege zu beiden Seiten eine solche von je 8 Meter, die Entfernung der Bäume unter einander könnte breiter sein, sie beträgt nur je 6 Meter. Auf der einen Seite ist diese Allee vermittelt durch Gruppen alter Eichen und Ulmen, welche eine Rasenfläche begrenzen, auf der anderen Seite setzt sie sich achtfach auf dem Rasen fort in einer Breite von je 8 Meter und begrenzt hier das sogenannte Melieveld, einen üppigen Rasengrund. Die Pflanzung ist in Quincunx ausgeführt. Die weitläufigen und prachtvollen Alleen bei dem Reichsgräflich Bentinkchen Schlosse Middachten in Geldern verdienen ebenfalls genannt zu werden, da sie mit Recht berühmt sind. In der grossen Buchen -Allee, welche hier die Land- strasse von Amheim nach Zjrtphen einfasst, ist die Mittelallee 16 Meter, die Seitenalleen für Fussgänger 4 Meter breit. Die Entfernung der Bäume unter einander ist auch hier zu knapp bemessen, sie beträgt nur je 4 Meter. In den tief gelegenen Gegenden der Niederlande gedeiht die Buche besser als die Eiche, welche wegen des Grundwassers keine Pfahlwurzel bilden kann, auf höher gelegenen Orten entfaltet sich aber die letztere in ihrer ganzen Pracht. Und hier sei der wundervollen achtfachen Allee alter Eichen gedacht, welche als lange Avenue zum Schlosse von Ruurlo in Oberyssel, führt, von welcher hier eine Abbildung folgt. Die Mittelallee, 20 Meter breit, schliesst sich in bedeutender Höhe zu einem mächtigen Dome, die Seitenalleen sind ebenfalls je 4 Meter breit, die Entfernung der Bäume untereinander beträgt leider nur 6 Meter. Die mit dem Schlosse Twickel parallellaufende vierfache Eichenallee hat bei einer Breite von 18 Meter sogar eine Länge von 2400 Meter. Sie wurde 1780 gepflanzt. Alle diese Alleen sind wohl gepflegt und jede in ihrer Art schön, dennoch ALLEEN. 201 sind solche von alten Eichen wegen der energischen Struktur, des malerischen Baues und der Ausladung ihrer mächtigen Aeste die schönsten. Nur unter Umständen ist aber eine Allee in einer, im modernen Styte gehaltenen, landschaftlichen Parkanlage zulässig; sie durchschneidet hier durch ihre gezwungene Linie so grell alle Harmonie, dass sie nicht geduldet werden darf, mit alleiniger Ausnahme der Landschaftsgärten im grossartigen Maassstabe, wo der symmetrische Garten den üebergang bildet in den englischen Park; aber auch in diesem Falle ist sie nur in beschränkter Ausdehnung zulässig, und ist ihr die früher angegebene Bepflanzung der Wege vorzuziehen, bei der die Vorzüge der Alleepflanzung zur Geltung gebracht werden können, während die Monotonie vermieden wird. Wo die Verhältnisse es nicht gestatten, dem Uebelstande aus dem Wege zu gehen, dass eine Allee eine englische Park-Anlage durchschneidet, hat man als Aushülfsmittel eine Operation eingeführt, die Repton das Durchbrechen (Brechen) der Allee nennt, und die darin besteht, dass man stellen- und streckenweise die Baumreihen lichtet, wo sie Aussichten oder die Gruppirung verdecken, imd dass man wo nöthig die entstandenen Lücken durch Gruppen kleiner Bäume und Sträucher ausfüllt, oder wo das völlige Entfernen der Bäume vermieden werden soll, einen Theil der unteren Aeste, welche die Aussicht hindern, entfernt. Dies Verfahren ist aber nur da zulässig, wo das Terrain entweder ganz eben oder von der Allee aus geneigt ist, in welchem Falle man oft freundliche Thalblicke öffnet. Diese Aushülfe bleibt aber stets eine äusserst lückenhafte, sie verstümmelt nicht allein die ganze Allee als einheitliche Anlage, sondern auch einzelne schöne Bäume und der für die umgebenden Partien ereichte Gewinn bleibt in den meisten Fällen ein höchst spärlicher. Ein solches Durchbrechen oder Durchschlagen einer Allee sah sich Fürst Pückler genöthigt, bei der Anlage des Muskauer Parks vorzunehmen. Auf der Ostseite des Schlosses befend sich eine breite Allee mächtiger alter Linden, jeder Baum ein Vorwurf für den Maler. Diese Allee, so schön sie auch an sich selbst war, musste durchschlagen werden, da sie sich quer durch die Landschaft zog und namentlich auch die Anhöhe jenseits der Neisse verdeckte. Der Fürst, welcher die Nothwendigkeit dieser Operation wohl einsah, ging dennoch äusserst vorsichtig dabei zu Werke, zumal er noch im Beginn seiner landschaftlich schöpferischen Thätigkeit, des Erfolges sich nicht ganz sicher fühlte, keinen der prächtigen Bäume aber unnütz opfern wollte. Hauptsächlich wegen dieser Arbeit, welche der Vorsicht wegen mehrere Jahre hindurch fortgesetzt wurde, liess er zu zwei verschiedenen Malen 1822 und 1823 Gartenkünstler aus England kommen. Der eine war der Sohn des grossen Repton (der letztere war 1816 gestorben), welcher aber, mehr Architekt als Gärtner, ebenso wie der andere (Vernal) dem Fürsten wenig nützte, ausser dass beide denselben in seinen Ansichten bestärkten. Mit dem Durchschlagea dieser Allee war der Blick in die Ferne geöffhet, dasselbe war bestimmend fiir die Behandlung des Vorder-, Mittel- und Hintergrundes, welcher damals aus baumlosen Äcker- und Wiesenfläcbea und Sandh^elu bestand, also durchweg neu geschaffen werden musste, eine Arbeit, welche eine Reihe von Jahren in Anspruch nahm. Mit welcher Genialität das ganze Landschaftsbild behandelt worden ist, zeigt ein Blick von der Rampe des Schlosses. Alleen nehmen sich gewöhnlich erst dann gut aus, wenn die Bäume ein höheres Alter erreicht haben, wo sie aniangen sich auszubreiten und phantastisch zu werden. Man wähle nur solche Baumarten, welche eine schöne Form haben. Schatten geben und Dauer besitzen. Pappeln und Birken sind zu verwerfen, da Park au Muaktto. Frühare Anaiobt von. der ScUosaFampe. sie sich nicht malerisch ent&Iten. Akazien dürfen nicht an Orte gepflanzt werden, wo sie den Stürmen ausgesetzt sind, denn sie haben ein so brilch^es Holz, dass selbst alte Bäume oft bis auf die Wurzel gespalten werden. Solche alte Alleen haben etwas Ehrfurcht gebietendes. Man findet sie Öfter in Anisen, welche umgestaltet werden sollen, zuweilen ganz am unrechten Platze vor, wo sie Aussichten und Ansichten verdecken. Zu allem Unglück sind sie aber häufig so schön, dass man sich nicht an ihnen zu vergreifen wagt und sie deshalb beibehält, wenn es sich mit dem gute» Gleschinack nur irgend vereinigen lässt. Wo sie aber in keiner Weise landschafthcb verwerthet werden können, ist man in die unangenehme Nothwendigkeit versetzt, sie je nach Umständen zu brechen d. h. in Gruppen zu stellen oder ganz zu entfernen, denn das Einzelne muss stets dem Ganzen weichen. Fängt eine Allee an flber8tä.ndig zu werden, so ist oft das einzige Mittel, ALLEEN. 203 um Bie zu erhalten und zu verjüngen, dass man die Bäume köpft, d.h. die Kronen abwirft, was am Besten in einer Stammhöhe von 6—8 Meter geschieht. Lässt man zuviel altes Holz stehen, so treiben die Aeste zwar aus, sie bringen aber schwächliche Triebe und die Kronenbildung wird spärlich und mangelhaft- Da die geköpften Stämme in den ersten Jahren keinen schönen Anblick gewähren, so thut man gut, diese Operation zu zwei verschiedenen Malen vorzunehmen, in der Weise, dass man zunächst einen Baum um den anderen köpft, den stehen- gelassenen aber die Kronen erst etwa 5 Jahre später ninunt, nachdem die zuerst so behandelten Bäume bereits wieder kleine Kronen gebildet haben. Mit bestem Erfolg sind die Alleen zu Nauheim durch Gartendirektor Siessmater in Frank- furt a. Main in dieser Weise verjüngt worden. Da aber nicht alle Baumarten das Köpfen vertragen, so ist in der Tabelle über die Lebensdauer und Haubarkeit der verschiedenen Holzarten in einer besonderen Rubrik eine spedelle Angabe hierüber gemacht worden. Die Auswahl der Baumarten bezüglich der Höhe, welche sie erreichen, richtet sich nach den lokalen Bedürfiüssen und Verhältnissen. Nicht immer darf man Bäume erster oder zweiter Klasse, welche eine bedeutende Höhe erreichen, hierzu verwenden, man muss zuweilen Bäume dritter Klasse wählen, welche eine Höhe von dreissig Fuss nicht überschreiten. Bei Ausführung der Anlage der Umgebungen des grossen Schwanenteiches zu Zwickau in Sachsen handelte es sich darum, auf der der Stadt zugekehrten Seite des Teiches den gerade laufenden Teichdamm mit einer Allee zu bepflanzen, welche dem Teich auf dieser Seite einen Abschluss geben und möglichst Schatten gewähren sollte, doch aber nicht so hoch werden durfte, dass sie, wenn aus- gewachsen, von dem auf der gegenüberliegenden Seite des Teiches auf einer massigen Anhöhe gelegenen Schwanenschlösschen die Aussicht auf die Stadt Zwickau ver- deckt hätte, während sie die unschönen Hintergebäude der nächstgelegenen Häuser verbergen sollte. Zur Herstellung dieser Allee wählte ich Bäume von Orataegus Oa^yacarUha flore rubro pleno ^ — dem rothgefüllten Weissdorn; dieselben hatten 2 Meter Stammhöhe. Sie wurden in einer Entfernung von 5 Meter in der Zeile den Promenadenweg entlang gepflanzt. Die Breite der Allee beträgt ebenfalls 5 Meter; auf jeder Seite derselben stehen 84 Bäume. Die Pflanzung wurde im Jahre 1853 ausgeführt. Jetzt, nach 35 Jahren hat sich folgendes Resultat herausgestellt. Die Bäume haben auf dem allerdings sehr kräftigen Boden einen Stamm- durchmesser von 20 — 26 Centimeter, einen Kronendurchmesser von 5—6 Meter, ihre Höhe beträgt 8 Meter; die Passage ist durch die Aeste durchaus nicht gehindert, die Allee hat ihren Zweck vollständig erfüllt. Dieselbe gewährt, da die Zweige in einander greifen, den gewünschten Schatten für die Spaziergänger, sie stört die Aussicht von der Terrasse des Schwanenschlosses nicht, sie bildet eine 204 ALLEEN. schöne, angeneliine Begrenzung des Schwanenteiches und ist, \vährend der Zeit ihrer prachtvollen Blüthe der Anziehungspunkt des Publikums. Da nun aber diese Allee, von allen Seiten freistehend, dem Anprall der Stürme aus allen Himmelsrichtungen ausgesetzt ist, so konnte es nicht ausbleiben, dass die Bäume, die einen bedeutenden Eronenum&ng erlangt hatten, durch die Stürme zum Theil schief gezogen, einige sogar umgebrochen wurden. Um die Bäume in den Wurzeln wieder zu kräftigen und widerstandsfähiger zu machen, war es nöthig, die Kronen in der Weise abzuwerfen, dass die Aeste je nach ihrer Stärke auf Vs — Va vom Stanun, die schwächeren Zweige noch kürzer — alles also in verschiedener Höhe zurück geschnitten wurde. Diese vor einigen Jahren ausgeführte Operation hat sich vollkommen bewährt, indem selbst die stärksten zurückgeschnittenen Aeste bereits im ersten Jahre Ruthen bis zu einem Meter Länge getrieben haben. Auch in diesem Falle war das Köpfen zur Erhaltung der Allee geboten. In meiner Praxis habe ich alten Alleen, wo ich sie vorfand, stets die ge- bührende Ehrfurcht und Rücksicht erwiesen, und wo es irgend zulässig war, die- selben nicht nur beibehalten, sondern sie, wo nöthig, noch mehr hervorgehoben und zur Geltung gebracht. Im Brühl bei QuedUnburg waren die prächtigen Alicen alter Linden und Kastanien durch hohes Holz eingeschlossen, welches auch die Ausbildung der Kronen der Alleebäume auf der Aussenseite beeinträchtigte. Hier wurden die umgebenden Pflanzungen auf beiden Seiten je in der Breite der inneren Allee, und parallellaufend mit derselben entfernt, so dass sie, freigestellt, dreimal so breit wie früher erschien; — die vom Holz entblössten Streifen auf beiden Seiten wxurden durch Rasen ersetzt. Ein Gleiches geschah mit den Alleen alter Buchen zu Oud Wassenaar beim Haag und zu Dieren unweit Arnheim in Holland. Durch diese Operation gewannen jene Alleeanlagen sehr an Bedeu- tung, da auch die Schönheit der so freigestellten Bäume zur gebührenden Gel- tung kam. Anders lag der Fall im Huis te Paauw beim Haag, der Besitzung Seiner Königlichen Hoheit weiland des Prinzen Friedrich der Niederlande. Der in un- schöner, gewundener Form und in ungenügender Breite geführte Auflfahrtsweg nach dem Schloss war zu beiden Seiten mit einer Allee von Edeltannen eingefasst, denen man die inneren Aeste hatte fortnehmen müssen, weil sie der Passage hinderlich waren, wodurch die kahlen Stämme sichtbar geworden waren. Begrenzt wurde dieser Weg an den Aussenseiten durch einen Bestand starker Eichen. Als Auflfahrtsweg war dieser Weg zu unbedeutend, und durch die Tannen hatte der- selbe ein so düsteres Ansehen erhalten, dass er eher dem Wege nach einem Friedhofe, als nach einem Schlosse zu vergleichen war. Hier blieb nichts übrig, als die Allee, da sie auch überhaupt nicht am Platze war, ganz zu cassiren, den Weg zu verlegen, ihm bei entsprechender Breite eine elegantere Form, hierdurch die den AutTahrtsweg charakterisirende Bedeutung zu geben, und ihn als Parkwe^ mit breiten Basenkanten und Gruppen schöner Bäume, feiner Goniferen und anderen immergrünen Gehölzen, namentlich auch Magnolien und Gruppen schöner Rhododendron -Hybriden in ungezwungener Form zu um- geben, nachdem vorher eine grosse Anzahl starker Eichen entfernt, überhaupt neue Lisi^ren geschaffen worden waren. In Salaberg hei Haag in Oberösterreich war ich ebenfalls gezwungen, mne ganze Allee wegzuhauen, da sie die Aussicht vom Schlosse verdeckte. Durch Hinwegnahme derselben wurde der Mittel- imd Hintergrund geöffnet, üppige Wiesengründe und bewaldete Aahöhen mit Kirchen ond freundlichen Dörfern OtOOW VoorhoQt Im Saag. wurden sichtbar und im Hintei^unde prangten die Alpen von Steiermark mit ihrem ewigen Schnee. Auch in Simmeisdorf in der fränkischen Schweiz, der Freiherrlich von TucHER'schen Familie in Nümberg gehörig, war es nöthig, eine Allee von Pappeln zu durchbrechen, da sie ein reizendes Gebirgstbal verdeckte. Niemals wurde mir wieder die Gelegenheit, eine dankbarere Arbeit mit so ge- ringen Mitteln, wie an diesen Orten auszuführen. Wie vortrefflich sich auch geradlinige Baumreihen zur Vennittelung unsym- metrischer Plätze in grossen Städten eignen und oft jeder anderen Bepflanzung vorzuziehen sind, beweist der mit Ulmen und Linden alleeartig bepflanzte vor- nehmste Platz im Haag, Groot of lang Voorhout (das grosse oder lange Vorholz) genannt, an welchem das Palais des Königs, mehrere Staatsgebäude, eine Kirche und die Wohnungen der hohen Aristokratie des Landes gelegen sind, von dem oben stehender Grundplan. 206 ALLEEN. Längs der Mitte des grossen Platzes sind zwei breite Fahrstrassen für den öffentlichen Verkehr gelegt und alleeartig bepflanzt, an den Häuserreihen befinden sich ebenüalls Fahrwege für den Privatverkehr. An die Allee der mittleren Fahr- strasse schliessen sich mit dieser parallellaufende Baumreihen an, je nach der zu- oder abnehmenden Breite de^ Platzes sich erweiternd oder verjüngend, der Raum zwischen den Baumreihen ist zum Theil zu Promenaden, zum Theil zu Basenflächen benutzt. Durch diese regelmässige Qepflanzung ist der ganz unregel- mässige grosse Raum sehr gut vermittelt. Das Auge wird durch die vielen parallellaufenden Linien der dominirenden grossen Bäume von den schiefen Häuser- linien abgezogen, lässt dieselben auch wenig erkennen und verleiht neben dem wohlthuenden Schatten diesem viel besuchten Platze ein besonders freundhches Ansehen. Eine sinnreiche Modifikation der Alleepflanzung, eine Art unregelmässiger AUee, hat Fürst Pückler auf seiner Herrschaft Branitz als Strasseneinfassung ausgeführt. Die ebene Gegend ist dort sandig, spärlich mit Kiefern bestandene Flächen wechseln mit Ackerland ab, die Wohnungen der Landbewohner machen gleichfalls keinen Anspruch auf Schönheit, und der Zweck dieser Form der Pflanzung ist der, die angeführten negativen Reize der Landschaft zu verdecken. Auf beiden Seiten längs der Strasse ist ein schmaler, oder nach Umständen breiterer Streifen des Terrains rigolt und dieser Theil wie bei forstmännischer Waldpflanzung mit jungem Holz aller Art bepflanzt; in dieser Pflanzung sind hie und da höhere Bäume bald in kleineren bald in grösseren Gruppen vertheilt. Wo eine Aussicht in die Gegend benutzt werden sollte, pflanzte der Fürst höhere, durchsichtige Gruppen an den Saum der Strasse, so die Unterbrechung ausfüllend. Das junge Holz wurde als Unterbusch behandelt und alle sechs bis zehn Jahre abgetrieben, den höheren Bäumen aber ungestörtes Wachsthum gestattet. Die Umgebung der Strasse hat dadurch etwas Anmuthiges, Parkartiges erhalten, und die beabsichtigte Wirkung ist so sehr glücklich erreicht. Als Einfassung von Landstrassen sind gut angelegte und gut unterhaltene Alleen von nicht zu unterschätzendem Werth, sie geben dem Lande ein culti- virtes Ansehen und tragen durch eine passende Wahl der Bäume wesentlich zur Landesverschönerung bei. Im Winter sind sie bei Schneestürmen und Schnee- wehen, wo selbst dem mit der Gegend Bekannten ein Verlieren des Weges sehr leicht begegnen kann, ein sicherer Führer; im Sommer bieten sie dem Wanderer durch ihren Schatten Schutz und Erquickung, vorzüglich wenn passend angebrachte Ruheplätze den G^nuss erleichtem. Die Obstbaumalleen insbesondere, wenngleich sie in ihrem landschaftlichen Werthe und als Schattenspender den meisten Bäumen nachstehen, begünstigen in für die Zucht der Obstbäume geeigneten Gegenden und in geeignetem Boden, und nur unter solchen Bedingungen sollte man sie zu Anpflanzungen verwenden, die Production des Obstes so ungemein, dass sie nicht ALLEEN. 207 genug empfohlen werden können, und ihre grosse Verbreitung zeigt auch, wie sehr man ihren Nutzen zu würdigen weiss. Aus allen diesen Gründen ist es wohl gerechtfertigt, wenn wir die Bepflan- zung der Landstrassen in den Kreis unserer Betrachtung ziehen. ungeachtet der guten Vorbilder, die uns hier und da musterhafte Alleen, auch solche aus früheren Zeiten, bieten, ungeachtet der viel&chen Belehrungen, die sich über derartige Anlagen verbreiten, sehen wir doch bei unseren Land und Stadt- strassen, dass die Bepfianzung derselben sehr oft unschön, mangelhaft und ohne Sach- kenntniss ausgeführt ist, und dass ihre Unterhaltung oft viel zu wünschen übrig lässt. Hierdurch wird der beabsichtigte Zweck verfehlt, und Geld und Zeit sind verloren. Als Ursachen des traurigen Aussehens unserer Alleen sind zu bezeichnen: 1. Unrichtige Auswahl des Pflanzmaterials in Bezug auf Lage, Boden und landschaftliche Wirkung; 2. fehlerhafte Pflanzung; 3. übel angebrachte Sparsamkeit bei Ausführung der letzteren wie bei Anschaffung der Bäume; und 4. schlechte Unterhaltung der gepflanzten Alleen. Die Art und Weise, wie erfreuliche Resultate zu erzielen sind, soll in Nach- folgendem angegeben werden. Obstbäume geben, wo Lage und Boden ihrem Fortkommen günstig sind, so hohe und verwerthbare Erträge, dass solche Bäume bei Anlegung von Alleen meistens vorgezogen werden. In jedem Falle sollte man aber Obstbäume an Strassen nur da anpflanzen, wo oben genannte Faktoren die Wahr- scheinlichkeit eines guten Gedeihens geben. Wo dies zweifelhaft erscheint, unterlasse man die Anpflanzung, denn nur die vollkommene Holzreife bei passen- der Lage und Boden verbürgt den gewünschten Erfolg, Der Apfelbaum veriangt einen frischen nahrhaften Boden, der wohl etwas feucht, aber nicht nass sein darf; bei stauender Nässe leidet der Baum durch Krebs und ist leicht Frostschäden unterworfen. Er liebt eine offene Lage und verträgt eher als Birnen- und Pflaumenbäume ein rauhes Klima. Der Birnbaum will, da seine Wurzeln sehr tief gehen, emen mehr trockenen Standort bei tiefgründigem Boden, und ausserdem eine warme und geschützte Lage. Der Süsskirschenbaum ist in Betreff des Bodens sehr genügsam und gedeiht in geringerem Boden, wenn derselbe Mergelunterlage hat. In feuchten Niederungen bekommt er leicht den Harzfluss. Der Sauerkirschbaum ist noch anspruchsloser in Bezug auf den Boden als die SüssMrsche, noch härter in Betreff der Temperatur. Beide lieben eine freie, oß'ene Lage und luftigen Standort, sie zeigen sich namentlich auf Anhöhen am gesündesten und tragbarsten. Der Pflaumenbaum, von dessen verschiedenen Sorten nur die Haus- 208 AU^EN. zwetsche für Alleezwecke verwendet wird, will gute, fette Erde und verlangt wegen seiner unter der Oberfläche der Erde hinlaufenden Wurzeln mehr Feuchtigkeit, weshalb er vortrefflich an den Ufern von Bächen oder in sonstigen feuchten Lagen, die selbst für den Apfelbaum nicht mehr passen, gut fortkommt, vorausgesetzt, dass keine stagnirende Nässe den Untergrund versauert. Er wünscht eine ge- schützte Lage; auf offenem freien Standort ist seine Fruchtbarkeit eine geringe. Andere Obstbäume, wie Nussbäume, echte Kastanien, so malerisch sie sich auch in geeigneter Lage entfalten, sind wegen ihrer geringen Widerstands&higkeit gegen das Klima Norddeutschlands — wenn an manchen Orten auch Ausnahmen statthaben — dort nicht zur Anpflanzung im Grossen zu empfehlen. Für den ökonomischen Betrieb und die Verwaltung von Obstalleen ist es von grösstem Nutzen, dass Bäume derselben Gattung auf einer Strecke ver- einigt werden, also strichweise Sommer-, Herbst- oder Winterobst resp. Früh- oder Spätobst. Sind Obstbäume mit Aussicht auf Ertrag für Allee- pflanzungen nicht zu verwenden oder soll der landschaftlichen Wirkung einer Allee der Vorzug vor dem Nutzen einer Obstpflanzung gegeben werden, so bieten für alle Verhältnisse die Zierbäume eine reiche Auswahl. Zu Alleen eignen sich alle Bäume mit einer vollen, vorzugsweise abgerundeten Krone; bei der Auswahl dieser Bäume ist ausser der Schönheit der Form, der Belaubung, den zierenden Früchten, der Herbstfärbung des Baumes ganz besonders der Standort entscheidend. Auf feuchtem Boden bei niedriger Lage gedeihen die meisten Eschenarten, die gemeine Erle, der Eschenahorn {Negundo\ der rauhfrüchtige Ahorn {Acer dasycarp(m\ die gemeine Traubenkirsche, Linden, einige Eichenarten u. a.; auf leichtem Boden der Spitzahorn, die Birke, einige Weiden, Akazien, verschiedene Pappeln u. A.; auf gutem, tiefgründigen Boden wachsen alle Bäume. Pyramiden- bäume sollten wegen ihres steifen, unmalerischen Wuchses und da sie fast gar keinen Schatten geben, nur ausnahmsweise und mit Vorsicht, etwa zur Hervorhebung einzelner Punkte, wo sie mehr in Gruppen gepflanzt erscheinen, verwendet werden ; in längeren Wegstrecken und in zeilenartiger Ordnung gepflanzt, können sie ganze Gegenden verunstalten, während sie in ersterem Falle oft von bedeutender Wirkung für die Landschaft sind. Durch ihre weit auslaufenden Wurzeln thun die Pappeln den umliegenden Feldern grossen Schaden und beherbergen auch viel Ungeziefer. Vorkommenden Falls sollte die P3rramiden-Eiche die Pyramiden-Pappel ganz ver- drängen, letztere hat auch nur eine kurze Lebensdauer, während die Eiche, bei keineswegs langsamem Wachsthum, ein hohes Alter erreicht. Die Baumweiden entfalten sich bei freier Entwickelung sehr malerisch; einen höchst widerlichen Anblick gewähren dagegen die langen Reihen der Kopfweiden , welche man in manchen Gegenden so häufig auf Wiesen, an den Ufern der Gewässer, aber auch als Einfassung der Landstrassen sieht. Zum Zwecke des Köpfens sollte man Weiden niemals an Landstrassen pflanzen, wo sie aber vorhanden, sie unnachsichtlich entfernen. ALLEEN. 209 Zu Alleepflanzungen nehme man nur gesunde, gut bewurzelte und ziemlich starke Bäume, die in frei gelegenen Baumschulen gezogen sind, diese, an eine freie Lage gewöhnt, leiden nicht durch Witterungseinflüsse und bedürfen auch nicht so lange des stützenden Pfahles. Kommen solche Bäume auch im Ankauf vielleicht bedeutend höher zu stehen, so sind dieselben schliesslich doch noch biUiger als schwache, schlecht bewurzelte oder aus Forsten, im Schutz anderer Gehplze aufgeschossene, zu geringem Preis bezogene, da bei Verwendung solchen Materials Nachpflanzungen — imd sehr oft recht umfangreiche und sich oft wiederholende — die Anlage theurer machen, als wenn gleich zu Anfang gesunde, gut bewurzelte und an einen freien Standort gewöhnte Bäume gepflanzt worden wären, ganz abgesehen von dem immer schäbigen, unregelmässigen Aussehen einer solchen Pflanzung, welches darin seinen Grund hat, dass solche schwächliche Bäume von Anfang an kranken und sich eigentUch in einem fortwährenden Todeskampfe befinden. Aus der einstigen Höhe und dem Kronenumfang, den die Bäume erreichen, ergiebt sich die Entfernung, in welcher dieselben gesetzt werden müssen. Hohe breitkronige Bäume sollten nie unter 16—20 Meter Entfernung von einander gepflanzt werden, weniger hoch werdende pflanzt man natürlich enger und kann man drei Viertel der Höhe, welche die Bäume später erreichen, als ungefähre Pflanzweite annehmen, doch möge man bei der Raumeintheilung, besonders bei gehaltreichem Boden, nicht zu karg sein; auch pflanze man im Verband und nicht im Quadrat, da im ersteren Falle sich die Bäume besser ausbilden können. Rosskastanien, Roth- und Blutbuchen, die gewöhnliche Esche, die Platanen, mehrere Pappeln, unsre Eichen, viele Linden und Ulmen können eine Höhe von 20—30 Meter erreichen; Roth- und Weisserle, Birke, mehrere amerikanische Eschen, Gleditschien, Tulpenbäume, Akazie, die meisten amerikanischen Eichen, die schöne Krim-Linde {Tilia dasystyla Stev.) eine Höhe von 20 Meter; die rothblühende Kastanie (Aesculus rubicunda\ Goldesche, Ahorn, Maulbeere, Balsampappel, die Weissbuche, der Eschenahorn {Negundo\ die Klebeakazie u. a. eine Höhe von 10 — 16 Meter; der rothblühende Ahorn (Acer rubrum i.). Aesculus Pavia L. und A. flava Aü,, die Traubenkirsche, der rothblühende Dom, die Eberesche eine Höhe von 7-10 Meter. Birnen- und Aepfelbäume pflanzt man 10—12 Meter, Süsskirschenbäume 8—10 Meter, Pflaumen- und Sauerkirschenbäume 5 — 6 Meter von einander. Um der Pflanzung bald ein vollständiges Ansehen zu geben, kann man zwischen weit von einander entfernten Standbäumen noch jedesmal einen Baum anderer Art oder von geringerer Lebensdauer setzen, man muss aber die Pflanzung stets überwachen und darauf sehen, dass die Kronen der Standbäume sich stets gut entwickeln können, man muss femer die dazwischen gepflanzten Bäume wenn nöthig unterdrücken, später aber, nachdem sie ihren Zweck erfüllt haben, ganz entfernen. Eine Hauptbedingung zu einem guten Gedeihen der Bäume, — welche aus Petzold, Landschaftagfirtnerel. 14 210 AIXEEN. Unkenntniss oder aus Sparsamkeitsrücksichten meistentheils unbeachtet bleibt, — ist eine genügende Weite der Baumlöcher. Dieselben müssen bei senkrechten Wänden 2 Meter im Durchmesser bei einer Tiefe von 1 Meter haben, da eine umüangreiche Lockerung des Bodens ausserordentlich viel zur späteren Entwickelung des Baumes beiträgt. Die obere gute Erde ^rd beim Auswerfen der Baumlöcher nach der einen, die untere nach der anderen Seite geworfen, um erstere später- hin zuerst in die Grube und auch zur Einbettung der Wurzeln verwenden zu können. Wo guter Boden fehlt, da muss — und hauptsächlich zu letzterem Zweck — solcher zugeführt werden. Das Auswerfen der Löcher sollte mindestens vier Wochen vor dem Einpflanzen der Bäume geschehen; bei strengem Lehmboden ist es gut, diese Arbeit schon im Herbst vorzunehmen und, wenn irgend möglich, die Gruben über Winter oflfen liegen zu lassen, damit der Boden tüchtig durchfriert und hierdurch gelockert und gebessert wird. Der Frost dringt auch seitlich in die Wandungen und lockert die Erde da ebenfalls, so dass der junge Baum auf diese Art einen in weiterem Umkreis verbesserten Boden erhält. Einige Wochen vor dem Pflanzen füllt man, damit sich die Erde setzt, die Löcher wieder vollständig zu, nachdem man zuvor die BaumpfiLhle, — welche man an der Stelle, wo sie aus der Erde treten, anbrennt, oder auch mit Steinkohlentheer bestreicht, um der Fäulniss vorzubeugen — in dieselbe genau eingerichtet hatte. Ein Theil der besseren Erde bleibt bis zur Pflanzung neben dem Loche liegen, um sie beim Pflanzen an die Wurzel zu bringen. Kann eine Füllung der Löcher nur kurz vor dem Pflanzen vorgenommen werden, so muss die Erde, voraus- gesetzt, dass sie nicht nass ist und schmiert, festgetreten werden, da, wenn man dies unterlässt, die Bäume mit dem noch nicht geschlossenen Boden sich zugleich setzen und sinken und zu tief zu stehen kommen, wodurch sie kümmern und leicht krank werden. Aus diesem Grunde ist es gut, die Bäume auf eine Erhöhung, und nur so tief zu setzen, dass die Wurzelkrone eben mit Erde bedeckt ist, weil der so tief gelockerte Boden, auch wenn er noch so fest getreten wurde, doch später noch sinkt. Am Geeignetsten zum Pflanzen ist die Zeit vom Abfallen des Laubes bis zum Wiedererscheinen desselben. Alle unsere einheimischen Bäume, nament- lich die frühtreibenden und die Obstbäume, pflanzt man gern im Herbst. Im Allgemeinen ist es rathsam, in leichterem Boden im Herbst, in schwerem im Früh- jahr zu pflanzen, doch richtet sich dies auch nach lokalen Verhältnissen. Eichen, selbst unsre gewöhnlichen, dürfen nicht im Herbst gepflanzt werden, da sie bei strengen Wintern leicht in den Wurzeln erfrieren. Es kommt öfter vor, dass die Bäume auf dem Transport gelitten haben und mit angetrockneten Wurzeln, angeschrumpfter Rinde, ankommen ; hier besteht das Mittel, sie wieder aufzufrischen darin, das man die Bäume 24 — 48 Stunden ganz unter Wasser bringt. Wo man dies nicht haben kann, bedecke man sie ALLEEN. 211 ganz mit frischer Erde, begiesse sie noch tüchtig und lasse sie so lange darin liegen, bis sie sich wieder erholt haben und die Rinde wieder glatt geworden ist Kommen in Ballen verpackte Bäume in angefrorenem Zustande an, so darf man die Ballen nicht gleich öffnen; man lege sie an einen frostfreien Ort (in einen Schuppen oder Keller), lasse die Ballen innen aufthauen, und packe sie dann erst aus. Werden Bäume in losem Zustande aus entfernten Baumschulen abgeholt, so müssen die Wurzeln durch starke Bedeckung mit Stroh sorgsam gegen den schädlichen Einfluss von Sonne, Wind und Kälte geschützt werden. Die Bäume sollten dann nicht, wie dies aus Nachlässigkeit öfter vorkommt, bis zu ihrer Verwendung auf dem Wagen bleiben, sondern sofort in Erde eingeschlagen werden. Das Misslingen von Pflanzungen ist oft auf die Unterlassung dieser Vorsichts- massregel zurück zu führen; bei längerer Reise unbedeckt transportirt und in Frostnächten auf dem Wagen belassen, — wurden die Bäume mit erfrorenen Wurzeln gepflanzt. Zum Pflanzen nehme man nur soviel Bäume aus dem Einschlag, als binnen wenigen Stunden gepflanzt werden können. Man thut selbst hier nicht zuviel, wenn man die Wurzeln, um sie vor dem Vertrocknen zu schützen, zuvor in einen Brei von Kuhdünger und Lehm taucht und sie derart mit einer schützen- den Hülle umgiebt. Vor dem Einpflanzen werden die Wurzeln und Kronen geschnitten. Von den ersten entfernt man die beschädigten Theile und giebt den abgerissenen Wurzeln einen neuen Schnitt. Das Beschneiden der Krone richtet sich hauptsächlich nach der Beschaffenheit der Wurzeln. Sind wenige Wurzeln vorhanden, so dürfen auch nur wenige Zweige zu ernähren bleiben, weil das Gleichgewicht zwischen Krone und Wurzeln hergestellt werden muss. Bei jungen Bäumen werden die Hauptleitzweige behufs Bildung einer schönen luftigen Krone immer über nach aussenstehenden Augen geschnitten. Bei grösseren Bäumen darf man die Kronen nicht stutzen, sondern nur durch Ausheben von Aesten ver- dünnen, so dass sie ihre ursprüngliche Form behalten. Canadische und lombardische Pappeln, Rosskastanien und Nussbäume vertragen das Einschneiden oder Einstutzen der Wurzeln nicht, ebensowenig das Einkürzen des Haupttriebes. Was nun das Pflanzen selbst anlangt, so werden die Wurzeln im Pflanzloch, welches man aus der zugeworfenen Pflanzgrube nur so weit wieder ausgehoben hatte, dass jene bequem darin Platz haben, gut vertheilt und beim Anbringen der guten Erde durch Schütteln dafür gesorgt, dass dieselbe überall vollkommen mit Erde umgeben werden. Obgleich ein Angiessen neugepflanzter Bäume bei solcher Vorbereitung des Bodens nicht absolut nothwendig erscheint, ist dasselbe, wo man es ausführen kann — dann geschehe es aber nicht in homöopathischer Dosis — doch von der vortheilhaftesten Wirkung. Eine Hauptsache, deren Nichtbeachtung schon vielen Bäumen das Leben gekostet hat, ist, wie nicht genug betont werden kann, dass die Bäume niemals zu tief zu stehen kommen, sondern, dass die Wurzelkronen nur eben bedeckt werden. 14* 212 ALLEEN. Die Stämme werden nach dem Pflanzen vorderhand nur lose an die P&hle brfestigt, damit zugleich mit der aufgelockerten Erde unter ihren Wurzeln auch die Bäume sinken können, und die Wurzeln nicht hohl zu stehen kommen. Bei dem späteren Anbinden ist das Band möglichst fest zu legen, auch darauf zu sehen, dass Reibungen an der Bindestelle durch Zwischenlegen von Moos oder dergleichen, oder durch An- wendung von mit Stroh umwickelten Weiden, die in Form einer liegenden 8 um den Baum zu schlingen sind, vermieden werden. Durch Einbindung des unteren Stammtheils mit Domen, Schilf oder Eorbgeflecht, ist der Baum gegen Hasen- und Kaninchenfrass und sonstige Beschädigungen zu schützen. Von Vortheil ist es, die Erdscheiben frisch gepflanzter Bäume mit einer 8—10 Centimeter starken Schicht von Laub, Sägespänen, kurzem Dünger oder ähnlichen Stoffen zu bedecken, und es ist dies sowohl bei der Herbst- wie bei der Früh- jahrspflanzung rathsam; im ersteren Falle wird der schädliche Einfluss zu grosser Kälte, im letzteren der den Boden allzu sehr austrocknenden Hitze abgeschw^ht. Doch bringe man das genannte Material nur auf die zuvor au^elockerte Erde. Zum ferneren Gedeihen der Pflanzungen ist, um dem Zutritt der atmosphärischen Niederschläge Vorschub zu leisten, ein öfteres, im ungefähren Umfang der Pflanz- scheibe vorzunehmendes Auflockern des Bodens nothwendig. In Städten umgebe man zu gleichem Zweck die Bäume mit durchbrochenen eisernen Platten, unter denen die Erde immer locker zu halten ist. Die zu dicht stehenden Aeste der Krone müssen entfernt werden. Durch die Unsitte des übrigens auch wenig rentablen Entlaubens wird das Leben der Bäume verkürzt. Diese Procedur sollte man schon aus ästhetischen Bücksichten niemals anwenden. Wird eine Allee überständig, so ist dieselbe durch Ausroden, nicht durch Ab- hauen zu beseitigen; auch darf man in diesem Falle nicht einige, etwa noch kräftige Bäume stehen lassen, sondern man muss alle entfernen. Man muss möglichst ver- meiden, junge Bäume zwischen alte Alleebäume zu pflanzen, weil die Pflanzung hierdurch unsymmetrisch und lückenhaft wird und das Auge beleidigt Bäume die auf denselben Platz gepflanzt werden, wo schon andere gestanden haben, wachsen auch schlecht, weil der Boden erschöpft ist. Kommt man also in die Lage an Stelle einer überständigen eine ganz neue Allee zu pflanzen, so geschehe die Pflanzung nie auf dem alten Platz, sondern genau in die Mitte des Zwischenraums wo die alten Bäume gestanden haben. Ebenso pflanze man Bäume anderer Art, welche auf demselben Boden gedeihen, aber keine verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihren Vorgängern haben, da sie wieder andere, noch nicht absorbirte Stoffe zu ihrer Ernährung gebrauchen und im Boden vorfinden. Bei der Kassirung solcher alten Alleen ist es dann — hauptsächlich bei grosser Ausdehnung — keineswegs gleichgültig, welchen Nutzwerth die Bäume haben. Man sollte auf letzteren bei einer Neuanlage von Zierbäumen wohl Rücksicht nehmen, denn vielfach gedeihen werthvolle Hölzer auf demselben Boden, wie geringwerthige. ALLEEN. 213 Solche wohlgepflanzte und wohlgepflegte Alleen erlangen später in ihrer Aus- bildung etwas ausserordentlich Stattliches, sie werden dann unserem Lande in land- schaftlicher und ökonomischer Beziehung dasselbe cultivirte Ansehen und dieselben Vortheile verleihen, welche andere Länder längst besitzen; wir werden dann nicht mehr von einem Gefühle der Scham beschlichen und auf das unangenehmste berührt werden durch den Anblick unserer misshandelten, ihrer Aeste beraubten Alleebäume, die wie Besen in die Luft starren. Oder wer würde nicht übel berührt durch den Eindruck kahl geschorener Pappeln, die ihre Blätter auf dem Felde zerstreut zu haben scheinen; denn wie verlorenes Laub nehmen sich die zahlreichen Wurzel- schossen aus, die den Boden aussaugen, die angrenzenden Felder schädigen und ganze Gegenden verunstalten. Wer hat ferner die kränkelnden Obstbäume, die lückenhaften Reihen verkrüppelter Kirschbäume nicht hinweg gewünscht, den un- symmetrischen Wechsel zwischen bereits ausgewachsenen und noch jungen Stämmen, welche nicht zu einer fröhlichen Entwickelung gelangen können? Und welcher Wanderer athmete nicht frisch au^ wenn am schwülen Tage ihn ein köstlicher Laub- gang aufnahm, der schon von fem durch seine üppigen Wipfel ihm Herz und Auge gelabt hatte? In meiner Schrift: „die Anpflanzung und Behandlung von Alleebäumen", Berlin, findet man das hier vielfach nur Angedeutete eingehender ausgeftlhrt imd es ist besonders auch dem Werth der verschiedenen Hölzer in künstlerischer wie tech- nischer Beziehung eine specielle Besprechung gewidmet. XV. lieber Anlage und Unterhaltung von Friedhöfen. Mit einer Ansicht und einem Plane. Jeder gefühlvolle Mensch wird gern die Gräber seiner Lieben besuchen, wenn es ohne Aufsehen zu erregen geschehen kann; bei der zweckwidrigen Lage und Einrichtung der meisten Friedhöfe ist dies aber nicht wohl thunlich. Obgleich nun in neuerer Zeit auch fiir Verschönerung unserer Begräbnissstätten viel geschehen ist, so sind doch im Allgemeinen keine öffentlichen Anstalten so sehr vernachlässigt worden, als gerade die Friedhöfe. Es schmerzt tief, so viel Kirchhöfe zu sehen, fiir welche die Kunst gar nichts gethan hat, und die nichts weiter sind als ein Stück Feld, von einer Mauer um- geben, mit einem schwarz angestrichenen, hässlichen Thore geschlossen und mit geschmacklosen, schauerlichen Behältern der Knochenreste versehen. Auf solchen lieblosen und sogar von der Natur selbst vernachlässigten Orten, wo diese keinen Baum, keinen Strauch erscheinen lässt, wo keine Bank, ja nicht einmal ein Weg besteht, der den trauernden Gatten zum Grabe seines geliebten Weibes hinführen könnte, wo er vielmehr genöthigt ist, über Gräber zu stolpern und die Kränze zu zertreten, welche diesen die Liebe wand, — an solch verödeten Stätten werden nur zu häufig die Todten gebettet. Ist es daher ein Wunder, dass solche Begräbnissorte durch ihre hässlichen Anlagen uns den Tod noch viel schrecklicher erscheinen lassen, als er wirklich ist? Der häufig gehegte Wunsch, solche unwegsamen mit Nesseln und Disteln bewachsenen Todtenanger in fireundliche Gärten zu verwandeln, ist deshalb ebenso natürlich als gerecht. Der beschränkte Raum der meisten Gottesäcker macht es aber der Garten- kunst unmöglich, etwas Wesentliches zur Verschönerung derselben zu thun, und so lange es der Willkür jeder Familie überlassen bleibt wo und wie sie die Gräber ihrer Todten verzieren will, dürfte es überhaupt unmöglich sein, einen wirklich schönen Friedhof in Gestalt eines Gartens herzustellen. Erklärlich ist daher der UEBER ANLAGE UND UNTERHALTUNG VON FRIEDHÖFEN. 215 Wunsch manches Grundbesitzers, ein Familienbegräbniss in seinem Garten zu er- bauen, doch kann dies schicklicher Weise nur in solchen Garten geschehen, deren Lage und Grösse sich dazu eignet und die zugleich ein bleibendes Eigenthum der Familie sind. Begräbnissplätze dürfen kein düsteres und schauerliches Ansehen haben, nicht mit den Bildern des Todes und des Schmerzes verziert werden, man muss ihnen vielmehr ein freundliches Ansehen zu geben suchen, um das Gefühl des Schmerzes und der Wehmuth, das den Besuchenden unwillkürlich beschleicht, nach Möglichkeit zu mildern und durch erhebende Ausbhcke abzulenken. Sodann muss ein Kirchhof ein heiliger Ruheplatz der Todten sein und wir sollten in denselben nur mit Ehrfurcht und mit ernsten Gedanken eintreten. Die ganze Majestät des Todes muss uns erfüllen, kein störender Eindruck darf sie abschwächen. Wenn wir wünschen, dass man die Gräber der Unsrigen achtet, so werden wir die gleiche Achtung auch denen der Anderen zollen. In den ersten Zeiten des Christenthums bestand der Gebrauch, sich in Kirchen beerdigen zu lassen. Heilige Märtyrer begrub man unter den Altären und Andere wollten in ihrer Nähe begraben sein. Auf diese Weise wurden die Kirchen Bein- häuser. J. C. LouDON sagt: „Es ist kein Zweifel, dass das Begraben in Grüften, durch welche verhindert wird, dass sich der Körper mit der Erde vermischt, sehr alt ist; es war gerechtfertigt in alten Zeiten, aber man kann behaupten, dass es nicht mit dem Geiste unserer Zeit übereinstimmt. Es war auch damals wie jetzt kein sicherer Schutz gegen Entweihung durch die Menschen. Das Geld, welches man für Grüfte ausgiebt, sollte man lieber zu schönen Monumenten verwenden. Viel angenehmer und natürlicher sehen die mit Gras bedeckten Gräber von Familien aus, die neben einander liegen, eine besondere Abtheilung bilden und keine schäd- lichen Gase ausströmen, es ist dies viel besser für die Gesundheit der Lebenden und für die Ehre der Todten". Die Sitte in Kirchen beerdigt zu werden besteht noch in England. Die West- minsterabtei in London ist die berühmteste Ruhestätte für abgeschiedene grosse Geister der Nation, es ist eine Auszeichnung und eine Ehre hier begraben zu werden. Es scheint als wenn England seine erlauchten Söhne, seine grössten Helden zu Land und zur See für alle Zeiten aufbewahren wollte in diesen geheiligten Hallen. Der Gedanke ist indess nicht ohne Widerspruch geblieben. So sagt Peter Cunningham: „Mein Vater hatte immer einen Abscheu vor der Westminster-Abtei, er ist begraben auf einem grünen Kirchhof, nicht in einem dumpfen, verpesteten Grabgewölbe eingeschlossen, sondern in der Erde, damit er sich mit ihr vermische, von der er entsprang". — Die grosse Londoner Todtenstadt Kensal Green cemetery von J. C.-Loudon 1832 angelegt, befindet sich auf einem erhabenen grossen Plateau der malerischen Grafschaft Surrey, sie bietet ein grossartiges Panorama. Der Boden ist trockener 216 UEBER ANLAGE UND UNTERHALTUNG VON FRIEDHÖFEN. gelber Sand, bedeckt mit welliger Grasfläche und enthält ein Areal von 2000 Acker. Um den Wünschen und Gebräuchen anderer religiöser Körperschaften entgegen zu kommen, sind grosse Theile abgetrennt z. B. für römisch-katholische, ein anderer ITieil für diejenigen, welchen jede kirchliche Einrichtung widerstrebt. Wenn der ganze Raum belegt sein wird, ist es der grösste Beerdigungsplatz der ganzen Welt. — Von den französischen Begräbnissplätzen ist der berühmteste der Cimeti&re du pere Lachaise, jetzt 1112 Acker gross, mit welligem Boden, auf der Höhe ge- legen, über 10000 Grabmonumente enthaltend, worunter viele von künstlerischem Werth. Vertreter aller Nationen, Menschen der verschiedensten Stellung ohne Unter- schied des Alters imd der Religion, im Leben nach Handlungsweise und Denkart noch so unähnlich, sind hier versöhnt und ruhen in Frieden bei einander. Von vielen Punkten hat man mehr oder weniger lohnende Aussichten auf die Stadt Paris. Wegen UeberfüUung mit Grabstätten und der ungeordneten Masse der verschieden- artigsten Monumente macht die Anlage keinen schönen Totaleindruck und ist durch- aus ohne künstlerischen Werth. Breite gepflasterte Fahrstrassen führen durch diese Räume, stundenlang wandelt man unter den Todtenhäusem umher und vernimmt keinen Laut als höchstens den Widerhall der eigenen Fusstritte. In Deutschland ist in neuerer Zeit ein bemerkenswerther Fortschritt in An- lage und Verschönerung der Friedhöfe zu verzeichnen. Einer der grössten und bestgehaltenen ist der zu Frankfurt am Main mit über 40000 Grabstätten und schönen Monumenten. Auf einem Hochplateau gelegen bietet er herrliche Aussichten auf das Taunus -Gebiige und die Stadt. Zu beiden Seiten des Eingangportales befinden sich in zwei Flügeln die Wohnung des Aufsehers und die Leichenhalle, vor denselben zwei grosse Kiesplätze mit vierfachen Alleen von rothblühenden Kastanien mit rankenden Rosen bepflanzt, am entgegengesetzten Ende die Familien- grüfte. Rings um den Friedhof führt eine angenehme Promenade. Hie und da trifit man auf einen Kiesplatz mit Ruhebänken im Schatten grosser Bämne und mit schönen Aussichten. Viel wohlriechende und reichblühende, auch viel immergrüne Gehölze und solche mit zierenden Früchten sind angebracht Die Gräber sind durchweg wahre Blumenbeete. Rühmend zu erwähnen sind femer namentlich die Begräbnissplätze von Berlin, Dresden, Hamburg, Dessau, Heidelberg, Frankfurt a. d. Oder. Schöne Mausoleen sind u. a. daqenige Friedbich Wilhelm HL und der Königin Luise im königL Garten zu Charlottenburg mit den Gestalten Beider in weissem Marmor, einem Meisterwerk Rauch's, dann die griechische Kapelle in Wiesbaden, dem Andenken der Herzogin Elisabeth von Nassau gestiftet; femer das Mausoleum des Prinzen Albert von England in Windsor Park. Man kann sich nichts Interessanteres und Rührenderes denken, als die Be- gräbnissplätze des Orients. Die Meinung der Muhamedaner, dass diese Welt nur eine Karawanserei ist, wo man auf seiner Reise in eine andere Welt ausruht. UEBER ANLAGE UND UNTERHALTUNG VON FRIEDHÖFEN. 217 verursacht unter diesen weitverbreiteten Völkern nicht blos die grösste Sorgfalt für ihre Todten, sondern auch gegen ihre Gräber einen Respekt, welcher in der heutigen Zeit vollständig ohne "Gleichen ist. Stets ist man Zeuge einer frommen Ehr- erbietung gegen die Todten. Auch der Glaube, dass der Geist der Abgeschiedenen in der Nähe der Gräber weile, zieht viele dahin; deshalb sucht der Orientale dort Trost im Unglück und Sympathie, wenn er Erfolge hat Jeden Freitag kommen Verwandte und Freunde und besuchen die Gräber. Li Constantinopel und Um- gegend, in Smyrna, Kairo etc. befinden sich ausgedehnte Gräberfelder. Auf jedem Grabe sind Cypressen gepflanzt. Deshalb bilden diese Begräbnissplätze ausgedehnte Wälder von dunkelem Grün und melancholischer Schönheit. Obschon nicht umfriedigt von grossen Steinmauern werden sie dennoch niemals entheiligt. In Constantinopel sind sie auf Punkten gelegen, welche schöne Aussichten gewähren, sie krönen die Uferhöhen des goldenen Horns und des Bosporus. Sie beschränken sich nicht auf die Umgebung der Stadt sondern nehmen fast jeden leeren Baum innerhalb derselben ein. Sie drängen sich in die Strassen, mischen sich unter die Häuser und Läden und machen so die Lebenden mit den Todten vertraut Sie befördern jene Ergebung in den göttlichen Willen, womit jeder Moslem dem letzten Augenblick entgegen sieht. Der grossartigste dieser Friedhöfe befindet sich in Skutari. Wie ein grosser, über die Dahingeschiedenen gedeckter Mantel breitet sich dieser Gypressenham auf bergigem Terrain über eine Stunde lang und eine halbe Stunde breit aus und wird von mehr als einer Strasse durchschnitten. Die Türken halten den asiatischen Boden für heiliger, als den europäischen. Denn in Asien lebte und lehrte der Prophet, aus Asien kamen ihre Väter, in Asien befinden sie sich näher an Mecca, und in Asien begraben zu werden ist deshalb der Wunsch jedes rechtgläubigen Muselmanns. Der Grund der Vergrösserung der Friedhöfe ist der, dass nie ein Grab wieder geöfifnet wird, um später einen zweiten Todten aufisunehmen. Jeder Todte, der einmal zur letzten Buhestätte gebettet ist, schläft, gleichviel ob arm oder reich, hier für alle Zeiten ungestört. Es ist aber mit wenigen Ausnahmen durchaus unrichtig sich diese Stätten des Todes so vorzustellen, als wenn sie in Folge sorgsamer Pfl^e anmuthigen Gärten glichen und im Grunde keinen besonderen Unterschied aufzuweisen hätten; der türkische Friedhof trägt vielmehr je nach seinem Alter mehr oder minder das Gepräge eines nach unseren Begriffen der Heiligkeit des Ortes unwürdigen Verfalls. Nach der ersten Generation werden selten Ausbesserungen daran vorgenommen. Die Grabsteine, deren jedes Grab zwei hat, weichen fast alle von der senkrechten Bichtung ab, hängen nach der einen oder anderen Seite oder liegen umgestürzt oder zerbrochen auf dem Boden. Von dem Grabe selbst ist fast nichts mehr zu sehen. Diese für unsere Augen verletzende Unordnung und Wildniss wird etwas gemildert durch einen Blick auf die herrliche Natur, die hier wie überall im Orient versöhnend dazwischen tritt, auf die Pracht des südlichen Himmels und das 218 UEBBR ANLAGE UND UNTERHALTUNG VON FRIEDHÖFEN. Lichtmeer, welches über die Landschaft ausgegossen ist und das Auge des Nord-, länders immer aufs Neue entzückt. Vor allem aber ist es die Bepflanzung, welche den durch das Chaos der verschobenen und durcheinander geworfenen Grabsteine hervorgerufenen üblen Eindruck zu verwischen angethan ist. So haben diese Stätten des Todes selbst im ärgsten Verfall nicht das Schreck- hafte, Gespenstige, welches man bei uns mit der Vorstellung eines Kirchhofe zu verbinden pflegt. Durch die contrastirende Wirkung der Form und Farbe gegen die Horizontale des Wassers und gegen die herrliche Beleuchtung der Landschaft geben diese Cypressenwälder der Gegend am Bosporus ein ganz eigenthümliches Gepräge, sie sind deshalb auch für den Landschaftsgärtner von hohem Interesse. Ein anderes, viel friedlicheres Bild bieten die landschaftlichen B^räbniss- plätze Nordamerika's. Wohl in keinem anderen Lande werden so grosse Summen auf Anlage, Einrichtung und Verschönerung derselben verwendet. Weder London noch Paris oder Berlin haben trotz ihrer Parks, Beerdigungsplätze wie Boston, New -York und Philadelphia aufzuweisen. Auf schönem welligem Lande gelegen, von Wald, Wiesenflächen und Bächen durchzogen oder von Wald umgeben, im ruhigen abgeschlossenen Charakter gehalten, mit zahlreichen kostbaren Grab- monumenten geschmückt, gehören diese Plätze zu den grossartigsten Einrichtungen des Landes. Ihnen würdig zur Seite stehen diejenigen von Pittsburg, Louisville, Buflalo, St Louis, Nashville, Hartford, Chicago, Detroit, Cleveland. Alle diese Fried- höfe sind der jeweiligen Lokalität entsprechend, nach verschiedenen Plänen angelegt, alle aber zeichnen sich durch freie Lage aus und sind nichts weniger als schreckliche, finstere Plätze. Der grösste und schönste, gewissermassen das Ideal eines Friedhofes, ist der Spring GroveCemetery beiCincinnati, Ohio (s. Taf. XX), eine Schöpftmg des verewigten Adolf Strauch aus Schlesien, der auch die vorgenannten Anlagen wenn auch nicht alle selbst geschaffen, doch vielfach einen wesentlichen Einfluss auf ihre Verbesserung ausgeübt hat. Angesichts dieser höchst anerkennenswerthen Leistungen hat der Anspruch volle Berechtigung, dass in diesem Zweige der Landschaffcsgärtnerei Niemand mehr zur Hebung des öffentlichen Geschmacks beigetragen hat als gerade Strauch. Mit Recht genoss er eines grossen Rufs als Landschaftsgärtner durch ganz Nordamerika und aJs erste Autorität, was die Cultur der Friedhöfe anbetrifft. Etwa drei (engl.) Meilen von der Stadt Cincinnati gelegen, mit welcher er durch eine 30 m breite Allee verbunden ist, hat der Spring Grove eine wellenförmige Oberfläche, einen sandigen Untergnmd imd ist zum Ueberfluss mit Wasser versehen und mit Wald bewachsen. Die zahlreichen Erhöhungen und die Bäume geben ihm den Namen. Aus dem sumpfigen Terrain in der Niederung sind die schönen Wasser- parthien durch Mr. Strauch geschaffen worden. Die erste Anlage datirt vom Jahre 1845, sein Flächeninhalt betrug damals 166 Acker. Gegenwärtig beträgt sein Areal 443 Acker, die Vergrösserung erfolgte im Jahre 1845, wo Strauch als Superintendent (Direktor) angestellt wurde, und zwar nach seinem Plan. UEBER ANLAGE UND UNTERHALTUNG VON FRIEDHÖFEN. 219 Die nachfolgende Schilderung ist einer Mittheilung meines Sohnes entnommen, welcher einige Zeit unter Strauch dort thätig war: „Die Stadt Cincinnati an der Grenze von Ohio und Kentucky gelegen mag gegenwärtig 260000 Einwohner haben. Sie liegt im Lande der Scharlacheichen, vor allen der Quercua alba und Qu. olivaeformis, so wie der Carya- Arten, von welchen sie sehr schöne Exemplare aufiniweisen hat, dann Oerci^ canademU mit den schönen Schmetterlingsblumen, welches mit seinem Blüthenmeere die Bäume im Frülyahr roth ga&rbt erscheinen lässt. Diospyrus virginiana mit kaffeebraunen, am vorjährigen Holze erscheinenden Blüthen und vor allen Comus florida, dessen Blüthen von den vier weissen Kelchblättern umgeben sind, die wenn entfaltet, viel grösser als ein Fünfinarkstück sind. Comus florida erreicht eine Höhe bis zu 7 m und gewahrt solch ein blühender Baum mit seinen milchweissen Kelchblättern einen prächtigen Anblick* Ausser diesen hat Spring Grove recht würdige Exemplare deutscher Buchen aufzuweisen, vielleicht die Sämlinge einer früheren Generation, denn ein grosser Theil davon war früher Farmland. Hier und da sind urwüchsige Waldparthien vorhanden, die sich aus den schon genannten Scharlacheichen, aus Ulmen, Buchen, Liriodendron, stellenweise in grossen Massen von Liquidambar Styradfluu, Lauras Sassafras, Platanen, Carya -Arten etc. zusammensetzen. „Spring Grove ist grösstentheils eine natürliche Anlage, d. h. das Terrain ist nach den natürlichen Verhältnissen ausgenutzt worden, und die Holzbestände wo nöthig gelichtet, nur der Theil am Eingang ist von Strauch neu angelegt und gepflanzt worden. Es befinden sich hier Monumente von den besten euro- päischen Meistern in München und Italien. „Die Dexter Kapelle hat etwa 110000 Dollar gekostet und ist im Innern noch nicht fertig; verbunden damit ist ein grosses bequemes Gewölbe zur Auf- bewahrung der Todten in Särgen vor der Beerdigung. „Spring Grove ist ein grosser Park. Die von Wegen begrenzten Flächen werden Sectionen genannt und jede Section wird in Parzellen oder Lot's getheilt. Ist eine Section früher Wald gewesen, so sind nach Bedürfhiss Bäume heraus- gehauen worden und einzelne Baumriesen stehen geblieben, denen Mr. Strauch, wenn sie in der früheren Waldung hoch aufgeschossen waren, die Köpfe hat aussagen lassen, um sie niedriger und buschiger zu machen. Die auf Wiesen- boden gelegenen Lots hat er meistens mit Platanen, Liquidambar, Pinus Strobus und auch besseren Coniferen bepflanzt. „Da auf Friedhöfen bei grossen Städten die Gebeine von Personen aus vielen Theilen der Erde bestattet werden, so hat Mr. Strauch die schöne Maxime befolgt, auf ihren Gräbern Bäume ihres Landes und auf solche Weise eine Art Arboretum zu pflanzen, welches im Laufe der Zeit unsern Nachkommen zur Belehrung dienen und dadurch weit mehr nutzen wird, als eine Sammlung ver- witterter Marmorplatten und Grabschriften. 220 UEBER ANLAOE UND UNTEBHALTUNG VON FBIEDHÖFEN. „Die Einfriedigui^en um B^räbnissplätze in gut gehaltenen Friedhöfen ziehen immer von der Heiligkeit des Ortes ab, weil sie der Vermuthung Raum geben, als ob der Ort von Leuten besicht^t wird, die unfähig wären sich selbst zu fuhren. Diese Einfriedigungen verursachen auch grosse Unbequemlichkeiten bei Beerdigungen und schaden dem Eindruck des Ganzen. Deshalb sind in Spring Sptine Oiovo Cemotor: AbbUdong Ton IiOta. Grove alle Grabeinfaasungen abgeschafft und die Begrenzungen der einzelnen I^ots oder Grabstellen durch Lotsteine hergesteUt, welche nur mit der Stirnseite aus dem Boden sehen, die Stellen des Eigenthümers so wie die Nummer der Section und des Lots angeben und von denen auf allen vier Enden einer steht. ,^adurch, dass die Grabumzäunungen fortfallen, hat das Ganze einen viel freieren Charakter. Obenstehende Figur stellt die Disposition von Lots dar. UEBER ANLAGE UND UNTERHALTUNG VON FRIEDHÖFEN. 221 ,,In der Mitte befindet sich das Monument, die Radien sind die Gräber. Jeder Steincomplex ist in der Regel mit vier Bäumen besetzt, wodurch schon jetzt wie noch mehr aber im Laufe der Zeit eine grosse Ueberfilllung entstehen dürfte. Seltsamerweise hat Mr. Strauch zur Bepflanzung der Gräber niemals Blumen angewendet, was vielleicht darin seinen Grund hat, dass die Sommer hier zu heiss sind. Seinem Namen hat er Ehre gemacht, denn er liebte die Blüthensträucher über Alles, natürlich an ihrem Platze, in den parkartigen Theilen.^' Der schönste Schmuck der Friedhöfe muss in geschmackvollen Monumenten bestehen, die zum Theil hinter üppiger Vegetation verborgen sind, die Grabschriften sollen einfach und verständlich sein für Jedermann, alt oder jung, gelehrt oder ungelehrt. Für die Verwaltung ist ein Directorium eingesetzt. Dieses hindert den Geschmack des Einzelnen nicht, behält sich aber doch vor, Anordnungen, welche denselben stören, nicht zuzulassen oder zu beseitigen, wie denn überhaupt bestimmte Regeln festgestellt sind, betreffs der Verbesserung der Grabstellen sowohl, als filr die Aufrechthaltung der Sauberkeit und Ordnung. Es ist nur erlaubt beim Eingang einzutreten, dessen Thore von Sonnenaufgang bis zum Glockensignal am Abend geöffnet sind. Allen Personen ist verboten zu berühren, was nicht ihr Eigenthum ist. Bekannten Unruhstiftern, sowie unreinlichen Personen ist der Eintritt zu verweigern, ebenso werden Kinder ohne Aufsicht nicht ein- gelassen. Schwerbeladene Wagen dürfen bei nassem Wetter nicht passiren, schnelles Reiten und Fahren ist verboten; Pferde dürfen nicht angehängt, überhaupt nicht allein gelassen werden, Omnibus werden nicht zugelassen, auch ist das Rauchen verboten. Personen mit Schusswaffen ist der Eintritt verwehrt und es dürfen Feuerwaffen im Umkreis von hundert Schritt nicht abgeschossen werden, auch ist es verboten Hunde mitzubringen. Der Thorwärter darf kein Geld nehmen. Alle Kirchhofsbeamten sind verpflichtet jeden Uebertreter des Gesetzes zu arretiren. Es ist von grösster Wichtigkeit, dass alle Einrichtungen aufrecht erhalten werden, alle dem Unternehmen günstigen Personen ernten den Dank der Aufsichtsbehörde, wenn sie Uebertretungen anzeigen. Die vorstehenden Bemerkungen sind dem verdienstvollen Werke von Adolph Strauch: „Spring Grove Cemetery, Cincinnati" entnommen, in welchem man das hier Angedeutete weiter ausgeführt findet. Sind wir auch ausser Stande so grosse Summen auf die Anlage und Aus- schmückung unserer Friedhöfe zu verwenden, so lässt sich doch ohne Zweifel auch bei uns noch viel dafür thun, ganz besonders auch für die häufig noch so sehr vernachlässigte Unterhaltung derselben. Der schicklichste Platz für Friedhöfe ist ein geeigneter Platz ausserhalb der Stadt in genügender Entfernung von den Wohnungen, der aber leicht zugänglich ist, eine nördliche Lage ist vorzuziehen, weil die Ausdünstung den Lebenden 222 UEBEB ANLAGE UND UNTERHALTUNG VON FRIEDHÖFEN. weniger gefiihrlich ist. Eine wellenförmige Oberfläche des Bodens ist einer ebenen vorzuziehen, schon wegen der Drainage, ebenso ein sandiger Untergrund, wo er sich findet, in jedem Fall muss der zu einem Friedhof bestimmte Platz trocken und vor Ueberschwemmung gesichert sein. Bei Besitznahme des Landes ist es von grösster Wichtigkeit, einen Plan über Benutzung und Eintheilung des Baumes festzustellen, da es später sehr schwer, ja unmöglich ist, Aenderungen eintreten zu lassen. Der Entwurf dieses Planes und dessen Ausführung muss erfahrenen, zuverlässigen Händen anvertraut werden. Da jedes Terrain verschieden behandelt sein will, so muss der damit Beauftragte um seine Aufgabe zweckentsprechend lösen zu können, sich einen gründlichen Ueberblick über die Localität sowohl, als auch einen Einblick in die lokalen Bedürfhisse verschaffen; auf Grund beider hat er den Plan zu entwerfen. — Heiterkeit des Aussehens, Ueppigkeit der Gewächse, Schatten, Einsamkeit und Ruhe sind in solcher Weise zu combiniren, dass Langweile und Widerwillen vermieden wird und sich nirgends Zwang und Kunst verräth. Ist der gewählte Platz mit Wald bestanden, so ist dies ein grosser Vorzug und es ist die grösste Vorsicht anzuwenden diesen zu erhalten, wenigstens auf den Theilen, welche nicht zu Begräbnissplätzen verwendet werden können, wie Sumpf, Schluchten und steile Abhänge ; die vollständige Vernichtung solcher W^aldbestände ist eine der grössten Verwüstungen ; in ihnen liegt ein gewisser poetischer Zauber, welcher mächtig auf den Beschauer wirkt, wenn er durch schattige Haine alter Bäume geht, deren Stämme mit Blumenguirlanden und Epheu umgeben sind und wo die Vögel die Stille der heiligen Ruhe durch ihren Gesang erquicken, die Verwandlung der Wälder in Haine gibt denselben ein freieres und manigfaltigeres Ansehen, und die verständige Anlage von Laubgängen, OeflFnung und Schliessung von Pflanzungen, das zur Geltung bringen der schönsten Exemplare verschiedener Baumarten, der plötzliche üeber- gang von Licht zum Schatten, bringen immer einen angenehmen Eindruck hervor. Ein anderer sehr wichtiger Punkt bei Anlagen von Friedhöfen ist die Anlage und Construktionen der Wege und Alleen, zumal sie auch oft für die Eintheilung der Begräbnissplätze bestimmend sind. Da bisweilen schwere Ladungen von Steinen und anderem Material auf denselben bewegt werden müssen und da bei Begräbnissen und bei anderen Gelegenheiten zuweilen eine Menge Wagen zusammen kommen, so müssen sie eine genügende Breite haben, sie müssen bequem, trocken und in bester Weise construirt sein. Alleen sollten ganz gerade, höchstens sanft gekrümmt und so gelegt sein, dass sie jeder Section eine natürliche Grenzlinie geben. Es ist deshalb nicht nöthig so viel Alleen anzulegen, wie man sie zuweilen auf Friedhöfen findet, da einige davon selten gebraucht werden, besonders auf steilem Terrain; ihre Anlage ist theuer und die gute und saubere Unterhaltung noch theurer. An geeigneten Stellen sind Ruheplätze mit geschmackvollen Sitzen anzubringen, diejenigen mit schöner Aus- und Ansicht verdienen den Vorzug. ÜEBER ANLAGE UND UNTERHALTUNG VON FRIEDHÖFEN. 223 Man hat öfters den Einwurf gemacht, dass durch die Trennung der Leichen Anner und Reicher ein Widerspruch mit dem Zeitgeiste hervorgerufen werde; so lange indess der Zeitgeist es gestattet, dass im Leben die bleichen in Palästen, die Armen aber in Hütten wohnen, so lange kann derselbe die Vereinigung ihrer Gräber nicht absolut fordern, ohne eine Absurdität zu begehen. Die Beerdigungs- methode, wo wir uns in einem bestimmten Raum einschliessen und nachdem dieser ganz mit Todten angefüllt ist, wieder von vorn anfangen müssen, ist in jedem Fall höchst verwerflich. — Der innere Raum kann in reguläre Felder eingetheilt werden. Diese Felder nehmen diejenigen Leichen auf, welche keine sichtbaren Zeichen des Andenkens erhalten, weder Monumente noch Grabsteine, sondern nur das Zeichen der Religion — das Kreuz. Diese Gräber dürfen nicht Gewölben gleichen, sondern horizontal und wie Blumenbeete behandelt werden oder feine Rasenflächen bilden, mit mindestens zwei Meter breiten Zwischenwegen, die jedes Mal zwei Reihen Gräber umschliessen; zwischen den Feldern sollten ebenfalls W^e von flinf Meter Breite gelassen werden, damit der Leichenzug zum geöflheten Grabe gelangen kann, ohne über die mit Bliunen geschmückten Gräber steigen zu müssen. Alle diese Zwischenwege können Rasenwege sein. Ebenso bestehen die zur Aufiiahme der Gräber bestimmten Flächen grösstentheils aus Rasen, welche höchst sorg- fältig als Bowlinggreens behandelt werden. Ist es nöthig den Friedhof mit einer Mauer zu umgeben, so sollte längs dieser Mauer ein Raum von 18 — 25 Meter Breite ausgeschieden werden, auf welchem man Denkmäler und schöne Grabsteine errichten will und es ist dieser Strich Land, welcher den Kirchhof umgiebt nur für diese bleibenden Monumente bestimmt. Längs diesem müsste ein 5—8 Meter breiter Weg geführt werden. Massen von schön belaubten Bäumen und Gruppen blühender Gesträuche sollten diese Monumente verbinden, die Monumente selbst gewinnen durch solche Um- gebung und ihre Wirkung wird dadurch bedeutender, als wenn sie frei stehen. Und da auch das Aeussere mit dem Innern im Einklang stehen soll, so sollte auch auf der Aussenseite eine 8 Meter breite Gürtelpflanzung angelegt werden, durch welche die Mauer verdeckt wird und welche in Verbindung mit den inneren breiten Pflanzungen, welche die Monumente umgeben einen Aussenwalde gleichen und denen diese Pflanzung den erwünschten Hintergrund giebt. Dieser äussere Waldsaum sollte eine natürliche Linie beschreiben und nicht der Mauer folgen, die er verdecken soll; die zu dieser äusseren Saumpflanzung zu verwendenden Bäume und Sträucher können vorzugsweise aus einheimischen Arten bestehen. Die Befürchtung, dass durch eine solche Bepflanzung die für die Begräbniss- plätze so nothwendige und wohlthätige Zugluft gehindert werde, ist hinfallig, da es schwierig ist, durch Pflanzungen einen Garten, selbst nur theilweise, gegen Wind zu schützen. 224 UEBER ANLAGE UND UNTERHALTUNG VON FRIEDHÖFEN. Wo es die Räumlichkeit gestattet, ist eine Vertheilung der Grrabdenkmäler im inneren Raum des Friedhofs vorzuziehen. — Grosse mit schönem Rasen um- gebene, mit nur schönen Familiendenkmälern geschmückte und mit passenden Bäumen bepflanzte Begräbnissplätze, welche die Bilanz mit der erhabenen Schön- heit und dem ernsten Charakter eines Kirchhofs vereinigen, geben dem Ganzen eine Anmuth und Würde, die niemals bei Friedhöfen erreicht werden kann, wo jeder Schritt Boden mit Denksteinen besetzt ist. Grabmäler müssen einfach, passend und dauerhaft sein. Wer am Grabe einer ihm werthen Person werweilt, wird durch die Erinnerung an den, durch ihren Tod erlittenen Verlust in eine melancholische Stimmung versetzt und bedarf des Trostes. Desshalb sollten Grabmäler an die Auferstehung und an die Wieder- vereinigung in einem besseren Leben erinnern, und selbst das unbedeutendste Bild, das eines Schmetterlings, als Symbol der Auferstehung, kann dem Trauernden Be- ruhigung geben, dahingegen die herrlichste Statue eines weinenden Genius mit der erlöschenden Lebensfackel ihm nur den Tod, die Quelle seines Schmerzes versinnlicht. Sehr richtig sagt von Hake: „Es ist eine trostlose Idee, durch architektonische Verzierungen der Grabstätten den Tod, sogar die Verwesung zu versinnlichen. Wir müssen uns entschieden gegen solch eine Idee erklären. Selbst der freund- lichste Begräbnissgarten wird in einen schaudererregenden Ort verwandelt, wenn dessen architektonische Verzierungen statt des Lebens und die Auferstehung, den Tod und die Verwesung versinnlichen. Genien der Geschichte und Poesie sollten den Architekten, den Bildhauer bei Entwurf eines Denkmals leiten, aber wehe dem, der die Modelle der Verzierung der Gräber in den Gräbern sucht. Da wir uns das Bild des Verstorbenen unter keinem anderen Bilde, als dem seiner sterblichen Hülle versinnlichen können, so ist des Menschen Bild sein interessantestes Denkmal. Wo das Standbild des Verstorbenen sich nicht zu einem Denkmal schickt, sollte man dasselbe wenigstens mit seiner Büste oder Basrelief, die sein Brustbild dar- stellt, schmücken". Bei Anlage eines Friedhofes sollte man immer im Sinne haben, den Stand- punkt zu zeigen, auf welchem die Kultur unserer Zeit angekommen ist. Die Gartenanlage eines Friedhofs imd sein monumentaler Schmuck giebt den über- zeugendsten Beweis der fortschreitenden Kultur eines Volkes. Grabmäler sind in der That überall die besten Chroniken über den Geschmack gewesen. Als Eingang zu einem Friedhof schickt sich als am geeignetsten ein einfaches Portal, welches die Mitte eines Gebäudes bildet in dessen einem Flügel sich die Wohnung des oder der Aufseher befindet, in dem anderen das Vorzüglichste bei solchen Anstalten, — ein Leichenaufnahme Ort, wodurch es möglich wird, dass die Lebenden von der Leiche befreit, diese die gehörige Zeit ausgesetzt und beaufeichtigt, und das Allerschrecklichste, die Beerdigung Scheintodter verhütet werden kann. Zur Vervollständigung und Verschönerung der ganzen Anlage wird UEBER ANLAGE UND UNTERHALTUNG VON FRIEDHÖFEN. 225 es dienen, wenn etwa in der Mitte eine Kapelle oder Parentationshalle in Form eines Kuppelbaus aufgeführt würde. Es ist ferner Sorge zu tragen, besonders bei Anlagen von Friedhöfen für grosse Städte, dass Zimmer für die Geistlichen, für die Leidtragenden, die Sargträger, eine Expedition für die Friedhofsbeamten etc. eingerichtet werden. Neben den Todtenhallen sind auch Sectionszimmer einzu- richten. Im Winter werden die Parentationshallen, die Versammlungszimmer und die Leichenhalle am besten durch eine Luftheizung massig erwärmt; in den Todten- hallen ist far eine wirksame Ventilation, sowie für eine gute Entwässerung Sorge zu tragen; abgesondert von diesen ist auch ein Wohngebäude mit daranstossendem Gerätheschuppen und Wirthschaftshof für den Todtenbettmeister herzustellen. Wie und wo diese verschiedenen Lokalitäten am passendsten zu vereinigen und einzurichten sind, entscheiden die lokalen Verhältnisse. Jedenfalls müssen sie, besonders die ersteren, in einem einfachen aber edlen und reinen Baustyl auf- geführt sein. Anschliessend an dieselben sollten grosse Kiesplätze mit Schatten gebenden Bäumen bepflanzt sich befinden, wo die Leichenbegleitung sich bei schönem Wetter im Freien aufhalten kann. In der Wahl der Plätze für Gebäude und ihrer Bepflanzung sollte man vorsichtig sein, und auch hierin das „ZuvieP^ und allen Prunk vermeiden; sie bieten hier nur einen ärmlichen Ersatz für die Ruhe einer grünen Rasenfläche, welche die Natur selbst ausgebreitet hat. Ein Hauptschmuck eines Friedhofes besteht in einer passenden Bepflanzung; nur durch diese wird sein natürlicher Charakter in ein heimlich mildes Bild ver- wandelt und man kann besonders auch bei Anlagen kleiner Friedhöfe viel darin thun. Bei solchen auf dem Lande ist eine passende Bepflanzung mit Bäumen und Blüthensträuchem, weil ohne grosse Kosten herzustellen, oft das einzige Mittel sie freundlich zu gestalten. Unsere Verhältnisse verbieten es uns, Friedhöfe bei grossen Städten zu reinen Parkanlagen zu gestalten und auszustatten^ wie dies in Amerika der Fall ist. Das Land ist in der Nähe grosser Städte sehr theuer, auch in so grossen Flächen schwer zu erlangen und gestehen wir es offen — wir sind zu arm dazu. Alles drängt bei uns dahin die Feuerbestattung einzuführen, welche Ein- richtung, besonders bei Epidemien, eine Wohlthat sein würde. Dennoch kann man, wenn eine grosse Fläche dazu bestimmt werden muss, den Friedhöfen bei aller Raumerspamiss den Charakter eines Kunstgartens im ernsten Style geben, dessen Eintheilung je nach BedürMss bald eine symmetrische, bald eine unsymmetrische, parkartige sein kann. Die Natur dieser Eintheilung bedingt es, dass die ungeschlossenen Pflanzungen so disponirt werden, dass man von allen Punkten der Anlage nur einen kleinen Theil derselben übersehen kann, weil unsere mit einem Blick zu übersehenden Friedhöfe zeigen, dass eine unge- ordnete Masse verschiedenartiger Grabmaler, wie schon erwähnt, keinen guten Total- effekt machen können. Nur solche Punkte, von welchen man einen schönen Ausblick in die Umgegend gewinnen kann, sind von Bepflanzung möglichst frei zu halten. FfiTZOLD, Landsdiaftsgärtnerel. 15 226 UEBER ANLAGE UND ITNTERHALTUNO VON FRIEDHÖFEN. Die Anlage eines Centralfnedhofes nach den angegebenen Prinzipien ist gegenwärtig für den grossen Friedhof zu Friedrichsfelde bei Berlin nach den Plänen des Gartendirektors Mächtig mit Berücksichtigung aller lokalen Verhält- nisse in der Ausführung begriffen, derselbe theilt darüber folgendes mit. ,^u diesem Friedhofe ist ein 100 Morgen grosses Terrain an der Ostbahn gelegen bestimmt. Dasselbe ist ungemein coupirt, besonders die östliche Hälfte desselben, wo steile Kuppen mit tiefen Einschnitten wechseln. Es ist auch Rück- sicht auf Bahnzuführung genommen, falls Leichentransporte durch die Bahn einge- richtet werden sollten. Diese führen bei den beiden projektirten Kapellen in tiefen Bodeneinschnitten zu den unter denselben gedachten Leichenhallen, welche zweckmässig nach Norden zu liegen. „Die im allgemeinen höher liegende östliche Hälfte des Terrains ist für die Begräbnissstätten der Reichen und Wohlhabenden einzurichten. Die westliche ebnere Hälfte für die Gräber der Armen umfasst grössere Leichenfelder so, dass immer zwei Särge mit der schmalen Seite, nur durch Erde getrennt, zusammen- liegen, d. h. Rasenbeete von zwei Sarglängen entstehen, also keine Hügel. Die obere Schicht guten Bodens wird wieder oben aufgebracht und mit Grassamen besäet. Dies ist vorher in Hamburg resp. Olsdorf auf dem sehr schönen Fried- hof der Stadt geschehen, wie hier überhaupt durch den Direktor Cordes in ähnlicher Weise wie in Friedrichsfelde eine gärtnerisch ausgestattete Anlage geschaffen wird. „Bei den Armengräbern sind einfache Einrichtungen getroffen, die Haupt- wege sind alleeartig bepflanzt und schmale Pflanzungsstreifen neben denselben angelegt und auf den für die Eisenbahn reservirten Flächen, gehen von dem Haupt- weg aus die Leichenfelder, auf welchen nach der Belegung auch noch locker Bäume gepflanzt werden, ebenso wie sich ergebende Ecken durch Bepflanzung gedeckt werden, wobei überall mit dem Raum möglichst gespart wird. „Die Einrichtungen für die Wohlhabenden, die event. auch ihren Hügel erhalten , sind in zu den Terrainverhältnissen passende Plateaus zusammengefasst, in mannigfacher Art gedacht: Mausoleen unter deren Fussboden beerdigt werden kann, und durch Säulengänge verbunden, Mauern mit den beliebten Nieschen- denkmälern, durch Gitter resp. durch Pergolas abgeschlossen. Höfchen mit ge- wöhnlicher Umgitterung, im Gehölz liegende Familienbegräbnissstellen und einfache Gräber treten zu einem nach architektonischen Prinzip geordneten Ganzen, mit deutlich ausgesprochenen Axen für jedes Plateau, zusammen und auch hier sind die zusammenhängenden Gräberflächen durch Schmucksträucher resp. schmale Hecken, Festons zwischen den Alleebäumen etc. eingeschlossen und verdeckt, während grössere Avenüen zu den auf Terrassen befindlichen Kapellen führen. In diesem Theilc sind auch * einige Stellen landschaftlich gehalten, ja auf dem Hauptprojekt ist 'auch auf der tiefsten Stelle vor der zweiten Kapelle ein ÜEBER ANLAGE UND UNTERHALTUNG VON FRIEDHÖFEN. 227 natürliches Becken vorgesehen, während vor der ersten Kapelle eine Fontaine geplant ist. „Die bei der Regulierung entstehenden Böschungen besonders sind zu be- pflanzen und trotz der mannigfaltigsten Eintheilungsarten, ist doch ein gewisses System insofern eingehalten, als in gewissen Zwischenräumen Querverbindungen, die auch befahren werden können, hergestellt sind, wodurch die Orientirung wesentlich erleichtert wird. „Am Nordende ist eine Fläche für Personen, die an epidemischen Krank- heiten gestorben, reservirt. „Die beiden Flächen am Eingang sind für Verwaltungsgebäude, mit diesen verbunden: Warteräume, dann eine Wagenhaltestelle projektirt. Vorgesehen ist auch eine Gärtnerei zu Dekorationszwecken; am Eingang natürlich ein Portier- haus. Wasser wird vorläufig aus Brunnen entnommen, event. später auf der Höhe ein Druckbassin, mit einer kreisförmigen Colonnade versehen, projektirt." Zur Bepflanzung der Friedhöfe eignen sich alle unsere Bäume und besseren Parkgehölze, namentlich sollte man reichblühende und besonders solche mit wohl- riechenden Blumen, mit rothen Fruchttrauben im Herbst und immergrüne, als Symbol der Unsterblichkeit, wählen. Die zu häufige Verwendung der letzteren geben aber dem Ganzen einen zu düsteren Charakter; was man vermeiden muss, deshalb sollte man sie nicht dominiren lassen. Das Wo? und Wieviel? muss dem ausführenden Gartenkünstler überlassen bleiben. Da die Cypresse (Chipressm setnpervircns L.) unsere Winter nicht verträgt, sollte man ihr ähnliche, winterharte Coniferen, wie Cupressus Lawsmiana Murr., (7. Nutkamsis IjAMB., Thuja ocddenialis Ij., Th. plicata DON., Biota orientalis Don., Juniperus virginiana L., Taxus bax^aia L., T hibamica HoRT., und andere sub- stituiren. Bäume mit hängenden Zweigen, sogenannte Trauerbäume, drücken den Schmerz zeitlicher Trennung am sinnlichsten aus, sie charakterisiren entschieden die elegische Form, unter ihnen ist besonders die Trauerweide zu nennen. Schlinggewächse bezeichnen auf sinnige Weise die Fortdauer des Bandes der Liebe und Freundschaft zwischen den Dahingeschiedenen und den Lebenden, unter ihnen besonders der Epheu als Symbol der Unsterblichkeit, der Dauer und der Hoffnung. Zur Ausschmückung der Gräber kann man alle schönblühenden besonders auch wohlriechenden Pflanzen verwenden, aber auch hier sollte man auf die Symbolik der Farben Rücksicht nehmen. Die weisse Farbe z. B. ist das Symbol der Reinheit, Sittsamkeit und Unschuld, ihr Repräsentant: die weisse Lilie; Roth die Farbe der Liebe und der Anmuth, sie wird durch die rothblühende Rose repräsentirt; Blau die Farbe der Treue, der Beständigkeit, des Glaubens, der Unsterblichkeit und der Auferstehung, sie ist auch die -Farbe des Himmels und wird durch das Vergissmeinnicht versinnbildet. Der Mohn ist'das Symbol des Schlafes. 15* 228 UEBER ANLAGE UND UNTERHAI.TUNG VON FRIEDHÖFEN. Der Schmuck eines Friedhofes muss klassische Reinheit und die Mitte zwischen zu grosser Einfachheit und übertriebenem Zierrath halten, und in der malerischen Vereinigung von Architektur, Skulptur und Landschaftsgärtnerei finden wir einen weiten Spielraum für unsere Phantasie. Loudon sagt: „Ein Friedhof in der Nähe einer grossen Stadt, der eigenthümlich entworfen, mit Mausoleen und Denkmälern geschmückt, geschmackvoll mit Bäumen und Sträuchern bepflanzt, und der in eigener Weise gehalten ist, muss eine Schule fiir Architektur, Skulp- tur, Arborikultur und Landschaftsgärtnerei sein." Ein Komit6 von Kunstverständigen und Kunstkennern sollte eingesetzt werden, welchem die Entwürfe für die Grabdenkmäler zur Genehmigung vorzu- legen sind. Dasselbe bestimmt fiir jedes Grab, welches mit einem Denkmal ver- sehen werden soll den schicklichen Platz, muss aber auf die Wünsche deijenigen Rücksicht nehmen, die neben einander beerdigt werden wollen. Jede Familie kann daher verlangen, dass ihren Mitgliedern eine gemeinschaftliche Ruhestätte an- gewiesen werde, wenn sie sich verpflichtet, dieselbe mit einem von dem Komit6 genehmigten Denkmal zu verzieren, wie denn überhaupt für Verwaltung, Benutzung und saubere Unterhaltung bestimmte Gesetze zu erlassen sind, über deren Befol- gung eine dafiir eingesetzte Behörde auf das Strengste zu wachen hat Ein solcher mit schönen und passend placirten Baulichkeiten und Denk- mälerh mit gut angelegten Pflanzungen in sauber gehaltenen Rasenflächen, auf welchen die Gräber als Blumenbeete behandelt werden, und der auf solche Weise in die Gestalt eines Kunstgartens verwandelt ist, kann dann mit Recht ein Begräbnissgarten genannt werden. Alte Begräbnissplätze, welche hier und da in unsern dichtbevölkerten Städten bleiben und wo kein Begräbniss mehr stattfindet, werden am besten in schöne Parks und öffentliche Anlagen verwandelt, statt sie zu Bauplätzen zu verwenden. Es ist dies besser fiir die Lebenden und für die Ehre der Todten. Unsere höchsten Empfindungen sind hiermit verknüpft, sie rufen uns an, den Geschiedenen eine friedliche Ruhe zu gönnen. XVI. Tabelle über die Lebensdauer und Haubarkeit verschiedener Holzarten. Diese Tabelle macht keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sie soll einen allgemeinen Anhaltepunkt beim Hauen und für die beste Verwendbarkeit der Hölzer geben und mit den gebräuchlichsten Holzarten bekannt machen, von welchen man ünterbusch erzielen kann, weil die Kenntniss derselben fiir die so nothwendige zeitweise Verjüngung der Pflanzungen wesentlich ist. Die Rubriken bedürfen nur insofern einer Erklärung, als die Zahlenangaben durchschnittlich anzunehmen sind, indem Boden- und klimatische Verhältnisse auf das Gedeihen, die Lebensdauer und die Nutzbarkeit der Hölzer wesentlich bestim- mend einwirken; auf magerem und trocknem Boden muss früher gehauen werden, die Lebensdauer und der Triebreiz sind geringer, die Stockausschläge unsicherer. Alle Bäume, welche wenig oder keine Neigung besitzen, vom Stock auszu- schlagen, vertragen auch in der Regel das Köpfen nicht gut. Bis zum ersten Dritttheil der Lebensdauer schlagen die meisten gut aus. Bei seltenen Bäumen kommt die forstUche Nutzbarkeit weniger in Betracht, da sie nicht zu diesem Zweck und nur in geringerer Zahl gepflanzt werden. Von Werth zu wissen ist ihr Lebensalter und ob und wie sie den Hieb vertragen, wenn man aus irgend einer Ursache in die Lage kommt, an dieselben die Axt legen zu müssen; so weit hierauf bezügliche Erfahrungen gemacht wurden, sind sie mitgetheilt. Obwol man dem Köpfen und der Kopfholzzucht der Bäume, namentUch der Weiden, nicht das Wort reden kann, so kommen doch Fälle vor, in denen man von dieser Operation Gebrauch machen muss, weshalb die Kenntniss der hierzu geeigneten Bäume nicht überflüssig ist. Alle niederen Bäume, alle Baumsträucher und Sträucher (mit Ausnahme der Coniferen), wie Ailanthus, Amelanchier, Caragana, Catalpa, Cerasus, Cornus, Corylus, 230 LEBENSDAUER UND HAUliARKElT VERSdllEDENEK HOLZARTEN. Crataegus, Cydonia, Evonymus, Hippophae, Laburnum, Ligustrura, Lonicera, Paulownia, Philadelphus, Pirus, Prunus, Ptelia, Rhauinus, Rhus, Salix, Sambucus, Staphylea, Syringa, Viburnum, schlagen bis zum zehnten und zwanzigsten Jahre noch gut vom Stock aus, die meisten geben bis zum vierzigsten Jahre noch Aus- schläge, wenn sie vorher schon mehrere Male gehauen waren. ■ 1 Haabarkeit Systematischer Name. Deutscher Name. Lebensdauer als Ilochstaiuni uhne Rücksicht auf Schlagt aus vom in Jahren. Wurzolschossen, AVurzelstück. in Jahren. Acer Ahorn. campeUre L, Feld-, Massholder 150—200 schlägt aus inontpessvilanuni L. von Montpellier 150 2(X) r Negundo L. Eschenblättriger 100 150 •» (Negundo aceraides Mnch.) platanoidts L, Spitzblättriger 150 200 100 120 » Piteudo-platanus L. Weisser 150 200 100 120 »j saccharinwn L, Raiicbfrüchtiger 150—200 ?j (A, dasyearpon Ehrh.) saceharophorum C. Koch Zucker- 150-200 » (Ä. saccharinum Mx.) t Aesculus RoBskaatanie. Hippocastanum L, Gemeine 150-200 1 j» Alnus Erle. gltUinoaa Grtn. Gemeine 50 80 40 60 >» incana Willd, Grau- oder Berg- 50-80 40—50 ?j Betula Birke. cUba Z. Weisse 80—100 40—60 V Carpinus Hainbuche. 1 aniericana Mx. 1 ; Amerikanische 1 150 200 1 M Belulus Z. 1 Gemeine 150 200 90 120 » Carya Hikorynuss. alba NuU, Weisse 150—200 1 " Porcina NuU, ' , Ferkel- 150 200 • » Castanea Kastanie. ' vesca Gärtn, Essbare ^ 150—200 ! 80 100 1 » Celtis Zürgelbaum. 1 austraf i« L. Südlicher 100 150 » occideiUaiU L, ; Abendländischer 100-150 1 Cerasus Kirsche. 1 acida Borkh, Sauer- 50—80 1 40-70 avium Mnch. Vogel- 50 80 40-70 Mahaleb Mül, Weichsel- 1 50—80 1 40 70 5J Padua D. C Trauben- 50 80 40—70 aeroUna Lois. Spättreibende 50-80 1 40 70 V virginiana Ser. Virginische 50—80 40 70 LEBENSDAUER UND UAUBAHKEIT VEHSCIIIEDENEK HOLZAKTEN. 231 Die kleineren Sträucher vertragen alle den Schnitt. Die Heizkraft der Hölzer nimmt in folgender Reihe ab : Ahorn, Weissbuche, Esche, Buche (Roth-), Eiche, Kiefer, Ulme, Birke, Lärche, Akazie, Fichte, Tanne, Linde, Aspe, Erle, Schwarzpappel, Pyramidenpappel. Schla«^ aas vom Stamm und Warzelstock. Dis kSehsto Alter, in wolchom aas Samen gezogene Pflanzen noch Woizol- sdiossen geben. Kennen sie geköpft I werden | oder nicht? Bemerkungen. 30-50 40—60 40—60 40-60 40—60 30—50 ja- ja- ja. ja. ja. ja. ja. ja. Alle Ahomarten liofom viele and gute Stuckausschi !lge , selbst die ) alten abgehauenen St()cko. Das Holz eignet sich vorzagsweise för Wagner und Tischler. Als Bauholz ist es nur auf ganz trocknem Boden brauchbar. schlägt aus 40—60 30-40 30—40 20—30 ja. ja. nclu. nein. Das Holz ist weich und wenig dauerhaft; eignet sich für Tischler und Holzschnitzer. Das Holz ist gut zu Wasserbauten, Röhren u. s. w. Giobt im Alter nur Wurzeltriobo. Sobald die Rinde am unteren Stamm anfUngt rissig zu worden, ist es die höchste Zeit zum Hauen zur Erzielung von Wnrzelsciiossen. Taugt nicht zum Bauen. Gutes Werkholz für Stellmacher und Tischler. 20—40 40—60 ja. ja. ja. ja. ja. Nur im kräftigen Boden schlägt sie bis zum 60sten Jahre vom Stock, selten von der Wurzel aus. Holz voraüglich gut zu Schirrarboiton. Stockausschlag leicht und gut. Das Holz als Bau- und Werkholz von langer Dauer. 30—50 30—50 30—50 30—50 30—50 30—50 ja. ja. nein. nein. ja. nein. ja. nein. Macht meist Wurzeltriebo. Das Holz sämmtlichor Kirschen eignet sich vor/.üglich zu Tischler- arbeiten, Macht meist Wurzoltriebe. 332 IJSBENSDAUKK UND HAUBARKEIT Systematischer Name. Deatseher Name. 1 Lebensdaaer in Jahren. Maabarkeit als Hochstamm 1 ohne Rücksicht aof WonalBohoasen, in Jahren. Schlugt aus vom Wonelstock. JF^^^sr 1 Buche. 1 1 1 1 sylvatica Z. Oemeine 150—200 1 100—120 schl> aus Fraxinus 1 Esohe. 1 . 1 excelsiar L. Gemeine 1 150-200 100- -120 1 GleditscMA 1 , aieditsohie. 1 triacantho$ Z. Dreidomige 100—150 1 1 Jaglans WaUnuas. • cinerea L. nigra X. regia Z. Graue Schwarze Gemeine 150—200 150-200 150—200 1 n J3 Liriodendron Tulpenbaum. iulipifera Z. Gemeiner 100—150 * ' 1» 1 Moras Maulbeere. 1 1 alba Z. nigra Poir, Weisse Schwarze 100 150 100-150 1 jj Ostrya Hopfenbuohe. virginica Willd. vulgaris Wüld. Yirginische Gemeine 150 200 150 200 1 1 ty 1 Püras Birne. communis Z. Malus Z. Gemeine Apfel 100 150 100 150 Platanus Platane. occidentalis Z. orierUaXis Z. Abendländische Morgenl&ndische | 150 200 150 200 Populus FappeL alba Mül, balsami/era Z. fasUgiata Vesf. monilifera Aii. nigra L, tremula Z. Weisse Balsam- Lom bardische Spitz- ' Canadische Schwarz- Espe, Zittcr- 1 70—100 50 80 50—80 70—100 70 100 60-80 40—60 30-40 30 40 40—60 40—60 40-60 Prunus Pflaume. domestica L, Gemeine 50-80 40- -70 Pterocaiya FlügelnuBB. « caucasica C, A. Mey, Kaukasische ■ 150—200 ^ » Quercus Eiohe. 1 pedunculata W. sessilißora Salisb. Cerris Z. Stiel- ' Stein- Türkische 300 600 300 600 i 1 150-200 150—200 jy 1» VERSCHIBDBNBR HOIiZÄRTEN. 233 Schlägt ans Tom stamm und WoneUtock. Dm hVehtle Alter, in walchem aus Samen gezogene Pflanzen noch Wnrzel- schossen geben« KOnnen sie geköpft werden oder nicht? Bemerknngen« 40—45 20—40 schlägt aus 15—25 15—25 15—25 15-25 15—25 20-30 >» 30—50 20—60 20—60 ja- ja. ja. ja. ja. ja. ja. ja. ja. ja. ja. ja. ja. ja. ja. ja. ja. ja. ja. ja. nein. nein. ja. ja. ja. ja. SdüXgt Öfter auch auf der HiebflAohe zwischen Bast und Splint ans. Viele BttchenstOcke treiben erst im nächstfolgenden Frülgahr. SdhlAgt nnr in gntem Boden ron Stock und Woxzal ans. Das Holz {geeignet zum Bauen anter Wasser, stockt aber der Luft nnd Feuchtigkeit ausgesetat. Das Holz eignet sich fDr Wsgner und Tischler. Schlagen bisweilen von Stamm und Wurzel aus ; Holz als Tisdiler- holz von hohem Werth. Verträgt das KOpfen, wird aber dadurch sehr verunstaltet. P. tremula L. schlägt sohr selten vom Stamm aus, treibt dagegen besonders im Alter zsüilreicho Wurzelschosson, die oft ganze Pflanzungen verwildem lassen ; sie ist deshalb, namentlich auf g^tem Boden, nur mit der grOssten Vorsicht zu verwenden. Das Holz werthvoll für Tischler. Alle Eichen vertragen Schnitt und Hieb sehr gut. 234 IJ3BENSDAUEK UND HAUBAKKEIT 1 Systematischer Name. 1 Deutscher Name. 1 Lebensdauer , in Jahron. Uaabarkeit als Hochstamm ohne Rücksicht auf W uiyelschossen, in Jahron. Schlagt aus vom "Wurzelstock. coccinea Wiäd. rubra L. tinetarla Willd. Scharlach- Rothe Färber- schlägt aus »t Robinia, Schotendorn, Akasie. Pseud'ocacia L, 1 vUeosa Vent. Falsche Klebrige 50-80 50-80 40-60 Salix IVeide. alba L. y babylonica L. caprea L. viUllina L. Weisse Trauer- Sohl- Dotter- m 80 50 70 ÜO— 80 GO— 80 50 70 50-70 50-70 Sambucus HoUnnder. nigra L, Gemeiner 60 80 Sozius Vogelbeerbaum. Aria Crtz, aucuparia L, intermedia Per 8, la^ifolia Lam. torminali* Crtz, Mehlbeerbaum 1 Gemeine Eberesche Oxelbirno < Breitblättriger Elzbeerbaum GO— 80 (U)~80 1 GO— 80 0)0—80 GO-80 50—70 50—70 50-70 Tllla liinde. americana L. platyphyllos Scop. ulmijolia Scop, Amerikanische, schwarze Grossblättrige Gemeine 150-2(K) 150-200 , 150—200 70 IM) 70-lK) »1 1 ?> Ulmns Ulme» Rüster. umcricana L, campeHris L, effusa Wüld, nunUana Bank, suberosa Ehrh, Amerikanische Feld- Gewimperte Berg- Kork- 150 200 150—200 150-200 150 2(K) 150 200 100-121^ 1(K)— 120 100 120 100 120 VERSCHIEDENER H0IJ5AUTEN. 235 Schlfi»?t aus vom Stamni und "War/olstock. Das hSehste Alter, in welchem aus Samen gezogene Iflanzen noch Wurzel- schössen geben. schlägt aus »5 j» 30—50 40-60 40— ÜO 40—60 20—30 20-30 20—30 20—30 20—30 20-60 20—60 20—60 20- 60 Können sie geköpft werden oder nicht? ja. ja. ja. ja. ja. ja. ja. ja. ja. ja, nur m d. Jugend. ja. nein, nein, nein, nein. ja. ja. ja. ja. ja. ja. ja. ja. Bemerkungen. Treibt sehr gut und reichlich aus der Wurzel, die Ausschläge wachsen viel schnollor als die StAmnie. In 3 — 5 Jahren liefert sie Holz zu l*fählen, Spalüiolz erst in 10 — 1:2 Jahren. Das Uolz ist schwer, dauer- haft und schön. Die Korb- und Flechtwoiden müssen alle zwei Jahre auf die Wurzel gesetzt werden. Es eignen sich hierzu vorzugsweise: S. purpurea Wüld., S. vimiwUU L. und 8. iHteUina L. Zur Erzielung von Koifstäben und Faschinen sind zu empfehlen : S. acuminata L., S. alba L.^ S. caprea L. und S. cinerea WUld. Zur Kopfholzzucht sind die besten: S. alba L.y S. Jragilis L. und S. vüelUna L. Die Dauer der Kopfweiden ist ungefiUir 60 Jahre. Verjüngt sich im Alter besser aus der Wurzel. Schlagen zuweilen von Stock und Wurzel aus. Das Holz von iS^. ^ iorminaiis hat die gute Eigenschaft, dass es sich nicht wirft ; es ist sehr fest und schwer. Schlagen bis ins hohe Alter sehr gut vom Stock aus; treiben zu- weilen auch Wurzelschossen. In der Blüthozeit geben sie den Bienen gute Nahrung und liefom vorzüglichen Bast. i Schlagen sehr gut vom Stock, bisweilen auch von den Wurzeln aus, Nach dem Eichenholz ist das Ulmenholz das dauerhafteste Bauholz unter Wasser, im Feuchten, wie im Trocknen. XVIL Basen und Wiesen. Basen. Die Rasenflächen und Wiesen bilden die zweite Form geselliger Vereini- gung von Pflanzen, in welcher diese als landschaftliche Zierde auftreten; und zwar sind es die kraut- und staudenartigen Pflanzen, vorzugsweise aus der Familie der Gräser, welche sich hier finden. Wie das Wasser dem Landschaftsbilde die Schlag- lichter ertheilt, so bilden sie die sanfteren lichtpartien und erhöhen und vollenden die Schönheit der idfeellen Landschaft. Wenden wir uns zuerst zu den feinen Rasenplätzen, den Bowling-greens der Engländer, welche unsere Blumengärten und Pleasuregrounds schmücken sollen. Bei ihrer Unterhaltung, die mit dem grössten Fleisse besorgt sein will, tritt etwaiger Nutzen ganz in den Hintergrund. Schon lange vor der Einführung der Landschaftsgärtnerei in England befanden sich da- selbst viele geebnete Grasplätze, die zum Ballspiel benutzt wurden und deshalb sehr rein gehalten und häufig geschoren werden mussten. In Folge dieser Be- handlung gUchen sie sammetartigen Teppichen und gewährten nicht nur einen reizenden Anblick, sondern eigneten sich auch ganz vorzüglich zu bequemen Spaziergängen besonders für Damen. Als die Reform der Gartenkunst in England die symmetrischen Kunstgärten (omamental gardens) in unsymmetrische (pleasuregrounds) verwandelte, war es sehr begreiflich, dass man bei der Anlage der für sie erforder- lichen Rasenplätze hinsichtlich deren Pflege die wegen ihres schönen Rasens so beliebten Ballspielplätze zum Muster nahm, welches die Veranlassung zu ihrer Benennung Bowling-green gab. Mit der Landschaftsgärtnerei nahmen die meisten europäischen Nationen von den Engländern auch diese Benennung von Rasenplätzen an. Die Franzosen verwandelten dieselbe in Boulingrin.* „Ueppiger, frischer Rasen", sagt Fürst Pückler, „ist der Landschaft, was der Goldgrund alten Heiligenbildern, auf dem sich die treuen üebevoUen Gesichter immer noch einmal so anmuthig ausnehmen." * Vergl. Adolph von Hake: üeber höhere Gartenkunst. RASEN UND WIESEN. 237 Und fürwahr, ein schöner Rasen verleiht dem ganzen JNaturgemälde einen ■ kaum zu beschreibenden Reiz, der von Jedermann, ja selbst von dem rohen und ungebUdeten Menschen empfanden wird. Gern ruht der Blick, geblendet von den hellen Flächen der Gebäude, von den durch das Wasser reflektirten Lichtstrahlen, ermüdet durch die dunkeln Partien der Waldungen und durch das bunte Farben- spiel der Blumenstacke, aus auf dem saftgrünen Sammetteppich eines wohlgepflegten Rasenplatzes auf den die Baumgruppen ihre Schlagschatten werfen und der die Basis all dieser Schönheiten bildet. Gewöhnlich imd mit Recht wird angenommen, dass Grossbritannien das Land sei, dessen Klima vorzugsweise die Herstellung eines schönen Rasens ermögliche ; dort ist er zu jeder Jahreszeit die Zierde der Parks, weil die milde, stets feuchte Luft dieser Inselgruppe die Pflege ungemein unterstützt, die man dort der Rasen- kultur angedeihen lässt. Wenn aber unser Klima auch nicht auf gleiche Weise unsere Bemühungen zur Erreichung des gleichen Zweckes begünstigt, so zeigt die Erfahrung, dass diejenigen deutschen Gärten, welche einer rationellen Pflege ge- messen, in dieser Beziehung den englischen Gärten wenig nachstehen, besonders wenn die Nachtheile unseres trockneren Klimas durch die Möglichkeit einer öfteren üeberrieselung neutralisirt werden können. Bei der Anlage von Rasenplätzen für Gärten und Pleasuregrounds, welche in der Folge als Gartenrasen bezeichnet werden soll, hat man zunächst die Beschaffenheit des Bodens zu untersuchen, da die Kenntniss desselben von grosser Wichtigkeit ist, sowol für die Aufbringung eines passenden mineralischen Dung- mittels zu seiner Verbesserung, als für die Wahl der später den Rasen bildenden Gräser. Zur Aufaahme der Samen dieser Gräser muss der Boden gehörig vor- bereitet werden. Besteht er aus Moor und Torf oder aus schweren, undurchlässigen, thonigen Boden, so ist die Drainage die geeignetste Vorarbeit zu seiner Verbesserung; sie verdient die Aufmerksamkeit, welche ihr in neuerer Zeit auch die Landwirthschaft zuwendet, im hohen Grade, und die auf ihre Anlage verwendeten Kosten werden sich stets durch den höheren Ertrag des Bodens nach ihrer Anwendung rentiren. Ein zwei Fuss tiefes Rigolen bei schwerem oder saurem Boden, bei humusreichem ein recht tiefes Graben, sind unerlässlich. Ist der Boden thonig, so bedarf er der Beimischung noch anderer Bestandtheile, wie des Sandes, Kalkes, Mergels; ist er sandig, der Beimischung des Lehmes oder eines Kompostes von humusreichen Bestandtheilen, die alle innig mit dem Sande zu vermischen sind. Bei strengem Boden thut man stets wohl, das Land im Herbst auf Dämme werfen zu lassen und diese den Einflüssen von Frost und Luft während des Winters auszusetzen. Beim Rigolen ist stets darauf zu sehen, dass die obere Schicht, der Humus oder die Dammerde, nicht zu tief untergebracht werde und der todte Boden nicht nach oben komme; es ist hier beim Rigolen das umgekehrte Verhältniss wie bei dem der Anlage 238 RASEN UND WIESEN. einer Pflanzung vorhergehenden Rigolen. Dort ist der gute Boden unterzubringen, weil die Wurzeln der Bäume und Sträucher ihre Nahrung in der Tiefe suchen, während die Gräser ihre Wurzeln nur oberflächlich bilden und deshalb auch ihre Nahrung an der Oberfläche finden müssen. Beim Entfernen aller Unkräuter, besonders der perennirenden, wie Löwen- zahn, Wegebreit, Quecke {Triticum repeiis\ Ackerwinde und anderer, ist mit der grössten Sorgfalt zu verfahren, damit sie nicht früher zum Vorschein kommen, als die Schossen der Gräser, die sie dann völlig unterdrücken, wenn sie nicht nun noch beseitigt werden, wobei natürlich die jungen Triebe der letzteren gleich- falls leiden. Ist der Boden zu steril, um die zum Säen bestimmten Grasarten sogleich aufzunehmen, oder fehlen die Mittel, um die zur Verbesserung geeigneten Materialien zu beschaffen, so ist es zweckmässig, das Land einige Jahre vorher mit Hack- früchten, namentlich Kartoffeln, zu bestellen und gut zu düngen. Der Boden wird dadurch gehörig bearbeitet und gemischt, sowohl von einjährigen als perennirenden Unkräutern gereinigt und auf diese Weise am Besten zur Aufnahme der Gras- saat vorbereitet. Dass der Humus gleichmässig vertheilt werde und nicht auf einer Stelle zu tief, auf einer anderen flach liege, versteht sich von selbst. Der Unterlassungsfall würde später die Rasenflächen der Hauptbedingung ihrer Schön- heit, eines gleich massigen Gedeihens des Grasbestandes, berauben. Ein Rasen, wo üi)pig wuchernde Stellen mit spärlich bedachten wechseln, bietet einen höchst unschönen Anblick und vernichtet den Eindruck der besten umgebenden Gruppirungen. Es lassen sich zur Anlage schönen Gartenrasens zwei Wege verfolgen. Man kann schon vorhandenen, schönen, feinen Rasen von einer Trift abschälen, ihn zu transportabel Stücken aufrollen und die in Arbeit genommene Fläche damit be- legen; oder man erzeugt den Rasen durch Besäen derselben. Die erstere Methode fuhrt allerdings schneller zum Ziele, erfordert aber einen bedeutend höhern Kostenaufwand und würde an sehr vielen Orten Deutschlands schon wegen Mangels des benöthigten Rasens wenigstens im grossen Maassstal)e gar nicht ausführbar sein. Trotzdem beginnt sie mehr und mehr in Anwendung zu kommen, wo das nöthige Material zu Gebote steht und wo geübte Arbeiter zur Verfügung stehen. Ist dies der Fall und wurde der Boden mit der gehörigen Sorgfalt vorgerichtet, so zeigt sich bald eine sehr schöne Grasnarbe, und die Mehr- kosten der Anlage werden sehr bald gedeckt durch die weit weniger kostspiehge Unterhaltung eines solchen Rasens. Sogar Rasenstücke, welche saure Gräser ent- hielten, können verwendet werden, denn war der neue Boden gehörig vorbereitet, so fehlen ihnen in demselben die Mittel zur Existenz, sie gehen ein und süsse treten an ihre Stelle; durch das Verlegen verbessert sich der Rasen. Auf Sandboden und an abschüssigem Terrain ist diese Verfahrungswcise unter allen Umständen RASEN UND WIESEN. 239 vorzuziehen und das einzige Mittel, hier einen guten Rasen zu erzielen, wenn man es an sorgsamer Unterhaltung nicht fehlen lässt. So erhaltener Rasen leidet auch weit weniger von Unkraut und Ungeziefer, besonders Maulwürfen. Auch auf schwerem Boden und an Abhängen lässt sich nur auf diese Weise ein guter Rasen erhalten. Die technische Verfahrungsweise beim Legen des Rasens ist eine in imserem Fache so häufig vorkommende Arbeit, dass ich von der detailirteren Beschreibung derselben fuglich absehen kann; es ist nur darauf aufmerksam zu machen, dass die Operation mit der grössten Akkuratesse ausgeführt und der gelegte Rasen mit der Pritsche oder dem Stampfer festgeklopft werden muss, auch dass man die Fugen mit guter Erde sorgsam ausfüllt. Bei abschüssigem Terrain müssen die Rasenstücke durch Holzpflöcke befestigt werden. Die zweite Verfahrungsweise, die des Ansäens, erfordert mehr Aufmerksam- keit und ist in ihrem Erfolge, besonders für die ersten Jahre, weit unsicherer. Durch Ausdauer in der sorgsamsten Behandlung der so gebildeten Rasenflächen gelangen aber auch diese nach einigen Jahren zur gewünschten Schönheit und Voll- kommenheit. Vorzuziehen ist diese Methode da, wo grössere Flächen in Rasen verwandelt werden sollen. Der schwerste Lehmboden, wie der leichteste Sand zeigen uns zwar Gräser, welche auf ihnen gedeihen, denselben gehen aber alle Eigenschaften, welche zur Bildung eines guten Rasens erforderlich sind, ab; sie sind entweder breitblättrig und treiben starke Halme, oder ordnen sich in dichten Büscheln, grosse Stellen des Bodens kahl lassend. Wo man solchen Boden für die Ansaat des Grases vor- bereiten muss, weil man die erste Methode der Rasenbildung, das Rasenlegen, nicht anwenden kann, muss dies mit grossem Fleisse geschehen. Unsere Bemühungen müssen dahin gerichtet sein, einen lockeren, porösen, feuchten Boden herzustellen; je mehr uns dies gelang, um so sicherer können wir. des Erfolges sein. Ueber die Wahl der Jahreszeit für die Aussaat sind die Gärtner nicht einig; diese entscheiden sich für den Herbst, jene für das Frühjahr. Je nach den Um- ständen sind beide Ansichten richtig. Bei einem Boden, der nicht bewässert werden kann, wird Ende August oder Anfang September die geeignetste Zeit sein, weil dann starker Thau und häufige Morgen- und Abendnebel selbst bei anhaltender Dürre wohlthätig auf die Entwickelung des Keimes einwirken, die jungen Gras- pflanzen haben genügend Zeit, sich bis zum Eintritt des Winters so zu bestocken, dass sie der Frost nicht heben kann; auch haben wir keine Erfahrungen gemacht, dass selbst strenge, schneearme Winter nachtheilig auf die junge Saat einge- wirkt hätten. Auch die Aussaat im zeitigen Frühjahr, Ende März und Anfang April, zu welcher Zeit wir in der Regel häufige Regen haben, ist passend in diesem Falle; nur späterhin ist die Aussaat unsicher, weil bei anhaltend trocknem Wetter, wenn die Möglichkeit der Bewässerung nicht da ist, das Keimen ganz verhindert wird. 240 BASEN UND WIESEN. oder der Same ungleich aufgeht; in beiden Fällen hat man sich vergeblich ab- gemüht. Um für alle Fälle sicher zu gehen ist es gut, die Fläche, nachdem sie fertig mit der Grassaat bestellt ist,- noch ausserdem mit einer Schutzfrucht gleich- massig zu bestreuen. Korn (Roggen) ist hierzu am besten, Hafer macht zu dicke Halme, wodurch Lücken im Rasen entstehen. Man nimmt davon etwa das halbe Quantum Samen wie bei der Kornsaat in der Oekonomie. Das Korn begrünt die Fläche sehr bald, in seinem Schutz und Schatten gehen die Grassamen gleichmässig auf, bestocken sich gut, und die Grasfläche ist im zweiten Jahre, wo das Korn verschwunden, vollständig. Selbstverständlich wird die Grasfläche wie gewöhnlich mit der Sense behandelt, damit das Korn nicht in Halme geht. Diese Methode hat sich nach vieljähriger Anwendung stets bewährt. Die Mischung der Grassamen, über deren qualitative und quantitative Ver- hältnisse ich mich später noch aussprechen will, muss mit Sorgfalt . vorgenommen werden. Samen von schwererem Korn, wie von Trifolium filiforme und anderen Pflanzen, welche man häufig als Schutzpflanzen dem jungen Rasen zusetzt, werden am besten besonders nachgesäet, da sie sich mit dem Grassamen nicht wohl mischen lassen. Die Aussaat muss an einem windstillen, regenfreien Tage stattfinden; das technische Verfahren ist dasselbe, wie bei der Aussaat der Getreidearten. Da die staubartige Beschaffenheit der verwendeten Samen das gleichmässige Ausstreuen derselben, worauf hier so ungemein viel ankommt, bedeutend erschwert, so darf diese Arbeit nur sicheren, geübten Händen anvertraut werden. Sodann wird mit dem Rechen (der Harke) oder mit einer leichten, von Menschen gezogenen Egge die besäete Fläche in der Längs- und Querrichtung nachgegangen, damit der Same nur leicht untergebracht und mit dem Boden vermischt werde; bei einer zu starken Bedeckung würde er nicht aufgehen. Nachdem dies geschehen, wird die ganze besäete Fläche mit einer 2^« — 3 Centner schweren ebenfalls von Menschen ge- zogenen Walze tiberrollt. Wo man mit der Walze nicht ankommen kann, z. B. in der Nähe einzelner Baumstämme, am Saume von Strauchpartien u. s. w., kann man die Oberfläche mit der Pritsche oder Schaufel festschlagen. Bei feuchtem und warmem Wetter werden die Sprossen besonders der beigegebenen Schutzgräser {Lolium perenne und Pfdeum pratense) schon nach wenigen Wochen zum Vorschein kommen. Ausser Roggen kann auch der schon genannte fiEulenfbrmige Klee {Trifolium fiiifomine) passend als Schutzpflanze verwendet werden. Diese Pflanzen haben ausser dem Schutz, den sie verleihen, noch die gute Eigenschaft, dass sie bald eine grüne Fläche bilden und dass sie in dem Maasse verschwinden, als die feinen Gräser heranwachsen. Gleichzeitig mit den ersten Spitzen der jungen Saat, gewöhnlich noch früher, kommen aber auch eine Menge von Unkräutern, deren Same im Boden befindlich war, zum Vorschein, namentlich einjährige. Dieselben beeinträchtigen zwar die RASEN UND WIESEN. 241 Entwickelung der jungen Gräser anftnglich nicht, ja sie verleihen ihnen sogar Schatten und Schutz gegen die dörrenden Sonnenstrahlen; dennoch ist es gut, sie bei Zeiten zu entfernen, da ihre Entfernung bei dem raschen Wüchse mit jedem Tage schwieriger wird und später nicht gut ausgeführt werden könnte ohne Nachtheil auch für die Saat. Beginnt man zeitig mit dem Jäten, so können die ganzen Pflanzen ausgezogen werden, mit der Vorsicht, dass die Saat nicht mit heraus- gezogen oder zu sehr gelockert werde; haben sich die Unkräuter schon stark be- wurzelt, so muss das Jätemesser zur Hand genommen werden. Nachdem das Jäten beendigt ist, konmit die Walze wieder zur Anwendung. Hat die junge Saat, wenn auch erst die beigegebenen Schutzgräser, — denn die feineren Gräser entwickeln sich erst später — eine Höhe von 8 — 12 Centimeter erreicht, so kann sie zum ersten Male mit der Sense behandelt werden. Die Sense muss eine breite Klinge haben, nicht zu hart, aber auch nicht zu weich sein, damit sie sich gut dängeln lasse. Die englische Sense hat sich bei uns nicht bewährt, ihre Klinge ist zu hart und es lässt sich ihr durch Dängeln keine Schärfe geben; die geschliffene Klinge behält nur sehr kurze Zeit ihre Schärfe. Die gute steiersche Sense verdient den Vorzug. Das erste Mähen verlangt grosse Sorgfalt; es dürfen nur die Spitzen der Gräser verstutzt werden, und der Arbeiter muss sich wohl hüten, die für die Bildung einer schönen Grasnarbe so nöthigen Wurzelstöcke zu verletzen. Die Arbeit wird am besten an einem trüben, regnerischen Tage vorgenommen, damit die frischen Wunden geschützt sind vor der nachtheiligen Einwirkung der Sonnenstrahlen; klärt sich aber das Wetter während der Arbeit, so muss das abgemähte Gras bis zum Abend liegen bleiben, um den verwundeten Stellen einigen Schutz zu verleihen. Das junge abgemähte Gras wird mit dem Besen sorg<ig zusammengefegt, und die gemähte Fläche wieder mit der Walze übergangen. In der richtigen und rechtzeitigen Anwendung der Sense und Walze besteht die ganze Unterhaltung der Rasenfläche; indem die Sense die neugebildeten Halme hin wegnimmt, geht die Triebkraft mehr in die horizontalen Ausläufer (stolones), deren Entwickelung das erste Erforderniss ist zur Bildung einer schönen und dichten Grasnarbe; auch die Walze, indem sie dieselben zur Erde niederdrückt, erleichtert das Wurzelschlagen aus den Internodien. Die Arbeit des Mähens muss schon am frühen Morgen vorgenommen werden, so dass das geschnittene Gras um 8— 9 Uhr Morgens, wenigstens in der Nähe des Wohnhauses, entfernt sein kann, damit die Bewohner desselben gar Nichts von der vorgenommenen Arbeit gewahren und bis zu dieser Zeit Alles sich wieder in ge- höriger Sauberkeit zeige. In neuerer Zeit bedient man sich häufig zum Scheeren der Rasenplätze der Mähmaschine, deren Anwendung den Vortheil bietet, dass die Arbeit auch vorgenommen werden kann, wenn das Gras nicht feucht ist, und die von dem Unkundigsten geleitet werden kann. Da sie aber nur bei völlig ebenem Pktzold, Landschaftsgärtncrei. yq 242 RASEN UND WIESEN. Boden, wie etwa bei kleineren Flächen im Hausgarten, angewendet werden kann und sich ihr mangelhafter Schnitt bei der geringsten Unebenheit herausstellt, so hat sie sich keine ausgedehnte Anerkennung verschafft; dem Mähen mit der Sense namentlich bei grösseren Flächen ist deshalb der Vorzug zu geben. Die Arbeit des Mähens, wie alle Arbeiten, welche die Erzielung und Unter- haltung eines schönen Gartenrasens betreffen, verlangt eine sehr geübte Hand; wo die Arbeiter keine Gelegenheit haben, sich hierin die nöthige Geschicklichkeit anzueignen, thut man wohl, sich einige anzulernen und nur durch diese die Arbeit besorgen zu lassen, wie es denn überhaupt zu empfehlen ist, für bestimmte Arbeiten sich auch bestimmte Arbeiter heranzubilden. Sehr vortheilhaft ist es, die Walze schon einmal vor dem Mähen, und zwar den Tag vorher, anzuwenden ; die durch Regenwürmer, Ameisen u. s. w. entstandenen Unebenheiten werden so beseitigt und die Arbeit sehr erleichtert. Das Gras richtet sich bis zum folgen- den Tage wieder auf. Hat die Grasfläche erst eine dichte Narbe erhalten, so ist es der grösseren Akkuratesse wegen, zumal wo geschickte Hände fehlen, zweck- mässig, jeden Sensenstrich wo nöthig noch einmal zu übergehen, damit der etwa stehen gebliebene Bart verschwinde. Gute Arbeiter, welche ihr Werkzeug zu handhaben verstehen, führen die Arbeit mit einem Schnitt makellos aus. Ausser Sense und Walze wird auch das Jätemesser häufig zur Hand ge- nommen werden müssen, um alle Eindringlinge, deren Samen der Wmd zuführt, möglichst entfernt zu halten; Löwenzahn, Wegebreit, breitblättrige Gräser, besonders aber das Gänseblümchen (Bdlis perennis)^ sind solche ungebetene Gäste. Man wird entgegnen, dass dies unmöglich sei; die Erfahrung hat aber gelehrt, dass es sehr wohl auszuführen ist, wenn man frühzeitig das Jätemesser anwendet. Diese Arbeit wird passend von Kindern verrichtet, die, wenn sie einmal wissen, worauf es ankommt, sie sorgfältiger als Erwachsene und um geringen Taglohn verrichten; sie kann in jedem Frühjahr und Herbst wiederholt werden. Auch im Spätherbst, selbst wenn schon Reif und Fröste eingetreten sind, ist es zweck- mässig , das Mähen und Walzen noch einmal zu wiederholen und ja nicht die Halme am Stock verderben zu lassen. Man vermeidet dadurch nicht nur das widrige Ansehen des vergilbten und verdorbenen Grases, sondern auch die nach- theiligen Einwirkungen desselben auf den Wurzelstock. Während des Winters wird sich ein dünner Ueberzug von der Erde eines humusreichen Komposthaufens als sehr zweckmässig erweisen, besonders an mageren Stellen. Dünger, selbst ver- rotteter, ist nicht zu empfehlen. Die Stolonen können sich unter jenem dünnen Ueberzug leicht verbreiten und der Rasen wird für den folgenden Sommer ein schönes, frisches Ansehen erhalten. Sollte aber der Rasen durch anhaltende Dürre oder irgend einen nachtli eiligen atmosphärischen Niederschlag während des Sommers ein gelbliches Ausehen bekommen, so ist ein Guss von flüssigem Dünger (Schaf- oder Kuhmist mit Wasser verdünnt) sehr wirksam zu seiner Stärkung. RASEN UND WIESEN. 243 Auch verdünnte Mistjauche, besonders von Rindvieh, ist sehr nutzbar, doch darf sie nur bei regnerischem Wetter angewendet werden, sonst wird das Gras leicht brandig; der unangenehme Geruch, der mit der Anwendung derselben im Sommer verbunden ist, ist ihrer Benutzung oft hinderlich. Guano ist zwar sehr wirksam, verlangt aber eine äusserst behutsame Anwendung; durch einen unüberlegten Ge- brauch desselben setzt man sich der Gefahr aus, den ganzen Rasen mit einem Male total zu verderben. Beim Beginn des Frühjahrs im März oder April, je nachdem die Vegetation eintritt, sind die Rasenplätze zu überharken und mit stumpfen Besen rein ab- zufegen, dann mit der Walze zu übergehen zur Beseitigung der durch Regenwürmer oder anderes Erdungeziefer entstandenen Unebenheiten, sowie um die durch den Frost etwa gehobene Grasnarbe wieder niederzudrücken. Verschiebt man diese Arbeit zu lange, so trocknet der Boden zu sehr aus, und die Wirkung der Walze ist dann weniger erfolgreich. Dem Mähen, Walzen, Kehren, Reinigen vom Unkraut durch Jäten, haben wir unsere volle Aufmerksamkeit zu schenken; Vernachlässigung ist schwer wieder gut zu machen. Bei anhaltender Dürre ist es jedoch nicht gut, Rasen, der nicht gewässert werden kann, zu mähen; man warte dann bis zu eintretendem Regen. Wenden wir uns nun zur Auswahl der Grasarten. Auch hierin ist die Natur unsere Lehrerin. Wir finden, dass die natürlichen Wiesengründe von den ver- schiedensten Grasarten in geselliger Vereinigung bestanden sind, wenn auch die eine oder andere Grasart dominirt. Wir finden zwar besonders auf spärlicherem und hügeligem Boden reine Bestände einer Grasart, dann aber nie schönen Rasen in unserem Sinne; denn zur Bildung einer schönen, dichten Grasnarbe genügt nicht eine Grasart, die verschiedenen Arten ergänzen sich dabei durch ihre Eigen- thümlichkeiten. Wenigstens ist es nur möglich, bei einem gutgemischten Gras- bestande der Rasenflächen vom zeitigen Frülyahr bis zum Spätherbst dieselben schön grün zu erhalten, und zwar wegen der verschiedenen Vegetationsperioden der verschiedenen Gräser. Die früheren vielfachen Versuche, das englische Raygras {Lolium perenne) allein zur Rasenbildung für dauernden Rasen zu benutzen, sind völlig gescheitert; der so entstandene Rasen hielt sich zwei, höchstens drei Jahre, dann bedurfte er einer völligen Regeneration. Folgen wir also den Regeln der Natur, die sich in Anwendung ihrer Mittel nie irrt. Zur Anlage eines dichten Rasens bedarf man Gräser, welche von Dauer sind, ein feines Blatt haben und das Bestreben zeigen, Stolonen zu treiben; der Futter- werth tritt, wenigstens für den Gartenrasen, völlig in den Hintergrund. Die Mischung der Gräser ist schon deswegen zu empfehlen, weil man bei noch so sorgfältig zu- bereitetem Boden, sei Sand, Kalk, Thon oder Lehm vorherrschend, nie mit Ge- wissheit vorhersagen kann, welcher Grasart er am besten zusagen wird. Bei der Wahl der Grasarten ist es wiederum nothwendig die natürliche Beschaffenheit der IC* 244 RASEN UND WIESEN. Gräser zu berücksichtigen. Diejenigen Gräser, welche Stolonen treiben, dienen dazu die Grasnarbe dicht zu machen, da sie aber den Boden sehr aussaugen, müssen die Gräser mit tiefgehenden Wurzeln die Mehrzahl bilden. Es folgen hier einige Rezepte für Samenmischungen, wie sie für verschiedenen Boden sich durch die Erfahrung als brauchbar herausgestellt haben. Auf die preussi- sehe Quadratruthe ist ^4 ^^ d^ gemischten Samens als das passende Quantum angenommen. Für trocknen, sandigen Boden: Festuca ovina, Scha&chwingel 3 Theile. Poa pratensis j Wiesenrispengras 2 > » trimaUsy gemeines Wiesenrispengras 1 Theil. Oyjioswrus crisicUus, gemeines Kammgras 2 Theile. Lolivm perenne, englisches Raygras 2 » Agrostis stolonifera, Fioringras 1 Theil. Gewöhnlich wird für solchen Boden noch etwas Samen von kleinem gelben Klee, TfHfolium filiforme, Feinstengel oder Fadenklee nach der Aussaat der Gras- samenmischung über die Fläche gestreut; die Anwendung des weissen Klee's {Trifolium repens) als Schutzpflanze ist zu verwerfen da er, namentlich auf besserem Boden leicht überhand nimmt, die feinen Grasarten verdrängt und durch die reich- lich hervorgebrachten weissen Blüthenköpfe lästig wird. Für feuchten, niedrigen Boden: Festuca duriuscula, harter Schwingel IV« Theil. » ovina, Schafschwingel 3 Theile. Poa trivialisj gemeines Rispengras 6 > Agrostis vulgaris, Fioringras IV» Theil. Poa angustifoUa, schmalblättriges Rispengras 6 Theile. Q/nosurus cristaius, Kammgras 1 Theil. Lolium perenne, englisches Raygras 2 Theile. Für schattige Plätze, unter Bäume und an ähnliche Standorte, eignen sich: Aira fiexiwsa, gedrehte Schwiele P/a Theil. Festiica sylvatica, Waldschwingel IVa » Lolium perenney englisches Raygras 2 Theile. Poa nemoralis, Waldrispengras 3 » » trivialis, gemeines Rispengras 2 » Wenn auch die genannten Grasarten die geeignetsten für schattige Plätze sind, so wird doch der Rasen an solchen, besonders unter Bäumen, sehr bald lücken- haft, da alle Gräser lichtbedürftig sind; man kann deshalb das hier sich sehr bald einstellende Moos dulden, da es wenigstens die Fläche schön grün erhält; wird eine Erneuerung des Rasens nöthig, so geschieht es am besten durch Anwendung geschälten Rasens. RASEN UND WIESEN. 245 Wiesen. Die eben besprochene Behandlung des Gartenrasens ist eine so kostspielige, dass dieser Rasen nur in sehr geringer Ausdehnung zur Anwendung kommen kann, wo nicht grossartige Mittel zur Verfügung stehen. Der bei Weitem grösste Theil der Rasenflächen des Parks gewährt, als Wiesengrund behandelt, nicht allein öko- nomischen Vortheil, sondern steht auch in landschafthcher Wirkung dem Garten- rasen wenig nach, wenn er auch dessen schönes Saftgrün nie erreicht Die Wirkung des Pleasuregrounds ist eine reine Farben Wirkung; nirgends in der Natur, die junge Getreidesaat im Frül\jahr ausgenommen, kommt das Grün auf grösseren Flächen in solcher Reinheit zur Geltung, als durch die Rasenflächen der Pleasuregrounds. In den Laubpartien, auch wenn diese ihre reinste Färbung haben, wird die Farbe gebrochen durch die zwischengeworfenen Schatten; auf den Wiesengründen sind es die verschiedenfarbig blühenden Kräuter, welche die Rein- heit des Farbentones schwächen, aber der Wiese dadurch neue Reize geben. Diese blumigen Wiesenflächen, deren Grün unterbrochen wird durch die duftigen gelben, rothen, weissen Farben der an dieser oder jener Stelle vor- herrschenden Blüthenkräuter, welche belebt werden durch die rastlose lusektenwelt^ das Gaukeln der SchmetterUnge, das Schwirren der Käfer, das Zirpen der Heimchen, oder durch weidende Rinder und Schaafe, und welche uns erquicken durch den Duft ihrer zahllosen Blüthen, und uns in jedem Monat wechselnde Bilder bieten, sind eine so nachhaltige Quelle des reinsten Vergnügens für uns, dass ihre Abwesenheit uns schmerzlich berühren würde. Sie sind aber von noch bedeutenderem Werthe für die Landwirthschaft, als für die Landschaft. Bevor der industrielle Aufechwung, der unsere Zeit kenn- zeichnet, auch der Landwirthschaft neue Bahnen anwies, als die Dreifelderwirth- schaft noch florirte, da wurde der Werth der Landgüter bestimmt nach ihrem Reichthum an Wiesen. Der Boden, als Wiese behandelt, lieferte den bedeutend- sten Ertrag. Bei der jetzigen rationelleren Ausnutzung des Bodens, besonders seit Einführung und Verbreitung des Kleebaues, sind sie in ihrer Bedeutung mehr zu- rückgetreten, bleiben aber noch immer die wesentliche Bedingung für das Bestehen einer grösseren Landwirthschaft. Sie liefern, wenn auch nicht die einzige, so doch eine sehr gesunde und unentbehrliche Nahrung für unsere nützUchsten Hausthiere; der Landwirth, der seine Böden mit Heu gefüllt hat, kann dem Winter mit Ruhe entgegensehen, während schon mancher, der, um grösseren Gewinn zu erzielen, seine Wiesenflächen reduzirte, durch bittere Erfahrungen in Missjahren sich von ihrem Werth überzeugt hat. Viehzucht ohne Wiesen ist gar nicht durchzufuhren; in Marsch- gegenden ist das Vieh sogar ausschliesslich darauf angewiesen, in den Sommer- monaten seinen Unterhalt sich im Freien zu suchen. Die Gras- und Holznutzung sind die einzigen Einnahmequellen, auf welche 246 RASEN UND WIESEN. man bei der Unterhaltung des Parkes rechnen kann, bei der Benutzung der letzteren ist man weit mehr beeinträchtigt, als bei der ersteren, denn bei dem Betriebe der Wiesen gehen der ästhetische und materielle Nutzen Hand in Hand. Die Anlage und Unterhaltung der Wiesen in unseren Parks verdient gerade jetzt unsere vollste Beachtung, wo unsere grösseren Gutsbesitzer durch Ablösung der Triften und Zusammenlegung der Grundstücke in einem grossen Theile unseres Vaterlandes in der Haltung des Viehstandes beschränkt werden und sich zur An- legung von Wiesen und Weiden bequemen müssen. Die Anlage der Wiese findet nach denselben R^eln statt, wie die des Garten- rasens, besonders ist sie durch Legen von Rasenstücken in Nichts von jener verschieden. Bei der Anlage durch Ansäen ist die Wahl der Grassamen eine andere: es treten auch noch die Samen vieler krautartigen Pflanzen, welche keine Gräser sind, in die Mischung. Die vorhergehende Behandlung des Bodens ist in beiden Fällen die gleiche. Die Unterhaltung und Pflege der Wiese ist eine andere und weit weniger sorgfiQtige; der Gebrauch des Jätemessers kommt nur in seltenen Fällen, zur Beseitigung staudenartiger Gewächse, vor; auch die Benutzung der Walze findet nur nach der Aussaat statt. Die Sense kommt, ausgenommen bei Wässerwiesen, nur zweimal jährlich zur Anwendung, bei der Heu- und Grummet- emte. Die Auswahl der Grasarten richtet sich nach ihrem Futterwerth; die sogenannten säuern und die schilfartigen Gräser sumpfiger Wiesen können hier nicht in Betracht kommen, das Vieh verschmäht sie, und Wiesen, welche von solchen Gräsern bestanden sind, bedürfen einer Trockenlegung und Umgestaltung des Bodens. Die Verbesserung des Bodens findet nach ökonomischen Grundsätzen statt und liegt ausser dem Bereich unserer Besprechung. Die Mischung verschiedener Bodenarten oder die Anwendung mineralischen Düngers hat, seit die Chemie ihre nützliche Thätigkeit auch auf den Landbau erstreckt, sehr gute und nachhaltige Resultate ergeben; doch verlangt der Boden auch Humus oder Dammerde, d. h. er will bisweilen gedüngt sein. Die Vorbereitung des Bodens durch Umgraben mit dem Spaten stellt sich zwar bei der Wiese kostspielig, bleibt aber doch die wirksamste für das Gedeihen derselben. Mit dem Graben kann man zugleich auch kleine Unebenheiten des Bodens verschwinden machen und eine ebnere Fläche herstellen. Bei leichterem Boden und bei sehr ausgedehnten Flächen ist auch die Anwendung des Acker- pfluges statthaft. Der Umwandelung sterilen Bodens in Wiesen muss unter allen Umständen ein mehrjähriges Bestellen mit Hackfrüchten in Dünger, auch wo nöthig durch Aufbringen von Compost oder geeigneter guter Bodenarten vorher- gehen, um ihn dadurch für die Kultur geeignet zu machen. Der mit dem Spaten umgearbeitete Boden wird sogleich bei der Arbeit mit RASEN UND WIESEN. 247 dem Rechen, der mit dem Pfluge behandelte mit der Egge geebnet und klar gemacht; nach der Saat kommt die Walze zur Anwendung. Zu beseitigende Wiesenunkräuter sind hier für uns nur Huflattich und die grösseren Dolden- und Distelgewächse. Sobald das junge Gras eine Höhe von 12 — 18 Centimeter erreicht hat, muss es gemäht werden, damit es sich besser bestockt. Mit dem Hinwegschaffen des geschnittenen Grases braucht man natür- lich nicht so peinlich zu sein als im Pleasureground., Schon im ersten Jahre die junge Wiese abweiden zu lassen, ist unstatthaft; die Bewurzelung ist da noch nicht gehörig fest geworden, und die jungen Pflänzchen würden herausge- rissen werden. Was die passendste Zeit des Mähens für die fernere Benutzung der Wiese betrifft, so haben die Gräser den höchsten Futterwerth zur Zeit der Blüthe oder kurz vorher; dann nimmt ihr Gehalt ab. Düngung und besonders öftere Bewässerung, wo diese anwendbar ist, er- höhen den Ertrag einer Wiese ungemein; die erstere ist besonders flir trockene, süsse Wiesen nöthig, welche nicht bewässert werden können; das durch Düngen bewirkte frühere und kräftigere Wachsen macht, dass die Wiesenpflanzen geeigneter sind, die Trockenheit zu ertragen, während magere Wiesen leicht ausbrennen. Der Dünger vom weidenden Vieh muss, sobald er getrocknet ist, mit dem Rechen vertheilt werden, weil das Vieh solche Stellen verschmäht, an denen er angehäuft war, wenn auch das Gras dort noch so gut steht. Oefteres Aufbringen von Schlamm aus Teichen oder Gräben, oder Ueberstreuen mit guter Erde von Ackerrainen u. s. w. düngt nicht allein, sondern schützt auch die Wurzeln der Wiesenpflanzen vor dem Vertrocknen ; es kann daher mit Recht empfohlen werden. Der Schlamm wird am besten erst einige Jahre der Luft ausgesetzt, indem man ihn auf Haufen liegen lässt und öfters umarbeitet. Bei seiner Verwendung ist grosse Vorsicht nöthig, damit nicht Schilf auf die Wiese verpflanzt werde. Andere geeignete Düngstoffe sind: Kompost aus allerhand Abfidlen, Gassen- koth, Erde u. s. w.; Russ, Holzasche, Düngesalz, besonders für moorige Wiesen; Urin, Gyps, letzterer aber nur als Zusatz zu anderen Düngstoffen, für trockene Wiesen; Kalk für entwässerte saure Wiesen. Das Auffahren von Mergel auf Moorwiesen, sowie das Auffahren von Sand haben hier eine anhaltende Verbesserung zur Folge. Unter den gewöhnlichen Düugerarten ist der Schweinedünger vor- züglich wirksam. Grobe Dungmittel kann man schon vor Beginn des Winters auf die Wiese bringen; Mistjauche, Holzasche und dergleichen im Frühjahr. Eine zweijährige Düngung genügt in den meisten Fällen; Mistjauche wirkt nur für ein Jahr, guter Kompost länger als zwei Jahre. Holzasche ist ein sehr gutes Dünge- mittel für Wiesen. Für trockene Wiesen soll ausgelaugte Asche besser sein als nicht ausgelaugte, weil letztere zu scharf ist. Die beste Zeit Asche auf Wiesen zu bringen ist die letzte Hälfte April. Auch Salz ist ein vortreffliclies Düngemittel 248 RASEN UND WIKSEN. für Wiesen, man hüte sich aber, wenigstens ein Jalir hindurch, Vieh, nament- lich Schafe auf gedüngte Wiesen zu bringen, denn sie fressen mit solcher Gier, dass sie den Graswuchs total zerstören. Die Kompostdüngung bleibt immer die beste. Ausser der Reinigung der Wiesen im Frühjahr , der Einebnung der Maul- wurfshaufen und dergleichen ist es sehr zweckmässig, besonders auf strengem Boden, den Käsen aufzukratzen, wozu man sich einer mit Reisig durchflochtenen Egge, des sogenannten Wiesenhobels, bedient. Dadurch wird das nur oberflächlich wurzelnde Moos losgerissen und durch die Verwundung des Bodens die Auflös- lichkeit des Humus befördert. Nach dieser Arbeit sollte, wo nöthig, etwas Gras- samen über die Wiese gestreut werden. Der Auswahl der Grasarten haben wir auch hier ganz besondere Aufmerk- samkeit zu schenken, weil es sich hier nicht nur um Erzielung einer dichten Grasnarbe, sondern auch um Erreichung eines möglichst hohen Futterwerthes handelt. Der Ertrag und der Nährwerth ist bei den verschiedenen Grasarten oft ein sehr verschiedener. So ist Alopecurua prcUemis^ der Wiesenfiichsschwanz, ein frühzeitiges, ertragreiches und nahrhaftes Gras, allein es braucht 3—4 Jahre um zur Vollkommenheit zu gelangen, wenn es aus Samen gezogen wird, es ist also sehr schätzbar für dauernde Wiesen. Phleum praieme, das Wiesenlieschgras (Timothee)^ giebt schweren Ertrag an Halmen, die nährender sind, als bei jedem anderen Grase; allein die Nachmahd ist unbeträchtlich, desshalb ist es zum Heumachen sehr gut, muss aber mit anderen Gräsern vereint gezogen werden, die hauptsäch- lich viel Nachgras geben, wenn es mit Nutzen verwendet werden soll. Dadylis glomerata, Knaulgras, wird bald reif, ist frühzeitig und giebt den ganzen Sommer hindurch viel nahrhaftes Kraut, die Halme aber sind nur wenig nährend. Je nachdem das gewonnene Heu für Pferde, Rindvieh oder Schafe bestimmt ist, ändert sich die Mischung. Wir unterscheiden von den für Wiesenanlagen verwendeten Gräsern zwei Hauptarten: üutergräser und Obergräser. Die Untergräser halten sich niedrig, treiben Wurzelausläufer und gewähren so ein Futter, welches mehr aus Blättern besteht als aus Halmen; sie entnehmen ihre Nahrung der Oberfläche des Bodens und machen die Grasnarbe dicht. Die Obergräser gehen mehr in die Höhe, treiben starke Halme und haben Faserwurzeln, die ihre Nahrung tiefer suchen; sie liefern einen reichlicheren Heu- ertrag. Die besten Wiesengräser wie Ävena elaiiory Dactylis gloinerala, Festuca jjratemris, Phleum praten^e, Poa praiensi«, Poa tnvicdh erreichen erst im dritten, Alopecurua pratensis sogar, wie erwähnt, erst im vierten Jahre ihre höchste Er- tragsfahigkeit. Der Samen des Timotheegrases {Phleum prcäense) mischt sich wegen seines feinen und schweren Kornes nicht mit den Samen der übrigen Grasarten, er wird BASEN UND WIESEN. 249 deshalb mit den Samen der Kleearten besonders gemischt und mit diesen besonders über die zu besäende Fläche gestreut. Wie bei dem Käsen, so ist auch bei Aus- saat der Wiesenflächeu das Ueberstreuen mit dem Samen von einer Schutzfrucht sehr zu empfehlen. Je nach der Bodenart werden auch noch Samen solcher Futterkräuter aus- gestreut, die keine Gräser sind, aber den Futterwerth des gewonnenen Heues be- deutend erhöhen. Es sind dies unter anderen: rother Kopfklee (Trifolium pratense), Bastardklee {Trifolium medium), weisser Klee {Trifolium repens)y Luzerne {Medi- cago sativa)y gelber Hopfenklee (Medicago lupulinä), Esparsette {Hedysarum Onobrychu)y Schafgarbe {Achillea Millefolium), Schotenklee {Lotus comicvlaius), Becherblume {Poterium Sanguisorba), Wiesenknopf {Sanguisorha officinalis), Biber- nelle {PimpineUa Saxifraga). Viele derselben finden sich von selbst ein, wie der Löwenzahn und die Wiesensalbei, die hohen Futterwerth haben. Es eignen sich zur Ansaat: für guten, humusreichen Boden, ohne Be- wässerung: 1. Obergräser: Festuca datioi-y hoher Schwingel. » pratensis, grosser Wiesenschwingel. Lolium perenne itaÜGum, italienisches Raygras. Älopecurus praieTisis, Wiesenfuchsschwanz. Holcus avenaceus {Ävend elaiior), franz. Raygras. Ävemi flavescensy Goldhafer. » pubescenSj weiches Hafergras. Holcus lanatusy Honiggras. Dadylis glomerala, Knaulgras. Poa angustifolia, schmalblättriges Rispengras. Phleum pratense, llmotheegras. 2. Untergräser: Lolium perenne^ englisches Raygras. Festuca ovina, Schafschwingel. Poa praiensis, Wiesenrispengras. » trivialisy gemeines Rispengras. Briza media, ^ttergras. Anthoxanthum odoratum, Ruchgras. Cynosurus cristaiuSy Kammgras. Melica ciliatay gewimpertes Perlgras. 3. Andere Futterkräuter zur Beimischung: Medicago lupuliiia, gelber Hopfenklee. Melilolus ofßcinalisy gelber Steinklee. Lotus comiculatusy Schotenklee. Sanguisorba ofßcinalisy Wiesenknopf. 250 RASEN UND WIESEN. Trifolium j^f'atemcj rother Eopfklec. i' medium, Bastardklee. » repensy weisser Klee. 2> filifmmey Feinstengel oder Fadenklee. Für guten, humusreichen Boden, mit Bewässerung: 1. Obergräser: Alopecurm prcvteims, Wiesenfuchsschwanz. Ävena flavesceiiSy Goldliafer. » pubescens, weiches Hafergras. Dadylis glomerata, Knaulgras. Festaca duHusculay harter Schwingel. » pratensis y Wiesen -Schwingel. IIolcus lanaius, Honiggras. » avenaceiis {A vena elatior), franz. Raygras. Lolium perenne itaUcum, italienisches Raygras. Phleum pratense, Timotheegras. 2. Untergräser: Änthoxanthum odorahim, Ruchgras. Briza media, Zittergras. Lolium perenne, englisches Raygras. Poa p^atenais, Wiesenrispengras. » tHviolia, gemeines Rispengras. Oynosui'us cristaius, Kammgras. Agrostis stolonifera, Fioringras. Für schattige Waldwiesen: 1. Obergräser: Holcus avenaceus {Arena elatio7*), franz. Raygras. Avenu pubescens, weiches Hafergras. Dadylis glomerata, Knaulgras. Festuca gigantea, hoher Schwingel. » sylvatica, Wald- Schwingel. ililium effusum, Hirsegras. Phalaris arundinacea, Glanzgras. Holcus moUis, weiches Honiggras. 2. Untergräser: Änthoxanthum odoratum, Ruchgras. Aira flexuosa, Drahtschmiele. Poa nemaralis, Waldrispengras. Lolium perenne, englisches Raygras. 3. Andere Futterkräuter zur Beimischung: Trifolium pratense, rother Kopfklee. >. repens, weisser Klee. Medicago lupulina, gelber Hopfenklee. Jjotus cornieuJai.^ts, Schotenklee. RASEN UND WIESEN. 251 Das englische Raygras {LoHum permiie) kann allen beigemischt werden, weil, wenn das Futter auch nicht von vorzüglicher Güte ist, es doch einen schnellen Ertrag giebt. Das Ruchgras {Anthoxanthum odoratum) ist ebenfalls für alle Bodenarten; doch mischt man es nur bei, weil es dem Heu den schönen Wohlgeruch verleiht; der Ertrag selbst ist ein geringer. Milium effusuvi wird vom Wild vor- zugsweise geliebt, auch gehen die Vögel demselben sehr nach. Für wasserhaltigen Thonboden: 1. Obergräser: Feduca datior, hoher Schwingel. Dactylis glomei'otay Knaulgras. PMeuin prateme, Timotheegras. Holcus avenaceua (Aveaa datiar), franz. Raygras. 2. Untergräser: Agrostis stolonifera, Fioringras. Anthoxanthum odoi-atum, Ruchgras. Oyno8iu'U8 cristatus, Kammgras. Poa trivialis, gemeines Rispengras. Aira caespitosa, Drahtschmiele. Für Sandboden: 1. Obergräser: Avena elatio7% französisches Raygras. » pubescens, weiches Hafergras. Featuca elcUior, hoher Schwingel. Holcus lanatuSf Honiggras. 2. Untergräser: Poa pratenms, Wiesenrispengras. » angufttifolia, schmalblättriges Rispengras. Lolium 2>ei^e7ine, englisches Raygras. Cynomi^us cristatus, Kammgras. Briza m^dia, Zittergras. Agi^ostis stolonifera, Fioringras. Für Moorboden: 1. Obergräser: Phleum prateme, Timotheegras. Alopemrus pratenm, Wiesenfiichsschwanz. Holem lanatus, Honiggras. moUts, weiches Honiggras. Avena datior, franz. Raygras. Festuca datio^^, hoher Schwingel. 2. Untergräser: Ag^rostis stolonifei^a, Fioringras. Wenn auch dieses letztere eine weniger gute Grasart ist, so ist doch sein Gedeihen auf Moorboden eine sehr schätzenswerthe Eigenschaft; ausserdem sollen Tinjolium j/ratense und T. repens geeignet sein, den Torfboden zu verbessern. Was die Mischungsverhältnisse der Grasarten anlangt, so ist darauf zu achten. 252 RASEN UND WIESEN. dass die mit kriechender Wurzel nicht die Ueberzahl bilden, da sie den Boden weit mehr aussaugen, als Gräser mit Faserwurzel, denen deshalb der Vorrang bleiben muss. So lästig die Quecke {IHticum repaw) auch in mancher Beziehung ist, so darf nicht vergessen werden, dass sie eins der besten Futtergräser ist Was die Quantität des zu verwendenden Grassamens betrifft, so rechnet man 20—25 Kilo auf den Morgen, mit 3 — 4 Kilo Kleesamen. Es mögen sich hier noch einige Bemerkungen über Bewässerungen an- schliessen, soweit solche auch in Parks angewendet werden können. Bekanntlich bedient man sich zweier Bewässerungsmethoden, der Ueberrieselung und der Ueberstauung ; in beiden Fällen hat man sein Augenmerk darauf zu richten, dass die zeitweilige Ueberschwemmung keinen Schaden anrichte, dass das Wasser gleich- massig vertheilt werde und nirgends stehen bleibe, sonst würde man Gefahr laufen, dass sich schöne süsse Wiesen in saure verwandeln. Das Uebermaass des Wassers muss Abzug haben, muss aber zur Zeit der Trockenheit auch gespannt werden können. Oft hat es sich herausgestellt, dass sumpfiger Boden, der als solcher immer noch einigen Ertrag gab, durch Entwässerung allen Ertrages beraubt wurde, denn der Moorboden bedarf zur Pflanzenernährung eines grossen Quantums Feuchtig- keit; wird ihm diese genommen, so sterben die Sumpfpflanzen ab und seine Ober- fläche vertrocknet, während andere Pflanzen in so leichtem Boden gleichfalls nicht gedeihen. Kann man aber solchen Torfboden in der Folge wieder bewässern, so wird er sich leicht in gute Wiese verwandeln lassen. Dies würde thunlich sein, wenn man die Abzugsgräben mit Schleusen versähe; durch Schliessen derselben würde ein Stauen des Grundwassers und so eine Bewässerung von unten eintreten. Durch die Bewässerung erreicht man zwei Vortheile: 1) kann man der Wiese Wasser geben, sobald sie dessen bedarf; 2) düngt man sie durch den sich absetzenden Schlamm. Dass auch der Ertrag regelrecht bewässerter Wiesen sich in verschiedenen Jahren verschieden herausstellt, liegt an der grösseren oder geringeren Wärme des Jahres, besonders des Frühjahrs, nicht an der Bewässerung. Führt das Wasser Schlamm mit sich, was der Wiese sehr dienlich ist, so darf es nicht darauf geleitet werden, wenn die Pflanzen im vollsten Wachsthum stehen; der Schlamm würde nicht nur das Wachsthum unterdrücken, sondern der Genuss solchen Heues würde auch Nachtheile für das Vieh zur Folge haben. Dagegen ist der Schlamm im zeitigen Frülgiihr sehr vortheilhafl. Die Wahl der Zeit und die Dauer der Bewässerung sind abhängig von den gerade herrschenden Witterungsverhältnissen. Im Spätherbst muss die Wiese trockengelegt werden, damit sie nicht zu tief ausfriere und sich auf ihr Eisfelder bilden, die erst spät wegschmelzen, und unter denen die Pflanzen leiden würden, während der in den trockenen lockeren Boden eindringende schmelzende Schnee sehr vortheilhaft und belebend auf die Vegetation einwirkt. Beim Erwachen der RASEN UND WIESEN. 253 Vegetation im Frülyahr und bis zu ihrer Blüthe bedürfen die Pflanzen reichlich Wasser, später mehr Wärme. Man nimmt den Heuertrag von Wiesen, die nicht bewässert werden können, auf 28 Pfund von 100 Pfand Gras an, während bewässerte Wiesen nur 20 Pfand Heu von 100 Pfand Gras geben, üeberhaupt ist Heu von trockenen Wiesen gehaltvoller als von bewässerten, und um so werthvoller, je mehr süsse Gräser vorherrschen. Saures Heu steht kaum in der Hälfte des Werthes von süssem. xvm. Tabellarische Zusammenstellung derjenigen Gräser , welche sich zur Anlage von Basen und Wiesen vorzugsweise eignen. Die folgende Tabelle ist nach G. Sinchlair's Hortus gramineus Woburnensis zusammengestellt. Sie soll die Auswahl der für Rasenflächen und Wiesen für die verschiedenen Lagen und Bodenarten zu verwendenden Grasarten erleichtem, in- dem sie dieselben in alphabetischer Reihenfolge aufzählt und ihre Eigenschaften in Rubriken zusammengestellt, angiebt. Sämmtliche hier angeführte Gräser sind perennirende oder Stauden- gewächse (4). Die erste Rubrik enthält den systematischen Nanien, sowie den Namen des Autors in der gebräuchlichen Abkürzung. Die zweite Rubrik ist für die deutschen Namen bestimmt, wie solche allgemein gebräuchlich sind. Die dritte Rubrik enthält die Beschaffenheit der Wurzel, ob faserig oder ki'iechend. Die Höhenangabe (vierte Rubrik) kann nicht als für alle Fälle maass- gebend betrachtet werden ; sie bezieht sich auf die Grösse, welche die Halme der Gräser erreichen, wenn Boden und Jjage ihnen zusagen. In magerem Boden können dieselben zwar gedeihen, sie werden aber nie die angegebene Höhe erreichen. Die fünfte und sechste Rubrik geben die Zeit der Blüthe und Samen- reife an. Die Angabe der Beschaffenheit der Blätter, ob breit-, mittel- oder feinblättrig enthält die siebente Rubrik. Auch diese kann nicht für alle Fälle maassgebend sein und gilt hier dasselbe was bei der vierten Rubrik gesagt wurde. Die Art der Gräser, ob Wiesengras, Sandgras, Sumpfgras etc. enthält die achte Rubrik. TABELLARISCHE ZUSAMMENSTELLUNG DER GRÄSER FÜR RASEN UND WIESEN. 255 Die neunte Rubrik giebt den für die betreffenden Grasarten geeigneten Boden an. In der zehnten Rubrik ist bemerkt, für welche Thiere sich die ver- schiedenen Grasarten als Nahrung vorzugsweise eignen. Die Qualität der Gräser bezüglich ihres Futterwerthes befindet sich in der elften Rubrik. Die zwölfte Rubrik enthält die Angabe, ob die genannten Ober- oder Unter gras er sind. Die Angabe der verschiedenen Verwendungen, ob zur Anlage von Rasen, Wiesen, Weiden etc. geeignet, befindet sich in der dreizehnten Rubrik. Die letzte Rubrik endlich „Bemerkungen'' giebt Notizen über die Natur, den Standort, die besonderen Eigenschaften etc. der Gräser. 256 Tabellarische Zusammen IV a betoBiselier. m e dentseker. Wnrzel. auslaufend, kriechend. Vi HM« der Halae in Metern. 0,30-0,45 0,30-0,45 Zeit der Blfltlie. Juni- Juli. Juli-Aug. Zelt SaaeBreife. BesettaiTeiilieit der Butter. AgTOStis stolanifera L. vulgaris L. 8trau88gra8. (Windhalm.) Sprossendes, gem. Fioringras. Gemeines August. Aug.-Septbr. mittelblättriir. Aira L. caetpitowL Z. ßexuosa Z. Schmiele. Rasen- Draht-, l-'litter- gegliedert faserig. 0,60 1,00 0,15—0,45 Juni-Juli. fein blättrig. Alopecnras geniculatiis L. FuohBBohwaxu. Gegliederter >i 0,30—0,45 Juni-Aug. »» »? pratensis L. Wiesen- F. Kolbengras faserig. 0,60—1,30 Mai-Juni. Juli. •» Anthox&nthum. oiloratum L. Bucharas. Wohlriechendes - 0,30-0,45 „ „ ?> mittelblättri^' AvoMa elatior L. (JTolcvs ave- naceus Schrad.^ Ar- rhencUherium avena- ceus P. B.). ßavescens L. Hafer. Hoher, franz. Raygras. Goldhafer. 0,60 1,30 0,30 0,60 Juni-Juli, auch sp£ter. Juni-Juli. Aug.-Septbr. Juli-August. breitblättrig. •• pratensis L, Wiesen-Hafer. » 0,30—0,60 Juli. August. mittel blättrig. pubescens L. Weichhaariger, oder kurzhaariger. faserig u. ' kriechend. 0,45 1,00 Mai- Juni. Juli. • • Briza media L. Zittergra8. Gemeines faserig. 0,20—0,30 » ?i August. feinblättrig. Cynosuras cristatns L. Dactylis glomerata L. Festaca duriuscula L. Kammgras. Gemeines Knaulgras. Gemeines Schwingel. Harter faserig, etw. kriechend. faserig. 0,30-0,60 0,60 1,00 0,15 0,30 Juni-Juli. Juni-Aug. Mai-Juni. Juli-August Juli. mittelbluttritr breitblkttrig. feinblättrig. elatior, L. Hoher weit kriech. 0,60-1,60 Juni- Juli. Juli-August. breitblättrig Stellung der Wiesen-Gräser. 257 Art der Grüser. Ort oder Bodei für die Cnltnr. Futter für: Wiesen gras. Sandgras. Sumpf gras. Sandgras. Sunipfgras. Wiesengras. Sandgras. Wiesen- und Sandgras. Wiesengras. j> j» Sunipfgras. feuchte, torfige Wiesen, Triften. lehmhaltiger Boden, Triften. feuchter Boden, auf dem Wasser stehen bleibt. Haideboden. Ueberschwemmt ge- wesene Plätze. Thonig. Lehmb. frucht- barer Boden, weder nass noch trocken. auf allen Bodenarten, bes.sandigem,feuchtem, Lehmboden. nimmt fast jeden Stand- ort, Sumpf ausgenom- men, mit Vortheil ein. jeder Boden, bes. kalk- halt, u. Wässerwiesen. jeder Boden, bes. kalk- haltiger u. trockener. guten, nicht feuchten, warmen, dabei kräftig. Boden. mehr trockn. als feucht. Erdreich, warm. Boden. zähes, hochgelegenes Erdreich. reicher, sandiger Lehm- boden. thonhalt. Lehmboden. Alles Vieh, vorzüg- lich Schaafe. Alles Vieh, vorzüg- lich Kühe. Pferde. Alles Vieh, besond. Schaafe. Pferde, Kühe. Pferde, Rindvieh, Schaafe. ?» »» V Alles Vieh. Alles Vieh, besond. Schaafe. j» >» j> Alles Vieh. 5J »> nasse W., d. kalt., tho- nigcn, wasserhaltigen Untergr. haben. Petzold, Landschaftsgfirtnerel Pferde, Kühe, bes. Schaafe. Schaafe, Rindvieh, besond. Pferde. Schaafe. Rindvieh, besond. Pferde. 'S JS ^ Geei^et mr Anlage tob: BenerkiiBgei. I. 11. IL L IL III. I. I. I. 11,111. n. I. I. I. L LIL b. » a. b. fi a. b. a. a. V »J b. >» a. b. a. Weiden, Triften, Wässerwiesen. Triften, Wässer- wiesen. Weiden, Wässerwieson. Weiden, Wässerwiesen. Weiden. Wechselwirthsch., Weiden,Wässerw. Wechselwirthsch., auch Wässerw. Weiden, Wässer- wiesen, Schaaf- triften. Schaaf triften. Weiden(Schaafw.), Wässerwiesen. Besonders ertragreich im Frühjahr n. Herbst; auf trocknem Boden hart u. vom Vieh verschmäht. Feines Qras. Sehr ertragreich in sand. Haideboden. Schaafe sollen davofi schlechte "Wolle bekom- men. Erreiclit seine grösste Vollkommenheit in 4—5 Jahren. Ertrag nicht so beden- tond, aber frühzeitig und dauernd. Besonders be- liebt dos Geruches wegen. Erreicht seine grösste Vollkommenheit in S— 3 JiJiren. Out für ungeschützte, hohe La^. Üior gut«» Schaaffutter. Vollkommenheit nach 3 Jahren. (Irössto Vollkommenheit in 3 Jahren ; sehr dauer- haft; ziemlich bitter, da- her nicht in grosser Menge zuvorwendon. Auf gerin- gem Boden süsses Futter. Wechselwirthsch., Erreicht die grössteVoll- -t-ir • i x^r.. kommenheitina-3 Jahr. Weid., Wasserw. Wechselwirthsch., Weid., Wässerw. 17 258 TABELTiAKISCHB ZlTSAMMENSTBLI.IIN» «» Juli-August. fein blättrig. loliacea, Curi, Lolchartiger 't 1,00 Mai-Sept. Juli-Scptbr. breit! da ttrijr. orina L. Schaaf- «» 0,15 0,30 Mai-Jupi. Juli. feinblättri>r. pratensis Jluds. Wicsen- ?» 0,60 1,30 Mai-Sept. Juli-Septbr. breitWättriL'. rtibra L. Rotlier kriechend. 0,40 0,60 ■Juni- Aug. Juli-August. feinblättrijT. ttylraiica Vill, Wald- »» 1,(H)— 1.30 Juni-Juli. August. •• Glyceria Büsagras. \ fluitant, U, lir. Fluth- od. Mannagras weit kriech. 0,30-0,60 Juni. Juli- August. breitblättriir Holcus Honiggras. faserig. 0,4.5 0,60 Mai-Sept. Jull-Septbr. '1 lanahis L, Wolliges mollis L. Weich, od. kriechend. kriechend. 0,45 0,60 Juni. Juli-August »» Lolium liOlch« pfrennff L. Ausdauernder L. Engl. RAvgras. faserig. 0,30 0,60 Juni- Aug. Juli-Septbr. mittel blättrijtr Melica. Perlgras. ciliata X. Gewimpertes faserig, etw. 0,30 0,45 Mai-Juni. Juli. *« Müium. Hirsegras. kriechend. effuitim L, Ausgebreitetes strk. faserig.' 0,00—1,30 ?? •? «? breitblättri«:. Ph&laris. Glanzgras. arundinacea L. Rohrblättriges kriechend. 0,60 1,50 Juni-Juli. August. .« Phleum. Lieschgras. knotig. pratense L. Wiesen-L., Thimothcusgras. faserig. 0,30—1,00 Mai-Juni. Juli-August. 1» Poa. Rispengras. angu^tifolia L. Schmalblättriges kriechend, 0,60 1,00 Juni-Juli. ?» •» feinblättrij?. fertUU IfoH. Ergiebiges od. spätes. faserig,durch die wurzeln- den Halme kriechend. 0.30 0,60 Juli- Aug. August. ^« nemoraiis L, Ilain- kriechend, '0,30—0,60 Juni-Sept. Septeml)cr. ». zuw. faserig. prateima Z. Wicscn- kriech. Aus- läufer treib. 0,30-0,45 Mai-Juni. Juli-August mittclblättrig. trirwlüt L, Gemeines od. rauhes. faserig. 0,.30— 1,(K) Mai-Aug. >? »' •» I )EU WIESEN - GRAESER. 259 Art der Qriser. Wiesengras. Saiulgras. Wiesen gras. Sandgras. Wiesengras. Santlgras. Wiesengras. Wiosengras. Sumpfgras. Wiesengras. Sandgras. Wiesengras. Sandgras. j> Sumpfgras. Wiesengras. Ort «der Bodes (ttr die CDltvr. Fntter für: 9 'S p. 18 Geeignet zor Aalige Ton: Bemerk vaipen. »7 ?> j> ?• Rasenplätze, die von Bäumen beschatt. werd. trockene Wiesen, feuchter Boden. Sand- u. Lehmboden, sandig, gedüng. Lehmb. jeder Boden , nur nicht zu leichter, lettiger od. zu feuchter. trockner, sandiger, hochlieg. Boden. Wiesen, die nicht zu entsnmpfen sind. An stehenden od. langsam fliessenden Gewässern, jeder Boden, besonders sandiger, humusreicher. Sandboden, Moorboden. milder, fruchtb. Lehm. kalkliebend, f. trockne, sonnige Berge. leichter Sandboden, Moorboden. zäher, thonhalt. Boden. feuchter tief.Lehmbod., auch torf-thon.kalt.Bod. kräft. feucht, warmer, mürber Boden. am l)esten in reichhalt., feuchtem Boden. kräftiger Boden. gedüngter Lehmboden. reicher feucht. Boden, geschützte Lage. Alles Vieh. Pferde, Rindvieh, Schaafe. für Schaafe ganz vorzüglich. Rindvieh, Pferde, besond. Schaafe. Vom Vieh ungern gefressen. Pferde, Rindvieh. Alles Vieh, besond. Schaafe. Alles Vieh. Schaafe u. Pferde. L LIL IL III. IL I. II. I. ILIIL IL in. II. IL III. Schaafe, vorzgl. auch Pferde iL Rindvieh. Alles Vieh. Pferde,Kühe,Schaa- fe (doch nur jung). Alles Vieh. »? ?> ?> ?» ?» >? M LIL II. IL I. I. I. IL IL I. a. a. 1» » b. a. j> b. ?? a. »> >» >» Wald wiesen. Wechselwirthsch. Weiden, Graspl., Wechselwirthsch. Wechselwirthsch., Wässerwiesen. Wald weiden. Wässer wiesen. Weiden, Wechsel wirthsch, Wässer- wiesen. Weiden. Schattige, feuchte Wald wiesen. Weiden, Wechsel- wirth Schaft. Weiden. Weiden, Wechsel- wirthsch.,Wässer- wiesen. Weiden, Waldwiesen. W^eiden. ! Weiden, Wässer- i wiesen. Sehr dauerhaft. Nur bis xum 4. Jahre ertragreich ; bringt den Samen schlecht xur Reife. Sehr gutes Frfihfutter. Feine Rasenplfitze. Erreicht die grösstc Voll- kommenh. in 3-4 Jahren. Erreicht d. grösste Voll- kommenh. in 1 — 2 Jahr. Feines Rasengras tou kurzer Dauer. Feines Gras f. Rasenplätze. schattige Hat fttrcuUiTirteLSnde. reien keinen Werth, da es nur Im Sumpfe ge- deiht; aus dem Samen die MannagrQtxe. Zur Befestigung d. Flug- sandes geeignet. Auf gut. Boden Terdrängt es an- dere Grfiser zu sehr. Queckenartig auf leich- tem Boden. Grösste Vollkommenheit in 2-3 Jahren. Nicht von langer Dauer. Nur der Fr Übertrag bedeutend. Erzeugt viel Samen und variirt sehr. Vom Wild bes. geliebt. Vögel geben dem Samen sehr nach. Auf den hollfind. DQncn auch zur Befestigung d. i'lugsandes benutzt. Erreicht die grösste Voll- kommenh. n.2-3 Jahren. Gutes Frühfutter. Feines zierliches Gras, Gut. Rasengraa f. schat- tige rifitze. Grösste Vollkommenh. in 3-4 Jahren. Schönes Ra- sengrün. Queckenartig auf leichtem Boden. Erreicht d. grösste Voll- kommenh. in 2 — 3 Jahr. 17^ XIX. Ueber Charakteristik der Baumformen, welche für die Linien der Landschaft vorzogsweise von Einfluss sind. Mit drei Abbildungen. Die Formen der Pflanzenwelt sind ebenso mannigfaltig, wie die Verschieden- heit der Individuen, durch die sie gebildet werden, unendlich ist. Der grosse Theil der letzteren ist jedoch durch ihre Vereinigung erst im Stande, eine landschaft- liche Wirkung hervorzubringen, während ihr Einzelcharakter unbeachtet bleibt. Solche sind namentlich die Gräser und niederen Gewächse überhaupt, die, in Massen vereinigt, die Horizontallinie vertreten. In der Strauchform macht die Pflanze gleich- sam den Versuch sich zu erheben, ohne dass sie im Stande ist, ihre Gestalt von der Erde, der sie entsprossen, abzulösen. Freier und selbstständigcr in Form und Zeichnung treten die Pflanzen erst in der dritten, der Baumform auf. Gräser und niedere Blumen können durch ihre Masse bestimmend auf die Färbung der Land- schaft wirken, ihre Linien im Grossen und Ganzen folgen aber unbedingt dem Boden, auf dem sie haften. Den Sträuchern geht zwar nicht, wie den vorigen, eine selbst- ständige Form gänzlich ab, wegen ihrer geringen Höhe sind sie jedoch für die all- gemeinen Umrisse (die Profilirung) der Landschaft unbedeutend. Hierin selbst- ständig wirkend sind erst die Bäume. Nur diese sind im Stande, ihre Umrisse mehr unabliängig von der Bewegung des Bodens zu bilden, den Efl"ekt der letzteren, je nach ihrer Verwendung zu verstärken oder zu schwächen, überhaupt denselben zu verändern und auf diese Weise Leben und Bewegung in die Linien der Land- schaft zu bringen. Daher sind es auch besonders Bäume, die zur Ilervorrufung der Landschaftsbilder wesentlich beitragen, weshalb deren Studium für den Land- schaftsgärtner unerlässlich ist. Unter den Bäumen, die den Schmuck unserer Parks und Gärten bilden und ihre Physiognomie bestimmen, stehen zwei Abtheilungen, zwei unverkennbar ganz verschiedene Formen einander schrofi" gegenüber, die Form der Laubhölzer, mit UEBER CHARAKTERISTIK DER BAUMPORMEN. 261 ihren zarten, mannigfaltig gestalteten, saftig grünen und leicht beweglichen Blättern und die der Nadelhölzer oder Zapfenbäume, die jenes Blätterschmuckes gänzlich entbehren und an dessen Stelle nur mit einem dunkelfarbigen Kleide steifer Nadeln von der Natur bedacht sind. Es finden sich Nadelhölzer fast unter allen Himmelsstrichen, und wenn auch verschieden in den einzelnen Theilen der Erde, sind sie dennoch im Ganzen einander sehr ähnlich. In besonders grossen Massen jedoch und charakteristisch für die Physiognomie der Landschaft zeigen sie sich namentlich in den nördlichen Regionen. Der Norden ist ihre eigentliche Heimath und es ist, als ob sie dessen Charakter sich angeeignet hätten und ihn mit hinüber nähmen in südlichere Länder. Wie Nord und Süd verhalten sich die Laub- und Nadelhölzer in ihren Gegensätzen. Frisch und lebensvoll ist das Bild, das der Laubwald gewährt. Zierlich ver- schlungene Zweige tragen die verschiedensten Formen der Blätter, die in dem stets sich erneuernden Kreislauf von der ersten Entfaltung im Frühling bis zum Fallen im Herbst, ein wechselvolles Spiel in Gestaltung und besonders Färbung darbieten. Das Laubdach ist selten so dicht, um nicht einigen Sonnenstrahlen, dem Thau und Regen Durchgang zu gestatten, die die Vegetation eines grünen Rasenteppichs und einiger Waldblumen ermöglichen. Insekten umschwirren die letzteren und Singvögel hüpfen von Zweig zu Zweig und beleben den Wald durch munteren Gesang, kurz. Alles vereinigt sich, um dem Beschauer das Bild regen Lebens vor das Auge zu fahren. Anders verhält sich der Nadelholz- oder Schwarzholz-Wald. Strenge Regelmässigkeit charakterisirt den Bau der Nadelhölzer. Die Beweglichkeit der Laubhölzer geht ihnen ab, denn die unbiegsamen Nadeln, fest angeheftet an die Zweige, sind nicht, wie die Blätter jener, ein Spielwerk der Winde, sondern lassen höchstens, von denselben diu'chweht, ohne merkliche Bewegung ein eigenthümliches Rauschen vernehmen, ganz verschieden von dem zitternden Geräusch, welches der Wind in den Zweigen des Laubwaldes verursacht. Die zwar schmalen aber zahl- reichen Nadeln verhindern durch ihren dichten Stand den Durchgang des Lichts durch die Krone und lassen die an sich schon dunkle Farbe der Waldung noch dunkler und düsterer erscheinen. Die günstigste Zeit für die Nadelhöker ist der Winter, wenn alle übrige Vegetation erstorben scheint; hier erscheinen sie weniger düster und bringen Colorit in die Landschaft, gegen die sommerliche Belaubung mit iliren hellen Tinten treten sie zurück. Dem Nadelholzwald fehlt der bunte Schmuck, den der Laubholzwald besitzt; statt des Rasens, den sie nicht aufkommen lassen, überziehen kleine sparrige Halbsträucher aus den Familien der Ericaceen und Vaccineen spärlich den Boden und ist derselbe feucht, so bedecken ihn Moose mit einem dichten, weichen Teppich, der dem Wanderer in dem finsteren, schweigsamen Walde den eigenen Schritt unhörbar macht. Düster und ernst ist der Charakter des Nadelholzwaldes, und derselbe Charakter findet sich meistentheils auch in den einzelnen Exemplaren ausgeprägt. 262 UEBER CHAllAKTERISTIK DEU BAUMPORMEN. Ein ausgedehnter Nadelholzwald, besonders wenn er, wie dies fast stets der Fall ist, aus einer und derselben Bauniart besteht, ist im höchsten Grade einförmig. Eine Wanderung in einem solchen Walde ist ermüdend, und gleiche Wirkung üben auch die Konturen dieser Wälder in den meisten Fällen in der Landschaft. Der aufifallend gleichmässige Wuchs und das gesellige Auftreten, welches die Nadelhöker in höherem Grade wie die Laubbäume zeigen, bewirkt dass die Horizontallinie solcher Wälder in ebenen Gegenden in weiter Ausdehnung meistentheils gerade, gleichlaufende monotone Linien bildet, welche aber, durch Contraste gehoben, auch von grosser Wirkung sein können. Gemischte Nadelholzbestände sind weniger ein- förmig, ja man kann sogar durch zweckmässige Gruppirung grosse landschaftliche Schönheit hervorbringen. Unsere Coniferen treten in zwei Hauptformen auf, sie sind entweder breit- kronig, wie die Kiefer {Pinna aylvesbis i.), oder von spitzer, kegelförmiger Gestalt, -wie die Fichte {Picea) und Tanne (Abies). Hohe, schlanke, gerade Stämme und starke, zackige Aeste, die eine ausgebreitete Krone tragen, charakterisiren die Kiefer. Die bedeutende Höhe des astlosen Stammes, die malerische Fonn der Hauptäste und die Leichtigkeit des Kronenbaues machen namentlich den Kontur des Baumes schön. Am vortheilhaftesten zeigt sich daher die Kiefer stets, wenn sie frei gegen den Himmel gesehen wird und von prächtiger Wirkung ist eine Gruppe alter Kiefern, deren Umrisse sich auf dem glänzenden Hintergrunde des Abendhimmels zeichnen. Am meisten hervortretend ist der schirmförmige Kronenbau der Pinie {Pinna Pinea L.). Säulengleich erhebt sich ihr schlanker Schaft bis zu einer bedeutenden Höhe, und erst hoch oben breitet sich die gewölbte Krone wie ein Schirm über die unter ihr ruhende Landschaft. Leider gestattet unser Klima das Gedeihen dieser prachtvollen Conifere nicht, und nur in südlicheren Ländern, namentlich in Italien und im Orient, entfaltet sie die ganze ihr eigenthümliche Schönheit Die Ceder {Cedma Libani Barr,) vereinigt mit der Form der Kiefer das äussere Ansehen der Lärche, und Reisende, die die berühmten Cedem des Libanon gesehen, wissen nicht genug von der Schönheit dieser Bäume zu erzählen. Auch den Anbau dieser Bäume gestattet unser Klima ebensowenig wie denjenigen der Riesenceder vom Himalaya {Cedrua Deodara Loud.). Nicht alle Bäume jedoch, die zur Gattung Pinus im Gegensatz zu den ge- trennten Geschlechtern Picea, Abies, Larix etc. gehören, nehmen die beschriebene Form an. Etliche, wie Pinna Strobus L. (die Weymouthskiefer), Pinna mariiima Lam.y Pinna Cembra L. und andere wachsen kegelförmig, nähern sich also der Form der zweiten Abtheilung. Die zweite AJbtheilung, die der spitzwipfeligen, conisch geformten Nadelholz- bäume bilden, wie bereits bemerkt, die Fichten und Tannen. Der Hauptrepräsentant der ersteren ist für uns die Rothtanne {Picea excelaa Lh) und die der letzteren die Weiss- oder Edeltanne {Äbiea pectinata D. C). Beide sind in ihrer landschaftlichen UEBER ClURAKTERISTIK DER BAUMFORMEN. 263 Wirkung sehr ähnlich; der wesenüidie Unterschied in der Tracht dieser Bäume wird dadurch bedingt, dass die kleineren Zweige der Rothtanne im zunehmenden Alter des Baumes herabhängen, während die der Weisstaime horizontal ausgebreitet bleiben. Auffallend ist auch die Farbe des Stammes. Die Rinde der ersteren ist röthlich, die der letzteren weissgrau; beide Farben sind, zwischen dem dunklen Grün der Nadeln gesehen, von Effekt. Bei der Rothtanne sind die Nadeln tief dunkelgrün, bei der Edeltanne ist die Oberseite derselben grün, die Unterseite von silberartigem Anflug, hervorgerufen durch die weisslichen Längsstreifen an jeder Seite der Mittelrippe. Diese Verschiedenheit der Färbung verleiht den aus Weiss- tannen bestehenden Waldbeständen ein bei weitem freundlicheres Ansehen, wie denen der Rothtannen, wie man sich beispielsweise an den Wäldern von Baden-Baden und dem Schwarzwald überzeugen kann. Der Tannenwald übertrifft den Eiefemwald an landschaftlicher Schönheit be- deutend. Tannen und Fichten wachsen selten ganz im Schluss, wie dies bei Kiefern in der Regel der Fall ist. Die stärker wachsenden unterdrücken die daneben stehen- den schwächeren, es entstehen Lücken, und neuer Samenanflug siedelt sich auf diesen Lichtstelleu an. Daher sind in alten Tannenwäldern oft alle Generationen vertreten, und die Natur selbst schafft auf diese Weise die herrlichsten und mannigfaltigsten Gruppirungen. Von grossartiger Wirkung sind Wasserpartien, von Fichten und Tannen um- geben. Die senkrecht emporstrebende Form der Bäume hebt die Horizontallinie des Wassers, und die dunkle Farbe der ersteren verstärkt durch den Contrast die Lichtwirkung des letzteren ausserordentlich. Form und Farbe der Tannen be- günstigen die Uferspiegelung, die sehr viel zur landschaftlichen Schönheit der Wasser- partien beiträgt, ungemein. Ist der Wasserspiegel klein und von hohen Bäumen umgeben, so dass ilm dieselben vollständig beschatten und nur einzelne Sonnen- strahlen sich durch das dichte Gezweig hindurchzustehlen und nur verstreute Licht- punkte auf der dunklen Fläche hervorzurufen vermögen, so giebt dies der Scenerie etwas geheimnissvoll Abgeschlossenes und verleiht ihr einen eigenthümlichen Reiz. In der Landschaftsgärtnerei finden Tannen und Fichten vielfache Verwendung, ihre spitzen Wipfel kontrastiren angenehm mit den gerundeten Kronen fast aller Laubbäume. In Gruppen frei auf den Rasen gestellt, hebt sich auch hier ihre kegel- förmige Gestalt vortheilhaft von der Horizontalünie desselben ab und auf hügeligem Terrain unterbrechen sie die Wellenlinien des Bodens besser als die wellenförmigen Konturen der Laubbäume. Ueberall jedoch, wo die genannten Bäume frei stehen, ist es Bedingung, dass die Aeste den Boden erreichen, da anderen Falls der Baum sehr an Schönheit verliert. Auch in den Pflanzungen, wo es irgend angeht, sollte man Nadelbäume frei stellen, damit sie ihre natürliche Schönheit entfalten können. Ihrer Form nach passen diese Bäume in die Umgebung von Gebäuden, in denen horizontale Linien vorherrschen. Einzelne Nadelholzgruppen in der Nähe der 264 UEBER CHARAKTERISTIK DER BAUMFORMEN. Häuser können das freundliche Ansehen, das mehr oder weniger jedes bewohnte Haus haben soll, durch den Kontrafit hervorheben; sind sie aber in überwiegender Zahl vorhanden, so geben sie dem Ganzen einen düsteren und ernsten Charakter, weshalb sie neben Mausoleen, Ruinen und dergl. passend zu verwenden sind; hier wird der ernste Charakter, den man bei solchen Gebäuden beabsichtigt, passend durch eine Umpflanzung von Nadelhölzern verstärkt Ausser der gewöhnlichen Rothtanne oder Fichte sind noch Picea orietitalis Lk. von den Ufern des schwarzen Meeres, P. alba Lk. Weissfichte, P. coaiUea Lk. die bläuliche Fichte, P. niffra Lk. die Schwarzfichte, P. rubra Lk, die Rothfichte, sämmtlich aus Nordamerika. P. obovata Ledeb. vom Altai und Sibirien u. a. in unseren Anlagen vertreten, die in ihrer Wirkung sämmtlich der Rothtanne gleichen, zum ITieil jedoch einen helleren Farbenton haben. Picea Khutrow Carr. vom Himalaya und andere müssen sich in Betreff der Härte noch bewähren. Ausser der Weisstanne wird namentlich die Balsamtanne Abiea baJsamea Loud. aus Nordamerika kultivirt; sie ist der Weisstanne sehr ähnlich, aber kleiner und zierlicher als jene. Ein Gleiches ist mit Äbies Fraserii Lindl, der Fall. Ables nobilis Lindl. aus CaJifornien,^. Nordmianniana Lk, vom Kaukasus, A, PiclUa Ledcb,^ die sibirische Pechtanne, A, Pinmpo Boiss, aus den Gebirgen Spaniens u. a. sind sämmtlich schön, erwachsen in ihrem Vaterlande zu hohen, stolzen Bäumen und versprechen eine grosse Zierde unserer Anlagen zu werden. Von der Gattung Abies haben neuere Botaniker das Genus Tsuga getrennt von denen namentlich Tsitga Douglasii Lindl. aus den Rocky Mountains als ein feinnadeiiger, hoher, schlanker Baum, der Picea excdsa ziemlich ähnlich, zu er- wähnen ist. Eine der elegantesten Coniferen ist die cauadische Hemloks- oder Schierlings-Tanne {Tmga canadensis Carr,). In ihrem Vaterlande soll sie 20 — 27 Meter hoch werden, hier ist sie von geringerem Wachsthum und man kann wohl 10 — 15 Meter als das Maximum ihrer Höhe bei uns annehmen. Die feine Nadel- bildung und die dünnen, an den Spitzen graziös abwärts gebogenen Acste geben ihr ein leichtes und zierliches Ansehen und verleihen ihr einen von den übrigen Taimen und Fichten sehr verschiedenen Charakter. Eine Untcrabtheilung der Nadel- hölzer von conischer Gestalt bildet die Lärchenform. Hat die Lärche {Larix) auch die Kegelform mit jenen gemein, so erzeugt die Beschaffenheit der Krone einen ganz verschiedenen landschaftUchen Effekt, und hierin steht sie ihnen ohne Frage nach. Die dünnen, hängenden Zweige und die kurzen, spärlichen, zu ge- sonderten Büscheln vereinigten Nadeln machen die Krone leicht und durchsichtig, und es fehlt dem Baum die Verschiedenheit in Form und Farbe, die die erst- genannten so auffallig charakterisirt. Zwischen Laubbäumen eingesprengt unter- brechen die Lärchen mit ihren spitzen Wipfeln und zierlichen Aesten die gerundeten Laubpartien sehr angenehm, namentlich ist das schöne Grün der sprossenden Nadeln, untermischt mit dem prächtigen Roth der blühenden Zapfen oft von wundervoller UEBER CHARAKTERISTIK DER BAUMPORMEN. 265 Wirkung. Die Lärche ist kein malerischer Baum, sie ist deshalb weder zur Bildung grosser gesonderter Massen, noch zur Freistellung sonderlich geeignet. Der liärche sehr nahe steht die Sumpfcy presse {Taxodium distichum Rieh.). Wie jene ist sie eine kegelförmige, laubabwerfende Conifere von mehr zierlichem Kronenbau und hellerer Farbe. Die Aeste hängen aber nicht, sondern breiten sich horizontal vom Stamme aus. Form und Farbe des Baumes sind höchst elegant, an Schönheit übertrifift sie die Lärche bei Weitem. Einzelne Exemplare, die sich frei auf dem Rasen erheben, oder ihre wagerechten zierlich belaubten Zweige über eine Wasserfläche ausbreiten, gewähren ein sehr anmuthiges Bild. Taxodium distichum m.exi4Xinum Gord. (T. Montezumae Dun.\ die schöne mexikanische immergrüne Sumpfcypresse ist eine Abart der vorigen, sie erreicht eine bedeutende Höhe, ist aber für unser Klima zu empfindlich. Aus den Zeiten des Kaisers Montezuma befinden sich in den Gärten zu Mexiko noch Exemplare dieser Cypresse, welche nach den Versicherungen eines Augenzeugen einen pracht- vollen Anblick gewähren. Bis zur Höhe von 20 — 24 Meter gehen die Aeste pyramidal in die Höhe, breiten sich dann phantastisch aus und hängen fast zur Erde. An und in ihnen haben sich schöne Orchideen angesiedelt. Wellinfftmiia gigantea Lindl. der Mammuthbaum ist der berühmte ßiesen- baiun Californiens. Jene gigantischen Bäume mit ihren zu schwindelnder Höhe senkrecht aufsteigenden Stämmen, den ausgebreiteten Aesten und der schönen Be- laubung mögen allerdings ein wunderbares, höchst charakteristisches Bild darbieten und an Schönheit und Majestät alle anderen Zapfenbäume übertreiTen, es ist aber sehr zweifelhaft, ob selbst das Klima Süddeutschlands der normalen Entwickelung des Baumes günstig ist, abgesehen von dem Alter, das erforderlich ist, den Baum zu einer bemerkenswerthen Höhe gelangen zu lassen. Bei uns im Norden haben wir kein Glück damit gehabt. Dasselbe ist es mit der schönen, höchst eleganten Cryptomeria degans Veitch aus Japan. Die übrigen Nadelhölzer aus der Familie der Cypressen und Taxusbäume sind Bäume niederen Ranges, wie Tliuja und Taxus; oder sie sind völlig strauch- artig, wie fast alle Arten Juniperus. Von den beiden erstgenannten Arten ver- tritt Thuja die pyramidale, Taxus die gerundete Form. Eine aufialUge Ausnahme unter den letzteren macht die barocke Form des Taxus baccata fastigiata Loud. (Syn. Taocus hibeniica Ilook.)^ der fast säulenförmig mit an den Stamm angedrückten Zweigen wächst. Von den ersteren ist Thuja occidentalis L., der Lebensbaum bei uns am meisten verbreitet. Derselbe wird bis 10 Meter hoch, in der Regel bleibt er aber niedriger. Einzelne frei auf den Rasen gestellte Exemplare bilden in Folge ihrer pyramidalen Form und der zierlichen Belaubung mit den umgebenden rundkernigen Sträuchern einen wünschenswerthen Contrast, der aber bei der ge- ringen Grösse des Baumes nur bei kleineren Partien zur Geltung kommen kann. Auch bei Thuja darf, wenn derselbe schön sein soll, der Stamm nicht sichtbar sein. 266 UEBER (CHARAKTERISTIK DER BAUMFORMEN. Gruppen von Lebensbäumen an geeigneten Stellen sind schön, so lange sie dicht bleiben; längere Zeit im Schluss stehend verlieren aber d^e Bäume in der Regel stellenweis ihre Aeste, die kahlen, unschönen Stämme kommen zum Vorschein und der Effekt geht grösstentheils dadurch verloren. Der Thuja occtdeiüalia ist be- sonders geeignet zu lebenden Zäunen oder Hecken, da er den Schnitt gut verträgt und für unser Klima winterhart ist. Der Thuja occulmtalis sehr ähnlich ist Thuja plicata Doiia, (Syn. Th. Warreana Hort) Die Thuja der Section Biota, die namentlich durch Thxija orientalis L, und deren Varietäten vertreten sind, unterscheiden sich von den vorigen durch eine regelmässigere, spitzere Form, mehr an den Stamm gedrückte Zweige und ein helleres, lebhafteres Grün. Sie sind weichlicher als jene, daher auch bei uns von schwächerem Wuchs und leiden leicht vom Frost. Dasselbe ist der Fall mit der Cupresms Lawsoniana Mimn. und der ihr ähnelnden Cupressus Nutkaensis Lamb. imd deren Varietäten. Beide sind von weit eleganterem Wuchs als die Tliiya, erreichen in ihrem Vaterlande Galifornien und dem nordwestlichen Amerika am Nutka-Sund eine Höhe von 33 Meter, haben sich aber bei uns nicht als voll- kommen hart erwiesen. Der Tliuja im Habitus ebenfalls ähnlich ist Chavmecyparis sphaet^oidea Spacu. (Syn. Cupre^sus Oiyoides L.) , doch ist sie sparriger und von leichterem Bau. Die wahren Cypressen, die sich bekanntlich durch ihre monumentale Form so charakteristisch hervorthun, sind ftlr unser Klima leider nicht geeignet. Die Taxus, Eibenbäume, sind in der Form wesentlich von den vorigen ver- schieden: die Krone endigt nicht in einem spitzen Wipfel, sondern ist mehr abge- rundet und die Zweige breiten sich in horizontaler Richtimg bedeutend aus, lassen daher die Krone im Verhältniss mehr breit erscheinen. Die abweichende Form des Taxus fasügiaia ist bereits erwähnt. Taxus baccata L. erreicht eine Höhe von 10 — 14 Meter; Bäume von solcher Grösse sind aber sehr selten, da zur Er- reichung derselben ein hohes Alter erforderlich ist; beispielsweise findet man sie am Schiossberg zu Cliveden im oberen Themse -Thal und in Haddon Hai, einem Schloss des Herzogs von Rutland. Die Königin Elisabeth von England hielt in dem letzteren öfter Hof und die ganze Einrichtung des Schlosses, sowie der dasselbe umgebende Garten mit den alten Taxusbäumen ist pietätvoll erhalten. In unseren Anlagen kommt Taxm baccata melu* in Strauchform vor und er ist daher mehr für kleinere Partien verwendbar. Seine Wirkung beruht weniger auf der Form als auf der Farbe, die ein ganz besonderes schwärzliches Grün ist ; Gruppen, in denen er überwiegend angewendet ist, verleiht er in Folge dieser Färbung ein düsteres Gepräge. Von Taxus baccata besitzen wir viele Varietäten. Ueber die vielen neuen Einfiihrungen aus der Familie der Taxineen ist bezüglich ihrer Härte noch nichts sicheres festgestellt und über deren landschaftlichen Werth wenig zu sagen. UEBEU CHARAKTERISTIK DER BAIJMPORMEN. 267 Noch Wären aus der Klasse der Nadelhölzer die Juniperus oder Wachholder zu erwähnen. Sie sind durchschnittlich von p)Tamidaler Form, aber völlig strauch- artig bis auf Junipei-us virginiana i., die sogenannte virginische Ceder. In ihrer Heimat soll dieselbe 10—14 Meter hoch werden, hier sind aber 6 — 8 Meter als das gewöhnliche Maass ihrer Höhe anzunehmen. Ein regelmässiger Wuchs und feine dichte Belaubung zeichnen sie vortheilhaft aus und machen sie geeignet zur Hervomifiing von Kontrasten, gegenüber den gerundeten Formen .anderer niederer Bäume und Sträucher. Im Allgemeinen wirken Juniperus und Thuja im Kleinen, wie Picea und Abies im Grossen. Die übrigen Juniperus, von denen der gemeine Wachholder (Jtmiperua communis L.), jener eigenthümUche spitzige Strauch oft in den seltsamsten Formen auftritt, erreichen eine nur unbedeutende Höhe. Einige, wie J. Sabina L, sind fast kriechend, andere wie Junipoma proatrata Per«, und Junipei'us nana WiUd., strecken ihre Zweige dicht am Boden hin, weshalb sie sich zur Bekleidung von Abhängen und für Felspartien eignen. Es würde unrichtig sein, untergeordnete Formen nicht zu beachten, da sie, im Vordergründe der Landschaft passend angewendet, Bedeutung erhalten können, besonders bei so auffälligen Formen^ wie die des Juniperus; im Grossen und Ganzen verschwinden sie jedoch zu sehr, um wesentlich bestimmend auf die Linien der Landschaft einwirken zu können. Dennoch gewähren grosse Bestände von Juniperus communis einen nicht uninteressanten Anblick wegen ihrer so ausserordentlich mannigfaltigen Formen. Zu Kuurlo unweit Zytphen in Holland befindet sich ein ganzer Wald, dicht bestanden mit Juniperus communis \mA nur aus dieser Strauchart 'bestehend, — ein Wald in Zwergform, — welcher mit seinen unendlich verschiedenen bald conischen, bald wellenförmigen, oft barocken Formen einen ganz merkwürdigen und nicht uninteressanten Eindruck macht. Diese eigenthümUche Ansiedelung hat man mit Recht nur durch Wege zugänglich gemacht, im Uebrigen aber ganz in ihrem Naturzustande belassen. Die Familie der Nadelhölzer ist ziemlich reich an Arten, aber arm an Formen, mit Ausnahme der eben erwähnten Juniperus, welche aber für die Land- schaft im Grossen nicht in Betracht kommen; alle kommen mit einander über- ein in demselben charakteristischen Typus, der jede Couifere auch dem Auge des Laien auf den ersten Blick kenntlich macht. Da es sich darum handelt, die Hauptrepräsentanten in Bezug auf die Form aufzuführen, so sind viele, da sie für unser Klima nicht geeignet sind und da ein solches Yerzeichniss nicht er- schöpfend sein kann, hier gar nicht erwähnt worden. Das Studium der Nadel- hölzer ist wichtig für den Landschaftsgärtner weniger deswegen, weil er sie viel, als weil er sie mit Vorsicht anwenden soll, um durch sie den Effekt zu erreichen, den hervorzurufen sie fähig sind. Will man den öfter erwähnten Ver- gleich mit der Malerei hier weiter ausführen, so sind die Coniferen gleichsam 268 IIEBER CHARAKTERISTIK DER BAUMFORMEN. die Keraschattcn , die charakteristischen Grundstriche des Bildes, während der Gruudton des Gemaides mit seinen unzähligen feinen Nuancirungen und Abstu- fungen durch die Laubhölzer gegeben werden muss, selbstverständlich immer im Charakter der Gegend, welchem man unter allen Umständen Rechnung zu tragen hat. Ein Beweis, mit welch feinem Gefühl Fürst PCcki^er seine Schöpfungen stets den Eigeiithümlichkeiten der Gegend anzupassen verstand, liegt auch darin, dass ec vcrhältnissmässig sehr wenig Nadelhölzer im Muskauer Park gepflanzt hat. Dies hat darin seinen Grund, dass in den ganzen Umgebungen des Parks die Nadelhölzer und zwar Kiefern dominiren; Laubhölzer gab es früher sehr wenige. Von allen Höhen des Parks übersieht man unendliche Kiefernwälder und überall ist der Horizont bewaldet; nirgends kahle Höhenzüge. Da der Fürst nun die ganze Gegend, soweit das Auge reicht, als zu seinem Landschaftsbilde gehörig betrachtete und sie als ein Ganzes auifasste, so behandelte er diese Nadelholz- wälder als Hintergrund und brachte, wie der Maler mit Farben, seine Schattirungen durch beinahe 3000 Morgen Laubholzpflanzungen aller Art hervor, welche Höhen und Tliäler bedecken und sich auch in das obere Neissethal — ausserhalb des Parks — hinauf ziehen, durchaus im Verhältniss zu dem weit grösseren Nadel- holzmeere stehen und ihm das Gleichgewicht im Bilde halten. Er milderte auf diese Weise den früheren eintönigen Charakter der Gegend und gab ihr Colorit. Aus diesem Grunde dominiren die Laubhölzer im Muskauer Park, was jedoch nicht hindert, dass auch der feineren Nuancirung wegen, in der Nähe Gruppen von Nadelhölzern gepflanzt sind. Namentlich im Frülyahr und Herbst bei der erwachenden und sterbenden Natur sind diese Contraste von Laub- und Nadelholz von grossartiger Wirkung. Die Laubhölzer sind bedeutend reicher an Verschiedenheit der Gestal- tungen, von denen aber keine mit dem streng regelmässigen Bau der Nadelhölzer völlig übereinstimmt und sie bieten eine unendlich grössere Mannigfaltigkeit von Farbentönen, wenn auch keiner derselben an Dunkel der Färbung dem düsteren Grün der Fichten gleichkommt. Die verschiedenartige Beschaffenheit der Stänmie, die zumeist zackigen Aeste und die zahlreichen, nach allen Richtungen oft vielfach ineinander ver- schlungenen Zweige, bedingen grössere Abweichungen von einem gemeinschaft- lichen Typus, als dies bei den Nadelhöbsem der Fall ist. Während bei diesen die Nadeln aller Arten sich im äusseren Ansehen fast völlig gleichen, zeigen die Blätter jener zahllose Formen und üben einen wesentlich verändernden Einfluss auf den Charakter derselben aus. Der landschaftliche Werth der Bäume wird nameutüch durch zwei Eigen- schaften bedingt, durch den Kontur des Baumes, je nachdem derselbe gerundet, breit oder schlank erscheint und durch die Beschaffenlieit der Krone, je nachdem sie massig und dicht, oder locker, leicht und durchsichtig ist. Der Umriss, sowie UEQER CHARAKTERISTIK DER BAIJMFORMEN. 269 die grössere oder geringere Dichtigkeit der Krone werden in der Hauptsache durch die Verschiedenartigkeit des Astbaues bedingt; ob die lü-one leicht und durchsichtig ist, hängt wesentlich von der Beschaft'enheit der Blätter ab. Grosse Blätter decken einander leicht und machen die Belaubung dicht, auch wenn die Zweige weniger an einander gestellt sind, wie dies z. B. die Rosskastanie mit ihren grossen 5—7 bandförmig zusammengesetzten Blättern beweist. Kleine Blätter dagegen bedürfen einer sehr dichten Verzweigung, um einander decken und eine dichte, schattengebende Belaubung herstellen zu können. Anderenfalls sind sie nicht im Stande, dem Lichte den Durchgang zu verwehren und machen die Krone durchsichtig und locker, was wiederum dem Baume die leichte Form verleiht, wie dies bei der Birke der Fall ist. Im Allgemeinen gehören daher Bäume mit grossen Blättern der schweren, solche mit kleinen, zierlichen Blättern der leichten Baumform an, doch kann dies nicht als ein ausnahmsloser Grundsatz gelten. Die Platane z. B. mit ihrem grossen, bandförmigen Blatte ist keineswegs zu den compacten Baumformen zu rechnen,, während die verhältnissmässig kleinblättrige Buche an Dichtigkeit der Krone wohl nicht leicht von einem anderen Baume übertroffen wfa-d. Grössere oder fein zer- theilte Blätter, wie z. B. die aus feinen Fiederblättchen zusammengesetzten Papi- lionaceen stimmen natürlich in ihrer landschaftlichen Wirkung mit den eigent- lichen kleinen Blättern überein. Ist die eine oder die andere Eigenschaft der Blätter sehr in das Auge fallend, so kann dies in der Nähe auch auf den Kontur des Baumes wirken, in dieser Beziehung sind jedoch die Beschaffenheit der Blätter, sowie die kleinen, sogenannten secundären Zweige von nur untergeordneter Bedeutung. Die grossen Hauptäste, die das eigentliche Knochengerüst des Baumes bilden, sind hier die eigentlichen Factoren und die Verschiedenheit ihres Baues trennt wiederum unter den Bäumen, die wir zu der schweren Form rechnen, zwei landschaftlich ver- schieden wirkende Gruppen. Wenn der Stamm sich in zahlreiche Aeste theilt, die sich gleichmässig nach allen Richtungen ausbreiten, in ihren Formen an einander schmiegen und die Rundung nach allen Seiten abschliessen, so entsteht die schirmförmige, die Kugel- gestalt der Krone und es zeichnet sich der Baum in fast kreisförmigen Konturen. In diesen Bäumen, die oft schwerfallig zu nennen sind, ist das Schwere und Massige der Baumform am schärfsten ausgeprägt. Die zweite Form charakterisirt sich durch die stärkeren Hauptäste, in die der Stamm sich theilt, deren jeder einen mehr gesonderten, in der Form selbst- ständigen Theil der Krone trägt. Diese vereinigt bilden zwar auch eine gerundete Hauptform des Baumes, aber die einzelnen Partien heben sich schärfer von einander ab, schliessen nicht unmittelbar an einander, und in dem Kontur der- selben entstehen jene Vorsprünge und Einschnitte, deren Grundform hauptsächlich 270 UEBER CHARAKTERISTIK DER BAUMPORMEN. den Gattungscharakter der Bäume bedingt und die trotz der Grundform jener Charaktere wiederum die unendliche Mannigfaltigkeit der Einzelformen hervorrufen. Als Bäume mit schönen Ausladungen bezeichnet der Maler die hierher gehörigen und sind dieselben auch nicht ausschliesslich den Bäumen dieser Ab- theilung eigen, unterscheiden sie dieselben doch von den vorigen und bewirken, dass trotz der dichten und compacten Belaubung der Krone, die Konturen sich in leichteren, mehr malerischen Linien zeichnen. Die Umrisse sind kräftig, be- stimmt, aber weniger schwerfidlig als bei jener. Repräsentant der letzteren Gruppe ist die Eiche, der der ersteren die Buche. Wollte man den Ausspruch eines Meisters der Landschaftsmalerei, dass ein Baum, dessen Belaubung nicht stellenweise den Bau der Aeste sehen liesse, nicht schön sein könne, auch in der Landschaftsgärtnerei gelten lassen, so würde man selten der Buche oder der ihr im Bau verwandten Bäume das Prädicat eines schönen Baumes zugestehen können. Allerdings stimmt die Aesthetik der Land- . schaf tsgärtnerci mit der der Landschaftsmalerei in ihren Grundsätzen überein, doch lassen sich nicht alle Details der letzteren auf die erstere anwenden. Der Maler verlangt kühne Formen und einen aufitUligen, charakteristischen Habitus, um einen Baum für schön erklären zu können. Nur solche sind seinen Zwecken entsprechend, da er auf dem engen Raum seiner Leinwand möglichst viele Eflfekte zu vereinigen strebt, während in einem ausgedehnten Landschaftsbilde mancher Baum seinen Platz findet, den der Maler für zu ausdruckslos, zu steif und zu symmetrisch erklären würde. Dies gilt namentlich von den Bäumen dieser Gruppe, unter denen sich besonders Buche, Rosskastanie und Linde auszeichnen. Alle drei kommen darin überein, dass sie auf einem meist geraden Stamm eine dichte, rundliche Krone bilden, der jene ausdnicksvoUen Zeichnungen des Konturs abgehen; in ihren Einzelheiten sind sie übrigens sehr von einander verschieden. Malerisch schön werden die Bäume erst, wenn sie ihren Wuchs in die Höhe beendigt haben und in die Breite gehen, also ihre symmetrische Form ablegen, welche jedem jungen Baum in grösserem oder geringerem Grade eigen ist. Was der Buche an Kühnheit der Form abgeht, ersetzt sie durch Ebenmaass und angenehme Rundung. Der hellfarbige Stamm ist glatt und schlank, die ver- hältnissmässig weniger starken Aeste endigen in langen, schwankenden Zweigen, die sich zierlich abwärts neigen und die glatten, dunkelgrünen, glänzenden Blätter bilden eine prächtige Belaubung. Ungeachtet der Schwere der Form hat daher die Buche etwas Graziöses und Anmuthiges und schöne, frei auf dem Rasen stehende Exemplare sind oft von herrlicher Wirkung. Wichtig ist hier das richtige Verhältniss zwischen der Krone und dem sichtbaren Stammtheil. Ist der Stamm zu weit hinauf von Aesten entblösst, so giebt dies der Krone etwas Steifes, Unvollkommenes, verschwindet er al)er gänzlich, so dass die Aeste überall auf dem Boden liegen, so macht dies die kugelig gewölbte Krone schwerfilllig UEBBR CHARAKTERISTIK DER BAUMPORMEN. 271 und auch die Form des Baumes erscheint namentlich von Weitem gesehen schwer und plump. Die gemeine oder Rothbuche (Fagus sylvaiica L.) ist bei uns ein- heimisch und bildet in mehreren Theilen Deutschlands Wälder, deren Schönheit allgemein anerkannt ist. Die schlanken Säulen der glatten Stämme tragen ein dichtes I^aubdach von zierlich verschlungenen Zweigen gebildet, das in den ver- schiedenen Jahreszeiten die prächtigsten Uebergänge vom hellen Gelbgrün bis zum Dunkelgrün zeigt, welches wieder in eine leuchtend rothbraune Herbstfärbung übergeht. Der Buchenhochwald hat bei seiner ansprechenden Schönheit gleich- zeitig etwas Feierliches und Imponirendes. In Folge ihrer schönen und dichten Belaubung bilden die Buchen ein wichtiges Material für die Massenpflanzungen unserer Landschaftsgärten. Die Rothbuche tritt in vielen Varietäten auf, welche sich durch Form und Farbe der Blätter unterscheiden. In Beziehung auf letztere besonders wichtig ist die Blutbuche {Fcigxis sylvaiica atropurpurea) mit ihren dunkelpurpur- oder braunrothen Blättern, durch deren Anwendung namentlich in der Zusammen- stellung mit hellfarbigen Gehölzen sich schöne Farbenwirkungen erzielen lassen. Die amerikanische oder Rostbuche {Fagtis fei^^iginea AiL) gleicht in ihrem Habitus der Rothbuche, nur ist sie etwas schwachwüchsiger und die Krone in der Regel breiter und gedrückter. Schwerer noch als die Buche ist die Rosskastanie {Aesadm Hippo- casianum i.). Der rauhe, mit rissiger Rinde bedeckte Stamm theilt sich in starke Aeste, die in der Regel von dem dichten Laubwerk völlig verdeckt werden. Wird der Baum alt, so bekommen die Zweige eine Neigung hercabzuhängen, und er gleicht dann in der Blüthezeit einem riesigen Candelaber, der die grossen aufrecht stehenden Blumenrispen gleich zahlreichen Kerzen trägt; in dieser Zeit ist er un- streitig von grosser Schönheit. Die grossen bandförmig zusammengesetzten Blätter bilden eine schöne dunkle Belaubung, wegen seiner steifen Form eignet er sich wie die folgenden vorzugsweise zur Bepflanzung von Alicen und Promenaden. Die Rosskastanie verträgt den Druck anderer Bäume sehr gut, lässt aber wegen der dichten Belaubung kein Unterholz aufkommen und ist, wo dieses er- forderlich, für Massenpflanzungen nicht zu empfehlen. Äatculus rubicunda Lois. und Aesculus Pavia X. zeichnen sich durch rothe, AesculiLs luka Wa7igh, und einige andere durch gelbe Blüthen aus. Diese letzteren sind aber schwächer in allen ihren Theilen, als die gewöhnliche Rosskastanie und erreichen auch nicht ihre Höhe. Die Linde steht in ihren äusseren Umrissen der Buche sehr nahe. So lange der Baum ein mittleres Alter nicht überschritten hat, bildet er die Krone sehr dicht und rund. Die Form der Krone gleicht in ihren Umrissen ganz der Form des rundlich -herzförmigen Lindenblattes. Die grossblättrige Linde {Tilia platy- 272 UEBER CHARAKTERISTIK DER BAUMFORMEN. phyUm Scop.), die rauhgrifflige Linde aus der Krim {TUia dasystyla Stev. Syn. T. euefUora K. Koch.)^ die Silberlinde {Tilia tomentosa Mach.) und einige gross- blättrige amerikanische Arten zeigen diese Form in jener Altersperiode ganz be- sonders, die meisten amerikanischen Species, besonders aber auch die europäische kleinblättrige Linde {Tilia ulmifolia Scop.) zeichnen sich durch einen freieren Ast- bau und melu- hängende Zweige aus. Alte Bäume der letzteren, welche auch im nördlichen Deutschland sehr verbreitet ist, besitzen meist eine höchst malerische Tracht und nähern sich in dieser Beziehung den Bäumen der zweiten Abtheilung. Tilia ddsystyla ist unstreitig eine der schönsten Linden. Die Blätter haben die Grösse und Form deijenigen von T. platyphyUos, sind aber von festerer Textur, auf der Oberfläche dunkelgrün und stark glänzend, auf der Unterseite blassgrün und in den Aderwinkeln stark filzig gebartet. Die jungen Zweige sind glatt und von schöner gelblich -grüner Farbe. Die Silberlinde ist ein schnellwachsender, schöner Baum, er gewährt mit seinen auf der Unterseite dicht weissfilzigen Blättern einen eigenthümlichen Anblick und ist in Bezug auf die Färbung der Belaubung zu den auffallendsten Erscheinungen zu rechnen. Die zweite Abtheilung, als deren Repräsentant die Eiche angeführt wurde, umfasst ausser dieser noch die Kastanie {Casianea i^ejica\ die Ulme und die Weissbuche. Die für uns wichtigste der Eichen, die gewöhnliche oder auch deutsche Eiche genannt, die in zwei Species, als Sommer-Eiche {Qttercwt pedunctilata Willd.) und als Winter- oder Stein -Eiche {Quereics semiliflora Salinb. Syn. Qu. Bobur Willd.) auftritt, wird mit Recht die Königin des Waldes genannt. Der mächtige, malerisch geformte Stamm, auch wie er sich aus der Erde erhebt, die energisch und heraus- fordernd emporgestreckten Aeste und die prachtvolle dunkle Belaubung verleihen iliren Formen jene Kühnheit und Kraft und ihrer ganzen Erscheinung jene impo- sante Schönheit, die so allgemein anerkannt ist, dass sie keines Commentars bedarf.* So die deutsche Eiche. Das Geschlecht der Eichen ist jedoch sehr gross, die Arten derselben sind sehr zahlreich und nicht alle gleichen ihrer mächtigen Ver- wandten. Am meisten ähneln ihr die weisse Eiche {(^to-eus alba L.) aus Nordamerika und die derselben nahe stehenden, die grossfrüchtige Eiche {Querciis viaa^ocarpa Mx.) und die stumpflappige Eiche {(^tei^ms ohtmiloba 3/r.), die sich auch be- sonders durch schöne Blätter auszeichnen. Die kastanienblättrigen Eichen (Qti. Prinm L.) bauen ihre dunkelbelaubte Krone in mehr schlanker Form. Schlank und leicht ist auch die türkische oder burgundische Eiche ( Querem Cei-ris L.) und ihre Verwandten. Mehr kegelförmig wächst die zierliche Sumpfeiche {Quercus * Die Ilcrmannseiclie im Park zu Miiskau hat einen Umfang am Fusse de« Stammes von 12 Meter, anf Brusthöhe von 9 Meter. Der Kronenumfang beträgt 80 Meter und ihre Höhe 25 Meter. UEBER CHARAKTERI8TIK DER BAUMFOKMEN. 273 palustris Willd.) aus der Gruppe der Scharlacheichen. Die übrigen Scbarlacheichen {Queren» rubra L., Qu. coccinea Wilfd., Qu. tincforia Willd. etc.) BJnd mehr rund- kronig; alle zeichnen sich durch die leuchtend rothe Herbstfärbung aus, die gleich- sam angedeutet wird durch die ebenfalls rothe Farbe der sich entwickeluden Blätter. Sie liefern das beste Material für die Herbstlandschaft. Auch die Blätter anderer Eichen sind in dem Stadium der Entfaltung roth gefärbt, wie die der Q. Daimio, Q. ramosa, Q. ambigtui Willd., Q. nigra L., Q. repunda M.r., Q. imbricaria Mllld., Alt« KaBtanien (Cxstanea rssca L.) In Zypendal, Q. alba L., Q. pyrennica Willd. (Syn. Q. Tatizin Pera.); hier ist die ge- erbte älzige Behaarung die Ursache dieses Colorita. Quercaa imbricaria WiUd. hat die Blätter des Lorbeers und Quercus PkcUoa L. gleicht im Bau der Blätter den jungen Zweigen der Weide und bildet ihre Krone leicht und durchsichtig. Wenn wir auch die deutsche Eiche als Haupttypua hinstellten, so finden wir in diesem grossen Geschlecht alle Baumformen vertreten, ja Quei-ms Banisterii Mx. (Syn. Q. iiieifolia Wungk.) steigt herab zur wahren Strauchform. Für landschaftliche Verwendung bietet so die Eiche ein reiches Material und wenn auch verschieden in ihrer Individualität, ist sie doch in allen Formen schön. Für Massenpflanzungen eignet sich wohl die deutsche Eiche am besten, als Pbtzold, LandsthiflägKrtnorsi. 18 274 UEBER CHARAKTERISTIK DER BAUMFORMEN. Einzelbäume oder in kleinen Gruppen zusammengestellt, sind sie alle vortrefflich und ihre Konturen machen sie geeignet für jede Gruppirung. Der Eiche würdig zur Seite steht die Kastanie {Castanea vesca Grtn,), Stamm und Aeste zeigen dieselben ausdrucksvollen Formen und die dunkle Be- laubung der grossen gezähnten Blätter steht der ersteren wohl kaum nach. Eine alte Kastanie mit ihrem starken Stamm, den ausgebreiteten Aesten und der schattigen Krone gewährt ein höchst charakteristisches Bild. Hier ist nicht die eigentliche Heimath des Baumes; in den ausgedehnten Kastanienwäldorn Spaniens und Italiens entfaltet er seine volle Schönheit. Auch in Süddeutschland, ebenso in den Nieder- landen befinden sich prächtige Bäume dieser Art. Auf dem Landsitz Zypendal bei Aruheim, dem Baron von Brantsen gehörig, befinden sich drei alte Kastanien, von denen vorstehend eine Abbildung beigefügt ist. Die Bäume waren von Ulmen gleicher Höhe umgeben, sie sind bei Gelegenheit der Umgestaltung der dortigen Anlagen frei gestellt worden. Das ungefiihre Alter dieser Bäume ist auf 400 Jahre anzunehmen. Sie wurden gepflanzt, als Zypendal ein Jagdschloss Karls von Egmont, Herzogs von Geldern war. Die Höhe der beiden grössten Bäume ist je 23,50 Meter, die Stärke des einen Stammes beträgt, einen Meter von der Erde gemessen, 5,30 Meter, die des anderen 4,GU Meter. Der Kronenumfang der beiden stärksten, die mit den Kronen in einander gewachsen sind, is^81 Meter. Die Kastanien sind hart genug, um sich auch bei uns zu prächtigen Bäumen zu entfalten, wie wir dies beispielsweise in Wernigerode am Harz sehen, wo man dieselben am Fusse des Brockens vielfach angepflanzt findet. Das Alter der ältesten Kastanie am Schlossberg daselbst wird auch auf 400 Jahre geschätzt Ein schöner, in seiner landschaftUchen Bedeutung in Deutschland noch nicht allgemein anerkannter Baum, dessen Werth mau in den Niederlanden und in Eng- land sehr wohl zu schätzen weiss, ist der Rüster oder die Ulme (Ulmm). Die Ulme verlangt zu ihrem kräftigen Gedeihen einen tiefgründigen, feuchten Boden. Auf den Mooren Hollands und Belgiens findet man daher namentHch schöne, üppige und mächtige alte Ulmen und es verleihen diese Bäume den dortigen Land- schaften ein eigeuthümüches Gepräge. Der Stamm ist rauh und hellfarbig, oft mit grünem Moos überzogen. Die etwas eckige Form der Aeste, die derben, zweizeilig gestellten Blätter, geben dem Baum etwas Starres und die raulie Oberfläche der- selben der Farbe des Laubes etwas Mattes, Düsteres. Die Ulme ist sehr zum Varüren und Hybridisiren geneigt, wir besitzen daher eine grosse Anzahl Formen derselben. Die europäischen Ulmen lassen sich auf drei Hauptformen zurück führen: Ulmus campedris L. die Feldrüster, Ulmm montana Bouh, die schottische oder Bergulme und Ulmm suberosa Mnch. die Korkulme, welche letztere wiederum von Vielen nur als eine Form von Ulmm campesiri^ betrachtet wird. Ulimis montana UEBER CHARAKTERISTIK DER BAUMFORMEN. 275 zeichnet sich aus durch üppige Triebe, grosse Blätter und eine sehr schlanke Krone; Ulmus campestris baut sich breiter. Eine interessante Form der TT", cam- pestris ist der Kugelrüster ( U. c. umbracuHfera), von Späth eingeführt. In seinem Vaterlande Persien wird er ein mächtiger Baum, mit grosser, kugelrunder Krone. Er ist vollständig hart und hat jedenfalls eine grosse Zukunft. Ulmus suberosa, welche die korkartige Rinde so auffällig charakterisirt, ist kleiner und gedrungener in allen ihren Theilen. Die amerikanischen Ulmen, Ulmus americana L. und Ulmus fvlva Mx,y sind von leichterem, zierlicherem Bau. Der letzte der oben genannten Bäume, die Weiss- oder Hainbuche ver- mag, was Grösse des Baumes und Entschiedenheit der Formen anbetrifft, nicht mit den vorigen zu rivalisiren. Die gewöhnliche Hainbuche {Carpinus Bebdus X.) ist ein massig hoher Baum mit gerundeter Krone. Stamm und Aeste ähneln denen der Rothbuche und der Baum würde zu denen der ersten Abtheilung zu rechnen sein, wenn er sich nicht durch leicht ausgehende Zeichnungen des Konturs von jenen auszeichnete. Die Weissbuchen sind namentlich, zu grösseren Massen vereinigt, oder als Bestandtheil grösserer, gemischter Pflanzungen angewendet, von Effekt. Die übrigen bei uns cultivirten Arten dieses Geschlechts Carpinus americana Wüld, und Carpinus onentalis f Lam. kommen in landschaftlicher Beziehung fast völlig mit den ge- wöhnlichen überein. Die Bäume schwerer Form sind besonders geeignet, die Schattenpartien der Landschaft zu bilden, wozu sie schon der dunkle Farbenton ihres Laubes geschickt macht. Wollte man sie ausschliesslich anwenden, so würde die Gruppirung zu schwerfiillig und massig erscheinen; leichtere Formen müssen ihnen das Gleichge- wicht halten : dagegen wird das Landschaftbild unruhig und mager, wo die letzteren vorherrschen. Ausser diesen beiden Formen giebt es aber auch eine grosse An- zahl von Bäumen, die den Uebergang von der einen zur anderen vermitteln, solche sind z. B. die Erle, die Pappel, der Ahorn, die Platane, die Esche u. a. Erle und Pappel bilden hohe, schlanke Bäume, deren Krone im Ganzen, wie in den einzelnen Astpartien (mit alleiniger Ausnahme der Populus fastigiaia Des/.) sich stets in runden Formen baut. Die Erle, die in Gemeinschaft mit der Weide die Ufer unserer Bäche und Flüsse bekränzt, die Repton daher nicht unpassend: „Wassereiche" nennt, ist nicht schwer in der Form, hat aber ebensowenig etwas Zierliches. Die Unbeweglich- keit und Starrheit der Zweige und Blätter, die sich selbst bis auf die Blüthen und Früchte erstreckt, giebt ihr etwas Steifes, Lebloses, und die schwärzlichen Stämme, sowie das auffallend dunkle Grün der Belaubung verleihen ihr ein düsteres Ge- präge. Nur in hohem Alter erlangt die Erle eine malerische Form. Dass sie nur auf feuchtem und sumpfigem Boden gedeiht, beschränkt ihre Anwendung schon an 18* 276 UEBER CHARAKTERISTIK DER BAUMPORMEN. und für sich. Gruppen von Erlen auf feuchten Wiesen tragen oft nicht wenig zur Verschönerung der Landschaft bei. Dies gilt namentlich von der Sumpferle (Alnus glutinosa Gärin,) und den ihr ähnlichen Arten. Anders verhält sich die Weiss- oder Berg-Erle {Alnua incana Willd.)j die in trockenen Höhenlagen heimisch ist. Während die Sumpf- Erle eine der dunkelsten Schattirungen der Laubfarben bildet, erhält die Belaubung der letzteren , in Folge der weisslichen Unterseite der oben glänzend grünen Blätter einen hellen, etwas in das Weissliche ziehenden Farbenton. Dadmxh, wie durch die helle Farbe des Stammes und der Aeste, verliert sie viel von dem düsteren Charakter jener, die allen Erlen eigene steife Form vermag sie aber nicht zu verleugnen. Ausser den genannten sind noch andere Erlen in unseren Anlagen vorhanden ; entweder sind es jedoch Varietäten derselben, oder sie nähern sich in ihrem land- schaftlichen Charakter der einen oder der andern; Alnua oblongaJUi Willd. und Alnm undulaia WilUh z. B. sind zu der ersteren, Almis seirulata W. und Alnua viridis D. C zu der letzteren zu stellen. Die beiden letztgenannten sind mehr Strauch- als baumartig. Alnus cordifolia Lodd. ist dadurch eigenthümlich, dass sie den Wuchs einer Erle mit dem Blatt der Pappel verbindet. Die Pappeln sind im Allgemeinen bedeutend höher und schlanker als die Erlen, ihre Kronen sind leichter und die Zweige nehmen oft eine mehr aufetrebende Richtung an. Die meiste Rundung in der Form zeigt die Silberpappel {Populm alba Mill.). Oft findet man alte Exemplare von bedeutender Grösse. Der starke hellfarbige Stamm, die kolossalen, weit ausgebreiteten Aeste und die zierlich herab- hängenden Zweige geben derselben sehr malerische Formen, was man von den übrigen Arten dieses Baumes, mit Ausnahme etwa der Schwarzpappel, nicht sagen kann. Die glänzend grünen Blätter, die vom leisesten Winde bewegt die weiss- filzige Unterseite zeigen, verleihen der Belaubung ein beständig wechselndes Colorit. Die canadische Pappel (Popxdm monilifera AU.) erreicht eine grössere Höhe, bei geringerem Kronendurchmesser. Während der Stamm der Silberpappel Neigung zeigt sich in geringer Höhe in mehrere starke Aeste zu zertheilen, strebt der der canadischen Pappel ungetheilt zu einer bedeutenden Höhe hervor und bildet erst oben eine leichte Krone von lockerem Bau. Der canadischen Pappel ziemlich ähnlich ist die Schwarzpappel (PojnUua nigra L.\ die oft am Wasser von grossem malerischen Werth ist. Die Zitterpappel oder Espe {Populus tremxda L.) ist von etwas schwächerem Wuchs. Alte Bäume nehmen in Folge des Herabhängens der Zweige, wie bei der vorigen, eine aufiallige, eigenthümliche Gestalt an. Ebenso wie die vorige, nimmt sie mit dem magersten Boden vorlieb. Die verschiedenen Individuen dieser Species weichen oft sehr von einander ab. Zum Theil sind sie ziemlich grossblättrig und von dichterem Kronenbau, andere dagegen ganz klein- blättrig und so dünn verzweigt und belaubt, dass sie zu den Bäumen von entschieden UEBER CHARAKTERISTIK DER BAUMFORMEN. 277 leichtem Kronenbau zu rechnen sind. Die Popvlus tremula hat die grosse Untugend, dass sie viele Wurzelausläufer macht. Popvlus grandidentaia Mx. und Populua graeca Ait. sind der Espe nahe verwandt, haben aber eine schönere Belaubung. Die Balsampappel {Populus halsamifera L. Syn. Populus Takamahaka Mül.) wächst mehr kegelförmig. In der Jugend empfiehlt sie sich durch eine schöne Be- laubung und den angenehmen balsamischen Duft, den die aufbrechenden Knospen verbreiten, im zunehmenden Alter wird die Krone sparrig, dünn und hässlich. Ganz abweichend von ihren Gattungsverwandten, wie von allen Laubbäumen überhaupt, zeigt sich in ihrer Form die lombardische oder Spitzpappel {Populus fasiigiata Desf, Syn. Popultis italica Mnch.) Während alle Laubbäume ihre Aeste in mehr oder weniger horizontaler Neigung vom Stamm ausbreiten, sind die Zweige der Spitzpappel dicht an denselben angelegt; eine eigentliche Krone besitzt dieser Baum kaum , sondern wie eine grüne mit Laub bekleidete Säule ragt der senkrecht aufschiessende Stamm hoch über die meisten ihn umgebenden Gegenstände empor. Aus dieser Form ergiebt sich schon die Art seiner Anwendung: er ist namentlich verwendbar, wo es gilt, horizontale oder sanft gerundete Linien durch den Contrast zu charakterisircn. Dies bezieht sich besonders auf Wasserflächen, Ebenen und Dachflächen der Gebäude, in deren Nähe die spitze, schlanke Form der lombardischen Pappel von ausserordentlicher Wirkung ist, zumal wenn diese nicht in einzelnen Exemplaren, sondern gruppenweise zusammen gepflanzt wird. Es ist jedoch dieser Contrast so scharf, dass er in den meisten Fällen eine Milderung durch Verbindung mit vermittelnden Formen erheischt und es darf derselbe nicht zu häufig angewendet werden, da er sonst leicht ermüdet. Zur Unterbrechung gleichmässig gerundeter Geliölzlinien macht die Spitzpappel die bedeutende Höhe, die sie erreicht, und das schnelle Wachsthum besonders geeignet. Die Spitz- oder Pyramiden -Pappel ist der einzige Baum, der diesen Wuchs als specifische Eigenschaft besitzt, als Varietäten-Charakter kommt er jedoch wiederholt vor. Mit geringen, durch die Farbe und Beschaffenheit des Laubes bedingten Abweichungen gilt von allen diesen Varietäten in landschaftlicher Beziehung dasselbe, was von der Spitzpappel gesagt wurde, nur bewirken sie mehr im Kleinen, was sich durch jene im Grossen erreichen lässt, da sie ihr alle an Grösse bedeutend nachstehen, mit Ausnahme der Pyramiden- Eiche ( Qv^*cuspedun i" c o c